Ein ganz besonderer Weihnachtsbesuch

In den aktuellen Corona-Zeiten ist besuchen und Besuch empfangen mit ganz neuen Herausforderungen und Schutzmaßnahmen verbunden. So braucht man einen aktuellen, maximal 72 Stunden alten, negativen PCR-Corona Test. Diesen bezahlt man online mit 45 USD und plant ihn über die staatliche Webseite des RBC (Rwanda Biometrical Center).

Für unseren Weihnachtsbesuch am 4. Advent bei den Berg-Gorillas im „Volcano-Nationalpark“ stand diese Vorbereitung auch an. Wir hatten online einen Termin zwei Tage vor unserer Tour um 8:00 Uhr erhalten. Pünktlich waren wir im „kleinen Sportstadion“ Kigalis, in dem in einer großen Halle die Tests durchgeführt werden. Der Wartebereich war bei unserer Ankunft bereits gut gefüllt. Wir bekamen die Testnummer 75 und 76 ausgehändigt und reihten uns ein. Der bevorstehende 4. Advent machte sich bemerkbar. Viele Muzungus und auch die Rwandische Mittelschicht wollten offensichtlich verreisen. Es strömten immer mehr Menschen in den Wartebereich und der Sicherheitsabstand zwischen den vorbildlich aufgestellten Plastikstühlen konnte bereits nicht mehr gewährleistet werden. Familien mit Kindern, stillende Mütter, Paare und Einzelpersonen drängten sich zunehmend in den überdachten Bereich. Der einzige Polizeibeamte war mit einer strukturgebenden Einweisung der Ankommenden sichtlich überfordert.

Es dauerte zwei Stunden bis unsere Test-Nummern endlich aufgerufen wurden und wir die Halle betreten durften. Dort nahmen Mitarbeitende des RBC erneut alle unsere persönlichen Daten (inklusive der Namen der Eltern) auf, die ich bereits bei der online-Terminvergabe in eine Formularmaske eingegeben hatte. Auch unsere bestätigten Anmeldenummern sowie die Zahlungsnachweise beschleunigten das Vorgehen nicht. Im Gegenteil! Das System spuckte einfach unsere Nummern nicht in Verbindung mit unseren Namen aus und so verbrachten wir eine weitere halbe Stunde bei der „vor Ort Anmeldung“.

Thomas musste eine Dienstberatung absagen, da unser Zeitplan unterdessen komplett aus dem Ruder gelaufen war. Doch uns wurde versprochen, dass wir rechtzeitig für die geplante Wandertour in den Bergen des Nationalparks die entlastenden negativen Testergebnisse per e-Mail erhalten würden. Na darauf waren wir ja gespannt. Freunde hatten den Test bereits einen Tag vor uns gemacht und warteten immer noch auf ihre Ergebnisse. Viel Zeitpuffer blieb uns also nicht mehr.

Doch die erlösende Nachricht kam wirklich rechtzeitig am nächsten Tag. Die erhaltenen Gesundheitszertifikate schickten wir sofort per e-Mail weiter an unsere Pension in Musanze, in der wir zwei Übernachtungen gebucht hatten. Am nächsten Morgen würden wir die Testergebnisse am Eingang des Nationalparks abgeben müssen und daher brauchten wir noch einen Ausdruck. Wenige Stunden danach sassen wir im Auto und fuhren nach Musanze. Wir würden uns beeilen müssen, da dieser District Ruandas aufgrund der gestiegenen Corona-Neuinfektionen bereits 19 Uhr eine Ausgangssperre verhängt hatte und wir nach Thomas Arbeit u.U. noch zwei bis drei Stunden Fahrtzeit (je nach LKW-Aufkommen und Wetter) benötigten.

Am nächsten Tag ging es für uns sowie Natalie und Mirko auf unterschiedlichen Touren in die Vulkanberge, den natürlichen Lebensraum der Gorillas. In Rwanda leben derzeit 21 Gorilla-Familien, die jedoch im Grenzgebiet zwischen Ruanda/Dem. Republik Congo/Uganda umherziehen. Davon werden 8 Familien nur zu Forschungszwecken beobachtet und 13 Familien dürfen von Besuchern jeweils 1 Stunden pro Tag begleitet werden. Jede Gorilla-Familie kann bis zu 30 Mitglieder haben, unsere „Gastfamilie“ bestand aus 18 Tieren.

