Lazy payers

Wir haben in der letzten Woche noch einmal angefangen, Geld von allen säumigen Schulgeld-Zahlern einzutreiben. Die Zahlungsmoral hier ist in der Tat katastrophal – aber durch einige Managemententscheidungen aus der Vergangenheit ist das Thema weiter verschärft worden. So gibt es keine ersichtlichen Konsequenzen für Nichtzahler – während auf der anderen Seite die Lehrer auf ihr Gehalt warten.

Sonja und ich sehen das im Wesentlichen als Managementversagen und setzen mit unseren Verbesserungen eher dort an. Als wir im April angefangen haben, das Geld einzutreiben, waren noch 160000 Rupien offen, ein Betrag, mit dem man die Lehrergehälter von zwei Monaten bezahlen könnte.

Als erstes haben wir die Säumigen klassifiziert nach „economic“ und „lazy“ – also nach denjenigen, die aus wirtschaftlichen Motiven nicht zahlen können und diejenigen, die trotz wirtschaftlicher Möglichkeit nicht zahlen. Von letzteren hatten wir dann diejenigen herausgesucht, die über die Hälfte des Jahresbeitrages noch nicht gezahlt hatten. Bis wir dahin kamen, war natürlich eine Menge an Recherche und Diskussionen mit den Lehrern notwendig, da es ja noch keine saubere Administration gab. Überall gab es noch Informationen, die im Nachgang kamen, seien es die Kinder des Schulfotografen, deren Fee eigentlich gegen das Gehalt des Fotografen gegengerechnet werden sollten, sei es, dass einige Eltern behaupteten, das die Gebühr bezahlt wurde und nur nicht korrekt verbucht wurde.

Unser Ansatz war, die Kinder der säumigen „lazy“ Zahler nach Hause zu schicken. Hierbei sind wir jedoch teilweise auf erbitterten Widerstand von Balasaheb gestoßen – trotzdem konnten wir das an einigen Stellen durchsetzen und haben innerhalb kurzer Zeit mehr als 80.000 Rupien einnehmen können und wenigstens einen Monat Gehalt an die Lehrer auszahlen können.

Das Ganze wiederholt sich natürlich nun im Juli – und auch nun gibt es wieder teils erbitterten Widerstand von Balasaheb, der ja dafür verantwortlich ist, die Schulgelder einzutreiben. Wir haben eigentlich vereinbart, dass die Schulbusfahrer angewiesen werden, die Kleinen gar nicht erst morgens mitzubringen. Das wurde aber an mehreren Tagen hintereinander durch die Fahrer nicht umgesetzt. So hatten wir nun die Kleinen hier in den Klassen – teilweise hatten sie noch ihre jüngeren Geschwisterkinder ohne jede Anmeldung (und Bezahlung) dabei.

Wir haben uns nun durchgesetzt und die Kinder nach Hause bringen lassen. Das ist natürlich für die Kinder extrem bitter und uns selbst blutet dabei das Herz, wenn man sie aus der Klasse rausholt und nach Hause bringen lässt – denn die Kleinen können nunmal am allerwenigsten dafür.

Da die Schule jedoch nicht vollständig durch Spenden finanziert wird – und auch nach aktueller Sicht niemals wird (der Finanzbedarf dafür wäre jährlich ca. 14.000 Euro) ist man auf die Zahlungen der Eltern nunmal angewiesen.

Unsere Hoffnung ist natürlich, dass wir noch ein wenig der Außenstände des letzten Jahres eintreiben können und dass mit einer stärkeren Konsequenz die Zahlungsmoral der Eltern und damit die Finanzsituation der Schule verbessert werden kann.

