Nicht nur Reisen

Unser Alltag hier in Rwanda besteht natürlich nicht nur aus Reisen, auch wenn das manchmal den Anschein haben mag, da ich sehr viel von diesen Eindrücken berichte.

Nach wie vor arbeiten Thomas und ich sehr engagiert in vielen Bereichen. Privat unterstützen wir nach unserem Umzug im Mai vergangenen Jahres weiterhin unsere ehemaligen Security Guards, indem wir ihnen die Studiengebühren finanzieren, den Führerschein oder sogar mit unserem privaten Motorrad den Start in die Selbständigkeit als Taxi-Fahrer ermöglichen. Wir geben nicht einfach nur das Geld sondern beraten sie in der Umsetzung ihrer Ziele, planen gemeinsam und achten dabei auf Nachhaltigkeit. Dazu gehört auch, dass wir Verträge aufsetzen, in denen schrittweise kleine Rückzahlungsverpflichtungen festgelegt sind. Aus eigener Kraft und mit persönlicher Anstrengung etwas erreichen, ist erstrebenswerter, als auf Charity und Großzügigkeit angewiesen zu sein. Gemeinsam freuen wir uns, wenn Donatien im Rahmen seines Hotel- und Gastronomie-Studiums eine weitere Prüfung geschafft hat und uns per WhatsApp seine Ergebnisse schickt, wenn Alex mit Hilfe von Florent für die Motorradführerscheinprüfung übt und Florent selbst seit mehreren Monaten erfolgreich als Motorradtaxifahrer ausreichend Geld verdient.

Auch im Job gibt es bei uns beiden weiterhin Höhen und Tiefen. Meinen Tiefpunkt hatte ich im vergangenen Oktober/November. Nach einem Jahr als Entwicklungshelferin in meiner Partnerorganisation hatte ich einen Fragebogen zur Evaluation meines Einsatzes mit Google Formate entwickelt und meine Kolleg*innen um online Feedback gebeten. Bisher eher erfolgsverwöhnt war ich dann sehr enttäuscht über die zögerlichen und auch wenig positiven Rückmeldungen. Doch andere Entwicklungshelfer*innen und auch Thomas versicherten mir aus eigenen Erfahrungen, dass die Einstellung beider Seiten auf den jeweils anderen Partner Zeit und Geduld braucht. Über beides verfüge ich leider nicht in ausreichendem Maße, auch aufgrund meines nur Zweijahresvertrages bei der GIZ.

Als ich zum Jahresende dann jedoch meinen Bericht zur Evaluation meiner Beratungstätigkeit an meinen Vorgesetzten verfasste, war ich mit mir selbst schon mehr zufrieden. Trotz aller Schwierigkeiten hatte ich in meiner Partnerorganisation viele kleine Dinge initiiert und die interne Kommunikation verändert. Unsere Zusammenarbeit ist auch grundsätzlich von einer positiven und vertrauensvollen Beziehung geprägt. Wir haben Spass miteinander und lachen viel. Doch nach wie vor haben wir auch sehr unterschiedliche Vorstellungen davon, was in welchem Umfang und in welchem Zeitrahmen verändert werden müsste. Auch die Implementierung kleiner Projekte bietet immer wieder Anlass zu gegenseitiger Unzufriedenheit. Die Einstellung zum Lernen, zum Ausprobieren, zur Selbstreflexion und zum kritischen Hinterfragen von Projekten sind häufige Punkte unserer Auseinandersetzungen und bewirken bei mir emotionale Anspannung.

Allerdings habe ich in dem vergangenen und ersten Jahr meines Einsatzes bei der GIZ unzählige neue Erfahrungen gesammelt und wahnsinnig viel gelernt. Der Bereich der internationalen Entwicklungszusammenarbeit ist ja trotz unseres Sabbaticals 2018 in Indien komplett neu für mich. „Results based Matrix“, „Theory of Change“, „Logical Frame Work Approach“, Monitoring & Evaluation im internationalen Kontext“ sind nur einige Begriffe, die ich mit Inhalten füllen und praktisch mit meiner Partnerorganisation umsetzten muss. Nicht selten bin ich damit jedoch selbst noch überfordert.

Moderationen von Events, themenspezifische Workshops und Trainings sowie das Erstellen von Roadmaps, Reports und Fördermittelanträgen aber auch Konzeptionen und Projektanträgen habe ich gemeinsam mit meinen Kolleg*innen gemeistert. Schrittweise wird es nun hoffentlich leichter.

Die größte Herausforderung für mich ist, nicht dauerhaft oder in einem zu umfangreichen Maß auf die aktive Mitarbeit meiner einheimischen Kolleg*innen zu hoffen. Sie sind in zahlreiche andere Projekte mit internationalen Geldgebern involviert und müssen diese Aktivitäten zusätzlich zu den Projekten der GIZ bewältigen. Das führt zu einer zeitlichen und inhaltlichen Überforderung, nicht zuletzt auch durch unzureichende mittel- und langfristige Planung.

Daher bemühe ich mich zunehmend um Aufgaben in anderen GIZ Bereichen oder mit anderen Partnern, die jedoch im Zusammenhang mit meiner Beratungstätigkeit bei meiner Partnerorganisation stehen. Somit unterstütze ich seit einigen Monaten die Koordination der Entwicklung eines Disability Management Information Systems (DMIS) und komme dadurch mit anderen Entwicklungshilfepartnern wie z. B. der Clinton Health Access Initiative (CHAI) in Kontakt. Mit Rwanda Bookmobile arbeite ich an einer Audio-Version eines Trainingsmanuals zur Aufklärung von Sexual Gender Based Violence (SGBV), dass wir mit meiner Partnerorganisation für ein Training von 55 blinden Frauen nutzen wollen. Ich bin gespannt, wie ich diese beiden Themen in diesem Jahr voranbringe kann.

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