Bling Bling!

Ein Freund und Arbeitskollege von Thomas feierte seinen 40. Geburtstag in Kigali und lud zu einer Party bei sich im Garten ein. „Glowing 40s“ war das Motto und „bling, bling“ der Dresscode!

Was für ein blödes Motto, da passten Thomas und ich mit unseren Outdoor Klamotten ja bestens dazu. Doch nachdem wir uns zwei, drei Gedanken mehr dazu gemacht hatten, bekamen wir Lust auf die Vorbereitung. Es machte uns richtig Freude, kreative zu sein.

Für Thomas gingen wir in Kigalis berühmten Asia-Billig-Kitsch-Laden (T2000) einkaufen. Ein Hut, ein Stock, ein alter Mann…. Ach ne, das war ja ein Reim aus Kindertagen. Einen Hut, nietenbesetzte Gummistiefel und ein auf der Haut kratzendes schwarzes Spitzensacko waren dort ganz schnell gefunden und perfekt für das „bling, bling Outfit“. Den Rest würden wir kreative gestalten und dazu besorgten wir weitere Einzelteile.

Die Silberkette war eine schwere Eisenkette aus einem baumarktähnlichen Laden, die mit Silberspray ihren Glanz erhielt. Der traditionelle Zeremonienmeister- Stab besteht aus einem abgesägten Besenstil und dem Deko-Knauf einer Gardinenstange. Alles ebenfalls mit Silberspray auf „bling, bling“ getrimmt, dazu noch eine coole Sonnenbrille und fertig war Thomas‘ Outfit.

Ich wollte es mir mit meinem Outfit ganz einfach machen und fragte Thomas‘ Kollegin, Solange, nach einem entsprechenden Kleidungsstück. Alle Rwandischen Frauen der Mittelschicht besitzen tolle Abendkleider und wesentlich elegantere Alltagsgarderobe sowie High Heels, als ich je besitzen werde. Der Kleidungsstil ist so sehr unterschiedlich, dass ich mir sicher war, Solange würde mir etwas leihen können. Begeistert über die Party Idee, brachte sie mir nur wenige Tage später ein schwarzes, enges Paillettenkleid. Das war schonmal ein guter Anfang!

Doch ein wenig mehr durfte es schon sein und daher entschied ich mich für ein professionelles Abend-Make-up nach einer Bildvorlage aus dem Internet. Auch dabei war mir Solange in der Vorbereitung wieder behilflich. Sie plante für mich den Termin in einem Make-up-Studio in der Innenstadt am Tag der Party von 16 bis 18 Uhr und verhandelte die Kosten. Anderenfalls würde ich vermutlich dreimal so viel bezahlen. Die Abstimmung mit dem Studio ging mehrfach per WhatsApp hin und her. Die geplante Zeit von zwei Stunden machte mich ein wenig stutzig denn so groß waren meine Augenlider nicht (mehr). Dagegen war zweifelsfrei schon eine leichte Erschlaffung erkennbar, die aus meiner Sicht nur begrenzt Gestaltungsraum für „bling, bling“ liess. Doch Solange meinte nur: „Einfach hingehen, entspannen und die Profis machen lassen! Das wird schon! “ Sie selbst war an diesem Tag nicht in Kigali, da sie für einen 6-wöchigen USA Aufenthalt im Rahmen eines Fellowship Programms ausgewählt worden war.

Thomas brachte mich mit unserem Auto zu dem Make-up-Studio und würde mich auch wieder abholen. Schließlich wollte ich so auffällig geschminkt nicht unbedingt durch die Straßen Kigali laufen.

Der Salon war ein kleiner Raum und bestand lediglich aus 5 großen nebeneinander an der Wand hängenden Spiegeln, unter denen Sideboards standen. Davor sassen auf Barhockern Frauen jeden Alters und liessen sich für unterschiedliche Anlässe schminken. Die Luft war stickig denn weitere Frauen warteten wie beim Friseur auf ihren Termin. Ich bekam einen Friseurumhang umgebunden und kurz darauf erschien mein Make-up-Artist- eine kleine, stämmige, ungeschminkte junge Frau in einem viel zu kurzen Kleid. Sie zeigte mir noch einmal das Foto, welches ich als Vorlage an sie weitergeleitet hatte. Sie versichert sich, ob ich dieses Make-up auch wirklich haben wollte. Nun bekam ich Angst! Es ging doch nur darum, die Augen zu schminken, wie lange konnte das wohl schon dauern. Sicherheitshalber erklärte ich ihr jedoch noch einmal, dass sie meine Augenbrauen nicht abrasieren, mit einer Schablone nachfärben und auch ansonsten kein „Permanent Make-up“ verwenden sollte. Ohhh! Good to know! War ihre Antwort und ich war richtig erleichtert, doch noch immer angespannt in Erwartung der Dinge, die nun gleich passieren würden.

Mit schmalen Klebestreifen wurde um meine Augen eine Art Bemessungsgrenze geklebt, schließlich mussten beide Augenpartien am Ende gleich ausschauen. Anschließend wurden vor mir mehrere Schubladen geöffnet, die unzählige Creme Töpfchen, Puder-Dosen, Lidschatten-Paletten und Tuben mit unterschiedlichen Make-up-Tönen enthielten. Eine mir bisher ungeahnte Menge und Farben an Lippen- und Augenbrauenstiften sowie falsche Wimpern kamen ebenfalls zum Vorschein. Na da würde wohl auch für mich und mein helles europäisches Gesicht etwas passendes dabei sein. Erleichterung!

Nun wurde gezupft und getupft, gestrichen, geglättet, gepudert, gemischt und gewischt, verstrichen und kritisch begutachtet. Kleine Deco-Elemente wurden einzeln mit Pinzette auf meine Augenbrauen und um die Augen geklebt und falsche Wimpern auf mein Lid gedrückt. Nach zwei Stunden war ich fertig und alle Frauen im Salon umringten mich auf meinem Barhocker sitzend und begutachteten das Ergebnis. Fasziniert vom Resultat, wurde sogar noch ein kleines Video von der Salon Besitzerin gedreht, für Werbezwecke, wie sie mir versicherte.

Dieses Abend Make-up passte hervorragend zu dem geliehenen schwaren Paillettenkleid und den falschen Perlenketten. Auch mein Outfit war damit fertig und die Party konnte beginnen.

Wir hatten einen mega-tollen Abend! Alles war herrlich kitschig dekoriert! Bling, bling! Die Palmen im Garten wurden vom Stamm aufwärts in Pinke Licht angestrahlt, jeder gemixte Cocktail blinkte im Glas in einer anderen Farbe und zahlreiche Lichtschläuche waren um Stehtische herumgewickelt.

Einige andere Gäste hatten sich wie wir ebenfalls lustige glitzernde Outfits einfallen lassen. Andere, ohne Eigeninitiative, bekamen ohne Widerrede Lichtschläuche, blinkende Krawatten oder Hosenträger umgebunden. Der Gastgeber hatte vorgesorgt.

Ein DJ legte auf und es wurde getanzt, geraucht und getrunken, wie in jungen Jahren! Das waren wirklich „Glowing 40s!“ und wir mittendrin.

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