Dieses Besuchserlebnis ist einmalig! Man befindet sich wirklich eine Stunde lang unter den riesigen Tiere und kann ihr Verhalten aus 2-3 Metern Entfernung gut beobachten. Es ist erstaunlich, wie viel Ähnlichkeit zur eigenen Mimik man dabei erkennen kann. Daher weiß und sieht man genau, ob ein Gorilla-Weibchen gerade mit seinem Nachwuchs entspannt abhängt oder ob Missfallen über das kindliche Verhalten aufkommt.

Mit 16 unterschiedlichen Lauten, verständigen sich die Tiere innerhalb der Familie. Der „Silberrücken“ und 250 kg schwerer Vorstand des Familienclans, ruft in einer speziellen Tonlage die paarungswilligen Weibchen zum gemeinsamen Treffen oder bringt mit einem einzigen brummenden Laut die ausgelassen tobenden Jungtiere zur Räson.

Über unseren Köpfen knackten verräterisch die dicht bewachsenen Zweige und wir erkannten zwei Jungtieren. Sie hangelten sich langsam auf dem Blätterdach vorwärts. Ausweichen konnten wir nicht: vor uns ruhte sich ein Gorilla Weibchen aus, seitlich von uns thronte der „Silberrücken“ relativ unbeeindruckt von unserer Anwesenheit und hinter uns sowie auf der anderen Seite war dichter Urwald. Unsere Tourenguides schlugen mit ihren Macheten einen halbwegs begehbaren Pfad und wir schlichen uns davon.

Sobald die ersten Regentropfen zu spüren waren, zogen sich die Weibchen blitzartig mit ihren Babies unter das schützende Blätterdach des Urwaldes zurück. Uns ging es ähnlich und so traten wir, überwältigt von unserer Begegnung mit der Gorilla-Familie, bei einsetzendem Regen ebenfalls den Rückweg an.

Nach so einer lebensnahen Begegnung ist kein Zoo-Besuch mehr möglich. Der Unterschied zwischen natürlichem und künstlich gestalteten Lebensraum ist einfach zu krass. In freier Natur bewegen sich Gorilla Familien u. U. bis zu 6 km in ihrem bekannten Territorium. Dieser Freiraum kann selbst in ganz großzügig angelegten Gehegen nicht umgesetzt und damit eine artgerechte Haltung ermöglicht werden. Gleiches haben wir auch auf unserer Wanderung in Tansania und bei unserem Besuch im „Akagera Nationalpark“ empfunden, wo Wildtiere friedlich in großen Herden miteinander leben und die natürliche Auslese greift.

Schön, dass wir das erleben durften!

Advent, Advent…

Dieses Jahr werden wir Weihnachten nicht in der Heimat feiern. Die täglichen Neuinfektionen und auch die Todesfälle an Covid 19 sind leider sowohl in Deutschland, als auch in Rwanda in den letzten Wochen dramatisch angestiegen und zahlreiche (neue) Maßnahmen sind in beiden Ländern einzuhalten.

Auch hier in Kigali wurde ab 14.12. erneut ein Teil-Lockdown verhängt und die Ausgangssperre von 22 Uhr auf 21 Uhr und im weiteren Verlauf sogar auf 20 Uhr verkürzt. Bars, Kirchen und Sportstätten wurden ebenfalls wieder geschlossen, Hochzeiten und andere Feierlichkeiten dürfen nicht mehr stattfinden. Polizeikontrollen wurden verstärkt und die Strafmaßnahmen bei Nichteinhaltung der Anti-Corona-Maßnahmen verschärft.

Im erweiterten Arbeitsumfeld von Thomas wurde auch eine Covid 19-infizierte Kollegin identifiziert. Im DSSD der GIZ, wo sich auch Thomas und ich regelmäßig zu Meetings treffen, sind nun alle ganz aufgeregt. Teams wurden ins Homeoffice geschickt und Covid-Tests angeordnet. So schnell gerät man selbst in den „Covid-Strudel“. Die Unsicherheit ist überall groß und so haben wir uns erst einmal selbst in Quarantäne begeben. Morgen haben wir jedoch ohnehin einen Covid-Test, da wir für das Wochenende einen Ausflug zu den Berg-Gorillas geplant haben.

