Urlaub in Uganda

Als Nachbarland ist Uganda nicht weit entfernt und daher für eine Urlaubsreise, auch auf dem Landweg von Ruanda, bestens geeignet. Aufgrund der Corona-Pandemie ist die Landesgrenze jedoch geschlossen und so blieb uns nur ein Flug nach Kampala (Hauptstadt)/Entebbe. Von dort würde es den langen Weg mit einem Mietwagen und Chauffeur zurück in den Süden des Landes gehen. Schließlich wollten wir wandern.

Erste Station sollte der „Mgahinga Gorilla National Park“ sein. Er grenzt an den „Volcanoes National Park“ in Ruanda. Doch ugandische Gorillas wollten wir nicht auch noch besuchen. Vielmehr würden wir den erloschenen Vulkan Sabinyo (Ausgangspunkt Kisoro) besteigen.

Unsere weitere Reise würde uns an den „Lake Albert“ und in den „Bwindi Impenetrable National Park“ (Regenwald) führen. Dort sollten wir für zwei Tage Agatha, unsere Wanderführerin für dieses Gebiet treffen. Anschließend war das Rwenzori- Gebirge (Ausgangspunkt Kasese) mit einer drei-tägigen Bergwanderung bis 3400 Meter geplant. Danach würden wir in den „Kibale Forest National Park“ und danach weiter in den „Murchinson Falls National Park“ zu dem gleichnamigen Wasserfall reisen.

Eine Bekannte aus Deutschland, die jetzt in Kigali selbst als Afrika-Reiseführerin tätig ist, hatte uns diese Reisetipps verraten und die Tour für uns zusammengestellt. Wir freuten uns riesig und konnten es kaum glauben, dass wir trotz nach wie vor bestehender Corona-Schutzmaßnahmen endlich mal wieder verreisen würden. In Deutschland befürchtete man gerade die 3. Corona Welle und eine Verschärfung der Maßnahmen inklusive der Ausweitung des bestehenden Lockdowns waren im Gespräch.

Afrika im Allgemeinen und Ruanda im Speziellen sind nach wie vor weit weniger von den Auswirkungen des Corona-Virus betroffen, als Forscher, Sozialwissenschaftler und Politiker bisher vorhergesagt und befürchtet hatten. VIP-Corona-Leugner des Kontinents, wie z. B. die Präsidenten Tansanias und Burundis sind zwar bereits an Corona verstorben, was auch offiziell in den Nachrichten verkündet wurde. Doch Sorgen machen sich hier die Wenigsten denn wirklich Besorgnis erregende Zahlen an Todesfällen in der Bevölkerung dringen ebenso wenig in die Öffentlichkeit wie die tatsächlichen Test- und Neuerkrankungsfälle. Vermutlich gibt es sie in dieser Menge nicht, doch keiner weiss so genau warum. Es gab und gibt nach unseren Informationen weder in Tansania noch in Burundi einen Lockdown und auch in Uganda würden wir während unseres Urlaubs „maskenfreies“ Reisen erfahren. Gleiches berichtete eine Bekannte aus Ghana. Persönlich sind wir sehr gespannt, was die Forscher eines Tages als Begründung für dieses „Afrika-Corona-Phänomen“ herausfinden.

Wir befinden uns in Ruanda somit im Vergleich zu Europa und auch zu den USA in einer „privilegierten Corona-Lage“, die wir zu Reisezwecken auch auszunutzen gedachten.

Auf diesen Uganda Urlaub freuten wir uns ganz besonders. Thomas hatte in den letzten Monaten sehr viele wichtige Projekte intensiv begleitet (z. B. Impfstrategie Ruandas) und konnte dringend einen Tapetenwechsel gebrauchen. Außerdem wollten wir Teile des afrikanischen Kontinents trotz der Corona-Umstände gern kennenlernen.

Daher begannen wir begeistert mit den Vorbereitungen, buchten Flüge und Natur-Lodges, kontaktierten Agatha und Viriano, unseren Fahrer, und stimmten mit ihnen die Route ab, meldeten uns erneut zum PCR-Test an und prüften genau unsere Reiseunterlagen. Das Mitführen eines Impfausweises ist z. B. bei der Einreise nach Uganda aber auch nach Tansania Pflicht. Zwei Reiseführer über Uganda liehen wir uns aus und unsere „Foreign Nation Identity Card“ für die EAC (East African Community) war ohnehin noch bis Ende Juni gültig. Somit war alles im grünen Bereich und wir konnten die Reise antreten.

