Thomas und ich lieben Käse und Kaffee! Beides konsumieren wir viel und regelmäßig. In Kigali hat sich der Verbrauch jedoch etwas verändert, denn leckere Käsesorten sucht man hier vergebens. Dafür gibt es um so aromatischeren und trotzdem mild gerösteten Kaffee. Immerhin haben wir unterdessen auch einen Simba Supermarkt gefunden, wo es mit Sicherheit den bekannten und in Deutschland üblichen, eingeschweisten Feta zu kaufen gibt. Allerdings variieren die Preise sehr stark zwischen 4000 und 6000 RWF (4 bis 6 EUR), daher schlagen wir nur vereinzelt zu und kaufen dann auf Vorrat.
Zu unserer großen Freude erwähnte Elisabeth, dass ihr Patenonkel eine Käserei betreibe, die wir am Wochenende auf unserem Weg zum Kivu-See besichtigen und dort dann natürlich auch Käse kaufen könnten. Was für wunderbare Aussichten!
Da Elisabeth ihren Patenonkel 8 Jahre lang nicht mehr gesehen hatte, meldeten wir uns auf dem Hinweg erst einmal bei ihm an und verabredeten den Einkauf für Sonntag auf unserer Rückreise. Das war auch gut so, denn von 60 Ziegen und einem damit verbundenen boomenden Käse-Business waren ihm durch die Coronapandemie nur noch 20 gesunde Tiere und eine kleine Produktion verblieben. Durch den 3-monatigen Lockdown war es seinen Angestellten aus den umliegenden Dörfern nicht möglich gewesen, die Ziegen in den Bergen zu hüten und zu versorgen, daher waren so viele verstorben. Er selbst war in Kigali beschäftigt und hatte sich auf seine Leute verlassen müssen.
Trotzdem freute sich Elisabeths Patenonkel sehr über ihren (unseren) Besuch und führte uns stolz durch die Produktionsstätte. Diese bestand lediglich aus zwei spartanisch eingerichteten dunklen Räumen. In einem wurde die Käsemasse vorbereitet und in Formen gegossen. In dem anderen Raum lagerte der Käse mehrere Wochen. Von den von uns erwarteten Hygienmaßnahmen aufgrund der Verarbeitung von frischer Milch und Lab war weit und breit keine Spur. Die Räume waren jedoch sauber und der Käse roch trotzdem ausgesprochen gut. Wir bekamen 5 runde Käse unterschiedlichen Reifegrades zum Megasonderspezialpreis und eine erneute Einladung, den Besitzer zu besuchen. Er würde in den nächsten Wochen und Monaten neue Räume bauen und die verkleinerte Produktion mit einem angrenzenden Laden innerhalb des Dorfes, von einer auf die andere Straßenseite, verlagern.
Wir hatten weitere 3 Autofahrtstunden und schlechte Straßenverhältnisse vor uns. Unterwegs kamen wir an einer Trockenmühle für Kaffee vorbei. Obwohl es Sonntagnachmittag war, stand ein LKW vor dem großen Tor der Firma und so entschlossen wir uns, spontan einen weiteren Stopp einzulegen und uns das Kaffeemahlen erklären zu lassen.
Die Verständigung in englisch war leider etwas mühsam, daher habe ich nicht jedes Detail verstanden, was uns erklärt wurde. Jedenfalls handelte es sich um eine Trockenmühle, mit der die bereits gewaschenen Kaffeebohnen weiter gereinigt und von diversen Schutzhüllen befreit werden. Anschließend erfolgt eine maschinelle Sortierung in fünf unterschiedliche Bohnengrößen und damit verbunden die Sortierung nach verschiedenen Qualitätsstandards. Abschließend wird noch einmal manuell von vielen fleißigen Frauen nachsortiert, d. h. sie sortieren die unförmigen Bohnen aus und behalten nur die formschönen zurück. So entsteht der noch grüne und ungeröstete Exportkaffee Ruandas, wobei lediglich die ersten beiden Qualitätsstufen dafür genutzt und die anderen drei Stufen im Inland verkauft werden.
Die Arbeit der Männer besteht darin, die grünen Bohnen in 60 kg Säcke zu verpacken und für den Transport zu den Kaffeeröstereien vorzubereiten.
nach dem Reinigungsprozess sind die Bohnen wesentlich kleiner und grün
Kaffee riecht auch erst mit der Röstung nach Kaffee und verbreitet den typischen aromatischen Duft. Auch das wollten wir natürlich unbedingt vor Ort erleben und so wurde für uns eine kleine Menge an Kaffee zum Mitnehmen geröstet. Elisabeth und Atete haben vorher noch einmal eine manuelle Reinigung der Bohnen vorgenommen. Ich hätte bei diesem Versuch vermutlich alle Bohnen verschüttet aber bei den beiden sah das schon sehr professionell aus.
Unterdessen war es 16:00 Uhr, es würde in ca. zwei Stunden dunkel werden und nach wie vor hatten wir noch eine weite Strecke zu fahren. Nun aber lost! Wir “picknickten” aus Zeitmangel im Auto unsere vorbereiteten Sandwiches, Knacker von der German Butchery, Obst und Gemüse.
Für uns alle war es ein ganz besonderes gemeinsames Wochenende mit vielen unterschiedlichen Eindrücken und Erlebnissen. Langsam kommen wir uns näher und wir spüren ganz deutlich mehr Aufgeschlossenheit uns gegenüber und auch mehr Eigeninitiative in der Kontaktaufnahme. Aus Thomas Perspektive hat es dafür 1,5 Jahre kontinuierliches Einladen, Nachfragen, Kommunizieren gebraucht. Das “Durchhalten” hat sich gelohnt!