Pfingstsonntag

Obgleich das Pfingstfest nicht mit offiziellen Feiertagen in Ruanda verbunden ist, haben wir ein wenig „gefeiert“. Soll heißen, wir haben versucht, etwas Besonderes und nicht Alltägliches zu machen. Ein Kirchgang war aufgrund der Corona-Einschränkungen nicht möglich. Daher haben wir einen Spaziergang in unserem neuen Wohnumfeld unternommen. Es blüht gerade überall wunderschön und die Natur zeigt sich in prächtigen Farben.

Nur wenige Querstraßen von unserem neuen zu Hause entfernt, befindet sich das „BASO“, eine kleine und sehr feine Patisserie. Hier bekommt man richtiges Gebäck, leckere Törtchen, Croissants, verschiedene Brotsorten, gefüllte Blätterteigbackwaren und ganz hervorragenden Kaffee. Die Preise sind auf die Besuche durch Muzungus angepasst denn nur vereinzelt sieht man dort die einheimische Mittelschicht.

Hier bestellen frankophile Expats für das Familiensonntagsfrühstück ihre Baguettes oder Schokocroissant. Engländer und Iren lieben den schwarzen, sehr aromatischen „Silverback-Tea“ und gönnen sich einen Scone dazu. Ohne Creme! Die Americaner schlemmen Doppelbeef- und Cheeseburger mit Pommes rot-weiß und die Deutsche Community probiert alles nacheinander aus.

Das ist unser neues Lieblingscafé, da es hier sogar Windbeutel mit Vanillecreme und Schokoguss gibt. Alles ist sehr ansprechend hergerichtet und ein wirklicher Gaumen- und Augenschmaus. Leider hat das mit Afrikanischer Kultur gar nix zu tun aber man kann nicht alles haben. Wir genießen die Leckereien und die Lage am Berghang im Grünen.

Frohe Pfingsten!

Vom Hund gebissen

Am Freitag vor dem Pfingstwochenende kam unser Guard und Hausverwalter Faustin vom Abendspaziergang mit Solange, der einjährigen Hündin unserer Freunde, zurück. Er berichtete ganz aufgeregt, dass sie in der unmittelbaren Nachbarschaft plötzlich von einem großen Hund angegriffen und gebissen worden war. Er habe noch versucht, den Angriff abzuwehren. Mit der Leine habe er auf den anderen Hund eingeschlagen und um Hilfe gerufen aber auch der Besitzer des angreifenden Hundes war nicht in der Lagen, ihn zurückzuhalten. Es bedurfte der Hilfe eines weiteren Spaziergängers, beide Hunde auseinander zu bringen.

Solange blutete am Hinterteil, war völlig verstört, Schwanz und Ohren angelegt und gab keinen Laut von sich. Futter verweigerte sie und außer liebevolles Streicheln fiel uns nix ein. Tierärzte für Notfallbehandlungen gibt es in Kigali nicht, daher könnten wir nur eine von drei im Internet recherchierten Tierarztpraxen am Folgetag aufsuchen. Faustin wollte uns unbedingt begleiten und war mindestens genau so aufgeregt wie wir und die Hündin.

So nahmen wir erst einmal Thomas elektrischen Haarschneider und rasierten vorsichtig das Fell um die Wunde ab, um einen Eindruck vom Ausmaß der Bisswunde zu bekommen und zu desinfizieren. Das sah Gott sei Dank gar nicht so schlimm aus. Also streicheln sollte vorerst reichen. Wir informierten unsere Freunde über das schockierende Ereignis und versprachen, den Tierarzt zur Sicherheit am nächsten Morgen aufzusuchen. Die entsprechenden Gesundheitspapiere lagen in einer Schublade.

Immer mal wieder schaute ich in den folgenden Stunden nach Solange, die ruhig in ihrem Korb saß und bald auch einschlief. So wie Thomas und ich dann letztendlich auch. Es war eine anstrengende Woche mit Umzugsvorbereitungen, ankommen im neuen Wohnumfeld, erkunden der Umgebung und zum Wochenabschluss sogar noch mit diesem „tierischen“ Notfall.

