Während des 2. Lockdowns waren gerade Lotti und Josy bei uns zu Besuch. Die vielen schönen geplanten gemeinsamen Unternehmungen waren nun leider gar nicht mehr oder nur eingeschränkt und mit polizeilicher Genehmigung möglich. Täglich stellte eine*r von uns einen Anfrage bei RDB (Rwanda Development Board), um für unsere touristischen Aktivitäten eine Genehmigung zu erhalten. Es war wie ein Lotteriespiel: mal bekam man umgehend eine Bestätigung, mal erst am nächsten Tag und auch nicht für den beantragten Zeitraum. Im schlechtesten Fall erhielt man gar keine Rückmeldung und wartete und wartete und war voller Hoffnung auf die „movement clearance“, die einem ein wenig Bewegungsfreiheit im Lockdown ermöglichen würde.
Bis heute verstehe ich das System nicht, nach welchen Kriterien Anträge bewilligt oder abgelehnt werden. Je wahrheitsgetreuer die Angaben in der Antragstellung sind (meine Anträge), um so eher wurden sie bisher abgelehnt. Thomas beantragte dagegen stets mutiger und für großzügigere Zeiträume und fiktive Orte, bekam jedoch stets einen positiven Bescheid. So sind wir z. B. eine Woche lang abwechselnd mit seiner „Movement clearance“ unterwegs gewesen. Er hatte sie gleich zu Beginn der offiziellen Regierungserklärung über die neuen Anti-Corona-Maßnahmen und der Verkündung des Lockdowns beantragt. Thomas wollte das System „ausprobieren“ und testen, was möglich war. Und siehe da, eine ganze Woche „Bewegungsfreiheit“ wurde ihm genehmigt. Unbegreiflich! Unterdessen haben sich die Regeln jedoch mehrfach geändert und man kann nur noch einmal pro Person und Tag für den Folgetag einen „Antrag auf Freigang“ stellen. Auch scheint es für die zu beantragenden Möglichkeiten wie z. B. Einkaufsgenehmigung, Krankenhausbesuch, Bank sowie Begleitung zum Flughafen unterdessen begrenzte und vorgeschriebene Zeiteinheiten zu geben. Das System lässt einen zwar den Anlass und den Zeitraum der gewünschten „Bewegungsfreiheit“ wählen, jedoch alles andere und damit im Zusammenhang stehende wie beispielsweise Zeit für einen Covid Tests oder für die Buchung einer Hotelübernachtung werden nicht berücksichtigt. Daher sind die Bewilligungen oft willkürlich und unlogisch und die allgemeine Bewegungsfreiheit nunmehr doch erheblicher eingeschränkt, als ursprünglich von der Regierung kommuniziert.
Trotzdem war es uns möglich, einige Ausflüge zu planen. So fuhren wir einen Tag vor dem ausgerufenen Lockdown noch ins „Umusambi Village“, ein Schutzgebiet für Kaiserkraniche in den Wetlands etwas außerhalb von Kigali. Elisabeth und ihre Tochter Atete begleiteten uns ebenfalls.
Außerdem wanderten wir erneut an den „Twin Lakes“, setzten mit einem Boot ans andere Ufer über und bekamen abermals einen traumhaften Gesamtblick auf die Virunga- Vulkan-Bergkette.
Es ist jedoch nicht immer nur Reisen angesagt. Auch bei uns herrscht Alltag, den wir uns so schön wie möglich machen. Dazu gehört, dass wir ab und an mal etwas Leckeres aus einem Restaurant zum Essen bestellen oder versuchen, regelmäßig morgens vor 8:00 Uhr eine kleine Joggingrunde in unserem „Umudugudu“ zu drehen. Das ist als einzige Aktivität ohne polizeiliche Genehmigung und ohne Covid Test erlaubt. Auch Yoga auf unserer Sonnenterrasse ist sehr beliebt bei Alt und Jung. Manchmal schwitzen wir sogar beim „Youtube Kickbox-Aerobic“ und wünschen uns insgeheim, dass die Internetverbindung diesmal ruhig ein paar Minuten länger ausfallen könnte.
Aufgrund des Lockdowns kann unsere Haushaltshilfe nicht mehr zu uns kommen. Motorradtaxis dürfen keine Passagiere mehr mitnehmen, sondern nur Bestellungen an Lebensmitteln ausfahren. Innerstädtische Busse fahren gar nicht mehr. Also bliebe Betty nur die Option, 2 Stunden (sie wohnt ca. 10 km von uns entfernt) mit einer polizeilichen Genehmigung zu uns nach Kicukiro zu laufen. Da Haushaltsreinigung jedoch im Gegensatz zu Security nicht zu den „notwendigen Tätigkeiten“ lt. Regierungsverlautbarung zählt, komme ich nun doch mal wieder in die Verlegenheit, selbst den Haushalt zu schmeißen und sauberzumachen. Trotzdem wird Betty von uns, wie im 1. Lockdown auch, in vollem Umfang weiter bezahlt. Sonst hätte sie gar kein Einkommen.
Die Krönung in unserem 2. Lockdown war jedoch ein erneuter Wasserschaden in unserem Haus. Wir kamen von einem Kurztrip am Wochenende zurück und fanden 4 Handwerker in unserem Haus vor, die auf beiden Etagen großflächig die Wände aufgehackt hatten. Neue Rohre waren verlegt, die Dusche ausgebaut und neu gefliest worden. Beide Bäder inkl. Toiletten im OG waren unbenutzbar und unser Wohnzimmer 20 cm vom Boden ringsherum gezeichnet von dunklen Beton-Putzflecken. Der feine Baustaub hatte sich überall im ganzen Haus ausgebreitet und einen dünnen grauen Film auf den Fussbodenliesen hinterlassen. Auch die dunkelbraune Holztreppe zum OG war nunmehr sehr schön hell aufgrund des feinen grauen Staubes. So war das aber nicht abgesprochen! Aber dieser Einwand half uns nun auch nix mehr.
Sogar die Wandfliesen in der Küche hatten sich aufgrund der Feuchtigkeit dunkel verfärbt. Doch der Hausverwalter ging davon aus, sie würden schon noch trocknen. Es war ein fürchterlicher Anblick nach einem so gelungenen Wochenendausflug. Doch wir wollten uns die gute Laune nicht verderben lassen. Jeder Handwerker bekam daher eine kalte Cola und auch wir setzten uns entspannt auf die Terrasse und tranken einen „Wochenend-Abschlusswein“. Der Dreck würde auch morgen noch dort liegen, wo er jetzt schon war. Afrikanische Gelassenheit haben wir zwangsweise schon ein klein wenig gelernt und kommen damit immer besser zurecht. Aber nur manchmal!