Regenwald kommt von Regen

Am Wochenende waren wir im größten, ältesten und am besten erhaltenen Regenwald Ost- und Zentralafrikas, im Nyungwe Nationalpark. Über 1000 km² erstreckt sich die Fläche des dschungelartigen Waldes mit 300 Vogel- und mehr als 1000 Pflanzenarten. Als Besonderheit kann man 2 Schimpansen-Horden von jeweils 5 und 8 Tieren beobachten. Dazu müsste man allerdings 4:30 Uhr zu einer Tageswanderung aufbrechen. Diese wird jedoch von Teilnehmenden als sehr anstrengend beschrieben, da sich die Schimpansen sehr schnell und sehr viel bewegen. Man kommt also nur schwer hinterher oder mit ihnen mit. Deshalb und auch aufgrund der Regenzeit hatten wir uns gegen den Schimpansen-Trail entschiedenen. Genau die richtige Entscheidung! Es begann in der Nacht von Freitag auf Samstag zu regnen und zu stürmen. Selten habe ich diese Intensität erlebt, aber so stellte ich mir die Monsunzeit in Afrika vor. Daher war das Wetter auch am Samstag eigentlich mehr als ungünstig für irgendeine Wanderung. Trotzdem brachen wir 9:00 Uhr auf und erreichten 9:40 Uhr den offiziellen Eingang des Nationalparks.

Am Abend hatte uns Thomas bereits „eingecheckt“ und wir hatten uns für eine Tages-Rundtour durch den Dschungel entschieden. Außerdem hatten wir gehofft, so die lange Wartezeit am Eingang mit allen Touristen verkürzen zu können. Jede Tour im Nationalpark findet in Begleitung eines Rangers statt. Außer uns waren zu dieser frühen Stunde am Samstag nur noch zwei weitere Personen angekommen, es sollte also alles reibungslos laufen. Von der Ranger-Security wurde uns erst einmal mitgeteilt, dass wir unseren ausgesuchten Trail nicht machen könnten. Wir seinen 40 Minuten zu spät, er hätte 9:00 Uhr begonnen! Hä? Wie jetzt? In Rwanda geht kein Ereignis, keine Veranstaltung, keine gebuchte Tour je pünktlich los und ausgerechnet jetzt waren WIR zu spät? Das war doch wohl der Witz des Tages! Es hatte die letzten Stunden nicht nur geregnet, sondern geschüttet, der Nebel war noch nicht aufgezogen und mit Sicherheit war keine einzige Trecking-Gruppe an diesem Tag bereits mit einem Guide gestartet. Wir versuchten es mit „…oh, wir sind von Rwandischer Zeit ausgegangen, also nicht exakt von 9:00 Uhr und 40 Minuten sind doch nicht viel!“ Das kam leider nicht so gut an. Finstere Blicke der in Armee-Tarnklamotten regenfest eingekleideten Ranger. Wir erklärten, dass wir ja immerhin schon „eingecheckt“ seine und es daher keine lange Bearbeitungszeit mehr geben würde. Wir seien auch schon 5 Personen und könnten somit verspätet mit der Tagestour beginnen. Doch das Argument brachte nur noch mehr Verärgerung. Wir würden nicht verstehen, dass man sich hier an einen exakten Zeitplan halten müsse. Die Tourenguides müssten für nachfolgende Touren zurück sein, um andere Touristen zu begleiten. Aber wieso denn??!! Um uns herum standen mindestens 5 wartende Ranger. Wir verstanden die Welt nicht mehr. Uns wurde angeboten, eine 2-Stunden Tour zu machen, die allerdings erst 11:00 Uhr beginnen würde. Das bedeutete jedoch, eine weitere Stunde zu warten. Unterdessen waren wir mit dem außer uns noch anwesenden Paar ins Gespräch gekommen und wollten gemeinsam den Kompromiss eingehen und diese 2-Stunden-Tour machen. Daher schlugen wir vor, zu fünft bereits 10:00 Uhr starten zu wollen, so sei unser begleitender Ranger zeitig genug für eine Folgetour zurück. Aber auch das wurde nicht positiv aufgenommen. Der Tonfall des Haupt-Rangers wurde härter und lauter. Schließlich müssten vorher noch die Formalitäten für alle (anderen) Touristen erledigt und der Eintritt kassiert werden. Man würde pünktlich 11:00 Uhr starten und sehen, wie viele Touristen noch kommen würden!
Uns war unterdessen die Lust vergangen. Es war kalt (in 2300 Meter Höhe) und es regnete. Wir hatten pro Person 60 (bzw. 20 Dollar Studententarif) bezahlt und wollten dafür eigentlich einen längeren Trail machen und nicht nur für 2 Stunden im Wald herumspazieren! Es half alles nichts. Wir schimpften und ärgerten uns über die aberwitzige Situation und konnten doch gar nichts ändern. Eine Tagestour würde für uns nicht mehr möglich sein. Nach langem Hin und Her kam die Idee auf, an die erste Tour eine zweite anzuschließen, die lt. Plan dann 13 Uhr beginnen sollte. Das würde jedoch voraussetzen, dass wir pünktlich mit unserer ersten Tour starten würden. Aber der pünktliche Beginn wurde uns ja klar und deutlich vom Ranger verkündet!
Allerdings hatten wir nicht mit den Hürden der Formalitäten gerechnet. Lottis Online-Eintrittsanmeldung war nicht gültig, da sie zwar einen internationalen Studentenausweis hatte aber keine rwandische Studentin war. Dazu müsse man jetzt erst einmal mit dem Hauptquartier der Ranger Rücksprache halten. Eine ausgleichende Zuzahlung vor Ort sei leider nicht möglich. Na großartig! Heute war definitiv nicht unser Tag! Auch die vor Ort Anmeldung der anderen zwei Touristen lief aufgrund der VISA-Karten-Zahlung und der hochzuladenden Einreisevisa nicht glatt durch. Es dauerte und dauerte und dauerte…, die Zeit verging und wir näherten uns der Startzeit unserer 11:00 Uhr-Tour. Was für ein Desaster! Nun hatten wir endlich eine coole Möglichkeit gefunden, länger unterwegs zu sein, und nun durchkreuzten die Anmeldeformalitäten unseren ausgetüftelten Plan. Entnervt bestellten wir uns einen Kaffee, ergaben uns unserem Schicksal und WARTETEN.

11:20 Uhr wurde uns mitgeteilt, dass ein Vertreter des Ranger Hauptquartieres vor Ort im Nationalpark erscheinen würde, um unser Eintrittsproblem zu klären. Unterdessen könnten wir ja trotzdem schon die Tour beginnen. Wenn wir zurück seien, sei auch das Thema geklärt. Was für eine glückliche Wendung! Uns wurde ein junger Ranger zugeteilt mit dem wir nun „durch den Dschungel rennen“ wollten, um auch rechtzeitig die zweite Tour zu erreichen. Er verstand den Spaß und los ging es in zügigen Schritten trotz rostroten Schlammes und durch das dichte Blätterdach des Waldes strömenden Regens. Ein erneutes (ungewolltes) Abenteuer!

Ab diesem Zeitpunkt lief alles wunderbar. Unsere kleine Gruppe verstand sich prima, wir waren alle auf einem ähnlichen Belastungslevel und so hatten wir viel Spaß. Durchgeweicht bis auf die Knochen aber auch dankbar für kurze sonnige Ausblicke kamen wir nach 2 Stunden pünktlich zur zweiten Tour an. Auch diese absolvierten wir in der gleichen Konstellation und waren am Ende des Tage mit unter den letzten auscheckenden Touristen des Nationalparks.

Sehr zufrieden und dankbar für die schönen Naturerlebnisse im Nyungwe Regenwald verabschiedeten wir uns händeschüttelnd von den Rangern. Auch sie waren mit Blick auf den bevorstehenden Feierabend entspannter und besser gelaunt. Wir bedankten uns höflich für die „unkomplizierte Bearbeitung unseres Problems“ und versprachen, wiederzukommen. Was Thomas und ich bestimmt auch planen werden! Immerhin gibt es noch einen Tagestrail. Nun wissen wir aber wenigstens schon woher der Name Regenwald kommt. Klar, vom REGEN!

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