Unter Strom

Die letzten Tage in unserer Schule stehen wir im wahrsten Sinne des Wortes unter Strom. Es sollen noch 10 Deckenventilatoren angebracht werden. Seit Wochen versuchen wir dafür einen Elektriker zu finden und werden, wie immer, von Tag zu Tag und von Woche zu Woche vertröstet.
Immerhin hatten wir schon auf die gleiche abenteuerliche Art und Weise wie die Schulbücher die Ventilatoren geliefert bekommen. Mit dem Überlandbus von Pune wurden sie nach Sangola gefahren. Ein Lehrer sollte die Pakete am Busbahnhof abholen, hat aber selbst den Bus dorthin nicht rechtzeitig bekommen. Somit ist der Überlandbus mit unseren sehnlich erwarteten Ventilatoren weiter ins Landesinnere gefahren.

Wir sind Meister der Improvisation, doch die Inder sind Grossmeister im Improvisieren. Wir hätten auf die Rückfahrt des Busses gewartet und versucht am Ausgangsbusbahnhof die Pakete zu bekommen. Doch zwei unserer Lehrer hatten eine andere Idee und sind mit einem der klapperigen alten Schulbusse dem Überlandbus aus Pune über Sangola nach Pandhapur hinterhergezuckelt und….ja, sie haben ihn ein- und überholen können. Somit sind wir dann also doch noch zu unseren Ventilatorpaketen gekommen.

Nun fehlte also weiterhin noch der Elektriker. Aus Alegaon war keiner der beiden Elektriker willens, uns zu helfen. Daher haben wir einen Elektriker aus der Stadt kommen lassen müssen. Unsere selbst eingekauften Materialien (wir wollten Geld sparen) wie z. B. Haken, Klemmen, Kabel, Schalter, Regulatoren usw. haben ihm nur teilweise zugesagt und so hat er auch nur die Kabel von einem Raum in den nächsten verlegt und die Schalter sowie die Regulatoren angebracht. Den Rest, also das tatsächliche Anbringen der Ventilatoren, wollte er nicht mehr übernehmen.

Da Thomas gern bastelt, handwerkelt und noch weniger als ich Arbeit unvollendet stehen lassen kann, haben wir zwei heute die Ventilatoren tatsächlich selbst an die Stahldachkonstruktionen angebracht. Abenteuerlich! Es gibt nämlich keine Leitern und die Deckenhöhe beträgt mindestens 4 Meter. Also wieder improvisieren. Wir leihen uns ein ca. 1,50 Meter hohes Stahlgestell vom Schweisser aus dem Dorf und erhöhen dieses mit zwei Schulbänken.

Meine Aufgabe ist es, die einzelnen Ventilatoren zusammenzubauen und die Verlängerung der Deckenhalterung mit den Schellen, Schrauben usw. vorzubereiten. Thomas ist der Elektrofachmann und zieht die Kabel durch. Dann muss er in lichter wackeliger Höhe alles an der Decke und an den Strom anbringen. Da wir unterdessen ein gut eingespieltes Team sind, haben wir heute schon 7 der 10 Ventilatoren installiert. Morgen geht es weiter.

Indien und die Armee

Das Verhältnis der Inder zu ihrer Armee beschreibt man am besten mit „enthusiastisch“. In einer unserer Englischstunden ging es um den Begriff „proud“ – worauf man also stolz ist. Das erste was dann kam, war „unsere heroische Armee“. Als es darum ging, den Begriff „morose“ (griesgrämig) zu erläutern war die allererste Reaktion, dass die Soldaten der indischen Armee „morose“ auf die ständigen Attacken aus Pakistan reagieren würden. In beiden Fällen wäre mir sicherlich etwas anderes eingefallen.

„Army“ ist ein super respektierter Beruf, den hier auf dem Land eine Menge anstreben. Es wird voller Hochachtung von berenteten Offizieren gesprochen, die es „geschafft“ haben. Wenn es darum geht, irgend etwas negatives zu projizieren, kommt dagegen jedoch fast immer Pakistan in’s Gespräch.

Überall findet man Kasernen, die schön martialisch mit frisch angemalten Haubitzen und ausgemusterten Panzern am Eingang bestückt sind. Auch ein Panzermuseum gibt es gleich um die Ecke – aber irgendwie konnten wir uns nicht so dafür erwärmen – zu sehr durch pazifistische Erziehung verdorben.

