Mysore (Märkte und Paläste)

Mysore wurde uns von allen als ein Muss nahegebracht – unbedingt ansehen – die Paläste, der Markt, die koloniale Architektur usw.
Letztendlich war ich ein wenig enttäuscht – aber vielleicht sind wir auch schon etwas “satt”. Ein Markt reizt uns als solcher nicht mehr so umfassend wie vielleicht zu Beginn. Trotzdem gibt es natürlich Farben und Bilder, die haften bleiben. Sei es das überwältigende Angebot an Mangos oder die riesigen Stapel an Bananen.

Der Palast war auch ok. Er hat allerdings nichts mit dieser phantastischen muslimischen Architektur zu tun, die man beispielsweise in Rajasthan findet oder mit den beeindruckenden Bauten, die wir in Hampi gesehen haben. Selbstverständlich ist er opulent und auch beeindruckend – aber halt opulent, wie sich ein europäischer Architekt den Orient so um 1900 herum vorstellt hat, denn aus dieser Zeit stammt er erst, da der vorherige Palast abgebrannt war. Die Inder haben den Palast übrigens in großer Zahl und mit einer riesigen Begeisterung besichtigt. Es wurden wieder unheimlich viele Selifies vor dem Palast in allen erdenklichen Posen fotografiert – einige findige Inder hatten sich einen Drucker neben ein paar große Batterien gestellt und druckten fleißig kitschige A4 Bilder für das bedürftige Publikum. Die restliche koloniale Architektur wartet, aus dem Dornröschenschlaf geweckt zu werden. Einige Bauten sehen wirklich filmreif aus.

Das Fürstentum Mysore existierte im Übrigen bis 1947 dank der großzügigen Protektion des britischen Empire, die die Stadt um 1800 von den mit den Franzosen verbündeten Sultanaten durch Lord Wellington (ja, genau der mit dem Ausspruch “Ich wollt es wär Nacht oder die Preußen kämen” von Waterloo) erobert wurde – soweit zur Geschichte…
Nach 1947 wurden dann die Familienpaläste durch den indischen Staat übernommen, zumindest teilweise. Ein Palast blieb noch in Familienbesitz und beherbergt nun die erste Kunstgallerie, die ich in Indien gesehen habe. Zu unserer Überraschung war sie relativ gut durch Inder besucht – ansonsten aber extrem abgeranzt. Die Exponate waren weder ausgeleuchtet noch vernünftig beschriftet, teilweise fielen sie auseinander (wie z.B. Teile der Musikinstrumentensammlung. Leider durfte man drinnnen (aus gutem Grund – wer will schon dass diese Bilder dann durch die Welt gehen) nicht fotografieren. Trotzdem hat der Besuch Spaß gemacht – einer der Museumswärter lief dann mit uns durch die Räume um uns die besten Exponate zu zeigen. Er war unheimlich bemüht und stolz uns etwas zeigen zu können. Allein dafür hat es sich für uns schon gelohnt.

Indischer Tee

In Indien gibt es vier Teeanbaugebiete: Assam, Darjeeling, Dooars und Nilgiri. Letzteres liegt in den Western-Ghats, in Südindien. Dorthin haben wir uns spontan auf den Weg gemacht. Unendliche Serpentinen ging es von Mysuru, „Stadt der Paläste“, wieder einmal mit Bus hinauf bis in stolze Höhen von 2100 Metern. Der Ausgangspunkt unserer Teeplantagenwanderung ist der Ort Ooty, ein fürchterlich dreckiger, übel riechender Ort im Tal der Nilgiri-Berge mit ca 50.000 Einwohnern. In jedem Hotel in diesem Ort sollte man absolut unkompliziert einen erfahrenen Guide bekommen, der mit einem Wanderungen in den Bergen und über die Teeplantagen machen würde. Dem war jedoch nicht so. Weder die Touristeninformation (ein leeres kleines quadratisches Hüttchen) noch die angefragten Hotels vermittelten lokale Wanderführer. Somit waren wir wieder auf uns selbst gestellt.