Unter diesen Umständen kommt natürlich keine entspannte vorweihnachtliche Stimmung auf. Doch darüber zu klagen oder sogar die Existenz einer Pandemie anzuzweifeln, bringt keine positive Veränderung. Mit viel Optimismus versuchen wir, eigene neue und adaptierte Rituale in die Adventszeit einzubringen wie z. B.:

Thomas bäckt den ersten Weihnachtsstollen selbst. Die in Rum eingelegten Rosinen bringen einen ganz tollen Geschmack, so dass weitere Stollen folgen. Die Besorgung einer klitzekleinen Flasche Rum stellte dabei die größte Herausforderung dar.

Wie im vergangenen Jahr auch, backen wir ein paar Plätzchen mit Thomas Kollegin, Elisabeth und ihrer Tochter Atete. Abwechselnd singen wir Weihnachtslieder in deutsch, englisch oder Kinyarwanda und hören Auszüge des Weihnachtsoratoriums.

Wir gehen mit Freunden zum Adventsbrunch ins Marriott Hotel. Ein lustiger bunter Clown bespasst die Kids und wir trinken Wein.

Eine kleine Zimmertanne schmücken wir als Weihnachtsbaum. Die Deko dafür haben wir auf einem Kunsthandwerksmarkt gekauft und damit sozialen Projekte in Kigali unterstützt.

Auf unserer Terrasse stehen Holzweihnachtsbäume in drei unterschiedlichen Größen, die wir abends mit einer kitschigen „Asia-Lichterkette“ erstrahlen lassen. Vorbeigehende Kinder und auch unsere Security-Guards freuen sich sehr darüber.

Als Ersatz für einen traditionellen Adventskranz verziert mit vier Kerzen hängen wir eine Abwandlung dessen zur Dekoration an die Wand. Tannengrün gibt es nicht, also musste erst die Hecke im Garten verschnitten werden, um so etwas Blattgrün nutzen zu können.

Und trotzdem fehlt mir die besonders gemütliche vorweihnachtliche Atmosphäre im Haus meiner Eltern mit zahlreichen Kerzen, einer sich langsam drehenden Pyramide, dem Duft von Räucherkerzen und den kleinen Ritualen der Feiertage. Für das bevorstehende Weihnachtsfest hier in Kigali wollen wir uns auch noch etwas überlegen, um nicht in den Weihnachtsblues und in Depression zu verfallen. Denn das Fest der Familie ohne diese zu verbringen, ist schon eine enorme Herausforderung für beide Seiten.

Mal sehen was mit Hilfe der Technik möglich ist. Vielleicht können wir ja doch alle irgendwie auf eine ganz andere Art und Weise miteinander feiern und beieinander sein.

Allen einen schönen besinnlichen 4. Advent, sofern das unter den diesjährigen Umständen ansatzweise möglich ist.

Assessment

Ich habe schon etliche Vorstellungsgespräche hinter mich gebracht, doch war ich in den letzten Jahren immer diejenige, die die Gespräche geführt hat. Gemeinsam mit einer Kollegin waren wir „berühmt“ für unsere sehr individuellen Gespräche. Vereinzelt haben wir sogar von abgelehnten Bewerber*innen noch sehr nette Dankes-e-mails erhalten, wie emphatisch und persönlich interessiert sowie auf Augenhöhe das Gespräch stattgefunden habe. Das hat uns natürlich stets gefreut und darin bestärkt, das Verfahren auch so weiter zu führen.

