Wir erreichten die Ngorongoro Conservation Area, ein großes Schutzgebiet (8200 km²) und der ursprüngliche Lebensraum vieler Maasai. Sie haben von der Tansanischen Regierung die Erlaubnis, in diesem Gebiet traditionell zu leben, d. h. Viehzucht zu betreiben. Die landwirtschaftliche Nutzung der Flächen durch Anbau von Obst, Gemüse und Getreide ist ihnen jedoch nicht gestattet. Dieses Verbot wird auch durch Polizei- Patrouillen kontrolliert. Daher werden in kleinen „Handelszentren“ in den Bergen und auch auf den Hochebenen die Basis-Lebensmittel wie z. B. Reis und Mehl in großen Säcken ver- und gekauft. Diese Zentren sind oft nur wenige Hütten aber sie sind der Treffpunkt für Schulkinder und Händler auf ihren Wegen ins Tal zur Schule oder nach Hause in die Bomas (traditionelle Dörfer der Maasai). Die Kinder haben teilweise einen morgendlichen Ab- und abendlichen Aufstieg von bis zu 400 Metern zu bewältigen. Ein einfacher Schulweg dauert hin oder zurück oft bis zu je 1,5 Stunden und ist in der Regenzeit mit besonderen Herausforderungen und ggf. Umwegen verbunden.
Die Maasai ernähren sich überwiegend vom Fleisch und von der Milch der Tiere ihrer privaten Viehherden (Rinder, Schafe, Ziegen). Auch das Blut der Kühe wird getrunken. Die Tiere werden jedoch nicht getötet, sondern nur mit einem Speer verletzt. Danach wird die Wunde mit Sand abgedeckt und verschossen. Der Verzehr von Geflügel und Eiern ist ihnen nicht erlaubt. Obwohl sie als sehr kriegerisches Volk bekannt sind, jagen die Maasai nicht, sondern leben mit der Natur und allen Kreaturen im Einklang.
Die Maasai sind ein stolzes Volk, bestehend aus unverschiedlichen Clans aber alle sind für fremde Kulturen sehr offen. Interssiert haben unsere Begleiter auch nach unseren Traditionen, Ansichten und Einstellungen gefragt. Mit kulturellen, medizinischen und religiösen Traditionen sind sie intensiv verbunden. Auch Beschneidungen finden nach wie vor noch statt. Alle Männer werden im Jungenalter beschnitten. Bei Frauen dagegen wird das für uns grausame Ritual „nur noch“ in 25 % und in sehr abgelegenen Dörfern durchgeführt.
Maasai-Männer dürfen auch mehrere Frauen heiraten. Es gibt dann erstaunlicherweise jedoch keine Konkurrenz untereinander oder eine Hierarchie. Der Alltag mit allen Pflichten und Rechten wird gemeinsam bewältigt und auch die Versorgung aller Kinder findet gemeinschaftlich statt. Das ist auch notwendig, da ein Maasai Mann durchschnittlich vier Frauen und mit jeder einzelnen bis zu 9 Kindern haben kann. Land und Vieh wird jedoch nur an die Söhne vererbt. Für die Mädchen müssen zur Hochzeit mindestens 5 Kühe an die Brauteltern übergeben werden.
Im Alltag kleiden sich die Maasai sehr traditionell und schmuckreich. Jede Farbe steht einer Altersgruppe und einem Geschlecht zu. Junge Männer tragen überwiegend blau, Frauen und reifere Männer dagegen rot. Die Stoffbahnen der Gewänder werden allerdings sehr unterschiedlich geknotet, so dass sie situationsbedingt als Tragetücher genutzt werden können. Sowohl die Frauen als auch die Männer legen persönlich sehr viel Wert auf Schmuck. Dieser wird von den Frauen selbst hergestellt und dabei traditionelle Muster und Farben der einzelnen Clans verwendet. Alle sichtbaren Körperteile sind durch Ringe, Bänder, Gürtel, Ketten, Scherpen, Hüte etc. geschmückt. Jeder Mann trägt einen traditionellen Säbel oder ein Messer in einer ebenfalls verzierten Scheide aus Tierhaut an seinem perlenbestickten Gürtel um die Taille. Alle sehen sehr schön und farbenfroh aus, es ist ein toller Anblick!