Allerdings haben wir ein traumhaftes kleines Hotel 16 km von Ooty entfern gefunden, was direkt in einer Teeplantage liegt. Unser Zimmer hat ein 2 x 3 Meter großes Fenster mit Blick in die Berge über die Plantage. Unbeschreiblich!!

Wir mussten den üblichen Mittagsregen in den Bergen abgewartet, da wir weder für die Temperaturen in dieser Höhe (15 bis 23 °C) noch gegen Regengüsse ausgerüstet sind. All unser tolles Equipment haben wir im Farmhaus in Alegaon gelassen. So hatten wir uns bei unserer Ankunft in Ooty noch schnell langärmelige Shirts kaufen müssen, um nicht zu frieren.
Ohne passende Bekleidung (einen Regenschirm hatten wir zur Sicherheit auch gekauft und jetzt eingepackt) und ohne Wanderführer, ja noch nicht einmal mit einer Wanderkarte (ausgeschilderte Wege gibt es leider auch nicht), sind wir also aufgebrochen. Alles kein Problem, die Zivilisation ist greifbar nah und jederzeit erreichbar.
Tolle Ausblicke über die Plantagen, nette Einheimische auf dem Weg, die interessiert nachfragen und sogar eine Privatführung in einer alten abgelegenen privaten Teefabrik waren wieder die Belohnung für unser Suchen, Warten und dann einfach Machen.

Die Ghats

Die West-Ghats sind ein Gebirgszug, der das Deccan-Plateau von der schmalen Westküste Indiens abgrenzt. So und noch ausführlicher steht es bei Wikipedia.
Die Ghats sind in Indien ihrer eigentlichen Bedeutung nach steil abfallende Böschungen, meist mit Stufen, die als Wasch- und Badestellen auch heute noch genutzt werden. Teilweise hat sich der Begriff auch verselbstständigt – so gibt es mit den Dhobi Ghats in Mumbai einen riesig großen Waschplatz, der ohne Böschung auskommt.

Während unseres Aufenthaltes in Hampi aber auch während unserer Überlandfahrten und besonders in ländlichen Regionen, haben wir zahlreiche dieser traditionellen Bade- und Waschplätze gesehen.

Unseren Beobachtungen nach baden Frauen an den Ghats immer in ihrer kompletten Kleidung und streng getrennt von den Männern. Sie dürfen jedoch ihre Haare offen tragen und im Fluss waschen.
Die Männer können ebenfalls bekleidet jedoch auch in Unter-oder Badehose baden. Dabei kann man sehen, dass Jungen einen schwarzen Strick um die Hüften tragen. Verheiratete oder ältere Männer dagegen haben einen roten Strick oder einen weissen, letzteren dann jedoch über die Schulter geknotet.

Auf unserer Tempeltour wurde uns erklärt, dass alle Tempelbauten, Skulpturen oder andere Kunstwerke absichtlich mit einer „kleinen Irritation“ versehen werden, die das Auge und den Geist von der eigentlichen Perfektion ablenken soll. Gleiches wird auch mit den Babys bzw. Kleinkindern gemacht. Sie werden um die Augen ganz fürchterlich mit Kajal geschminkt und/oder bekommen einen schwarzen Punkt zwischen die Augen. Dadurch soll der neidische, böse Blick eines Betrachters oder Dämons von der tatsächlichen Schönheit des Kindes abgelenkt werden. Eine ähnliche Funktion hat der bereits erwähnte schwarze Strick bei Jungen.
Sogar ein neu erworbenes Auto wird entweder auf der Motorhaube oder im Inneren mit „ablenkenden Utensilien“ wie z. B. Chilischoten verziert.
Wir nutzen diese Besonderheit nun auch sehr gern dafür, um Flecken auf unseren Sachen als „kleine Ablenkung von der tatsächlichen Schönheit“ zu interpretieren. Ist doch sehr clever!