Plötzlich spürte ich ein Krabbeln an meinem Fuß. Was war das? Ein Blick auf die Uhr: 2:10 Uhr. Solange schien mich wecken zu wollen. Ich quälte mich aus dem Bett und ging in die Küche, um Thomas nicht auch noch munter zu machen. Ganz langsam folgte sie mir. Plötzlich blieb Solange mitten im Raum stehen und begann am ganzen Körper zu zittern. Außerdem hechelte sie stark und es fiepte beim Atmen. Oh Shit, was wird das denn jetzt? Was sollte ich machen? Keine Ahnung von Haustieren. Na ja, ich hatte in Kindertagen Wellensittiche gehabt, aber einen Hund?

Ich hatte schon am frühen Abend meine langjährige Freundin Kerstin aus Hoy über Facebook-Messenger angeschrieben und ihr die ganze Situation geschildert. Sie hat seit Jahren einen Hund und daher viele Erfahrungen. Umgehend hatte ich von ihr Hinweise erhalten, worauf ich achten sollte und auch noch einen Link „Erste Hilfe beim Hund – Bissverletzung“. Na da konnte ich mal nachlesen und mich informieren. Gerade war ich beim Kapitel „Schockzustand nach Bissverletzung“ angekommen, als Solange mit den Augen rollte und zur Seite wegkippte. Nun lag sie in der Mitte auf dem Küchenboden. Fuck! Auch das noch! Was hatte ich doch gerade noch gelesen? Auf die rechte Seite legen und die Hinterbeine erhöht lagern. Fix ein altes Handtuch gegriffen, gerollt und untergeschoben… und nun? Liebevoll streicheln, kann nicht schaden. Nach nur wenigen Minuten, rappelte sich Solange jedoch zu meiner großen Erleichterung schon wieder auf und erhob sich zitternd und hechelnd. Ich prüfte die Schnauzenspitze. Sie war trocken und heiß. Davor hatte mich Kerstin gewarnt, darauf sollte ich unbedingt achten. Ok, nun aber fix. Kleine Schüssel mit Wasser holen und per Hand die empfindliche Schnüffelnasenspitze befeuchten. Sofort begann Solange meine Hand abzuschlecken und dann auch etwas zu trinken. Na bitte, geht doch! Alles im Griff!

So verbrachte ich die nächsten Stunden bis 4:45 Uhr neben Solange auf einer Luftmatratze sitzend, jedes Schniefen, Röcheln, Fiepen ängstlich belauschend. Allmählich beruhigte sie sich, stand jedoch weiterhin apathisch in der Mitte der Küche und bewegte sich keine Zentimeter.

Für ca. 1 Stunde legte ich mich dann doch noch einmal hin. Gegen 6:00 Uhr wurden Thomas und ich von Solange geweckt und ich berichtete kurz von meinen nächtlichen Aktivitäten. Wir planten den Tierarztbesuch umgehen für 9:00 Uhr, dann sollte die Praxis geöffnet haben. Das Ergebnis unseres dortigen Besuches, gemeinsam mit unserem Guard, war sehr zufriedenstellend. Nach einer mehrstündigen Beobachtungszeit konnten keine beunruhigenden Auffälligkeiten oder tiefere Verletzungen festgestellt werden. Solange wurde mit Antibiotika, Desinfektionsspray und Schmerztabletten wieder nach Hause entlassen. Thomas holte sie in einer Tragebox mit dem Auto wieder ab. Auch unser Guard war sichtlich erleichtert und freute sich über den doch noch glimpflichen Ausgang.

Nun wollten wir Kontakt zum Besitzer des angreifenden Hundes aufnehmen, um die Ernsthaftigkeit der Situation noch einmal klar darzustellen und Handlungsbedarf für die Zukunft zu signalisieren. Schließich würden beide Hunde auch weiterhin auf dieser Strecke ausgeführt werden. Absprachen waren also nötig, um erneute Eskalationen zu vermeiden. Aber auch da würde sich hoffentlich eine gute Lösung finden lassen.