Suche nach Laptops

Nachdem wir das Geld für die 10 Jahre alten Laptops nun zurückerstattet bekommen hatten, begann erneut die Suche nach geeigneten Geräten.

Thomas und ich verbrachten einen kompletten Samstag in der Innenstadt von Kigali auf der Suche nach fünf neue Laptops zum Bestpreis. Sie kosteten bei allen Anbietern um die 350.000 RWF (350 EUR), jedoch ohne SSD und ohne office 2016 Lizenz.

Schließlich fanden wir den Shop „Microzone“ im United Trade Center Kigali (UTC), der neue Laptops für 325.000 RWF anbot und uns außerdem noch mit neuen Laptoptaschen und separaten WLAN Numeric- Tastaturen zur besseren Nutzung durch blinde Personen ausstatten wollte. Garantie ein Jahr! Na das war doch mal ein Angebot. Super! Allerdings seien die Geräte nicht vorrätig aber in einer Woche wären sie vor Ort und wir könnten sie abholen. Wunderbar! So wollten wir es machen und verabredeten mit dem Shop Inhaber, dass wir mit einem Profi für blindenspezifisches Equipment die Geräte in einer Woche im Laden ausprobieren würden. „No problem!“ So die Antwort.

Überraschend waren auch alle fünf Laptops exakt eine Woche später eingetroffen. Thomas und ich hatten uns mit Callixte zum Testen der Geräte erneut 17.30 Uhr in der Innenstadt verabredet. Doch es kam ganz anders, als erwartet. Nunmehr wurde uns mitgeteilt, die Laptops seien nicht neu, sondern fünf Jahre alt. Wie bitte? Ämmm! Na gut, dann reduzierte sich ja auch der Preis, also „no problem!“ Aber nein, der Preis bliebe der gleiche, so verkündete der Ladenbesitzer. Er hätte nie behauptet, neue Laptops für diesen Preis anbieten zu können. Wir waren sprach- und ratlos. Eigentlich wollten wir verärgert den Laden verlassen, doch auch in anderen Shops würden wir keine besseren oder seriöseren Angebote bekommen. Daher brachte Thomas all sein Verhandlungsgeschick zum Feierabend noch einmal auf und wir verliessen den Laden mit folgendem Angebot:

  • fünf Lenovo ThinkPad Laptops von 2015 (für 310 EUR pro Laptop), 4GB, 256 GB SSD, I5 Prozessor und zusätzlich
  • 5 neue USB Numeric Tastaturen,
  • 5 neue Laptop Taschen,
  • lizenziertes Office 2016 installiert,
  • aktuelle Sicherheitsfeatures installiert,
  • Windows 2010 installiert…

und alles mit einem Jahr Garantie. Das klang doch gar nicht so schlecht und würde für unsere Nutzungszwecke definitiv ausrechen und dabei noch wesentlich besser sein, als die 10 Jahre alten Laptops, die wir gerade erst wieder zurückgegeben hatten.

Callixte hatte unterdessen ein Laptop getestet und war bis auf Kleinigkeiten zufrieden mit diesem Angebot. Die SSD müssten jedoch nachträglich installiert werden, da auch sie derzeit nicht vorrätig seien. Aber nach dem Wochenende könnten wir die vorbereiteten Laptops bereits abholen. Callixte würde die blindunspezifischen Geräte also ein zweites Mal, nach der SSD Installation, installieren müssen. Hmmm! Klang nicht so wirklich vielversprechend aber welche Alternative gäbe es? Wir hielten Rücksprache mit Beth und sie vertraute auf die fachliche Einschätzung von Callixte und Thomas. Der Deal stand somit fest!

Wieder zu Hause angekommen, schickte ich umgehend eine eMail an „Microzone“, um das vor wenigen Stunden ausgehandelte Angebot zu verschriftlichen und keine weitern Missverständnisse aufkommen zu lassen. Doch wie erwartet, sollte noch eine letzte kleine Anpassungen erfolgen. Statt 256 GB SSD würden nur 128 GB SSD installiert. Verdammter Mist! Die Laptops würden somit die zu nutzenden Programme langsamer öffnen. Aber wie gesagt, was sollten wir machen? Alternativen waren nicht in Aussicht, also akzeptierten wir auch diese Veränderung.

