Regenzeit!

Auch in Rwanda kann man sich auf das Wetter nicht mehr ganz hundertprozentig verlassen. Üblicherweise gibt es auch hier vier Jahreszeiten, beginnend mit der „kleinen Trockenzeit“ von Mitte Dezember bis Ende Januar“. Es folgt die „große Regenzeit von Mitte Februar bis Mai, in der ca. 45% der gesamten Jahresregenmenge fallen. Daran schließt sich die „große Trockenzeit“ an, von Juni bis September und die Temperaturen steigen dann auf über 30°C. Das habe ich bereits hinter mir und es war gar nicht so anstrengend. Abschließend folgt noch einmal eine „kleine Regenzeit“ von Oktober bis Mitte Dezember.

Somit befinden wir uns jetzt in der „kleinen Regenzeit“. Allerdings, was soll ich sagen…von KLEIN kann an manchen Tagen hier nicht mehr die Rede sein.
Es ist, als ob der Wettergott uns zeigen wollte, was alles geht. Von einer Sekunde auf die andere ziehen sich die Wolken zusammen, ein heftiger Wind-fast Sturm-kommt auf, die großen Palmen schwingen bedrohlich hin und her und es wird dunkel. Meist folgt ein extremes Wetterleuchten und lautes Donnern und dann beginnt es auch schon so stark zu regnen, dass sich ein Schirmaufspannen nicht mehr lohnt. Man kann sich nur noch schnell irgendwo unterstellen und WARTEN. Manchmal hat man Glück und genauso schnell ist der Wetterspuk wieder vorbei, die Sonne strahlt und alles trocknet in Windeseile. Die Wege schauen aus, als sei gar nichts passiert. Aber es kann auch etliche Stunden dauern, bis sich das Wetter beruhigt hat und man wieder vor die Tür treten kann.

Gerade heute ist ein Platzregen niedergegangen, der so stark war, dass die Regentropfen wie Hagelkörner beim Aufprallen geklungen und einen richtig sichtbaren „Vorhang“ gebildet haben. Es war ein ohrenbetäubender Lärm. Über die ohnehin schon unebenen rostroten Sandwege flossen Wassermassen, die weiterhin alles ausspülen und mit sich reißen, was nicht befestigt ist. Die Luftfeuchtigkeit ist so hoch und die Wolken so niedrig, dass ich nicht über unseren Gartenzaun schauen konnte. Mein täglicher „Yogaausblick“…verschwunden!

Unsere Fenster sind dreigeteilt und nicht alle verschließbar. Die jeweils oberen Bereiche sind nur mit Lamellen versehen und sollen ein klein wenig Luft bringen, ohne dass man die Fenster öffnen muss (Moskitoschutz). Durch einige dieser Fensterschlitze hat es heute sogar reingeregnet und der rostrote Staub lief die Wände herunter. Nur gut, dass der Farbanstrich an den Wänden abwischbar ist.

Obwohl es schon wieder aufgehört hat zu regnen, fließen in den seitlichen, gemauerten Straßengräben noch immer die überflüssigen Wassermassen ab. Etliche Nachbarn schieben mit gummierten Besen das nicht abfließende Wasser im Hof auf die Rasenflächen. Das kann ich von unserem Bad aus beobachten, da wir etwas erhöht wohnen. Auch unser Security-Mann hat vollauf zu tun. Ein Abflussrohr hinter unserem Haus ist verstopft oder vielleicht auch einfach nur zu klein und so steht auch bei uns das Wasser knöcheltief.

Kleine Regenzeit

Generell sind jedoch die Temperaturen auch in der Regenzeit sehr angenehm bei ca. 20°C.  Damit lassen sich die unerwarteten Wassermengen doch ganz gut verkraften. Sie sind mir jedenfalls lieber, als mehrere nass-kalte, vernieselte und dunkle Novmebertage in Deutschland. Daher schicke ich ganz viel Licht und Wärme in die Heimat.