Nun müssen wir uns in den nächsten 7 Tagen nur noch der Herausforderung der Medikamentengabe stellen. Das ist alles andere als leicht. Entweder hat Solange das Futter schon hastig weggeschlabbert und wir kamen gar nicht so fix hinterher, die Tabletten unterzumischen oder ihr behagt das Futter gar nicht und somit bleiben natürlich auch die bereit vorbildlich untergemischten Medikamente stehen. Aber auch da haben uns mittlerweile die Tipps und Tricks meiner Freundin Kerstin sehr geholfen. Nun sind auch wir Profis in der Hundeversorgung.

Umzug

„Ich packe meinen Koffer und nehme mit…“ Dieses beliebte Gedächtnisspiel haben wir am vergangenen Wochenende aufgegriffen, da wir für eine begrenzte Zeit in eine andere Wohngegend umgezogen sind. Dabei ist es egal, ob man für eine oder mehrere Wochen verreist oder halt umzieht, man benötigt genau so viele Dinge und muss ebenso (un)aufwendig packen.

Trauriger Weise haben wir vorher Freunde verabschiedet und zum Flughafen begleitet. Sie sind mit ihren Kindern für die Sommerferien nach Deutschland zurück geflogen und haben uns ihr Haus mit wunderschönem Garten überlassen. Erst im August sehen wir uns wieder, da die Schule nach dem Corona-Lockdown im September für die Kids wieder beginnt und die Schutzmaßnahmen dann hoffentlich weiter gelockert wurden.

Nun wohnen wir nur noch 20 Minuten fußläufig vom Kigali-City-Center entfernt. Was für eine Veränderung für mich im Alltag. Die zentrale Lage erleichtert doch so einiges. Der Stadtbezirk heißt Kiyovo und ist eine ruhige und sehr elitäre Wohngegend. Hier befinden sich viele Botschaften, große Hotels, riesige Villen von Geshäftsleuten und sogar das Anwesen des Präsidenten ist nur wenige Querstraßen von uns entfernt . Daher sind die Straßen befestigt, schlaglochrei aber oft auch menschenleer. Überall steht bewaffnete Polizei. Durch üppige, dichte grünen Hecken und meterhohe Mauern kann man nirgends einen Blick hineinwerfen. Aber es ist, wie gesagt ruhig und wir haben Internet sowie sauberes fließendes Wasser. Luxus, den wir wieder zu schätzen wissen.

Der Garten ist wirklich riesig und sehr schön angelegt. Es gibt einen kleinen Hühnerstall aus Lehmziegeln mit eierlegendem Federvieh und sogar Kücken, eine Feuer- und Grillstelle, eine junge, noch sehr verspielte Hündin und einen großen Gemüsegarten. Daher haben wir frische Kräuter, Tomaten, Zucchini, Kürbisse und Bohnen.

Um die Pflege des Gartens, die Gemüseernte, die Müllentsorgung, die Fütterung der Hühner und um die Versorgung der Hündin kümmert sich der auf dem Gelände wohnende einheimische Hausverwalter, Faustin. Diskret kümmert er sich um alle Verpflichtungen „seiner Herrschaft“. Das sind dann jetzt wir. Ein merkwürdiges Gefühl, auch weiterhin eigentlich nichts im Haushalt oder Garten machen zu müssen aber auch nicht zu dürfen. Bereits in unserer alten Wohngegend, außerhalb der City, ist es unüblich für Muzunguns häufig ohne Auto unterwegs zu sein und Besorgungen zu machen. Daher tuschelten die Einheimischen oft leise hinter mir „…walking Muzungu…“. In unserer neuen Gegend ist das fast unmöglich. Einen verständnislosen Blick und die Frage „Madam, you are footing to shop?“ (Madam, Sie gehen zu Fuß einkaufen?) drückt das komplette Unverständnis des helfenden Personals aus. Egal, da müssen jetzt alle Seiten durch! Wir werden uns schon noch aneinander gewöhnen.