Am Montag traf ich mich zum dritten Mal mit Callixte in der Innenstadt bei „Microzone“. Er wollte nun die fünf Laptops final testen, bevor wir die gebrauchten Geräte tatsächlich kauften.

Zu unserer großen Überraschung waren alle fünf Rechner komplett und wie versprochen vorinstalliert und sogar mit 256 GB SSD ausgestattet. Dafür bekamen wir jedoch nur noch 6 Monate Garantie. Irgendwo war doch immer ein Haken! Egal, Callixte und ich waren sehr zufrieden. Ich nahm ein Taxi und fuhr mit der gesamten Technik nach Hause. Dort mussten nun die Laptops erst einmal aufgeladen werden, um zu sehen, ob die Batterien auch funktionierten. Es blieb also immer noch ein kleines Risiko aber ich war mir ziemlich sicher, wir würden mit unserem Kauf diesmal nun mehr Glück haben.

Wahnsinn oder Leichtsinn?

Alle Freunde und Bekannte, denen wir von unserer Laptop-Tausch-Aktion erzählt hatten, schüttelten nur den Kopf und fragten etwas verständnislos „…wie könnt ihr die 5 Geräte abgeben und tatsächlich auf die Rückerstattung des Geldes hoffen?“ Jeder erwartete einen Marathon an Ausreden, Entschuldigungen und eine langwierige Verzögerungstaktik durch h den Verkäufer. Auch wir waren mittlerweile verunsichert und trotz einer schriftlich vorliegenden Bestätigung unserer geplanten Rückgabeaktion beunruhig. Eine Woche sollte es dauern, bis wir das Geld erhalten würden. Die verhandelte Gesamtsumme von 1.250.000 RWF war auch nicht so gering, um darauf verzichten zu können, wenn die Absprachen nicht eingehalten würden.

Sollten wir doch zur Polizei gehen? Aber wir hatten nur mündliche Aussagen zum bereits abgeschlossenen und nun rückabgewickelten Kauf der Laptops. Die Preise der einzelnen anderen gekauften Gegenstände (Kopfhörer, Smartphones, Speicherkarten) waren alle irgendwie mit dem Preis für die Laptops verwurschtelt worden und so sah keiner mehr wirklich durch, wie wir auf den Rückerstattungspreis gekommen waren. Daher würde das Einbeziehen der Polizei vermutlich also gar nix bringen. Außerdem war es für solche Gedanken nun zu spät. Wir würden uns also wieder einmal gedulden müssen und schauen, was passiert.

Ich stachelte Beth an. Sie sollte den Shop-Inhaber unter der Woche immer mal wieder anrufen und darauf hinweisen, dass das Geld am Ende an uns zu übergeben sein. Außerdem wies sie mehrfach daraufhin, dass es Geld der Amerikanischen Botschaft sei, welches wir nur verauslagt hätten und über welches wir rechenschaftspflichtig seien. Stimmte ja auch! Aber es half nix. Der Typ war schließlich so genervt und plärrte gereizt durchs Telefon „…weshalb rufst du mich denn ständig an? Ich habe eine Abmachung mit den zwei Muzungus!“ Na gut, dann jetzt mal wieder einen Schritt zurück und hoffen, dass alles ohne weiteren Druck ganz reibungslos über die Bühne geht.

Am Donnerstag erhielt ich eine SMS, in der mich der Shop-Inhaber bat, vorbeizukommen und gleichzeitig vorschlug, er könnte uns ja neue Laptops verkaufen. Ohhh nein! Es ging also los, der Verhandlungsmarathon! Mist! Ich antwortete, dass ich am nächsten Tag 17:00 Uhr vorbeikommen würde und hoffte, Thomas könnte mich begleiten.

Es war knapp! Ich holte Thomas am Freitag mit dem Auto von Arbeit ab und gemeinsam erreichten wir 17:30 Uhr den Shop. 18:00 Uhr schließen die Geschäfte aufgrund der Corona-Lockdown-Maßnahmen. Es blieb also nicht mehr viel Zeit zum Verhandeln und Diskutieren.

Nun wurden wir noch einmal vom Geschäftsinhaber gefragt, ob wir nicht „neue“ Laptops kaufen und das Geld damit verrechnen wollen würden. Doch „neue“ DOS-Rechner mit fehlenden aktuellen Sicherheitsfeatures sowie ohne Office 2016 waren für uns nicht zu gebrauchen. Thomas lehnte resolut ab.