Mein Lieblingsbild in dem Zusammenhang habe ich jedoch schon vor einiger Zeit aufgenommen als wir in Aurangabad waren. Es war eine Werbetafel, die gegenüber eines Militärgeländes angebracht war.

Die deutsche Entsprechung würde lauten:

„Die freie Tankstelle Südwallheim grüßt die Bundeswehr. Wir füllen die Mutigen ab.“ (stimmt natürlich nicht ganz – aber übersetzt selber von dem Bild)

Letzte Aufnahmen zur Erinnerung

Es gibt so viele erinnerungswürdige Momente aus unserem Farmalltag. Einige möchten wir gern teilen:

Generationen leben auf engstem Raum zusammen.

Nicht nur Fuchs und Hase sagen sich hier „gute Nacht!“

Wir feiern eine Party! Mangal kocht für 50 Personen eine Ziege. Wird das reichen?

Irgendwann muss man ja mal Feuerholz machen!

Schulbus: Los, einer geht noch rein!

Die frisch gemolkene Milch muss zur Sammelstelle transportiert werden.

Einweihung des Solarheaters mit einer kleinen „Kokusnuss-Zeremonie“. Endlich warmes Wasser am Morgen!

Da haben sich zwei „Knuddelmonster“ gefunden! Hier gibt es keine Verständigungsprobleme.

Trotz der vielen Arbeit ist Shria immer gut gelaunt. Wir mögen sie sehr und sind traurig, da wir mit ihr nicht in Verbindung bleiben können. Sie hat kein Handy und keinen Computer.

Es ist Regenzeit und unser Dach im Farmhaus hält leider nicht immer dicht.

Es ist gerade Mango- und Granatapfelzeit. Vitamine satt! Hmmm, einfach lecker und gleich hinterm Haus!

Ein lang geplantes Ereignis hat heute stattgefunden: staatlich verordnete „Baumpflanzung“. Wir würden sagen, es wurde ein „Umwelttag“ in der Schule organisiert. Die Regierung gibt einmal im Jahr an alle Schulen kleine Baumstecklinge aus, die dann mit den Schülern gepflanzt werden sollen. Man kann sich entscheiden, ob man an einen zentralen Platz in der näheren Umgebung fährt, wo die Bäume gepflanzt werden oder ob man selbst einen geeigneten Ort für die Stecklinge hat.
Unsere Schule hatte ca. 50 Baumstecklinge zugeteilt bekommen, die rings um das Schulgelände am Zaun entlang gepflanzt wurden. Die Schüler der 9. Klasse haben die Pflanzlöcher mit Spitzhacke in den harten trockenen Boden gegraben und somit alle Pflanzungen vorbereitet. Unkraut zupfen war leider auch angesagt, unter strenger Kontrolle der Lehrer.
Die jüngeren Schüler durften pflanzen und wässern. Jeweils eine Schülergruppe übernimmt dabei eine „Baumpatenschaft“ und muss sich nunmehr in der nachfolgenden Zeit um die Bewässerung des Baumes kümmern. Es ist sehr schön zu sehen, wie einige Kids während der Pausenzeiten kleine Wassereimer zu ihren Bäumen tragen und sie wässern.

Leider fehlten aus unserer Sicht noch ein paar theoretische Informationen zur Photosynthese, zu Umweltproblemen wie z. B. Luftverschmutzung oder auch zur Bedeutung von Bäumen in Bezug auf das Grundwasser. Diesen Part konnten und wollten wir jedoch nicht auch noch übernehmen. Es hätte dann für uns wieder mehr Vorbereitungszeit bedeutet denn auch unser Wissen dazu ist tief verschüttet, um Details an wissenshungrige Schüler weiterzugeben.

Hier noch ein paar Eindrücke vom heutigen „Umweltsamstag“.