Mein Alltag

Die Zeit am Tag vergeht. Manchmal weiß ich gar nicht, wie sie so schnell vergangen ist. Daher auch für mich eine kleine Rekapitulation:

Pünktlich 6:30 Uhr klingelt der Wecker. Schließich muss wenigstens einer in der Familie arbeiten. Ich bin es nicht! Trotzdem stehe ich mit auf und setze in der Küche auf dem Gasherd mit einem Wasserkessel das Kaffeewasser an. Wenn der Kessel pfeifft und der Kaffee gebrüht ist, haben Thomas und ich ca. 40 gemeinsame Minuten. Wir besprechen die Tagesplanung oder machen uns schon Gedanken fürs Wochenende. 7:30 Uhr ist dann für Thomas Aufbruch ins Büro. Dazu nutzt er bei schönem Wetter das Motorrad und in der Regenzeit fährt er mit unserem klapprigen Land Rover.

Seit ich in Kigali bin, habe ich mich wieder stärker mit Yoga angefreundet. Da ich nicht mehr in dem Umfang wie bisher gewohnt, unterwegs bin, tut etwas mehr gezielte Bewegung ganz gut. Also hatte ich gleich in den ersten Tagen nach meiner Ankunft eine Yogamatte gekauft. Täglich gegen 8:00 Uhr rolle ich diese nun aus und beginne ganz aktiv und sportlich meinen Tag. Dazu rufe ich mir Übungsvideos über YouTube auf, die ich anfänglich nach der Laufzeit ausgewählt habe. Ich hatte keine Ahnung, was die unterschiedlichen Yoga-Arten beinhalten. Mal war es mehr Ohhm und mal krasse Akrobatik mit Dehnungen vom Feinsten. Das geht für mich beides (noch) nicht und daher musste ich die Suche schon etwas intensivieren. Nun habe ich Vinyasa-Flow-Yoga gefunden. Das passt generell ganz gut, selbstverständlich auch hier mal mehr und mal weniger, denn der „Flow“ kann schon ganz schön anstrengend sein mit seinen „herabschauenden einbeinigen Hunden“ und halben Schildkröten“ aber auch „Bäume“ und „Tauben“ sind nicht ganz ohne! Dabei sollte man auch immer noch im passenden Rhythmus atmen, so dass der Flow auch richtig zur (Aus) Wirkung kommt. Na ja, Übung macht die Meisterin. Ich bleibe dran und merke schon jetzt, wie mir die Übungen auf alle Fälle gut tun!

Bei alledem habe ich einen gigantischen Ausblick über das Nachbardorf. Der entschädigt manchmal für die eine oder andere Schweißperle. Außerdem gibt es im Anschluss zur Belohnung einen gesunden und frisch zubereiteten Smoothie. Das hat Lotti immer übernommen. Gestern ist sie wieder nach Berlin zurückgeflogen und nun fehlt mir nicht nur der grüne Smoothie!

Nachdem alle Gelenke gelockert und die Sehnen gedehnt sind, beginne ich mit der Hausarbeit. Obwohl wir zweimal wöchentlich eine Haushaltshilfe für ein paar Stunden haben, bleibt noch ausreichend zu tun. Das liegt unter anderem auch daran, dass gerade um unser Haus herum alle Straßen und Wege aufgerissen sind, in der Absicht, sie zu begradigt oder zu befestigen. Das bedeutet jedoch erst einmal nur Baulärm, Sand und Staub oder bei Regen mehr Schlamm und größere Pfützen!

Auch ein Einkauf steht einmal in der Woche an. Dann laufe ich wahlweise ca. 1 Stunde bis zu einem der stadtbekannten „Simba Supermärkte“ oder 1,5 Stunden zum Expat-Supermarkt „Frulep“. Sofern ich noch Wasserkanister oder mal eine neue Gas-Kartusche besorgen muss, brauche ich das Auto aber auch nur für eine kurze 15 Minuten Fahrt an die übernächste Straßenecke zum Händler unseres Vertrauens.

Unterdessen habe ich auch ein Stammcafé. Das „Lamane“ ist eine Bäckerei und liegt ca. 45 Minuten zu Fuß von unserem Haus entfernt und auch gleich neben einem kleinen Reinigungsservice. Dorthin bringe ich die Business-Sachen von Thomas und verbinde so das Angenehme mit dem Nützlichen! Ein leckerer afrikanischer Kaffee geht immer!