Und plötzlich war alles ganz unkompliziert! Uns wurde ein großes zusammengerolltes Geldbündel auf den Tisch gelegt. Wir zählten die Geldscheine einmal und noch einmal, drehten und wendeten sie und….fertig war der Tausch. Durchgeschwitzt aber mega erleichtert, verließen wir schnell den Shop. Nur weg hier. Nicht dass man es sich aus irgendeinem Grund noch einmal anders überlegte.

Die Rechnungen und sämtliche Belege unseres Tauschgeschäfts würde ich am nächsten Tag noch vorbeibringen müssen. Zur Sicherheit hatte ich alle Nachweise zu Hause gelassen, um nicht überrumpelt werden zu können (oder mich überrumpeln zu lassen) und dann gar nix mehr in den Händen zu haben.

Auf diesen Erfolgt gönnten Thomas und ich uns ein „afghanisches Take Away“ im ARIANA und fuhren zufrieden nach Hause. Ich würde am nächsten Tag das viele Geld bei der BK (Bank of Kigali) auf ein Konto einzahlen. Damit bestand nun die Möglichkeit andere Rechner zu kaufen, die wir besser für das geplante IT Training mit den blinden und sehbehinderten jungen Leuten nutzen können würden.

Fast am Ziel aber erstmal am Ende

In Kigali gibt es zwar keinen Lockdown mehr, trotzdem ist das Alltags- und Arbeitsleben durch zahlreiche Vorschriften weiter eingeschränkt. Es besteht weiterhin ab 20:00 Uhr Ausgangssperre, nur 30% der Gesamtzahl aller Mitarbeiter einer Firma dürfen im Büro arbeiten, Homeoffice überall sonst- wo möglich, Verbot von persönlichen Meetings und Restaurants laufen ebenfalls nur mit 30% ihrer Platzkapazität. Sportstätten zu! Kirchen zu! Feste und Feiern nur mit 20 Personen. Trotz Corona geht noch was aber halt nicht alles!

Wir wollten eigentlich schon im Februar mit dem geplanten IT Training für 18 blinde junge Menschen begonnen haben, doch daran hindert uns zur Zeit nicht nur das Corona-Virus. Es tauchen immer wieder Probleme auf, wo bisher keine waren. Diese kann man auch nur langsam lösen, da Behörden weiterhin sehr eingeschränkt arbeiten und persönlich ebenfalls nur bedingt ansprechbar sind.

Aufgrund der Corona-bedingten Sicherheitsmaßnahmen hatten wir unseren kostenlosen Traininsort verloren. Das „Career Center“ der GIZ bleibt bis auf Weiteres geschlossen. Daher haben wir die vergangenen Wochen nach einem passenden Raum gesucht und unterdessen auch endlich gefunden.

Wieder einmal bin ich durch Beth mit sehr sozialen und lieben Menschen in Kontakt gekommen, die unser Projekt gern unterstützen möchten. Jedoch bauen auch sie gerade ein eigenes Business (Lebensmittellieferservice) auf und brauchen ebenfalls jeden Rwandischen Franc.

In diesem Haus in Kicukiro soll das neue Business von Fidence „Park & Pick“ starten. Im EG und in den seitlich angrenzenden Baracken werden Lebensmittel gelagert, verpackt und später über Motorradtaxen ausgeliefert. Unser IT-Training soll in einem Raum im 1. OG stattfinden. Ein kleines Bistro ist im hinteren Bereich ebenfalls geplant und wird kleine gesunde Snacks anbieten. Der Betreiber, Felix, steigt gleich mit der Versorgung unserer Trainingsteilnehmer zum Mittagessen ein. Für beide Business-Varianten (Bistro und Lebensmittellieferung) bilden wir blinde Menschen aus, die anschließend idealerweise gleich eine Anstellung finden. So ist jedenfalls unser Kooperationsmodell und unser Konzept der Zusammenarbeit geplant. Bis es soweit war, gab es jedoch zahlreiche Gespräche, persönliche Treffen, eMails, Videokonferenzen und jetzt sind wir bei der Vertragserstellung angekommen und da zeigen sich plötzlich weitere, nicht ganz unerwarteten Schwierigkeiten.