Diese Informationen haben wir nicht gelesen, sondern sie wurden uns von den uns begleitenden Maasai Kriegern und ihren Familien während unserer Tour persönlich erzählt. Die Zusammentreffen mit den Maasai waren oft nur sehr kurz. Im Vorbeigehen wurden wir freundlich begrüßt, manchmal wurden auch Hände geschüttelt oder Fragen über uns an unsere Begleiter gestellt. Diese Situationen wollten wir nicht ausnutzen, um Fotos zu machen. Diskretion und Vertrauen sind wichtig. Daher gibt es verhältnismäßig wenig Fotos mit den traditionellen schmuckreichen Outfits. Einige davon werde ich in den weiteren Berichten einfügen.
Nun aber zurück zu unserer Tour.
Der Land Cruiser meistert Dank unseres überaus versierten Fahrers das schwierige Gelände ganz wunderbar. Wir fahren entlang des
Ngorongoro-Vulkan-Kraters in ca. 2300 Meter Höhe und haben traumhafte Ausblicke. Der Kraterboden, auf den man mit einer Sondergenehmigung auch hinabsteigen kann, liegt etwa 1700 Meter hoch und die Kraterkanten sind 400 bis 600 Meter hoch. Der Durchmesser des Kraters beträgt 17 bis 21 Kilometer. Das spezielle Sonnenlicht aber auch die für mich bisher unbekannte Weite der Landschaft in Verbindung mit den Bergen ist ein einmaliges Erlebnis und mir kommen beim Anblick von so viel Schönheit, Ruhe und Frieden die Tränen. Es ist einfach unfassbar!
Wir setzen unsere Fahrt bis zum Empakaai Krater fort. Auf dessen Kraterboden befindet sich ein See. Diesmal steigen wir in Begleitung von Wenga ca. 300 Meter tief in den Krater hinein und werden für diese kleine Anstrengung mit einer überaus reichen Tierwelt belohnt. Hunderte pinkfarbene und weiße Flamingos stehen einbeinig im See, und am Ufer sitzt eine Horde Affen. Sie ziehen sich an den bewaldeten Kraterrand zurück, als wir langsam durch das kniehohe Gras laufen, um sie nicht zu verschrecken. Zahlreiche bunte Vögel zwitschern laut und Schmetterlinge fliegen umher. Es ist wie in einem Märchenfilm, nur fehlen die Elfen. Kindheitserinnerungen kommen auf. Gemeinsam mit meinem Väterchen haben wir Pfauenauge, großer Admiral, Zitronenfalter klassifiziert und als Bilder hingen sie in meinem Kinderzimmer. Doch seit Jahrzehnten habe ich keinen dieser Schmetterlinge mehr gesehen. Hier fliegen dagegen andere, handtellergroße Exemplare herum. Auch wilde Bienen summen im üppigen Grün. Es ist eine Vielfalt an Tierstimmen und anderen Naturgeräuschen. Beeindruckend!
Nach einer Stunde Aufstieg zurück zum Kraterrand, es hat unterdessen leicht zu regnen begonnen, schlagen wir unser Nachtlager direkt neben dem Vulkankrater auf und erleben einen spektakulären Sonnenuntergang hinter den Bergen. Sogar ein Blick auf den Kilimanjaro in weiter Ferne ist uns vergönnt. Gänsehaut!
Es wird dann schnell dunkel und auch kalt. Einer unserer Begleiter versucht ein Feuer zu machen, allerdings sind der Boden und auch die Zweige zu feucht und so kommt es nicht richtig zum Lodern. Wir ziehen alle vorhandenen Sachen übereinander und genießen unser Abendessen als Picknick vor dem Zelt. Es gibt eine Mehl-Kräutersuppe als Vorspeise, anschließend Reis mit einer leckeren Gemüsesauce und Bananen sowie Apfelsinen zum Nachtisch.
Aufgewühlt von den vielen Eindrücken aber sehr glücklich und zufrieden über den gelungenen Start unserer Tour, freuen wir uns schon auf den nächsten Tag. Nun beginnt die eigentliche Trekkingtour und dafür wollen wir fit sein.