An manchen Tagen folgt dann am Nachmittag der Gang ins Fitness-Studio oder ich sitze über der Literatur meines Fernstudiums oder brüte über den Prüfungsaufgaben. Leider ist mein Tolino-Reader gleich in der ersten Woche kaputt gegangen, so dass ich aktuell keine erbauliche Urlaubslektüre auf der Terrasse schmökern kann. Nach Weihnachten wird sich das auf alle Fälle ändern, denn dann nehmen wir das Ersatzgerät (Garantie hat noch bestanden) wieder mit nach Kigali.

Selbstverständlich wird im Tagesverlauf auch das gemeinsame Abendessen
vorbereitet. Dazu konnte ich in den letzten Wochen den eigenen grünen Salat und unterdessen die ersten Tomaten im Garten pflücken. Alles andere an Obst und Gemüse kaufen wir im Supermarkt oder manchmal auch auf dem lokalen Markt gleich um die Ecke.

Basilikum-Öl mit Knoblauch und Gewürzen können wir auch selbst hergestellt, da wir nun auch frischen Koriander, Spinat, Basilikum und Petersilie im Garten haben. Der Weißkohl ist leider nicht so gut gewachsen. Nur wenige Kohlköpfe konnten wir bisher ernten und zubereiten. Unser Gärtner hat die zweite Bepflanzung vorgenommen und Karotten, Paprika und erneut grünen Salat gesät. Ich bin gespannt, wann da die ersten sichtbaren Ergebnisse kommen.

Zwischen 18:30 und 19:00 Uhr kommt Thomas nach Hause. Dann werten wir die kulturellen Besonderheiten im Arbeitsleben aus, planen unsere Wochenendausflüge, Treffen mit Kollegen und Freunden oder schauen Nachrichten und Videos. Zuletzt haben wir „Hotel Rwanda“ gesehen, einen authentischen Film über die furchtbaren Ereignisse 1994. Das Hotel ist in Kigali sogar wieder in Betrieb und wir sind in der Innenstadt schon das eine oder andere Mal daran vorbei gefahren. Unvorstellbar, was da passiert ist! Dienstags ist im „Goethe-Institut“ in der Innenstadt Filmabend. Es werden Deutsche Filme mit Untertiteln gezeigt, so dass sich ein buntgemischtes Publikum einfindet. Bisher haben wir das Angebot dreimal genutzt. Derzeit laufen spezielle Filme, die sich mit der Deutschen Wiedervereinigung, dem Mauerfall etc. beschäftigen. Alles anlässlich unseres Nationalfeiertages im Oktober!

Und so vergeht halt die Zeit. Mal spüre ich mehr von dem fehlenden Arbeitsleben und mal ist der Tag gut ausgefüllt und ich bin zufrieden. Ab und an übernehme ich ja auch Beratungstätigkeit für Projekte oder bereite den zweiten Teil des Inklusions-Hackathons vor.
Somit entdecke ich nicht nur sportlich Neues sondern auch inhaltlich. Mit der Länge unseres Aufenthaltes wird sich zeigen, ob die bisherige Beschäftigung ausreichend für mich ist oder ob ich mich doch noch einmal anderweitig umschauen muss. Bis Weihnachten bin ich bestimmt noch gut versorgt. Jetzt fliegen wir erst einmal eine Woche nach Indien und besuchen unsere Gastfamilie mit ihrem zweiten neugeborenen Stammhalter. Ich werde später berichten.

Sport frei!

Nur 10 Minuten fußläufig von unserem Haus befindet sich das „Tequila Paradise“. Das ist nicht nur eine Bar, in der es Cocktails gibt. Vielmehr kann man an diesem Ort großzügig Familienfeiern, Hochzeiten etc. ausrichten (lassen).
Auf dem Gelände gibt es eine große Spielwiese sowie einen großen Kinderspielplatz mit Trampolin, fahrbaren kleinen Autos und Motorrädern, Seil-Klettergerüst, Wippe, Schaukel, Rutsche…also alles was ein Kinderherz höherschlagen lässt.
Außerdem kann man in einem Pool baden. Schwimmen können allerdings die wenigsten Rwandaer*innen. Wo sollten sie es auch lernen? Das Meer ist nicht in Reichweite und der Besuch von Schwimmhallen gehören nicht zum Grundschulunterricht. Vielmehr legt man dort Wert auf Ballsportarten und ganz besonders auf Fußball.
Zur Ausstattung des Tequila-Paradise-Areals gehört auch eine großflächige Mehrzweckhalle mit bodentiefen Fenstern. Sie wird je nach Anlass festlich geschmückt und ausgestaltet.