Die monatliche Miete haben wir gut und fair verhandelt. Selbstverständlich muss auch in Lockdownzeiten gezahlt werden, was „Seeing Hands“ jedoch nicht möglich ist, da unser Projekt für 6 Monate zeitlich befristet und noch viel stärker finanziell begrenzt ist. Was nun? Ein Anruf bei der Amerikanischen Botschaft durch Beth brachte leider keine Lösung. Wir müssen lediglich das bewilligte Budget mit all seinen Veränderungen neu einreichen.

Aber wir hatten nur eine winzige Miete im Budget geplant, schließlich sollten wir kostenlos Räume nutzen können. Nun müsste jedoch noch zusätzlich Miete für Zeiten eines möglichen (und wahrscheinlichen) 3. Lockdowns berücksichtigt werden. Wie soll das gehen? Ich bekomme langsam ein Gefühlt dafür, was Selbständige in Deutschland empfinden, die mit ähnlichen Problemen seit Monaten konfrontiert sind.

Ich kürzte also so lange im Budget herum, bis Beth und ich fast gar nix mehr verdienten. Wir hatten für uns beide als Projekt- und als Finanzverantwortliche ein kleines Entgelt eingeplant. Jetzt blieben wohl nur noch 65 bzw. 105 EUR pro Monat übrig, sofern nicht weitere unerwartete Zahlungen auftauchen würden. Phuuu! Selbständigkeit ist nicht lustig!

Doch das allein reichte natürlich nicht aus. Auch mit der bereits gekauften Technik (5 gebrauchte Laptops, 5 Smartphones, 5 Kopfhörer mit Mikrophon) gab es plötzlich Probleme. Die Laptops sind nicht, wie vom Verkäufer behauptet, von 2018 sondern von 2012. Daher ist leider auch die aktuelle Programm- und Sicherheitssoftware nicht installiert, so dass ein Training damit ausgeschlossen ist. Das hat sich alles erst jetzt herausgestellt, als die Installation der blindenspezifischen Software durch den Trainer bei uns im Haus am Wohnzimmertisch vorgenommen werden sollte. Mist! Mist! Mist! Da wurde Beth beim Kauf doch tatsächlich über’s Ohr gehauen. Oder war es nur Unwissenheit auf beiden Seiten? Egal, das Problem hatten wir jetzt und müssten es zeitnah lösen. Die Vertragsunterzeichnung bei „Park & Pick“ stand an und uns lief die Zeit davon.

Pro Rechner hatten wir 290 EUR gezahlt. So stand es jedenfalls auf der Rechnung. Als Thomas und ich am Wochenende die Rechner jedoch zurückgeben wollten, mussten wir feststellten, dass alle im Dezember 2020 eingekauften Produkte hin und her miteinander verrechnet worden waren, um dem Budget zu entsprechen. Was für eine große Schei… ! Nun würden wir keine 290 EUR sondern nur 240 EUR pro Rechner zurückbekommen. Die Verhandlung mit dem Verkäufer dauerte zwei Stunden, kostete mich Nerven und Thomas flippte einmal völlig aus. Es war einfach nicht zu ertragen, wie versucht wurde, trotz offensichtlicher technischer Unwissenheit alle Schuld bei uns abzuladen.

Nach diesem Verhandlungsmarathon, noch dazu an einem Samstag, waren wir beide am Ende und reichlich demotiviert. Immerhin war es Thomas gelungen, eine schriftliche und vom Verkäufer unterschriebene Bestätigung für unsere Transaktion und die Geldrückgabe zu bekommen. Ob das Geld jedoch tatsächlich rückerstattet wird, davon bin ich noch nicht ganz überzeugt. Ich freue mich auf ein kleines Wunder!

Projekte, Projekte, Projekte

Seit Juni 2020 bin ich in unterschiedliche Projekten involviert. Einige waren erfolgreich, andere haben sich in Luft aufgelöst und von anderen lässt man dann doch lieber die Hände.

Die inhaltliche Weiterentwicklung sowie Erweiterung des Fashion Labels „Rwanda Clothing“ verbunden mit der Schaffung von Ausbildungs- und Trainingsplätzen für junge Ruandese konnte leider von der GIZ finanziell nicht unterstützt werden. Daher war dieses Projekt mit der Erstellung und Einreichung des neuen Konzeptes bereits beendet.

