Etwas Bleibendes

Als Dankeschön für die offene und freundliche Aufnahme in ihre Familie, für das tägliche liebevolle Kochen und die englischen Kommunikationsversuche zur Unterstützung unserer Arbeit in der Schule wollen wir Shria eine bleibende Erinnerung an uns spendieren. Wir hatten dabei an einen Kühlschrank, ein Power-Backup oder auch an einen kleinen Scooter gedacht. Shrias großer Wunsch ist jedoch ein Solar-Heater, um Wasser zu erwärmen. Bei der elenden Hitze der letzten zwei Monaten erschien uns das eigentlich vollkommen unnütz und absurd. Aber ihre Überlegungen als Frau eines Farmers und Mutter zweier Kinder sind andere. Für Shria bringt ein Solar- Heater in der Tat eine tägliche Arbeitserleichterung.
Bisher wird morgens 6 Uhr direkt hinter unserem Haus und unter unserem Fenster ein offenes kleines Feuer entfacht und darauf ein Kessel mit Wasser gekocht. Das wird dann als „Duschwasser“ für die Kinder genutzt und die Schwiegermutter wäscht sich damit die Haare.
Auch die Kleidung aller, die durch die Farmarbeit der Männer und das Herumtoben der Kinder im Freien sehr schmutzig ist, könnte dann mit warmem Wasser leichter gewaschen werden. Selbstverständlich ist auch der Abwasch des ganzen Kochgeschirrs (dreimal täglich warme Mahlzeiten) mit warmem Wasser viel effektiver. Ganz zu schweigen von den fettigen Milchkannen, die zweimal täglich von Shria ausgewaschen werden.
Ein Solar -Heater ist somit doch eine ganz wunderbare Idee und Sonne dafür gibt es hier satt. Vor einigen Tagen kamen nun der Tank für die Solarzellen schon auf’s Dach.

Nun muss nur noch der Wassertank 1,5 m nach oben gesetzt werden. Das bedeutet jedoch WARTEN auf den Schweißer und den Klempner, was aus traurigen Erfahrungen sehr lange dauern kann. Wir sind gespannt, ob wir die Fertigstellung der Solaranlage noch vor unserer Abreise erleben. Bei dem neuen Klassenzimmer für die 9. Klasse ist das wohl leider nicht mehr der Fall, obwohl mit den ersten Arbeiten bereits Ende April begonnen wurde. Wir hoffen es jedoch ganz doll und wir drücken uns dafür selbst die Daumen.

Und wieder ist es Sonntag

Schrittweise bereiten wir sowohl gedanklich als auch praktisch unsere Abreise aus Alegaon vor und damit die Verabschiedung von unserer Gastfamilie.
Heute, zum Sonntag, wollten wir unseren einzigen und wahrscheinlich letzten Familienausflug mit allen machen (wir haben nur noch 5 Wochen bis zu unserer Abreise nach Pune). Ravi hatte dazu offensichtlich jedoch keine Lust. Er hängt lieber mit seinen Kumpels ab und fährt mit seiner „Bullet“ (Royal Entfield) in der Gegend umher. Eine liebevolle Beziehung zu seinen Kindern hat er ohnehin nicht. Ehrlich gesagt, kann er mit ihnen gar nix anfangen. Es gibt fast keinen persönlichen Kontakt zwischen ihnen. Er hält sogar am Nachmittag in der Schule ein kurzes Erholungsschläfchen, da zu Hause seine beiden Kinder oft lauthals schreien, viel weinen wenn sie ihren Willen nicht bekommen und sich ständig in den Haaren liegen.

Das können wir nur zu gut verstehen, da auch wir täglich gegen 6:00 Uhr in der Frühe von den beiden geweckt werden. Manchmal sind es allerdings auch die Kühe, die während des Melkens muhen oder die ersten frühen Vögel, die einen Wurm abbekommen wollen…auf dem Land ist halt immer was los.

