Weihnachtsmarkt

In Deutschland habe ich nur noch verständnislos den Kopf geschüttelt, sobald Anfang November die ersten Weihnachtssüßigkeiten, Lebkuchen, Spekulatius und Glühweinflaschen in den Regalen der Supermärkte standen. Daher war ich mehr als erstaunt, als wir im Oktober eine förmliche Einladung vom Direktor der GIZ Rwanda für den German Christmas Market auch bereits für den 16./17.11. erhielten. Der deutsche Botschafter würde 10:00 Uhr offiziell den Weihnachtsmarkt eröffnen. Man wolle der Deutschen Community in bewährter Tradition die Möglichkeit zum vorweihnachtlichen Beisammensein, zum Austausch und Kennenlernen hier vor Ort in Kigali geben. 67 verschiedene Akteure hätten sich angemeldet und seine für die Ausgestaltung des Marktes engagiert.
Wir hatten uns daher am 16.11. mit Freunden verabredet, die ebenfalls Freunde eingeladen hatten und gemeinsam wollten wir uns in vorweihnachtliche Stimmung versetzen. Das würde, unabhängig vom frühzeitigen Datum,  schwer werden, da es an diesem Samstag für die Regenzeit mal wieder ausgesprochen sonnig war und wir bei Temperaturen von 25°C schwitzten.
Etwas verunsichert, ob die Eröffnung nun 10:00 Uhr afrikanischer Zeit oder deutscher Zeit und damit relativ pünktlich beginnen würde, entschieden wir uns für letztere Variante und kamen gerade rechtzeitig zum Beginn der offiziellen Redebeiträge auf dem Veranstaltungsgelände an. Uns blieb fast die Luft weg, denn beim Betreten des Festplatzes spielte eine Laienkapelle „Stille Nacht, heilige Nacht“. Das konnte doch unmöglich wahr sein! Mitte November unter diesen Voraussetzungen DAS Lied der Weihnachtszeit zu hören, war für mich vollkommen absurd. Es war einfach der falsche Zeitpunkt! Es fehlte die Familie, die passende Atmosphäre, die Besinnlich- und Gemütlichkeit und das gedanklich darauf Vorbereitetsein. Das Ambiente, was uns stattdessen begegnete, war grotesk und hatte mit meinen Vorstellungen von deutscher Weihnachtstraditionen gar nichts zu tun. Tief durchatmen, um aufkommenden Ärger zu unterdrücken:

In der Mitte eines kahlen Schulhofes stand ein großes weißes Zelt ohne ansprechende Weihnachtsdekoration. Darunter stand die kleine Laienkapelle und spielte ihr Repertoire. Links des Zeltes war ein Essensbereich organisiert mit ebenfalls undekorierten Ständen, die Glühwein, Kaffee, Kaltgetränke, Gebäck, Bratwurst und traditionelle afrikanische Küche präsentierten. Rechts des weißen Zeltes und auch davor reihten sich zahlreiche Stände mit afrikanischem Kunsthandwerk, was an die anwesende zahlungskräftige Deutsche Community verkauft werden sollte. Ein kostümierter Weihnachtsmann lief über das Gelände und wünschte jetzt schon allen „Merry Christmas!“. Es war zum Heulen und dabei bedeutet mir Weihnachten so viel!

Ich war mehr als enttäuscht! Nichts deutete auf diesem Markt auch nur ansatzweise auf die schöne und vielfältige deutsche Weihnachtstradition hin mit gebrannten Mandeln, Nüssen, gebackenen Äpfeln, sternenförmigen Plätzchen, einer Krippen-Figurengruppe, vielen Kerzen(attrappen) oder einer winterlichen Deko bestehend z. B. aus einem Holzschlitten, einem alten paar Schlittschuhen sowie künstlichen Schneeflocken und Eiszapfen.  Einige Winter- und Volkslieder hätten als leise Hintergrundmusik die Stimmung ebenfalls  enorm unterstützt. Auch über einen kleinen künstlichen Weihnachtsbaum oder aber eine festlich geschmückte natürliche Zypresse hätte ich mich sehr gefreut. Dagegen konnte man auf ein wärmendes Feuer selbstverständlich aufgrund der Außentemperaturen gut verzichten. Man muss nicht alles haben!

Künstliche Glitzer- und Leuchtketten in jeder Form und Farbe aber auch Papierketten und Dekokränze sind hier übrigens sehr beliebt und zahlreich vorhanden, da es auch eine große Asiatische Community gibt.

Zu zeigen, wie gemütlich wir in Deutschland feiern, dass Gemeinschaft, Licht und Wärme sowie Teilen eine besonders wichtige Rolle in dieser Zeit spielen, kam leider für Außenstehende gar nicht zum Ausdruck.

Da der Weihnachtsmarkt unter der Schirmherrschaft der GIZ stattfand, wären einige diese kleinen Gestaltungsoptionen mit etwas mehr Liebe zum Detail in der Vorbereitung durchaus machbar, finanzierbar und nachhaltig für Folgejahre nutzbar gewesen. Es war stattdessen ein Handwerkermarkt, der zum Ziel hatte, den in wenigen Wochen in die Heimat reisenden Deutschen noch einige Weihnachtsgeschenke mit auf den Weg zu geben. Auch unsere einheimischen Bekannten waren ernüchtert, so wenig deutsche Tradition gezeigt zu bekommen.

Trotzdem hatten wir Spaß, aßen eine Art Stolle, die Männer tranken einen selbst zubereiteten Glühwein, der sehr gut war und der uns ein wenig mit der Situation versöhnte. Nach zwei Stunden verabschiedeten wir uns voneinander. Selbstverständlich mit ein paar Weihnachtsgeschenken im Gepäck. Der Ansatz des German Christmas Market war also auch bei uns aufgegangen. Na dann, „Merry Christmas!“

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