Ein ähnliches Schicksal teilten drei weitere Projekte, die ich für RISA (Rwanda Information Society Authority) begonnen hatte. Die Konzeption eines „Förderprogramms für Familien mit autistischen Kindern“, die Skalierung dreier „Technologie Zentren für Innovation und Entrepreneurship“ und die Agenda „Innovationen für Inklusion und Behinderung“ zerbrachen an der internen Umstrukturierung von RISA. Sie liegen jetzt auf Eis und werden vermutlich irgendwann wieder aufgegriffen. Wann und durch wen, das weiss jedoch keiner.

Auch die geplante Integration unseres IT-Schulungsprojektes für blinde und sehbehinderte Menschen in das Großprojekt „Zentrum für Menschen mit besonderen Bedürfnissen in Kigali“ wurde in gegenseitigem Einvernehmen beendet. Es gab zwischen den unterschiedlichen Akteuren und Sozialunternehmen gegensätzliche Ansichten und divergierende Meinungen. Da standen nicht nur interkulturelle Themen, unterschiedliche Zielgruppen, Arbeitsansätze und -orte zwischen den mitstreitenden Nationalitäten aus Ruanda, Kenia, USA, Deutschland und Tschechien.

Wir stehen alle weiterhin freundschaftlich miteinander im Austausch. Aber eine übergreifende Kooperation mit einem gemeinsamen Ziel und einer einheitlichen Vorstellung darüber, wie dieses zu erreichen ist, hat sich leider nicht entwickelt.

Am intensivsten ist meine Zusammenarbeit nach wie vor mit Beth und „Seeing Hands Rwanda“. Die Organisation des IT-Trainings für 18 blinde und sehbehinderte Menschen nimmt uns beide in Anspruch. Mehrmals in der Woche stimme ich mich mit Beth ab oder treffe mich mit ihr. Wir fahren gemeinsam in Kigali herum, um anzumietende Räume zu besichtigen, Behörden und Ministerien aufzusuchen oder uns mit möglichen und längerfristigen Geschäfts- und Kooperationspartnern zu treffen. In Zeiten von Corona und insbesondere im Lockdown geht das natürlich nur über Videokonferenzen. Daher verfüge sogar ich jetzt mittlerweile über rudimentäre Kenntnisse mit Zoom, Microsoft Teams, Google Meet, Jit.si oder Skype. Die Anbieter sind vielfältig und jeder Kooperationspartner bevorzugt ein anderes System. Egal, Hauptsache Kontakte können gepflegt und Meetings abgehalten werden.

Das mit 17.000 USD von der Amerikanischen Botschaft in Kigali finanzierte Projekt von Beth entwickelt sich auf ganz vielfältige Art und Weise. Derzeit sind wir z. B. in Kooperationsverhandlungen mit einem Geschäftsmann, der sich vorstellen kann für seinen Lebensmittel-Lieferdienst mit blinden und sehbeeinträchtigten Menschen zusammenzuarbeiten. Wir schulen diesen Personenkreis im Rahmen unseres IT-Trainings in genau den Fähigkeiten, die er für sein Geschäftsmodell benötigt. Das schliesst Fähigkeiten in den Bereichen Datenerhebung, Customer Relations und Call Center mit ein. Ob und wie das funktionieren kann? Ich habe noch keine konkreten Vorstellungen darüber. Doch schrittweise ergeben sich dazu weitere Kooperationen, Informationen und Ansichten.

Aktuell erarbeite ich gerade einen Vertrag (MoU = Memorandum of Understanding) für die Zusammenarbeit mit dem „SOS Kinderdorf Rwanda“ denn auch mit dieser Organisation bietet sich eine Zusammenarbeit an, schließlich geht es uns um (Aus)Bildung junger sozial benachteiligter Menschen in Ruanda.

Vom Gedanken an eine Selbständigkeit in Form von „Consultancy für NGO’s“ in Kigali bin ich hingegen wieder abgekommen. Sofern die Grundbedürfnisse in Ruanda nicht für alle oder zumindest für sehr viele Menschen befriedigt werden können, ist die Chance, Menschen mit speziellen Bedürfnissen gleichwertig zu fördern und zu integrieren nur sehr gering. Kleine Schritte in Richtung Inklusion können und müssen unternommen werden! Doch dies ist auf der Basis einer beruflichen Selbständigkeit und damit einer institutionell unabhängigen Finanzierung/Vergütung derzeit für mich nicht vorstellbar.

Daher hangele ich mich aktuell weiter von Projekt zu Projekt zu Projekt und lerne viel Neues!