“Happy Hampi!” Das ist der Leitspruch der Touristengegend in und um Hampi. Man hat hier sehr viele verschiedene Möglichkeiten für Aktivitäten und to be happy: bouldern, klettern, schwimmen, Rad fahren, in einer Bar abhängen und im Internet surfen (sofern man WLAN hat), Skooter fahren, Tempel besichtigen, ayurvedische Massagen, Yoga Stunden, Trecking oder mit einem traditionellen runden Bambusboot auf einem der Flussarme paddeln (in Begleitung eines Ortskundigen, versteht sich).
Wir haben uns für eine Radtour mit unserem bereits bekannten lokalen Guide entschieden.
Hampi liegt an einem Fluss und somit gibt es den historische Ortsteil auf der einen und den gechillten Ortsteil mit einigen Restaurants, Bars und Guesthouses auf der anderen Flussseite. Dort haben auch wir übernachtet. Unsere Radtour wollten wir aufgrund der zu erwartenden Temperaturen zeitig beginnen und so warteten wir bereits 7:00 Uhr auf die Chance, mit der Fähre von einer Flussseite zur anderen gebracht zu werden. Fährzeiten gibt es nicht, hängt alles vom Bedarf der Touristen und Einheimischen sowie von der Laune des Betreibers ab. Wir hatten Glück und 7:30 Uhr war es dann so weit, wir überquerten den Fluss und trafen uns nach einem leckeren Frühstück im „Mango Tree“ (ohne das dort versprochene kostenlosen W- LAN) mit Kitty (Krishna), unserem Guide.
Aufgrund der landesweiten politischen Wahlen wurden in Hampi alle Onlinekapazitäten für die Votings durch die Bevölkerung per Fingerprint abgezogen. Kein Netzwerk für Touristen für zwei Tage! Wir waren also von der Welt abgeschnitten! Dabei warteten wir dringlichst auf eine Nachricht der Indian Railway, die hoffentlich unser Ticket für den Nachtzug bestätigen würde. Egal, erstmal starteten wir zu unserer 4-6 stündigen Radtour zu den wichtigsten Tempeln und Palästen. Hier ein paar Eindrücke:

Trotz der Temperaturen war es eine ganz phantastische Tour, vorbei an riesigen Granitfelsformationen, kleinen Ortschaften mit Rast in einem abseits gelegenen Gartenrestaurant zum Lunch und vorbei an den zahlreichen kleinen verstreuten Ruinenkomplexen. An den großen Tempelanlagen hielten wir an und bekamen wieder erstklassige Erklärungen zu Symbolen, Schriftzügen, Bauweisen verbunden mit unterhaltsamen Geschichten über Gottheiten und deren Besonderheiten. Warum hat Ganesh einen Elephantenkopf? Wir wissen es jetzt! Es ist schon ein gigantisches Gefühl wenigstens für einen halben Tag scheinbar alles zu wissen, was es zu diesen historischen Gebäuden zu wissen gibt, Zusammenhänge zu begreifen und die andere Kultur ansatzweise zu verstehen sowie Parallelen zum Christentum zu erkennen. Leider schaut es am folgenden Tag schon wieder ganz anders aus!
Für den Rückweg wurde uns eine entspannte Abkürzung von 3 km empfohlen, die wir jedoch leider nicht gefunden haben. Wir steckten plötzlich inmitten der Granitfelsen mit den Rädern fest und wuchteten diese im Schweiße unseres Angesichts eine gefühlte Ewigkeit über das steinerne Felsmassiv. Doch auch dort oben gab es immer noch kleine Skulpturen, Schriftzüge und rituelle Opfersteine zu entdecken… kleine Entschädigung für die Strapaze!

Zurück im „Mango Tree“ und gerade eine kalte Cola hinterkippend, kam die SMS mit der Bestätigung unseres Nachtzugtickets, nur 5 Stunden vor der geplanten Abreise. Wir waren fix und fertig aber auch sehr glücklich und bestellten entspannt gleich noch eine Cola.