Diesmal war ich diejenige, die sich auf eine sehr interessante Stelle als „Beraterin einer NGO zur Unterstützung von Menschen mit Behinderung“ beworben hatte und zum Auswahlgespräch eingeladen wurde. Ein Assessment von 2,5 Stunden wurde angekündigt und der Ablauf würde mir per e-mail in ein paar Tagen zugeschickt werden. Oh! Was würde da wohl auf mich zukommen? In den letzten 20 Jahren hatte ich kein Vorstellungsgespräch mehr selbst wahrgenommen und schon gar kein Assessment. Durch Internetrecherche bekommt man ja sehr schnell eine Vorstellung von dieser „Methode zur Personalauswahl“. Klassisch- konservativ, standardisiert und wenig persönlich waren die beschreibenden Attribute. Wollte ich das wirklich? Hätte ich das vorher gewußt, hätte ich mich wahrscheinlich gar nicht beworben. Aber nun würde ich es wenigstens versuchen.

Da ich unterdessen über ausreichend Kontakte hier in Kigali verfüge, wurden mir die Verantwortlichen und zuständigen Personen im Zusammenhang mit der ausgeschriebenen Stelle auch schnell zugetragen. Ich kontaktierte sie für erste Informationen. Beratung einer NGO, die sich der Förderung blinder Menschen widmet, verbunden mit Organisationsentwicklung und Projekten zum Wirkungswachstum und zur Erhöhung der Sichtbarkeit dieser Organisation sowie Einführung eines Monitoring- und Evaluationssystems. Das schien sehr vielfältig, spannend aber auch eine große Herausforderung für mich zu sein. Lebenslanges Lernen wird doch immer propagiert. Großartig! Genau das Richtige für mich!

Die Vorbereitung auf mein erstes Assessment lief gut. Ich recherchierte über die Partnerorganisation, informierte mich zu theoretischen Arbeitsansätzen und Methoden sowie Umsetzungsstrategien, las über Rwanda und befragte Freundinnen, die in ähnlichen Positionen tätig waren. Das würde reichen, ich fühlte mich gut vorbereitet.

Das Assessment begann mit meiner individuellen Vorstellung, also persönliche entertainende Werbung für meine Eignung auf die ausgeschriebene Stelle. Improvement urgently needed! Danach sollte ein Fachvortrag folgen, zudem ich eine Aufgabenstellung erhielt, die ich in 10 Minuten vorbereiten konnte. Danach würde sich ein „strukturiertes Interview“ (Kompetenzbereiche mit einem Psychotest abfragen) anschließen, gefolgt von einem Rollenspiel zu einer Konfliktsituation. Künstliche Beziehungskonflikte in Rollenspielen darstellen, mag ich so sehr wie ein Klaustrophobiker enge Räume. Aber da musste ich jetzt durch.

Das Assessment fand online über Skype Business und Microsoft Teams statt. Ich wurde von dem prozessverantwortlichen Personalreferenten begrüßt. Er erklärte mir noch einmal den Ablauf u. a. mit den Worten „… in einem strukturierten Interview würde ich dann noch auf eine andere als meine fachliche Eignung hin durchleuchtet….“

Das war doch jetzt nicht wahr, oder? Wollte ich durchleuchten werden? Wieso wollte man meine bis dahin bereits schon oder auch noch nicht zu Tage getretenen Schwächen noch tiefer durchleuchten und hervorbringen? Ein einfaches fachliches (und begrenzt persönliches) Interesse zugunsten der ausgeschriebenen Stelle hätte mir vollkommen gereicht.

Den Fachvortrag vergeigte ich komplett, fand keine Struktur und konnte dadurch auch nur begrenzt passende fachliche Inhalte darstellen. Dabei ist doch „Struktur“ mein zweiter Vorname. Zumindest dachte ich das bisher immer. Doch offensichtlich hatte mich etwas oder jemand aus der Bahn gebracht. Zeitdruck? Schlechte Vorbereitung? Fokussierte Vorbereitung auf die ausgeschriebene Stelle und dadurch keine Flexibilität in der Bearbeitung eines anderen, abweichenden Fallbeispiels? Es wird wohl eine Mischung aus allem gewesen sein. Auf Nachfrage der teilnehmenden Fachberaterin und der Psychologin wurden meine Aussagen besser und ich konnte das eine oder andere inhaltlich noch einbringen. Den Psychotest und das Rollenspiel bestand ich meiner Meinung nach ganz passabel doch ein Wohlfühlfaktor kam während des Gesprächs nicht wirklich auf. War aber ja auch nicht gewollt und beabsichtigt.