Da es heute Vormittag nicht wie an anderen Tagen geregnet hat, haben Thomas und ich noch einmal einen Spaziergang durch das noch immer ausgetrocknete Flussbett gemacht. Dort halten sich zahlreiche Pfauen auf, die in der Regenzeit besonders intensiv singen und dann dazu ihr prächtiges Rad schlagen. Das wollten wir unbedingt sehen. Es raschelte am Wegesrand und in froher Erwartung der farbenprächtigen Vögel blieben wir stehen. Ein kurzer Aufschrei! Entsetzen! Ein riesiges Schlangenpaar im Liebestanz kroch geräuschvoll durch das vertrocknete Gras.

Auch Schlangen kommen bevorzugt in der Regenzeit aus ihren Verstecken und paaren sich. Das haben wir von den Einheimischen nun auch erfahren inklusive der eindringlichen Bitte, nicht mehr im Dunkeln dort zu laufen. Ab sofort machen wir also um das Flussbett selbstverständlich einen großen Bogen, zumindest ab der Dämmerung.

Thomas hat dann am späten Vormittag noch schnell ein Cricketturnier mit 26 Mannschaften in einem Nachbardorf als Ehrengast eröffnet. Es gab wieder die übliche Eröffnungszeremonie mit Kokusnuss zerschlagen und Segenszeichen auf der Stirn. Danach wollten wir endlich, wie geplant alle gemeinsam einen Familienausflug nach Sangola machen. Da wir mit 5 Personen (Shria, die Kinder und wir) nicht auf ein Motorrad passen und Shria selbst kein Motorrad fahren kann, schien der Ausflug ohne Ravis Beteiligung auszufallen. Doch Shria schlug vor, einen kleinen Schulbus zu nehmen. Sie wollte wahrscheinlich unbedingt mal raus und unter Leute. Am Sonntag ist auch noch Markttag in Sangola und daher unendlich viele Menschen unterwegs.
Der Schulbus ist eine Zumutung! Total abgewrackt! Es klappert überall, die Sitze sind aufgeschlitzt und das Polsterzeug hängt in Fetzen herum, die Gänge gehen nicht richtig rein, Seitenspiegel gibt es nicht, Licht und Blinker fehlen ebenfalls. Als Fahrzeug kann man diesen Schrotthaufen echt nicht mehr bezeichnen. Ich weigere mich, damit unterwegs zu sein. Shria zuliebe habe ich jedoch alle meine Vorsätze und Bedenken über Bord geworfen und mich mürrisch ihrem Ausflugswunsch ergeben.

Gemeinsam waren wir wieder in dem Eisladen, der ganz leckere Shakes und Eissorten zubereitet. Der Besitzer kennt uns mittlerweile und weiß, was wir bestellen. Daher war ein Foto mit ihm diesmal ein Muss.

Danach ging es weiter zum Shoppen: Grosseinkauf an Kosmetika und Schmuck für die Damen (exklusive meiner Person). Danach leckere Seltenheiten wie z. B. Datteln, getrocknete Kokosnüsse, Mandeln, Kashewkerne, Rosinen, Kekse aber auch ein neues Küchenmesser und eine neue Spülschüssel.
Thomas kaufte auch noch eine Bohrmaschine. Man soll es kaum glauben aber auf der Farm ist kein einziges Werkzeug vorhanden. Für alles wird ein Klempner, Elektriker oder Installateur gerufen. Die Handwerker kommen dann aber auch wann sie wollen und nie dann, wann es verabredet war. Somit ist für alle Reparaturen auch wieder WARTEN angesagt. Das war Thomas zu blöd und so reparierte er die Aussenlampe vor unserem Haus und brachte auch gleich noch eine Wäscheleine unter der einzigen Regenüberdachung an.

Was für ein ereignisreicher Sonntag!

Schulbeginn

Am 15.06. beginnt offiziell die Schule wieder. Somit haben wir ca. zwei Wochen für die Vorbereitungen mit den Lehrern und es gibt sooo viel zu tun:

  1. Die Klassenräume müssen sauber gemacht werden von zentimeterdickem Staub von anderthalb Monaten Leerstand in den Ferien.
  2. Die Schulbücher und andere offizielle Materialien sollten bestellt werden, ebenso die Schuluniformen, Schuhe, Socken etc.
  3. Unterrichtsmaterialien (Schautafeln, Bildmaterial, Namensschilder) müssen teilweise von den Lehrern selbst hergestellt werden, aus Mangel an Profimaterial
  4. Alle Klassenräume, besonders jedoch die der Kindergarten- und Vorschulkinder, sollen schön und entsprechend der Altersgruppe dekoriert werden. Dazu hatten wir grosse Soft-Pinnwände angeschafft und selbst mit Stoff bespannt.
  5. Die Anzahl der Neuzugänge bzw. der in der Schule verbleibenden Schüler aller Altersklassen (Kindergarten, Vorschule und 1.-9. Klasse) müssen in erneuten Hausbesuchen auf den umliegenden Dörfern erfragt werden.
  6. Die neuen Schulgelder für das kommende Schuljahr (Erhöhung um 500 Rupien) müssen in einem Informationsschreiben erstellt und an die Eltern zur Kenntnis weitergeleitet werden. Wir schreiben den Brief vor und ein Lehrer übersetzt ihn in Marathi.
  7. Der riesige Wasseraufbereiter und -filter muss aufgrund der fast zweimonatigen Nichtnutzung gesäubert und neu mit Wasser gefüllt werden, sonst ist kein Trinkwasser vorhanden.
  8. Der Neubau des Klassenzimmers für die zukünftige 9. Klasse muss eigentlich fertiggestellt und der Raum dann noch eingerichtet werden. Das wird jedoch in nächster Zeit nicht mehr möglich sein, da das Fundament noch offen ist und die Regenzeit schon begonnen hat.

Es ist also wieder richtig viel zu tun aber ausser uns haben hier alle die Ruhe weg. Jeder kommt und geht weiterhin wann er gerade möchte. Farmarbeit, Familie, Besuch oder die gerade beginnende Regenzeit…alles hat „Vorrang“ vor der Lehrtätigkeit. Es ist gefühlt ein heilloses Durcheinander. Allerdings haben die Lehrerinnen viel Freude am Gestalten der Soft- Pinnwände und leben ihre Kreativität aus. Schritt für Schritt entstehen kleine Kunstwerke.

Der Schule fehlen zum Schuljahresbeginn auch immer noch 4 Lehrer. Alle Bewerbungsgespräche waren bisher leider erfolglos, und es gab doch einige. Aber „mit Gottes Hilfe“ wird sich das alles schon klären, sagen die Einheimischen. Wir sind gespannt, ob diese Hilfe ausreicht oder ob man doch auch selbst das Eine oder Andere unternehmen sollte. Gern lassen wir uns eines Besseren belehren!

Wir versuchen zu strukturieren, anzuleiten, Ideen zu geben und dann teilweise bei deren Umsetzung mitzuhelfen. Dabei haben wir mit Erschrecken festgestellt, dass wir die Lehrer selbst mit den einfachsten Dingen komplett überfordern. Das ist in den ersten zwei Monaten nicht so aufgefallen, da wir in dieser Zeit „nur“ viel mit ihnen gesprochen, gemeinsam analysiert, abgestimmt und mit dem Management in Pune bzw. in den USA Pläne für Veränderungen besprochen haben. Nun geht es stärker um die praktische Umsetzung und wir bekommen grosse Augen, was geht und was halt auch nicht geht.

Thomas hatte einen Lehrer gebeten, Bewerbungsunterlagen von Schülern in einen Aktenordner einzusortieren. Alle Materialien (Trennblätter, Stift, Papiere, Aktenordner) übergab er ihm und wartete auf die Ausführung. Als nach einer längeren Zeit immer noch nix passiert war, setzte ich mich neben den offensichtlich ratlosen Lehrer und stellte fest, er hatte gar keine Vorstellung davon, wie ein Aktenordner funktioniert. Dass man z. B. die Metallspange öffnen, schliessen und fixieren kann und von einem Ordnungssystem mit beschrifteten Trennblättern hatte er auch noch nie etwas gehört. Das ist kein Witz! Ich musste also erklären, wie man einen Aktenordner benutzt. Diesen Anleitungsaufwand können Thomas und ich bei 8 bis 10 Lehrern natürlich nicht leisten. Daher fallen viele noch offene Projektaufgaben schlicht und ergreifend aus.
Wir versuchen erneut täglich zu improvisieren und werden durch die nun beginnenden starken Regenfälle und die dadurch entstehenden grossen Schlammflächen und tiefen Regenpfützen auf ein Neues herausgefordert.

