Arbeitsalltag

Die Corona Omikron Variante hat weltweit zugeschlagen und so war auch in Rwanda im Januar die Anzahl an Neuinfektionen stetig angestiegen, nicht dramatisch jedoch wurden nach einigem Zögern wieder verschärfte Maßnahmen durch die Regierung erlassen:

  • Restaurants dürfen nur bis 20 Uhr öffnen und Gäste müssen ihre vollständigen Impfnachweise präsentieren
  • öffentliche Büros arbeiten nur mit 15% ihrer üblichen Kapazität und für private Unternehmen sind immerhin 50% zugelassen
  • ab 22 Uhr ist weiterhin Ausgangssperre
  • für jede Art von Meetings und Veranstaltungen gilt die Regel „vollständig geimpft + Test“ und die Gästezahl für Hochzeiten und Beerdigungen etc. ist massiv eingeschränkt
  • Die Maskenpflicht ist bis heute überall in der Öffentlichkeit dauerhaft erhalten geblieben, obwohl sie unterdessen von vielen sehr lax gehandhabt wird.

Demzufolge war ich erneut im Homeoffice tätig. Meine Partnerorganisation musste, wie jede andere Organisation auch, eine offizielle Zusammenstellung des Einsatzes der beschäftigten Mitarbeitenden entsprechend der Covid Regeln vornehmen und aushängen. Wir arbeiteten, wie gefordert, in zwei „Schichten“. Jeder Mitarbeitende sollte drei Tage im Büro und zwei Tage zu Hause arbeiten. Das wurde jedoch nicht wirklich eingehalten, ein „Schicht-Tausch“ untereinander hatte umgehend nach Bekanntgabe stattgefunden und ganz schnell hatten wir alle den Überblick verloren, wer nun tatsächlich wann anwesend oder doch im Homeoffice tätig war. Bereits vereinbarte Veranstaltungen, Dienstberatungen etc. erschwerten die Einhaltung dieser Regelungen. Eine schwedische Delegation (Langzeitfördermittelgeber) musste in Kigali begrüßt werden, ein Auditorengremium prüfte 2 Tage lang die Umsetzung eines weiteren, extern finanzierten Projektes und auch ich hatte zwei halbtägige Auftaktworkshops mit einem Teil des Teams geplant. Zusätzlich waren zum Jahresanfang von der Partnerorganisation zahlreiche Ergebnisberichte und Projektabschlüsse bei den unterschiedlichsten Geldgebern einzureichen sowie zeitgleich die Neubeantragung von Fördergeldern vorzunehmen. Die Umsetzung der vorgegebenen Regeln war also schwierig, zumal das langfristige und rechtzeitige Planen nicht zu einer ausgeprägten Kernkompetenz in Ruanda gehört.

In meiner Partnerorganisation sind eigentlich genügend Räume vorhanden, die genutzt werden könnten, um Begegnungen zu vermeiden oder zu reduzieren. Auch ich versuchte mich in der Anfangszeit von „Omikron“ so oft es ging zurückzuziehen, ohne unhöflich zu wirken. Fenster und Türen liess ich immer sperrangelweit offen. Dadurch wurde ich zwar extrem von Mücken zerstochen, die am Nachmittag aufgrund der Regenzeit noch zahlreich unterwegs sind. Aber Risikovermeidung steht nunmal an erster Stelle! Schließlich sind 8 Millionen Rwandaer bisher nur einmal geimpft.

Einige meiner neuen Kolleg*innen waren in den ersten Wochen jedoch auch mehrere Tage über Land unterwegs, um Trainingseinheiten außerhalb von Kigali abzuhalten oder die geplanten Termine mit Kooperationspartnern wahrzunehmen. Daher gab es nur wenige unmittelbare Kontakte. Außerdem versuchten wir auch unser wöchentliches Management-Meeting via ZOOM abzuhalten. Ich hatte mich gerade halbwegs in MS Teams eingearbeitet und privat nutze ich Google Meet und nun kam noch das dritte Tool zum Einsatz. Leider gibt es ja unterdessen unzählige dieser Tool auf dem Anbietermarkt und man muss sich immer wieder auf’s Neue einarbeiten. Das nervt (mich)!

Das Meeting war, wie erwartet, aufgrund einiger technischer Hindernisse nicht sehr erfolgreich. Es dauerte fast 30 Minuten, bis sich alle Teilnehmenden eingewählt hatten. Am schnellsten ging es bei den wenigen Kolleg*innen im Homeoffice. Dagegen mussten die 5 Kolleg*innen im Büro einige Anstrengungen unternehmen, um die Technik halbwegs konstant zum Laufen zu bringen, Rückkopplungen zu vermeiden und einen klaren Sound sicherzustellen. Sehr oft wird dieses online Format wohl nicht genutzt werden.

