Es war zwar nicht DER “Frauentag” und doch stand dieser Tag mal ganz im Zeichen der Frau(en). Lotti und ich gönnten uns eine kleine Auszeit vom Studieren und Bewerben. Wir wollten “The women´s bakery” besuchen. Dieses wirklich tolle Frauenprojekt unterstützt seit mehreren Jahren Frauen, nicht nur in Kigali. Es bietet ihnen eine Ausbildung (Bäckereihandwerk) und anschließend einen zuverlässigen und fair-bezahlten Job in einer der Bäckereien. Das nenne ich Entwicklungshilfe, sowohl für das Land als auch für die einzelnen Frauenpersönlichkeiten.
Die Bäckerei befindet sich von uns aus auf der anderen Seite der Stadt. Ein Spaziergang dorthin von ca. 1 Stunde wird uns guttun. An der großen Hauptstraße wollten wir nicht gehen, und so versuchten wir mit Google Maps unseren Weg durch das Wohnviertel und durch einen schmalen, bewirtschafteten Grünstreifen im Tal von Kigali zu finden.
Abseits der Hauptwege zeigt sich das Leben der Einheimischen weitaus weniger großstädtisch. Man sieht kleine Lehmhütten mit nur einer schmalen Tür in der Mitte und winzigen Lichtschlitzen unterhalb des Daches. Fenster sind eher eine Seltenheit. Vermutlich zum Schutz vor Sonne und Hitze? Wir empfinden die Temperaturen um die 30 °C gar nicht als so heiß aber die Bauweise ist, selbst bei größeren Häusern, in dieser Beziehung einheitlich.
Erstaunlich für uns ist das enge Nebeneinander von arm und reich, einfach und prunkvoll, alt und neu. Man findet es überall in der Stadt und ist erstaunt, was sich plötzlich hinter der nächsten Weggabelung im Gegensatz zu dem gerade Gesehenen plötzlich auftut. Ein Beauty-Salon befindet sich neben einem Verkaufsstand, an dem ausgewaschene Joghurtbecher gefüllt mit Feuerholz und Kohle angeboten werden. Ein Luxushotel mit Spa folgt auf drei kleine Farmhäuser und deren Bananenpflanzen auf dem angrenzenden, privat bewirtschafteten Acker. Frauen laufen barfuß in ihrem Wohnviertel herum, balancieren große flache Schalen gefüllt mit Obst auf ihren Köpfen- ein Baby auf den Rücken geschnallt. Sie werden überholt von Frauen, die in silbergrau-glänzenden Geländewagen die ausgewaschenen Holperstraßen entlang zum Einkauf fahren. Und dann sind da auch noch wir: Muzungus, die laufen und Rucksäcke auf dem Rücken haben. Was für ein Anblick muss das wohl für die Einheimischen sein! Sie schauen oft skeptisch und erst nach unserem Standardgruß in Kinyarwanda folgt manchmal ein Lächeln oder auch eine gemurmelte Antwort. Sind wir ein Störfaktor, der nicht hierhergehört? Wir fühlen uns manchmal irgendwie fehl am Platz und unwohl. Allein würden weder Lotti noch ich diese Seitenwege gehen, doch gemeinsam ist es für uns ein spannendes Ereignis.
Zu zweit können wir besser damit umgehen, sprachlos angeschaut zu werden oder leise “Muzungu, Muzungu” zu hören. Kinder bleiben auf ihrem Schulheimweg aufgeregt vor uns stehen, strecken die Hand aus und sagen ihren einzigen englischen Satz auf: What is your name? Wir antworten gefühlte 50 Mal am Tag in Kinyarwanda und fügen auch noch “Nishimiye ku bamenya” (schön, dich kennenzulernen) hinzu. Häufig folgt dann herzliches Gelächter, aber wir sind stets bemüht, uns sprachlich zu erproben. Zwei, drei Sätzen helfen auf alle Fälle, die gegenseitige Unsicherheit abzubauen. In unserem Wohnviertel kennen uns namentlich mittlerweile sehr viele, und wir werden auch sehr oft auf der Straße mit Namen gerufen. Dann winken wir nach links und rechts und hoffen, dass unsere (manchmal etwas erzwungene) Offenheit ein wenig ansteckend ist.
Nach einer Stunde erreichen wir “The women´s bakery” und sind auf ein Neues erstaunt, was sich abseits der großstädtisch-touristischen Pfade für ein wunderschönes Café finden lässt. Wir verbringen mehrere Stunden dort: lesen, schreiben, recherchieren und genießen erfrischende Smoothies, bekommen den bisher leckersten grünen gemischten Salat und auf dem Rückweg (speziell für Thomas) nehmen wir drei Brezeln mit, bestreut mit Kräutern, Salz oder Zimt. Sie sind die Bäckereispezialität!
Wir können nur hoffen, dass sich das Bäckerei-Konzept weiterhin bewährt. Ganz sicher aber kommen wir wieder!