Abschließend blieben mir noch 10 Minuten, um Fragen zur ausgeschriebenen Stelle zu adressieren. Auch da erhielt ich einen ernüchternden Einblick. So vielfältig, wie die Ausschreibung geklungen hatte, schien die Stelle jetzt gar nicht mehr gedacht und geplant zu sein. Enttäuschung!

Unmittelbar nach dem Assessment fuhren Thomas und ich gleich für ein verlängertes Wochenende mal wieder in das Ferienhaus der GIZ am Kivu Lake. Wir wollten mit geliehenen Rädern die Berge hoch und runter. Doch im Auto reflektierten wir erst einmal gemeinsam das Auswahlgespräch. Und nun fügte sich alles zu einem Gesamtbild zusammen. Ich war mir sicher, dass alles so kommen würde, wie es auch tatsächlich passte. Ich hatte viel über mich gelernt und musste nach langer Zeit mein Selbstbild mal wieder etwas anpassen. Lebenslanges Lernen, ist nicht nur eine Theorie.

Taufe im Kloster

Nella, die Tochter von Bekannten wurde im Sommer in Deutschland geboren. Doch Ihre Eltern sind ein binationales Paar und daher sollte die Taufe hier in Rwanda stattfinden, jedoch nicht in Kigali. Wir waren eingeladen.

Wieder einmal fuhren wir ins Landesinnere in Richtung Musanze. Die Schönheit Rwandas ist an vielen Stellen überwältigend. Doch diesmal sahen wir aufgrund der Regenzeit wirklich das „Land der tausend Hügel“, wie Rwanda genannt wird.

Abseits aller Straßen und Dörfer, auf der Höhe angekommen, hielten wir plötzlich vor einem Backsteinbau. Unerwartet eröffnete sich ein Kloster mit angrenzendem Klostergarten und einer großen Klosterkirche. Hier würde also die Taufe stattfinden. Doch wie kämen die einheimischen Familie und ihre Gäste in dieses abgelegene Gotteshaus? Kein Bus fuhr nach Rwankuba, so hiess der Ort, an dem wir verabredet waren.

Zu unserem Erstaunen war die Klosterkirche jedoch bereits gut gefüllt. Vermutlich waren die Einwohner der umliegenden Dörfer bereits in den frühen Morgenstunden aufgebrochen, um zu Fuß rechtzeitig anzukommen. Alle schienen auf uns gewartet zu haben. Nachdem wir die Corona Schutzmaßnahmen hinter uns gebracht hatten und persönlich vom Pfarrer auf unsere Sitzplätze in den vorderen Reihen der Kirchenbank eingewiesen worden waren, begann der Taufgottesdienst.

Es waren nicht nur zwei oder drei Familien anwesend, nein! Mindestens 15 Mütter mit ihren Babies standen in Begleitung weniger Angehöriger im rechten Kirchenschiff. Die Gemeinde und Besucher hatte im linken Kirchenschiff Platz genommen.

Ein Chor stimme bekannte Lieder an in Begleitung eines E-Pianos und die Gemeinde sang mit, klatschte, tanzte und wiegte sich, die Arme weit ausgebreitet zur Musik. Es war ein einmaliges und sehr bewegendes Erlebnis. Kein schüchtern dahin gemurmeltes Gebet, kein Hängenbleiben im Text nach der ersten Liedstrophe sondern laute kraftvolle Töne und eine sich ausladend bewegende bunte Menschenschar.

Die eigentliche Taufe erfolgte relativ unspektakulär. Alle Mütter reihten sich mit ihren Babies auf dem Arm im Mittelgang der Klosterkirche auf und traten einzeln vor an den Altar. Das Kind wurde vom Pfarrer gesegnet und mit Taufwasser benetzt. Abschließend feierte die Gemeinde das Abendmahl und singend wurde der Gottesdienst beendet.

Wir hatten danach noch zwei Stunden Zeit, um uns ein wenig im Kloster umzusehen, mit den dort lebenden Priestern ins Gespräch zu kommen, gemeinsam das von den Nonnen zubereitete traditionelle Mittagessen zu geniessen und auch zu singen und zu tanzen. Liebevolle und sehr persönliche Reden wurden gehalten, in denen auf die besondere Beziehung von Anna, Nellas Mutter, zum Kloster eingegangen wurde.