Damit auch für alle Gästen ausreichend und umfassend gesorgt ist, kann man Massagen buchen, einen Saunagang wagen und in einem kleinen Fitness-Studio die am Buffet angefutterten Pfunde der vortägigen Familienfeierlichkeit abtrainieren. Für 2,00 EUR erhält man ein Tagesticket und für 22,00 EUR ein Monatsticket und kann sich auch als Anwohner*in sportlich betätigen. Sauna und Swimmingpool kosten jeweils 2,00 EUR extra.

Auf den ersten Blick schaut der Fitness-Geräteraum gut ausgestattet aus, bis man feststellt, dass einige Geräte nicht oder nur eingeschränkt nutzbar sind. Der Baudenzug ist gerissen, der Sitz lässt sich nicht mehr verstellen oder eine Halterung fehlt. Teilweise sind die Gewichte noch unterschiedlich große Zahnräder einer alten Maschine. Einige Sportgräte z. B. die Beinpresse sind aus Stahlteilen selbst zusammengeschweißt und verfügen über das TÜV-Zertifikat „Nutzung auf eigene Gefahr“. Trotzdem ist die Stimmung toll. Musik dröhnt aus den Boxen, dass die Fenster klirren. Brian, der Trainer, stellt sich gleich bei meinem ersten Versuch sportzumachen vor und erklärt, dass ohne seine Anleitung und ohne einen Trainingscoupon hier gar nichts geht. Na da bin ich ja froh! Hätte sonst nicht gewusst, wie ich das teilweise exotische Equipment bedienen soll. Nach meiner ersten Trainingseinheit von einer reichlichen Stunden bin ich platt und weiß, dass ich am nächsten Tag nicht ein Körperteil mehr bewegen kann. Brian wollte wohl einer Muzungu mal zeigen, was sportmachen bedeutet. Hat er geschafft! Und ich wollte wohl zeigen, dass auch eine Muzungu Sport machen kann! Touché! Er war erstaunt und ich fertig! Seither trainiere ich regelmäßig und auch Lotti war in den letzten 6 Wochen immer mit dabei.

Jobsuche in Kigali

Nun bin ich auf den Tag genau zwei Monate in Kigali und noch immer bin ich nicht richtig angekommen. Es ist schwieriger als erwartet, Kontakte zu Einheimischen zu knüpfen oder ernst gemeinte Beschäftigungsangebote aufzutun. Das liegt aus meiner Wahrnehmung zum einen daran, dass Rwanda als DAS afrikanische Land mit dem besten Entwicklungspotential angesehen wird. Es besteht im Vergleich zu anderen afrikanischen Ländern extreme Sicherheit und Sauberkeit sowie große Freizügigkeit in Bezug auf Außenaktivitäten. Daher sind viele bekannte Hilfsorganisationen in der Entwicklungszusammenarbeit, einige Privatinitiativen und etliche NGO´s bereits vor Ort. Es scheint, als ob das Land „gesättigt“ ist mit helfenden Helfern und Rat gebenden Fachkräften. Die Einheimischen scheinen keine große Begeisterung mehr aufzubringen, mit kurzzeitig und befristet in Kigali verweilenden Muzungus in (beruflichen und privaten) Kontakt zu treten. Die Kontakte bleiben daher eher oberflächlich. Ein Interesse, etwas von mir oder über mich und mein Herkunftsland erfahren zu wollen, habe ich bisher nicht wahrgenommen.