Mal sehen, wie lange Thomas und ich dieses Umfeld genießen können oder ob es uns relativ schnell wieder in unsere ländliche Abgeschiedenheit mit Blick auf das nahegelegene Dorf zurücktreibt.

Wir sind fertig

„Wir sind fertig!“ Das trifft in zweierlei Hinsicht zu. Zum einen ist das die Aussage von NPD (Nyarutarama Property Developers), der nationalen Bauorganisation Ruandas. Unser Weg vorm Haus ist nun zu einer befestigten Straße geworden und nach 5 Wochen fast fertig. Zum anderen bin ich fertig und am Rande eines Nervenzusammenbruchs, da die mit den Baumaßnahmen einhergehenden Auswirkungen (Stromausfälle, inakzeptable Internetverbindung, kein sauberes fließendes Wasser, Lärm) alles andere als lustig sind für verwöhnte Europäer, wie wir es nun einmal sind.

Bereits 6:15 Uhr treffen die ersten von später ca. 30 Bauarbeitern ein. Sie versammeln sich schwatzend, telefonierend und manchmal auch singend (was eigentlich sehr schön ist) vor unserem Haus und warten auf den Einsatzleiter. Ab 6:30 Uhr werden die ersten riesige Steinbrocken manuell mit wuchtigen Hämmern zerschlagen und zum Verbauen fertig gemacht. Das verursacht im gesamten weiteren Tagesverlauf ein monotones dröhnendes Geräusch. Übertönt wird das jedoch ab 7:00 Uhr von den auf kurzer Strecke auf- und abfahrenden Baufahrzeugen. Entweder vibriert das Geschirr auf dem Tisch, sobald eine Verdichtungswalze die enormen Sandmassen am Boden festdrückt oder ein nervtötendes Sicherheitssignal beim Rückwärtsfahren setzt ein, begleitet von lauten Ausrufen des einweisenden Bauleiters. Arbeitsanweisungen für die zahlreichen Frauen, die Sand schaufeln oder Steine auf dem Kopf zum Verbauen an eine andere Stelle transportieren, werden ebenfalls geschrien, um den Baulärm zu übertönen. Was für eine gigantische Geräuschkulisse. Diese haben ich nicht nur vor dem Haus, sondern auch seitlich vom Haus, da natürlich auch die neue Hauptverkehrs- und Umgehungsstraße unter unserem gemieteten Grundstück weiterhin gebaut wird. Also alles im Doppelpack. Es ist zum Verzweifeln! Wo soll ich hin? Es ist Lockdown, also keine Chance zu entkommen. Die guten Bose-Kopfhörer helfen auch nicht mehr, den Lärm zu reduzieren. Ich verkrieche mich in die hinterste Ecke des Hauses und schließe alle Türen, in der Hoffnung, dass es dadurch leiser wird. Einen Film auf Netflix anschauen oder ein YouTube-Sportvideo einschalten zur Nachahmung ist ausgeschlossen. Man versteht kein Wort. Lesen? Ich kann mich nicht konzentrieren.

Es hilft nur, sich mit Haushaltstätigkeiten abzulenken. Abspülen, sauber machen, etwas kochen, Basilikum-Öl herstellen oder Weißkohl sowie Spinat aus dem Garten ernten und verarbeiten. Aber auch das ist alles nicht so einfach, ohne Wasser bzw. nur mit Regenwasser. Die Waschmaschine bleibt daher aus. Wir sammeln unsere Wäsche für den Besuch bei Freunden. Geschirrspülwasser oder Wasser zum Säubern von Obst und Gemüse muss erst abgekocht werden und dann wieder abkühlen. Aus Verzweiflung und Ungeduld mische ich es aber mit kühlem Regenwasser. Ganz schlecht! Das bringt Spaß für den Darm, was den Wasserverbrauch bei Toilettengängen auch nicht gerade reduziert.