Wir kennen Anna und Pako erst ein reichliches Jahr und haben im Alltag auch nur bedingt Überschneidungen. Als Familie verlassen beide Ende Dezember Rwanda, um dauerhaft in Deutschland zu leben und zu arbeiten. Trotzdem gibt es eine Verbindung zwischen uns, die durch das gemeinsame Interesse an einer anderen Kultur und an den Menschen in Afrika getragen ist.

Danke für die Einladung und dieses wunderbare Erlebnis von rwandischer Kultur und Teilhabe an einem sehr persönlichen Lebensabschnitt.

Radeln, was die Beine hergeben

Neben joggen ist Mountainbiking der absolute Lieblingssport der Rwandaer. Einmal im Monat gibt es einen „car free day“ und dann hat man das Gefühl die halbe Nation ist in den für wenige Stunden leeren Straßen Kigalis joggend oder radelnd unterwegs. Und beides ist eine enorme Herausforderung aufgrund der umgebenden Berge und der damit verbundenen mal kurzen aber steilen oder langanhaltenden Anstiege.

Daher ist es nicht verwunderlich, dass professionelle Läufe und Radrennen organisiert werden und mit einer hohen Beteiligung stattfinden. Das „Rwandan Epic Mountain Bike Race“ war jedoch das erste seiner Art und fand vor einigen Wochen in Musanze statt. Die Stadtbevölkerung war anlässlich dieses Events auf den Beinen, Besucher säumten den Straßenrand und jubelten den Teilnehmenden zu. Finanzkräftige Spender und Unterstützer warben für ihre Produkte und so war auch für das leibliche Wohl und eine professionelle technische Ausstattung bestens gesorgt.

50 angemeldete Rennfahrer*innen verschiedener Nationalitäten und jeden Alters waren gegeneinander angetreten. Sie alle erwartete eine extrem herausfordernde Rennstrecke, die in zwei Etappen in den Bereich des „Volcanoes National Park“ führte. Die Gesamtstrecke des Mountain Bike Rennens hatten die Veranstalter mit 325 km und 6500 Meter Höhenunterschied angegeben. Also radeln, was die Beine hergeben!

Auch ich war mit dabei, jedoch nicht auf einem Rad. Ich begleitete Beth und ihre „Seeing Hands“, die für die ankommenden Rennfahrer*innen Massagen anboten. Gemeinsam mit zwei blinden Frauen waren wir von Kigali 2 Stunden angereist und Beth hoffte auf gute Einnahmen für sie alle drei.

Meine Aufgabe war das Werben für und das Vorstellen der unterschiedlichen Massagen an den zwei verbleibenden Veranstaltungstagen und die Planung des zeitlichen Ablaufes. Letzteres war komplizierter als erwartet, da es ständig zu zeitlichen Verzögerungen oder Verschiebungen kam. Doch die Massagen wurden sehr gut angenommen und so waren alle drei Masseurinnen nach dem Ende des Rennens von 15:00 bis 20.00 Uhr durchgehend beschäftig.

Außerdem sollte ich Fotos für die neue Webseite von „Seeing Hands“ machen. Beth plant nämlich die Überarbeitung ihrer Präsenz in den Sozialen Medien. Ich gab mein Bestes und obwohl ich kein Foto-Profi bin, war Beth mit den Bilden zufrieden.

Außerdem besuchten wir noch Alberto, den Besitzer von „La Locanda“, einer ganz entzückenden Appartementanlage in Musanze mit tollem Garten und gigantischem Blick auf die Bergkette um Musanze. Alberto ist Italiener und lebt mit seiner Frau schon viele Jahre in Rwanda. Er erweitert im Dezember sein Angebot um einen Spa- und Wellnessbereich mit Saune, Massagen und Kosmetik. Dafür wird er einen blinden jungen Mann einstellen und auch weiterhin mit Beth und ihren „Seeing Hands“ zusammenarbeiten. Ein absolute Novum im Tourismusbereich in Rwanda.

Alle Beteiligten sind mit dieser Entwicklung sehr zufrieden und ich drücke ganz doll die Daumen für ein gut laufendes Business. Well done!