Die in Kigali vorhandenen Bildungs- und Freizeitangebote sind überschaubar. Allerdings ist man, aus Berlin kommend, auch sehr verwöhnt. Eigentlich gibt es hier sehr vieles zu entdecken: zwei Kinos, einen großen Golfplatz mit angrenzenden Squashcourts und Swimmingpool, kleine lokale Kunstgalerien, etliche sehr nette Cafés und Restaurants, eine Bibliothek, die Genozid-Gedenkstätte, das Naturwissenschaftliche Museum und nicht zu vergessen die Niederlassungen des Goethe-Instituts und der Friedrich Ebert-Stiftung sowie ein riesiges Stadion und das Convention Center. Letzteres ist DAS Wahrzeichen Kigalis.
In all diesen Einrichtungen finden überall verteilt in der Stadt Veranstaltungen und Aktivitäten statt. Nur vielleicht nicht in der Häufigkeit, in der man es von Berlin gewöhnt ist. Von geplanten Veranstaltungen erfährt man jedoch häufig nur, sofern man in einem der „Facebook-Institutionen-Verteiler“ aufgenommen ist oder selbst im Internet recherchiert. Ein Marketing, wie man es aus europäischen Großstädten gewohnt ist, gibt es hier nicht. Keine Plakate, keine Posteinwurfsendungen, keine Aushänge an Bushaltestellen oder anderen öffentlichen Plätzen und auch keine riesige öffentliche Leuchtreklamewerbung an Hotels o.ä. Man muss sich die Kultur noch aktiv selbst erschließen.
Wir begeistern uns regelmäßig für kostenlose Kinoabende im Goethe-Institut. Es werden deutsche Filme mit englischen Untertiteln gezeigt. Somit ist das eine gute Möglichkeit einen Teil der Deutschen Community zu treffen aber auch einheimische Freunde mit dazu einzuladen. Ein schöner Austausch! Auch das Europäische Filmfestival in Kigali mit kostenlosten Aufführungen hat uns magisch angezogen, so zusagen die „Rwandische Berlinale“ oder „Kigalinale“. Vergangenen Sonntag haben wir den deutsch-kenianischen Film „Supa Modo“ (Superhelden) gesehen, der Publikumsliebling auf der diesjährigen Berlinale war. Wir sind also stets mit der Heimat verbunden. Es war ein sehr tief gehender, emotionaler und sehr zu empfehlender Film unter Koproduktion von Tom Tykwer.
Sogar die kleinen lokalen Kunstgalerien, die zentrale Hauptstadt-Bibliothek, das Centrum für Photographie und auch das Convention Center bieten vereinzelt kostenlose Ausstellungseröffnungen, themenbezogene Lesungen und Diskussionen. Man muss sich nur die Mühe machen, herauszufinden, wann. Einheimische kennen diese teilweisen kostenlosen Kulturangeboten gar nicht und sind erstaunt, wenn wir sie dazu „einladen“. So lernen wir also gemeinsam die Kultur kennen.
Es scheint selbst in der englischsprachigen Mittelschicht wenig üblich zu sein, sich in der Freizeit außerhalb zu orientieren. Der Schwerpunkt liegt eindeutig in der Familie. Man trifft sich regelmäßig und verbringt Zeit miteinander. Das ist ganz wunderbar, jedoch bleiben dadurch die vielen kulturellen Anregungen ungenutzt und persönliche Entwicklung bezieht sich überwiegend auf den Arbeitsbereich. Eigentlich hatten wir gehofft, durch die Kontakte zu einigen von Thomas´ Arbeitskollegen, Anregungen und Ideen für Unternehmungen in und um Kigali zu bekommen. Die Vorschläge beziehen sich auf Bars, Restaurants oder auf die „großen Attraktionen“, wie die Nationalparks. Wir scheinen das Umfeld unterdessen schon ganz gut, wenn nicht sogar teilweise besser als einige Kolleg*innen zu kennen. Das freut uns natürlich, da wir so nicht das Gefühl haben, irgendetwas zu verpassen, denn mehr ist einfach nicht zu machen.