Seitdem ich das Motorrad habe, bin ich ein klein wenig sensibler geworden, was den Regen angeht und achte dahingehend mehr auf meine Umgebung. Mann muss schon sagen dass es wenn es denn losgeht, gleich richtig losgeht. Es kühlt schlagartig auf etwas über 20 Grad ab und geht dann richtig zur Sache. Das ist dann nicht einfach nur so ein kleiner Plätscherregen wie wir das kennen – das ist selbst ohne Gewitter ein richtig fetter aus den Wolken gekübelter Regen, der Dich einfach überall erwischt. Dabei beginnt die eigentliche Regenzeit erst in ein paar Wochen – bin schon sehr gespannt, wie das dann wird. Muss auf jeden Fall gutes Equipment aus Deutschland mitbringen.
Selbst die Moto-Fahrer ziehen sich dann Schutzsuchen in die Haltestellen zurück und warten erst einmal ab. In den Hotels bekommt man die Begleitung eines Schirmträgers – auch eine neue Erfahrung für mich.
Seit letztem Freitag habe ich nun endlich mein Motorrad und habe damit meinen Bewegungsradius drastisch erweitert. Meine erste Testfahrt führte mich 20 km außerhalb von Kigali in ein kleines Nest auf dem es einen Markt gab. Das sah für mich schon etwas vertrauter aus als die allzu geleckten Straßen und die schicken Villen in Kigalis Innenstadt. Aber selbst auf dem Weg dahin ist mir aufgefallen, dass alle möglichen Büsche und Sträucher am Straßenrand sauber und akkurat geschnitten sind. Selbst am Samstag wird in den Vororten und auf dem Land fleißig getrimmt und gegärtnert, so dass alle beschäftigt sind.
Ja ich weiß, der Titel ist etwas unflätig – aber so heißt nunmal der Slum, den wir gestern aus der Ferne betrachtet haben. Er soll abgerissen werden, um neuen tollen Villen Platz zu machen. Die Menschen darin arbeiten jedoch schon in Villen auf der anderen Seite des Berges als Haushälter . Wenn sie umgesiedelt werden, verlieren sie ihre Arbeitsplätze und die Wohnung. Daher kämpfen sie seit Jahren vor Gericht darum, bleiben zu dürfen. Bis jetzt haben sie immer gewonnen. Rene bezweifelt aber, dass sie auf lange Sicht gegen den Staat, der das Gebiet entwickeln möchte, gewinnen werden.
Inzwischen habe ich hier mit der Arbeit begonnen. Ich bin Bestandteil einer übergroßen Expat Community, die hier vor Ort ist und dem Land helfen möchte. Die Managementebene des Landes ist soweit ich das feststellen kann, sehr gut gebildet und wahnsinnig ambitioniert. Auf den Ebenen darunter fällt das Wissen dann allerdings schon wieder sehr schnell ab.
Manager haben größtenteils Auslanderfahrung, umfangreiches Wissen und würden auch in Europa sehr gut klar kommen. Ich arbeite in der “Ruanda Information Services Authority”, eine eigenständige Gesellschaft innerhalb des Ministeriums, die für das gesamte Land die IT Strategie verantwortet. Demzufolge schlagen alle Themen, die man sich nur vorstellen kann, bei uns auf. Einige der Ziele, die sich die Organisation gegeben hat, könnte man durchaus als überambitioniert bezeichnen – das Engagement ist jedoch absolut vorhanden und auch der Wille zum Aufbau der entsprechenden Infrastrukturen.
Ruanda lebt für mich wahrgenommen in einer pseudodemokratischen Autokratie. Den Menschen ist bewusst, dass der Präsident mit sehr viel Durchgriff regiert, es herrscht jedoch keine Angst, auch Sprachcodes wie in der DDR habe ich bisher noch nicht wahrgenommen. Aber das kann unter Umständen ja noch kommen.
Der konkrete Vorteil für meine Arbeit ist, dass wenn das Ministerium etwas beschließt, es auch tatsächlich mit aller Konsequenz ohne weitere Diskussionen umgesetzt werden kann. Das vereinfacht einige Dinge. So hat meine Organisation z.B. durch den Finanzminister inzwischen die Autorität erhalten, alle IT Projekte der Regierung freizugeben.
Es gibt wahnsinnig viel externe Hilfe (so wie ich ja selbst auch eine externe Hilfe bin) – unheimlich viele Ideen, manche ganz prima, manche verstehe ich irgendwie noch nicht. Die Japaner unterstützen eine “Startup-Factory” und versuchen so, junge Menschen dazu zu bewegen, neue Dinge für Ruanda zu entwickeln. Drei Japaner sitzen hier im Gebäude und werden so wie ich bis Ende des nächsten Jahres hier arbeiten. Der Teamleiter von Ihnen stellte sich bei mir mit den Worten vor “Japan und Deutschland hätte ja schon früher eine besondere Freundschaft verbunden. Ich weiß ehrlich gesagt nicht so richtig, wie ich das politisch korrekt für mich bewerten soll.
Die deutsche Entwicklungshilfe engagiert sich natürlich auch bei solchen Startups. Man versucht sich dabei irgendwie mit den anderen zu synchronisieren. Allerdings erhöht enge Synchronisation den Verwaltungsaufwand enorm, da sich alle Seiten dann erst wieder mit umfangreichen internen Verwaltungsstrukturen ihrer jeweiligen Ministerien abstimmen müssen – und so bleibt man lieber informell und und nur lose abgestimmt.
Vor ein paar Tagen gab es nun einen Hackathon – also eine Aufgabe für mehrere Teams, die über zwei Tage gelöst werden sollte. Ziel war es, insbesondere, die Spracherkennung der lokalen Sprache “Kinyarwanda”, die von drei viertel aller Menschen hier ausschließlich gesprochen wird mit Open Source Methoden zu verbessern. Da wurde schon gekleckert und nicht geklotzt. An der Vorbereitung war ein fünfköpfiges Team aus Deutschland (zwei davon extra für eine Woche eingeflogen) beteiligt, von der Mozilla-Stiftung wurde einer der wichtigsten Verantwortlichen weltweit für dieses Thema eingeladen, es gab Bier und Schnittchen, für das Gewinnerteam nach den zwei Tagen 2000€ und eine Reise zu einer der wichtigsten Konferenzen auf diesem Gebiet, für alle anderen immerhin noch 500€ für die Beteiligung an diesen zwei Tagen. Man kann nur hoffen, dass sich das Ergebnis tatsächlich lohnt und nicht irgendwo versackt. So sehr ich persönlich auch die Idee und die ganze Arbeit anerkenne, so sehr bezweifle ich eigentlich, dass das ein Thema ist, dass das Land zum jetzigen Zeitpunkt tatsächlich sehr weit nach vorne bringt. Aber unter Umständen bin ich auch einfach nicht technologie-affin genug.
Auf alle Fälle gibt es noch ein paar Bilder der Veranstaltung.
In Kigali gibt es kein eigentliches Straßenleben. Die Hütten sind weit verteilt. Das Leben findet doch eher zu Hause oder manchmal auch in den Bars statt. Die Slums sind nicht vergleichbar mit den asiatischen, sondern eher kleine Blechhütten mit den dazugehörigen Minigärten. Die Kinder spielen oft mit Dingen, die sie sich zusammengebastelt haben, oft mit Reifen. Ich habe auf dem Weg ein kleines Video-Kino gefunden, dass sogar einen Plan draußen dran hatte. Das fand ich schon ziemlich cool. Hier noch ein paar Bilder aus den letzten Tagen: