Vulkan Sabinyo

Bevor wir den Aufstieg in luftige Höhen wagen wollten, gönnten wir uns erst einmal einen Eingewöhnungstag im „Eagles Nest“ (Adler-Nest) mit Blick in die Weite. Dort konnten wir uns mit unseren beiden Reiseführern über Uganda noch ein wenig intensiver auf die erste geplante Tour vorbereiten.

Der Aufstieg zum Sabinyo (3669 Meter) würde uns durch drei Vegetationszonen führen: den Primärwalde, die Bambus-Zone und die Gipfel-Zone. Wir hatten keine richtige Vorstellung davon, wie diese im Einzelnen ausschauen würden. Außerdem gilt es nicht nur einen Gipfel, sondern drei aufeinander folgende Gipfel des Sabinyo zu besteigen. Klang spannend und herausfordernd!

Im Reiseführer stand unter erforderlichen persönlichen Voraussetzungen geschrieben: „sportlich und gut trainiert“. Hm! Na so fühlten wir uns jetzt nicht gerade aber die Tour war uns empfohlen worden, also schienen wir ja diesen Eindruck zu vermitteln. Reisende, mit denen wir unterwegs schon ab und an mal gesprochen hatten, die das Bergprofil im Vergleich mit anderen Vulkanen kannten und es selbst erwandert hatten, trauten uns diesen Aufstieg auch zu. „So anstrengend, ist der gar nicht! Alles reine Kopfsache, nur nicht aufgeben sondern langsam und kontinuierlich bergauf.“

Immerhin würden wir 1400 Höhenmeter an einem Tag bergauf UND bergab bewältigen müssen. Ein wenig Nervosität machte sich bei mir breit, da ich mich noch allzu gut an meinen schmerzbedingten „Hubschrauber- Notfall- Abstieg“ aus dem Nepalesischen Gebirge erinnern konnte. Aber was soll’s. Geplant, war geplant und ich würde es versuchen. Wenn andere das schaffen…

Also starteten wir morgens 6:00 Uhr von unserer Unterkunft in Kisoro, um mit dem Auto in ca. 45 Minuten vom Ortszentrum zum Ausgangspunkt (kostenpflichtiger Eingang zum Nationalpark) zu gelangen und dort unsere vier Wegbegleiter (bewaffnete Ranger) zu treffen. Außerdem ist es üblich, einen Gepäckträger zu buchen, der Regensachen, 3 Liter Trinkwasser und warme Klamotten für den Gipfel für uns im Rucksack transportieren würde. Na dann! Auf geht’s!

Primärwald und Bambus-Zone waren anstrengend aber durchaus machbar. Schwer atmend mit jedem weiteren Schritt ab 3000 Meter Höhe erreichten wir den ersten der drei Gipfel (3423 Meter). Ich war erstaunlicherweise in Bestform und hatte keinerlei der befürchteten Symptome der Höhenkrankheit. Also vorwärts zum zweiten Gipfel (3537 Meter). Diesen erreichten wir dann nicht mehr ganz so problemlos. Wir waren sichtlich erschöpft aber angespornt durch einen freien Blick auf den dritten und höchsten Gipfel des Sabinyo.

Selbst in 3500 Meter Höhe war der Berg noch üppig grün bewachsen und es war kein Körnchen Schnee zu finden, der Wind blies kalt und kräftig. Allmählich zogen die Wolken jedoch zu und der Weg war nicht mehr so gut zu erkennen. Die letzten Meter hatten dann gar nix mehr mit Laufen zu tun. Entkräftet zog ich mich nur noch diese steile und rutschige Treppe nach oben, nachdem ich etliche „Wurzeltreppen“ mit Angstschweiß bereits bewältigt hatte.

Doch die Belohnung war unbeschreiblich. Statt dickem, undurchsichtigen Wolkendunst klarte es ein klein wenig auf, ich konnte einen Blick durch die Wolken erhaschen und sowohl in die Demokratische Republik Congo, als auch nach Ruanda blicken. Das Beweis- und Siegerfoto war machbar. 3669 Meter hoch in den Wolken, ich war so stolz auf mich!

Es waren nur wenige Minuten Pause möglich, denn schließlich mussten wir ja auch wieder absteigen. Die Zeit reichte gerade für einen Schluck Wasser und eine „Rolex“ (traditionelles Ugandan Frühstück: Omelette eingewickelt in Chapati). Eine Berghütte zum Übernachten gab es nicht, also los geht’s, Rückweg!

Der Abstieg erwies sich jedoch als der eigentlich schwierigere Teil der Sabinyo Besteigung. Meine Beine waren müde, die Oberschenkelmuskeln brannten und die Knie zitterten. Ich hatte Angst auf den nassen „Wurzeltreppen“ auszurutschen. Bei Ankunft auf dem zweiten Gipfel spürte ich bereits das aufkommende Problem, mein rechtes Knie begann zu schmerzen. Trotzdem ging es natürlich in dem unwegsamen Gelände auf dem schmalen Pfad weiter bergab. Langsam und vorsichtig versuchte ich, mir keinen Fehltritt zu leisten. Doch wir hatten zu lange für den Aufstieg gebraucht, wodurch der Zeitdruck für den Abstieg (8 Stunden für die gesamte Tour werden durch die Bergführer geplant) zunahm. Die Schmerzen nahmen ebenfalls zu und ich fühlte Instabilität im Knie. Daraufhin legte ich eine in weiser Voraussicht mitgenommene Bandage an und quälte mich im Eiltempo, ohne weitere Pause, abwärts.

Unten angekommen, erwartete uns Viriano im Auto. Endlich das Bein entlasten und hochlegen, ich war so dankbar dafür. Wir fuhren umgehend weiter zum „Mutanda Lake“ und der gleichnamigen Lodge, in der wir uns nun zwei Tage von dieser Bergbesteigung erholen konnten. Auf der ca. einstündigen Fahrt musste ich mir dann doch ein paar Tränen verkneifen. Einerseits vor körperlicher Erschöpfung aber andererseits auch aufgrund des einmaligen Blickes auf den See und auf die dahinterliegende Vulkankette (Gahinga, Muhabura, Karisimbi und Sabinyo) im Sonnenuntergang. Einen dieser Berge hatten wir heute bezwungen.

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