Inzwischen habe ich hier mit der Arbeit begonnen. Ich bin Bestandteil einer übergroßen Expat Community, die hier vor Ort ist und dem Land helfen möchte. Die Managementebene des Landes ist soweit ich das feststellen kann, sehr gut gebildet und wahnsinnig ambitioniert. Auf den Ebenen darunter fällt das Wissen dann allerdings schon wieder sehr schnell ab.
Manager haben größtenteils Auslanderfahrung, umfangreiches Wissen und würden auch in Europa sehr gut klar kommen. Ich arbeite in der “Ruanda Information Services Authority”, eine eigenständige Gesellschaft innerhalb des Ministeriums, die für das gesamte Land die IT Strategie verantwortet. Demzufolge schlagen alle Themen, die man sich nur vorstellen kann, bei uns auf. Einige der Ziele, die sich die Organisation gegeben hat, könnte man durchaus als überambitioniert bezeichnen – das Engagement ist jedoch absolut vorhanden und auch der Wille zum Aufbau der entsprechenden Infrastrukturen.
Ruanda lebt für mich wahrgenommen in einer pseudodemokratischen Autokratie. Den Menschen ist bewusst, dass der Präsident mit sehr viel Durchgriff regiert, es herrscht jedoch keine Angst, auch Sprachcodes wie in der DDR habe ich bisher noch nicht wahrgenommen. Aber das kann unter Umständen ja noch kommen.
Der konkrete Vorteil für meine Arbeit ist, dass wenn das Ministerium etwas beschließt, es auch tatsächlich mit aller Konsequenz ohne weitere Diskussionen umgesetzt werden kann. Das vereinfacht einige Dinge. So hat meine Organisation z.B. durch den Finanzminister inzwischen die Autorität erhalten, alle IT Projekte der Regierung freizugeben.
Es gibt wahnsinnig viel externe Hilfe (so wie ich ja selbst auch eine externe Hilfe bin) – unheimlich viele Ideen, manche ganz prima, manche verstehe ich irgendwie noch nicht. Die Japaner unterstützen eine “Startup-Factory” und versuchen so, junge Menschen dazu zu bewegen, neue Dinge für Ruanda zu entwickeln. Drei Japaner sitzen hier im Gebäude und werden so wie ich bis Ende des nächsten Jahres hier arbeiten. Der Teamleiter von Ihnen stellte sich bei mir mit den Worten vor “Japan und Deutschland hätte ja schon früher eine besondere Freundschaft verbunden. Ich weiß ehrlich gesagt nicht so richtig, wie ich das politisch korrekt für mich bewerten soll.
Die deutsche Entwicklungshilfe engagiert sich natürlich auch bei solchen Startups. Man versucht sich dabei irgendwie mit den anderen zu synchronisieren. Allerdings erhöht enge Synchronisation den Verwaltungsaufwand enorm, da sich alle Seiten dann erst wieder mit umfangreichen internen Verwaltungsstrukturen ihrer jeweiligen Ministerien abstimmen müssen – und so bleibt man lieber informell und und nur lose abgestimmt.
Vor ein paar Tagen gab es nun einen Hackathon – also eine Aufgabe für mehrere Teams, die über zwei Tage gelöst werden sollte. Ziel war es, insbesondere, die Spracherkennung der lokalen Sprache “Kinyarwanda”, die von drei viertel aller Menschen hier ausschließlich gesprochen wird mit Open Source Methoden zu verbessern. Da wurde schon gekleckert und nicht geklotzt. An der Vorbereitung war ein fünfköpfiges Team aus Deutschland (zwei davon extra für eine Woche eingeflogen) beteiligt, von der Mozilla-Stiftung wurde einer der wichtigsten Verantwortlichen weltweit für dieses Thema eingeladen, es gab Bier und Schnittchen, für das Gewinnerteam nach den zwei Tagen 2000€ und eine Reise zu einer der wichtigsten Konferenzen auf diesem Gebiet, für alle anderen immerhin noch 500€ für die Beteiligung an diesen zwei Tagen. Man kann nur hoffen, dass sich das Ergebnis tatsächlich lohnt und nicht irgendwo versackt. So sehr ich persönlich auch die Idee und die ganze Arbeit anerkenne, so sehr bezweifle ich eigentlich, dass das ein Thema ist, dass das Land zum jetzigen Zeitpunkt tatsächlich sehr weit nach vorne bringt. Aber unter Umständen bin ich auch einfach nicht technologie-affin genug.
Auf alle Fälle gibt es noch ein paar Bilder der Veranstaltung.