Ich trainiere mindestens einmal wöchentlich in einem lokalen Fitness-Club mit den Einheimischen unseres „Umudugudu“ (Ortsteil/Dorf). Am Eingangstresen sitzen abwechselnd stets die gleichen jungen Frauen. Wir begrüßen uns sehr freundlich und ich bemühe mich, einzelne Worte in Kinyarwanda einzubauen. Mehr passiert aber auch nicht. Keine Nachfragen zu meiner Person oder Hintergründen meines Aufenthaltes und auch kein „…lass uns doch mal nach dem Sport noch kurz zusammensitzen und quatschen.“ Schade, das hatte ich mir anders vorgestellt. Es bedarf ständigen Interesses meinerseits an meinem neuen Umfeld. Sofern ich nachfrage, wird auch bereitwillig geantwortet und berichtet. z. B. erzählt dann der Trainer von seinem Autounfall am Wochenende oder die Tresenfrau erwähnt den Geburtstag ihres Kindes. Danach ist die Unterhaltung aber auch beendet. Obwohl ich z. B. berichte, dass wir im Nyungwe Nationalpark waren, kommt keine Nachfrage, wie es uns gefallen hat oder was wir gesehen haben. Doch das fehlende Interesse liegt nicht nur an der „Übersättigung“. Die Lebensverhältnisse hier sind doch noch stark getrieben von der Basisversorgung für die Familie und dem „Überleben“. So kommen Fragen nach Freizeit, Ausflügen, Unternehmungen etc. einfach keinem in den Sinn und werden daher nicht gestellt. Übliche Fragen auch von Fremden unterwegs sind immer: „Bist du verheiratet?“ oder „Hast du Kinder?“ und dann werden alle weiteren Fragen rund um die Familie abgewickelt.
Da hier nur wenige Leute einen Job haben, ergeben sich Themen und Nachfragen zur Arbeit auch einfach nicht bzw. sie sind nicht interessant. Auch das ist ein Grund für die, durch uns oft als übergriffig empfundenen Fragen nach unserem Privatleben. Ich dagegen identifiziere mich über meine berufliche Tätigkeit, über erreichte Ziele und konkrete Ergebnisse. Ich bin enttäuscht, wenn andere diese Zusammenhänge in Meetings oder in Planungsgesprächen nicht auf- und begreifen oder würdigen. Effektivität und Effizienz sind hier keine erstrebenswerten Maßeinheiten. Wozu auch? Schließlich haben viele Einheimische nur  eines zu viel, nämlich Zeit und in dieser ohnehin nichts zu tun, außer zu warten.

Bereits Mitte September hatte ich ein Vorstellungsgespräch. Kein „übliches“, wie ich es bisher selbst mit Bewerber*innen geführt habe oder wie ich mich aus meiner Berufsanfangszeit daran erinnere. Mit dem GIZ- Chef in Rwanda war ich in einem Hotelrestaurant zum Mittagessen verabredet. Ein tolles kleines Hotel mit Dachterrasse und Blick über die Dächer von Kigali.

Aus Zeitgründen verzichteten wir dann zwar aufs Essen, tranken einen Kaffee und in einem kurzen informellen fachlichen Austausch waren schnell die jeweiligen Positionen er- und geklärt. Im Großen und Ganzen ging es um die Ausgestaltung einer Assistenz der Geschäftsführung. Ein sehr lockeres und sympathisches Aufeinandertreffen. Den Job habe ich wohl, allerdings wird die Stelle formal noch nicht so schnell nachbesetzt und es braucht noch einige Zeit bis…
Was und wie sich auch immer die Dinge hier für mich entwickeln, es wird zur richtigen Zeit das Richtige sein. Davon bin ich überzeugt! Bis dahin bin ich weiterhin in ein Projekt von RISA zu „Innovate4disability“ eingebunden. Dabei lerne ich viel und kann meine fachlichen Erfahrungen sowie mein Organisationstalent gut einbringen. Schließlich möchte ich nicht irgendetwas machen, sondern auch im hiesigen Umfeld nachhaltige Ziele erreichen, Ergebnisse produzieren und Entwicklung ermöglichen! Das ist und das bleibt (vorerst) auch so!

Mittlerweile besteht auch eine realistische Chance auf eine Zusammenarbeit mit Thomas im Rahmen meines Projektes. Darauf freue ich mich, denn auch als Arbeitsteam sind wir richtig gut!

