Schrittweise bereiten wir sowohl gedanklich als auch praktisch unsere Abreise aus Alegaon vor und damit die Verabschiedung von unserer Gastfamilie.
Heute, zum Sonntag, wollten wir unseren einzigen und wahrscheinlich letzten Familienausflug mit allen machen (wir haben nur noch 5 Wochen bis zu unserer Abreise nach Pune). Ravi hatte dazu offensichtlich jedoch keine Lust. Er hängt lieber mit seinen Kumpels ab und fährt mit seiner „Bullet“ (Royal Entfield) in der Gegend umher. Eine liebevolle Beziehung zu seinen Kindern hat er ohnehin nicht. Ehrlich gesagt, kann er mit ihnen gar nix anfangen. Es gibt fast keinen persönlichen Kontakt zwischen ihnen. Er hält sogar am Nachmittag in der Schule ein kurzes Erholungsschläfchen, da zu Hause seine beiden Kinder oft lauthals schreien, viel weinen wenn sie ihren Willen nicht bekommen und sich ständig in den Haaren liegen.
Das können wir nur zu gut verstehen, da auch wir täglich gegen 6:00 Uhr in der Frühe von den beiden geweckt werden. Manchmal sind es allerdings auch die Kühe, die während des Melkens muhen oder die ersten frühen Vögel, die einen Wurm abbekommen wollen…auf dem Land ist halt immer was los.
Da es heute Vormittag nicht wie an anderen Tagen geregnet hat, haben Thomas und ich noch einmal einen Spaziergang durch das noch immer ausgetrocknete Flussbett gemacht. Dort halten sich zahlreiche Pfauen auf, die in der Regenzeit besonders intensiv singen und dann dazu ihr prächtiges Rad schlagen. Das wollten wir unbedingt sehen. Es raschelte am Wegesrand und in froher Erwartung der farbenprächtigen Vögel blieben wir stehen. Ein kurzer Aufschrei! Entsetzen! Ein riesiges Schlangenpaar im Liebestanz kroch geräuschvoll durch das vertrocknete Gras.
Auch Schlangen kommen bevorzugt in der Regenzeit aus ihren Verstecken und paaren sich. Das haben wir von den Einheimischen nun auch erfahren inklusive der eindringlichen Bitte, nicht mehr im Dunkeln dort zu laufen. Ab sofort machen wir also um das Flussbett selbstverständlich einen großen Bogen, zumindest ab der Dämmerung.
Thomas hat dann am späten Vormittag noch schnell ein Cricketturnier mit 26 Mannschaften in einem Nachbardorf als Ehrengast eröffnet. Es gab wieder die übliche Eröffnungszeremonie mit Kokusnuss zerschlagen und Segenszeichen auf der Stirn. Danach wollten wir endlich, wie geplant alle gemeinsam einen Familienausflug nach Sangola machen. Da wir mit 5 Personen (Shria, die Kinder und wir) nicht auf ein Motorrad passen und Shria selbst kein Motorrad fahren kann, schien der Ausflug ohne Ravis Beteiligung auszufallen. Doch Shria schlug vor, einen kleinen Schulbus zu nehmen. Sie wollte wahrscheinlich unbedingt mal raus und unter Leute. Am Sonntag ist auch noch Markttag in Sangola und daher unendlich viele Menschen unterwegs.
Der Schulbus ist eine Zumutung! Total abgewrackt! Es klappert überall, die Sitze sind aufgeschlitzt und das Polsterzeug hängt in Fetzen herum, die Gänge gehen nicht richtig rein, Seitenspiegel gibt es nicht, Licht und Blinker fehlen ebenfalls. Als Fahrzeug kann man diesen Schrotthaufen echt nicht mehr bezeichnen. Ich weigere mich, damit unterwegs zu sein. Shria zuliebe habe ich jedoch alle meine Vorsätze und Bedenken über Bord geworfen und mich mürrisch ihrem Ausflugswunsch ergeben.
Gemeinsam waren wir wieder in dem Eisladen, der ganz leckere Shakes und Eissorten zubereitet. Der Besitzer kennt uns mittlerweile und weiß, was wir bestellen. Daher war ein Foto mit ihm diesmal ein Muss.
Danach ging es weiter zum Shoppen: Grosseinkauf an Kosmetika und Schmuck für die Damen (exklusive meiner Person). Danach leckere Seltenheiten wie z. B. Datteln, getrocknete Kokosnüsse, Mandeln, Kashewkerne, Rosinen, Kekse aber auch ein neues Küchenmesser und eine neue Spülschüssel.
Thomas kaufte auch noch eine Bohrmaschine. Man soll es kaum glauben aber auf der Farm ist kein einziges Werkzeug vorhanden. Für alles wird ein Klempner, Elektriker oder Installateur gerufen. Die Handwerker kommen dann aber auch wann sie wollen und nie dann, wann es verabredet war. Somit ist für alle Reparaturen auch wieder WARTEN angesagt. Das war Thomas zu blöd und so reparierte er die Aussenlampe vor unserem Haus und brachte auch gleich noch eine Wäscheleine unter der einzigen Regenüberdachung an.
Was für ein ereignisreicher Sonntag!