Anda Curry (Eier Curry)

Ein leckeres Eier-Curry – die Grundform kann man noch beliebig abwandeln. Unsere Gastgeberin Shria kocht das in irgendeiner dieser Formen jeden Tag. So wie unten angegeben reicht das Essen als Bestandteil einer Abendmahlzeit (d.h. es kommt noch Chapati, Reis, Dal und Gemüse dazu) für eine 6köpfige Familie.

Zutaten

Zwiebeln
Kokosnuss/Knoblauch Paste
Sesampaste
Öl
Wasser
gekochte Eier
frische grüne Chilischoten

Gewürze

Cumin
Chili
Salz
Garam Masla

Zubereitung

Vorbereitung

Ausreichend Eier hart kochen.

Sesampaste herstellen – dazu Sesam mit etwas Öl anrösten und im Mixer zu einer Paste pürieren.

Kokos-Knoblauchpaste herstellen – frische Kokusnuss (alternativ Kokosmilch) mit Knoblauch ungefähr im Verhältnis ein Teil Knoblauch zu drei Teilen Kokos im Mixer pürieren.

Los gehts

Shria packt immer erst alle Zutaten auf eine kleine Schale, dann geht es schneller bei der Zubereitung.

Zwiebeln und grüner Chili werden angebraten. Zusätzlich noch eine Prise Cumin.

Dann kommen Salz, Sesampaste, Kokospaste, Garam Masala und etwas Wasser hinzu bis das Ganze schön cremig ist.

Die vorbereiteten Eier kommen rein und werden in der Soße halbiert. Dann lässt man alles noch ein klein wenig ziehen.

Und so sieht das fertige Gericht aus:

Sonntagsausflug nach Pandharpur

Bevor nun die gefürchtete Regenzeit einsetzt, nutzen wir jede Möglichkeit für einen Ausflug. Seit Tagen hatten wir versucht, uns für das Wochenende ein Motorrad zu organisieren. Auf den Zustand dieser fahrbaren Schrotthaufen darf man nicht schauen, sie fahren mehr schlecht als recht aber wir sind halt immer wieder froh, damit ein wenig Bewegungsfreiheit zu bekommen.
Heute, am Sonntag sind wir nach Pandharpur gefahren. Diesen bekannten Wallfahrtsort hatten wir bereits Ostern gemeinsam mit unserer Gastfamilie besucht. Doch nun wollten wir noch einmal entspannt durch die Stadt bummeln und die Eindrücke auf uns wirken lassen.

Da eine Fahrtstrecke 42 km beträgt, mussten wir auf dem Rückweg eine kleine Pause einlegen, um Trinkwasser zu kaufen und uns etwas die Füsse zu vertreten. Durch die katastrophalen Strassenzustände werden die Knochen schon mächtig durchgeschüttelt und die Wirbelsäule ordentlich gestaucht.
So landeten wir wieder einmal fast am Ende der Welt oder in der Mitte von Nirgendwo oder war es doch noch am Rand der Zivilisation? Jedenfalls hielten wir in einem kleinen Dorf, dessen Namen wir schon wieder vergessen haben und wurden sehr herzlich empfangen. Etliche Männer kamen in einem kleinen Büro in der Dorfmitte sogleich zusammen und redeten in Marathi auf uns ein. Nur ein Mann sprach leidlich englisch und so konnten die üblichen Fragen wieder schnell zur Zufriedenheit aller geklärt werden.
Es klingelte auf der Dorfstrasse, ein Karren hielt an und plötzlich hatten wir sowie die uns umringenden 8 Männer ein selbst hergestelltes Büffelmilcheis am Stiel (mit Kardamomgeschmack) in der Hand. Einladung vom Parteivorsteher. Ablehnen unmöglich! Lächeln, Loben und Lutschen!
Zum Abschluss durften wir auch noch die lokale Mühle besuchen, in der sogar am Sonntag noch Maismehl fürs Vieh gemahlen wurde. Mahlzeit!
Ohne den am Nachmittag erwarteten Regenschauer kamen wir wieder auf unserer Farm an und hatten für die Kids unserer Gastfamilie selbstverständlich auch ein Eis mitgebracht, allerdings abgepackt von „unserem Händler des Vertrauens“.