Regenwald kommt von Regen

Am Wochenende waren wir im größten, ältesten und am besten erhaltenen Regenwald Ost- und Zentralafrikas, im Nyungwe Nationalpark. Über 1000 km² erstreckt sich die Fläche des dschungelartigen Waldes mit 300 Vogel- und mehr als 1000 Pflanzenarten. Als Besonderheit kann man 2 Schimpansen-Horden von jeweils 5 und 8 Tieren beobachten. Dazu müsste man allerdings 4:30 Uhr zu einer Tageswanderung aufbrechen. Diese wird jedoch von Teilnehmenden als sehr anstrengend beschrieben, da sich die Schimpansen sehr schnell und sehr viel bewegen. Man kommt also nur schwer hinterher oder mit ihnen mit. Deshalb und auch aufgrund der Regenzeit hatten wir uns gegen den Schimpansen-Trail entschiedenen. Genau die richtige Entscheidung! Es begann in der Nacht von Freitag auf Samstag zu regnen und zu stürmen. Selten habe ich diese Intensität erlebt, aber so stellte ich mir die Monsunzeit in Afrika vor. Daher war das Wetter auch am Samstag eigentlich mehr als ungünstig für irgendeine Wanderung. Trotzdem brachen wir 9:00 Uhr auf und erreichten 9:40 Uhr den offiziellen Eingang des Nationalparks.

Am Abend hatte uns Thomas bereits „eingecheckt“ und wir hatten uns für eine Tages-Rundtour durch den Dschungel entschieden. Außerdem hatten wir gehofft, so die lange Wartezeit am Eingang mit allen Touristen verkürzen zu können. Jede Tour im Nationalpark findet in Begleitung eines Rangers statt. Außer uns waren zu dieser frühen Stunde am Samstag nur noch zwei weitere Personen angekommen, es sollte also alles reibungslos laufen. Von der Ranger-Security wurde uns erst einmal mitgeteilt, dass wir unseren ausgesuchten Trail nicht machen könnten. Wir seinen 40 Minuten zu spät, er hätte 9:00 Uhr begonnen! Hä? Wie jetzt? In Rwanda geht kein Ereignis, keine Veranstaltung, keine gebuchte Tour je pünktlich los und ausgerechnet jetzt waren WIR zu spät? Das war doch wohl der Witz des Tages! Es hatte die letzten Stunden nicht nur geregnet, sondern geschüttet, der Nebel war noch nicht aufgezogen und mit Sicherheit war keine einzige Trecking-Gruppe an diesem Tag bereits mit einem Guide gestartet. Wir versuchten es mit „…oh, wir sind von Rwandischer Zeit ausgegangen, also nicht exakt von 9:00 Uhr und 40 Minuten sind doch nicht viel!“ Das kam leider nicht so gut an. Finstere Blicke der in Armee-Tarnklamotten regenfest eingekleideten Ranger. Wir erklärten, dass wir ja immerhin schon „eingecheckt“ seine und es daher keine lange Bearbeitungszeit mehr geben würde. Wir seien auch schon 5 Personen und könnten somit verspätet mit der Tagestour beginnen. Doch das Argument brachte nur noch mehr Verärgerung. Wir würden nicht verstehen, dass man sich hier an einen exakten Zeitplan halten müsse. Die Tourenguides müssten für nachfolgende Touren zurück sein, um andere Touristen zu begleiten. Aber wieso denn??!! Um uns herum standen mindestens 5 wartende Ranger. Wir verstanden die Welt nicht mehr. Uns wurde angeboten, eine 2-Stunden Tour zu machen, die allerdings erst 11:00 Uhr beginnen würde. Das bedeutete jedoch, eine weitere Stunde zu warten. Unterdessen waren wir mit dem außer uns noch anwesenden Paar ins Gespräch gekommen und wollten gemeinsam den Kompromiss eingehen und diese 2-Stunden-Tour machen. Daher schlugen wir vor, zu fünft bereits 10:00 Uhr starten zu wollen, so sei unser begleitender Ranger zeitig genug für eine Folgetour zurück. Aber auch das wurde nicht positiv aufgenommen. Der Tonfall des Haupt-Rangers wurde härter und lauter. Schließlich müssten vorher noch die Formalitäten für alle (anderen) Touristen erledigt und der Eintritt kassiert werden. Man würde pünktlich 11:00 Uhr starten und sehen, wie viele Touristen noch kommen würden!
Uns war unterdessen die Lust vergangen. Es war kalt (in 2300 Meter Höhe) und es regnete. Wir hatten pro Person 60 (bzw. 20 Dollar Studententarif) bezahlt und wollten dafür eigentlich einen längeren Trail machen und nicht nur für 2 Stunden im Wald herumspazieren! Es half alles nichts. Wir schimpften und ärgerten uns über die aberwitzige Situation und konnten doch gar nichts ändern. Eine Tagestour würde für uns nicht mehr möglich sein. Nach langem Hin und Her kam die Idee auf, an die erste Tour eine zweite anzuschließen, die lt. Plan dann 13 Uhr beginnen sollte. Das würde jedoch voraussetzen, dass wir pünktlich mit unserer ersten Tour starten würden. Aber der pünktliche Beginn wurde uns ja klar und deutlich vom Ranger verkündet!
Allerdings hatten wir nicht mit den Hürden der Formalitäten gerechnet. Lottis Online-Eintrittsanmeldung war nicht gültig, da sie zwar einen internationalen Studentenausweis hatte aber keine rwandische Studentin war. Dazu müsse man jetzt erst einmal mit dem Hauptquartier der Ranger Rücksprache halten. Eine ausgleichende Zuzahlung vor Ort sei leider nicht möglich. Na großartig! Heute war definitiv nicht unser Tag! Auch die vor Ort Anmeldung der anderen zwei Touristen lief aufgrund der VISA-Karten-Zahlung und der hochzuladenden Einreisevisa nicht glatt durch. Es dauerte und dauerte und dauerte…, die Zeit verging und wir näherten uns der Startzeit unserer 11:00 Uhr-Tour. Was für ein Desaster! Nun hatten wir endlich eine coole Möglichkeit gefunden, länger unterwegs zu sein, und nun durchkreuzten die Anmeldeformalitäten unseren ausgetüftelten Plan. Entnervt bestellten wir uns einen Kaffee, ergaben uns unserem Schicksal und WARTETEN.