Oder mache ich doch lieber erst mit dem Regenwasser die Zimmer sauber? Aber dann reicht es nicht mehr für den Abwasch und ich muss erneut unsere Security bitten, die Kanister zu füllen oder ich klopfe selbst noch mal beim Nachbarn. Die winzigen Eintagsfliegen schwirren jedoch schon um die verklebten Teller und das Kochgeschirr von gestern. Also Abspülen muss heute sein! Ein Albtraum für mich und das über 5 Wochen!

Doch damit nicht genug. Zusätzlich hat unser Vermieter entschieden, jetzt endlich mal etwas im und am Haus zu machen. Er hat drei Handwerker bestellt. Sie klopfen eine Woche lang außen und innen den bereits seit Monaten abbröckelnden Putz an einigen Wänden ab, verspachteln diese Stellen neu, schleifen sie vorbildlich ab, um abschließend die Wände wieder zu streichen. Der feine weiße Staub von den Wänden und der rotbraune Staub der Straßenbauarbeiten kriecht in alle Ritzen. Wischen oder kehren ist nicht so einfach. Mit einem Staubsauger wäre alles schnell weg, der ist jedoch nicht vorhanden. So sehe ich bei jeder Bewegung meine eigenen Fußspuren auf dem Boden und weiß, wo ich schon im Haus unterwegs gewesen bin.

Die Nerven liegen blank! Gott sei Dank gibt es unterdessen Lockdown Lockerungen und wir dürfen seit zwei Wochen auch mal wieder zum Spaziergang raus. Das hat mich ernsthaft gerettet. Teilweise bin ich 4 Stunden zu Fuß unterwegs und laufe ziellos herum. Schwitzend und schwer atmend durch die Gesichtsmaske, die wir dauerhaft in der Öffentlichkeit tragen müssen. Mal hole ich Thomas von Arbeit ab, ein Fußweg von 1,75 Stunden. Oder ich laufe zur Café-Bäckerei „Lamane“, die ich in knapp 1 Stunde erreiche. Jedoch sind nicht alle öffentlichen Einrichtungen wieder für Besucher geöffnet, obwohl sie es mit den entsprechenden Sicherheitsabständen und Hygienemaßnahmen dürften.

Trotz der Erleichterungen flüchten wir am Samstag, 23.05. erst einmal zu Freunden. Sie reisen vorübergehend mit ihren beiden kleinen Kindern aus, da auch sie alle aufgrund der Gesamtsituation fertig sind. Im September wollen sie zum Neustart der Schulen wiederkommen. Bis dahin können wir in ihrem Haus wohnen, haben sauberes Wasser und vor allem Ruhe sowie eine bessere Internetverbindung durch die Nähe zur Innenstadt.

Thomas und ich freuen uns riesig auf diese Auszeit. Es wird ein Kurzurlaub in einem Ferienhaus in Kigali-City. Wir sind gespannt, was wir dann noch so alles erleben.

 

Ohne schlechtes Gewissen

Ist das schön! Endlich auch mal wieder ohne schlechtes Gewissen und ohne den kleinen Rucksack für den „Alibi-Einkauf“ auf dem Rücken einen ausgiebigen Speziergang machen zu können. Wir genießen diese Möglichkeit nach dem Lockdown jetzt noch viel mehr.

Am vergangenen Sonntag hatten wir uns zum zweiten Mal zu den „Wettlands“ auf den Weg gemacht. Eine schöne Tour von 10 bis 15 km Länge, je nachdem für welche Runde (mit oder ohne Abkürzung) man sich entscheidet. Thomas und ich hatten so begeistert überall davon berichtet, dass Freunde unbedingt auch einmal mit uns diesen Weg laufen wollten. Er beginnt auch gleich hinter unserem Haus. An diesem Sonntag wollte uns Elisabeth begleiten, obwohl sie alles andere als gern und viel läuft. Nach der großen Mittagshitze starteten wir gegen 14:30 Uhr , kamen in einen kurzen aber heftigen Regenschauer und hatten danach das wundervollste Wanderwetter.