Zum Mittag wird das Team täglich von einer fest eingestellten Köchin bekocht. Alle Anwesenden, häufig bis zu 10 Personen, versammeln sich dann gegen 12:00 Uhr um den Esstisch, der vorher auch schon mal als Schreibtisch genutzt wurde. Nun stehen dort mindestens drei große Kochtöpfe. Jeder bedient sich mit Reis, Bohnengemüse und Kartoffeln. In fröhlicher Runde wird gemeinsam gegessen. Das ist eine ganz wunderbare Tradition und zeigt, wie gut sich alle verstehen und seit Jahren zusammenarbeiten. Doch das vorherige „physical distancing“ ist damit eigentlich außer Kraft gesetzt.

Zum Mittagessen tragen alle abwechselnd in irgendeiner Form bei. Nicht unbedingt finanziell, das regelt die Organisation. Grundlebensmittel werden zentnerweise bestellt und ansonsten bringt jeder mal Brot, kleine Süssigkeiten, Obst oder Gemüse aus seinem Garten mit.

„Tree tomato“ (Baumtomaten)

So hatte auch ich eine Lebensmittelbestellung bei dem in Kigali bekannten Vuba Vuba Lieferservice aufgegeben und direkt zu RUB liefern lassen. Die Freude der Kolleg*innen über Auberginen, Karotten, Kürbis, Paprika und grüne Bohnen war riesig. Ein wenig Abwechslung ist immer willkommen!

Vorbereitungen für die Kaffeepause

Beim Mittagessen bin ich häufig erst einmal aussen vor, alle sprechen Kinyarwanda und ich schaue nur der lebhaften Unterhaltung zu. Aber nach einiger Zeit werde ich immer wieder liebevoll mit einbezogen und dann versuchen alle, mir Kinyarwanda beizubringen. Es wird gesungen, von landestypischen Traditionen erzählt und ich soll von Deutschland berichten. Das Interesse ist groß und wir können gegenseitig über unsere kulturellen Besonderheiten lachen. Das Team ist einfach super und ich wurde bisher ganz herzlich aufgenommen!

In den letzten Wochen habe ich mit meiner Partnerorganisation trotz eingeschränkter Versammlungsmöglichkeit zwei Workshops abgehalten. Einer davon bezog sich auf das MoU (Memorandum of Understanding), welches die Grundlage meines praktischen Arbeitseinsatzes bei der Organisation ist. Ausserdem wollten wir die gegenseitigen Erwartungen und damit verbundenen professionellen Rollen unserer Zusammenarbeit kommunizieren. Der zweite Workshop war als Brainstorming Session gedacht, um ein Konzept für einen Fördermittelantrag zu erstellt. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Sprachkenntnisse in Englisch sind solche Vorhaben immer noch in Präsenz der erfolgversprechendste Arbeitsansatz. Visualisierung ist dabei besonders wichtig, um sicherzustellen, dass die erarbeiteten Inhalte tatsächlich die richtigen sind. Der Einsatz von Zoom oder MS Teams wäre wie gesagt auch möglich gewesen, doch die Internetverbindung ist oft eher schlecht und instabil. Daher war ich sehr froh über unser Treffen face to face.

Meine eigentliche Aufgabe als „Development Advisor“ (DA = Entwicklungshelfer) ist es, die Partnerorganisation zu beraten, anzuleiten und die Mitarbeitenden entsprechend ihrer Wünsche thematisch zu schulen. Allerdings hoffen aus Erfahrungen anderer DA alle Organisationen darauf, dass der ihnen zugeteilte DA doch mehr als nur diese Funktionen übernimmt und tatsächlich im Team mitarbeitet und Aufgaben übernimmt. Das bedeutet für alle, täglich auf’s Neue Grenzen auszuhandeln und ggf. die sichtbare Enttäuschung in den Gesicherten der Kolleg*innen auszuhalten.

Da ich gern Konzepte erstelle und unterdessen auch mit den erforderlichen Details der inhaltlichen Darstellung (Wirkungsmatrix) vertraut bin, habe ich zur Freude meiner Kolleg*innen den Entwurf der Antragskonzeption für ein geplantes Projekt nach unserem „Brainstroming“ erstellt und bin diesen anschließend mit ihnen durchgegangen.

Vermutlich war das schon ein kleiner Schritt über meine eigentliche Grenze hinaus aber Arbeit darf ja auch Spass machen. Ich schreibe nunmal gern und die Kolleg*innen hatten eine kleine Arbeits(zeit)erleichterung. „Win-win“ für beide Seiten!

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