11:20 Uhr wurde uns mitgeteilt, dass ein Vertreter des Ranger Hauptquartieres vor Ort im Nationalpark erscheinen würde, um unser Eintrittsproblem zu klären. Unterdessen könnten wir ja trotzdem schon die Tour beginnen. Wenn wir zurück seien, sei auch das Thema geklärt. Was für eine glückliche Wendung! Uns wurde ein junger Ranger zugeteilt mit dem wir nun „durch den Dschungel rennen“ wollten, um auch rechtzeitig die zweite Tour zu erreichen. Er verstand den Spaß und los ging es in zügigen Schritten trotz rostroten Schlammes und durch das dichte Blätterdach des Waldes strömenden Regens. Ein erneutes (ungewolltes) Abenteuer!

Ab diesem Zeitpunkt lief alles wunderbar. Unsere kleine Gruppe verstand sich prima, wir waren alle auf einem ähnlichen Belastungslevel und so hatten wir viel Spaß. Durchgeweicht bis auf die Knochen aber auch dankbar für kurze sonnige Ausblicke kamen wir nach 2 Stunden pünktlich zur zweiten Tour an. Auch diese absolvierten wir in der gleichen Konstellation und waren am Ende des Tage mit unter den letzten auscheckenden Touristen des Nationalparks.

Sehr zufrieden und dankbar für die schönen Naturerlebnisse im Nyungwe Regenwald verabschiedeten wir uns händeschüttelnd von den Rangern. Auch sie waren mit Blick auf den bevorstehenden Feierabend entspannter und besser gelaunt. Wir bedankten uns höflich für die „unkomplizierte Bearbeitung unseres Problems“ und versprachen, wiederzukommen. Was Thomas und ich bestimmt auch planen werden! Immerhin gibt es noch einen Tagestrail. Nun wissen wir aber wenigstens schon woher der Name Regenwald kommt. Klar, vom REGEN!