Schulbeginn

Am 15.06. beginnt offiziell die Schule wieder. Somit haben wir ca. zwei Wochen für die Vorbereitungen mit den Lehrern und es gibt sooo viel zu tun:

  1. Die Klassenräume müssen sauber gemacht werden von zentimeterdickem Staub von anderthalb Monaten Leerstand in den Ferien.
  2. Die Schulbücher und andere offizielle Materialien sollten bestellt werden, ebenso die Schuluniformen, Schuhe, Socken etc.
  3. Unterrichtsmaterialien (Schautafeln, Bildmaterial, Namensschilder) müssen teilweise von den Lehrern selbst hergestellt werden, aus Mangel an Profimaterial
  4. Alle Klassenräume, besonders jedoch die der Kindergarten- und Vorschulkinder, sollen schön und entsprechend der Altersgruppe dekoriert werden. Dazu hatten wir grosse Soft-Pinnwände angeschafft und selbst mit Stoff bespannt.
  5. Die Anzahl der Neuzugänge bzw. der in der Schule verbleibenden Schüler aller Altersklassen (Kindergarten, Vorschule und 1.-9. Klasse) müssen in erneuten Hausbesuchen auf den umliegenden Dörfern erfragt werden.
  6. Die neuen Schulgelder für das kommende Schuljahr (Erhöhung um 500 Rupien) müssen in einem Informationsschreiben erstellt und an die Eltern zur Kenntnis weitergeleitet werden. Wir schreiben den Brief vor und ein Lehrer übersetzt ihn in Marathi.
  7. Der riesige Wasseraufbereiter und -filter muss aufgrund der fast zweimonatigen Nichtnutzung gesäubert und neu mit Wasser gefüllt werden, sonst ist kein Trinkwasser vorhanden.
  8. Der Neubau des Klassenzimmers für die zukünftige 9. Klasse muss eigentlich fertiggestellt und der Raum dann noch eingerichtet werden. Das wird jedoch in nächster Zeit nicht mehr möglich sein, da das Fundament noch offen ist und die Regenzeit schon begonnen hat.

Es ist also wieder richtig viel zu tun aber ausser uns haben hier alle die Ruhe weg. Jeder kommt und geht weiterhin wann er gerade möchte. Farmarbeit, Familie, Besuch oder die gerade beginnende Regenzeit…alles hat „Vorrang“ vor der Lehrtätigkeit. Es ist gefühlt ein heilloses Durcheinander. Allerdings haben die Lehrerinnen viel Freude am Gestalten der Soft- Pinnwände und leben ihre Kreativität aus. Schritt für Schritt entstehen kleine Kunstwerke.

Der Schule fehlen zum Schuljahresbeginn auch immer noch 4 Lehrer. Alle Bewerbungsgespräche waren bisher leider erfolglos, und es gab doch einige. Aber „mit Gottes Hilfe“ wird sich das alles schon klären, sagen die Einheimischen. Wir sind gespannt, ob diese Hilfe ausreicht oder ob man doch auch selbst das Eine oder Andere unternehmen sollte. Gern lassen wir uns eines Besseren belehren!

Wir versuchen zu strukturieren, anzuleiten, Ideen zu geben und dann teilweise bei deren Umsetzung mitzuhelfen. Dabei haben wir mit Erschrecken festgestellt, dass wir die Lehrer selbst mit den einfachsten Dingen komplett überfordern. Das ist in den ersten zwei Monaten nicht so aufgefallen, da wir in dieser Zeit „nur“ viel mit ihnen gesprochen, gemeinsam analysiert, abgestimmt und mit dem Management in Pune bzw. in den USA Pläne für Veränderungen besprochen haben. Nun geht es stärker um die praktische Umsetzung und wir bekommen grosse Augen, was geht und was halt auch nicht geht.

Thomas hatte einen Lehrer gebeten, Bewerbungsunterlagen von Schülern in einen Aktenordner einzusortieren. Alle Materialien (Trennblätter, Stift, Papiere, Aktenordner) übergab er ihm und wartete auf die Ausführung. Als nach einer längeren Zeit immer noch nix passiert war, setzte ich mich neben den offensichtlich ratlosen Lehrer und stellte fest, er hatte gar keine Vorstellung davon, wie ein Aktenordner funktioniert. Dass man z. B. die Metallspange öffnen, schliessen und fixieren kann und von einem Ordnungssystem mit beschrifteten Trennblättern hatte er auch noch nie etwas gehört. Das ist kein Witz! Ich musste also erklären, wie man einen Aktenordner benutzt. Diesen Anleitungsaufwand können Thomas und ich bei 8 bis 10 Lehrern natürlich nicht leisten. Daher fallen viele noch offene Projektaufgaben schlicht und ergreifend aus.
Wir versuchen erneut täglich zu improvisieren und werden durch die nun beginnenden starken Regenfälle und die dadurch entstehenden grossen Schlammflächen und tiefen Regenpfützen auf ein Neues herausgefordert.

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