Hampi und Steine

Nach einer sieben Stunden dauernden Zugfahrt hätten wir fast verpasst auszusteigen, nur im letzten Augenblick hat Thomas auf Google Maps per Ortung registriert, dass wir schon da waren. Von Hosapete, der nächst größeren Stadt in der Nähe des historisch bedeutenden Hampi, sind wir dann noch einmal 10 km mit dem lokalen Bus bis zu unserem tatsächlichen Ziel gefahren.
Durch grüne Bananenhaine ging es in eine pittoreske Umgebung mit riesengroßen Granitfelsen, die wie von Riesen nach einem Murmelspiel zurückgelassen wirkten. Dazwischen tauchten mehr und mehr Tempelruinen auf. Die Abendsonne machte das Ganze noch einmal durch eine tolle Beleuchtung grandioser.
Der Kontrast dazu war dann unser Ziel „Hampi Bazar“, der so gar nichts von einem richtigen Basar hatte, sondern eher von eine Bretterbudenstadt auf einem großen Parkplatz.

Unsere Enttäuschung über den eigentlichen Ort war daher erst einmal recht groß. Hampi hat den Status UNESCO Weltkulturerbe aber der gesamte Ort ist einfach nur heruntergekommen und dreckig. Selbst unsere Unterkunftsempfehlung aus dem Lonely Planet, den wir uns vor einigen Tagen extra heruntergeladen hatten, entsprach in keiner Art und Weise den dortigen Beschreibungen. Seit Jahren hatte wohl keiner der Lonely Planet Autoren einen Fuß in das „Sunny Guesthouse“ gesetzt. Dafür war der Preis mit 600 IRU = 7,50 EUR pro Nacht auch unschlagbar… gutes Zeltplatzniveau! Immerhin – Dusche (wenn auch kalt) und zwei (!) Betten – mehr als auf unserer kleinen Farm.

Jedoch der Tipp, die lokale Touristeninformation in einer der Tempelanlagen aufzusuchen und dort einen Reiseführer zu buchen, war genau richtig. Auf unserer ersten Erkundungstour durch die Ruinen- und Gebirgslandschaft waren wir uns sicher, dieser Guide ist genau richtig. Fach- und sachkundig hat er uns über die indische Götterwelt am Beispiel der vielen Tempelruinen von Hampi aufgeklärt. Nun wissen wir, dass jeder Gottheit eine Frau und darüber hinaus noch ein Tier als Transportmittel zugeordnet wird sowie Symbole, an denen man diese dann auch alle erkennt. Damit wir unser Wissen nicht gleich wieder vergessen, bekamen wir es sogar mit einer kleinen Notiz aufgeschrieben. Nun üben wir täglich die Namen. Es wird jedoch noch ein wenig dauern, bis wir das alles verinnerlicht haben. Aber wir haben ja Zeit und sicherlich müssen wir irgendwann mal wieder WARTEN.

Die gesamte Anlage von ca. 40 Quadratkilometern kann man frei besichtigen, keine Zäune, kein Eintritt…nix. Bis 2011 waren auf und in den Ruinen noch Wohnhäuser sowie kleine Läden, die sich mit den Jahren zu einer Ortschaft „Hampi Bazar“ ausgebreitet hatten. Diese wurde jedoch dann auf staatliche Anordnung hin abgerissen und die Menschen umgesiedelt. Die Diskussionen darüber sind vielfältig und zwiespältig. Pro und Kontra gibt es auf beiden Seiten.
Unsere guided Tour sollte eigentlich zu Fuß in drei Stunden durch einen Teil der Ruinenkomplexe und in den Haupttempel führen. In der einmaligen Landschaft brachten jedoch die Ruinen, Felsen und Tempel hinter jeder Ecke ein neues tolles Fotomotiv hervor. Die Mischung von Tempelruinen und Granitmurmellanschaft ist einmalig und unbeschreiblich. Obwohl wir natürlich wissen, dass man Tempel vor Landschaft zu Hause keinem zeigen kann, weil nichts den Gesamteindruck so wiedergibt, wie das gesamte Erlebnis (sei es z.B. die Tempelglocke im Hintergrund oder der Geruch der Räucherstäbchen, dazu die sengende Hitze, das kühlende Wasser der Pumpe am Tempel) haben wir über 50 Fotos gemacht und dann verzweifelt aufgegeben und nur noch die Umgebung genossen.

Letztendlich haben wir viel länger als die veranschlagten 3h gebraucht und müssen trotzdem nochmal weitermachen. Schließlich haben wir ja noch zwei Tage hier vor Ort.