Zu Beginn des Weges muss man durch Gahanga, ein Nachbardorf unseres Dorfes Muyange. Es ist unvorstellbar, dass man sich eigentlich in einem Ortsteil der Hauptstadt befindet. Man fühlt sich eher wie mitten auf dem Land. Auch die Bevölkerung lebt in einfachen Lehmhütten und arbeitet auf den kleinen angrenzenden Feldern an den Berghängen.

Der Dorfkern befindet sich an einer holperigen und vom Regenwasser ausgewaschenen Wegkreuzung mit wenigen schattenspendenden Bäumen am Wegesrand. Unter diesen sitzt gefühlt das halbe Dorf (ohne Mundschutz und social distancing) und ruht sich von der schweren Feldarbeit aus. Gegenüber gibt es sogar einen winzigen Laden, der jedoch nur ganz „ausgewählte“ einzelne Produkte anbietet, da alle Familien Selbstversorger sind. Ringsherum verkaufen Frauen Obst und Gemüse von ihren Feldern.

Vor einer alten Nähmaschine, die auf einem nicht viel größeren Holztischchen befestigt ist, sitzt eine Frau in traditioneller Kitenge-Kleidung (bunt und auffällig bedruckt) unter einem großen ausgeblichenen roten Sonnenschirm. Den sehen wir soger von unserem Schlafzimmerfenster aus, wenn wir bei klarem Wetter auf der anderen Berhangseite das Dorfleben beobachten. Die Frau näht und repariert alles, was aus Stoff ist. An so einem Stand habe ich auch einen meiner Turnschuhe nähen lassen, bei dem eine Seitennaht aufgegangen war. Kostet 50 Cent und hält 100 Jahre! Zusätzlich kommt man mit dem ganzen Dorf ins Gespräch. Die Einheimischen wundern sich, dass die Muzungus ihre Schuhe reparieren lassen und nicht einfach weg werfen, um neue zu kaufen. Schön, dass wir auf diese Art und Weise zu Bildung und Verständigung beitragen können.

Wir haben Durst! Bei einem Seitenblick durch eine schief hängende Holztür erkennen wir eine Art Bar. Klein, dunkel aber mit einem richtigen Tresen. Wir bestellen zwei Cola und Thomas bezahlt mit MoMo (Mobil Money). Die Barfrau holt ihr Mobiltelefon, wirft einen Blick drauf, nickt, bestätigt damit die Zahlung und wir verlassen die Lokalität. Es ist so krass! Eigentlich gibt es nix von Wert zu kaufen, so dass man bargeldlos bezahlen wollen würde. Aber schon bei Alltäglichem springt einen in Ruanda die Digitalisierung förmlich an jeder Ecke an.

Das Sumpfland, was wie gesagt nur wenige Gehminuten von unserem Haus entfernt beginnt, ist für uns landschaftlich einfach beeindruckend. Es gibt unzählige Vögel und so zwitschert es ununterbrochen in einer ungewohnten Lautstärke. Sofern man nicht gerade unmittelbar am Ufer des Flusses entlang spaziert, blickt man von jedem Berg auf den schlammigen Niaborongo-Fluss herab, der sich durch das dichte Papyrus-Grün schlängelt. Schmale Fischerbote gleiten ruhig dahin oder transportieren für ihre Größe relativ viele Menschen auf die andere Flußseite. Doch das probieren wir lieber nicht aus.

Ein seltener und belustigender Anblick sind auch die schwarz-weißen europäischen Kühe, die unter Palmen am Ufer stehen. Ein Stück Heimat, was sich mit dem afrikanischen Kontinent zu vermischen scheint.

Nach so einer Wanderung haben wir aufgetankt, fühlen uns freier und sind zufrieden. Die angespannte Situation des Corona-Lockdowns in den vergangenen Wochen fällt Stück für Stück ab. Wir hoffen, dass wir auch bald wieder innerhalb des Landes reisen und so noch weitere Eindrücke sammeln können. Darauf freuen wir uns!