Bettys Business (Teil 2)

11 Tage nach unserem ersten Treffen mit Betty und ihrem Team erhielt ich eine WhatsApp von ihr. „We need another meeting!“ Das hörte sich dringend an und so planten wir ein Treffen am nächsten Tag. 18:30 Uhr, nach Thomas Arbeit, würden wir uns im Java Café des Shopping Centers „Kigali Height“ treffen. Diesmal wäre auch Innocent, 50%-iger Anteilseigner, mit dabei. Oh! Dann schien sich das Team ja zu all unseren inhaltlichen Fragen vom letzten Treffen verständigt zu haben. Wir waren gespannt!

Als wir im Java Café eintrafen, war zu unserer Überraschung noch ein weiteres neues Teammitglied mit dabei. Wieso wurden es eigentlich immer mehr Personen? Wir hatten doch bereits beim ersten Treffen gefragt, wer alles von dem Business betroffen bzw. darin involviert sein würde. Egal! Immerhin waren nun alle Erwarteten anwesend und es konnte los gehen.

Wir waren etwas skeptisch, was nun folgen würde. Innocents Rolle im Business kannten wir bereits und der andere junge Mann stellte sich als Verantwortlicher für die Öffentlichkeitsarbeit vor. Wie bitte? Somit gab es eine Marketing-Chefin, einen Public Relations Manager, einen Technical Advisor, zwei „Maschinenbesitzer“ und die Geschäftsführerin. Wer aber würde denn in der neuen Firma eigentlich arbeiten?? Thomas schaute mich an und murmelte nur „…ich fang gleich an zu lachen!“ Wir wurden ganz förmlich vom neuen Public Relations Manager mit „…er freue sich, dass wir seiner Einladung gefolgt seien…“, begrüßt. Auch ich musste mich nun zusammenreissen und ein Schmunzeln unterdrücken. Was sollte das denn jetzt werden? Hatte Thomas Erscheinen im Anzug (direkt nach der Arbeit) für so viel Respekt gesorgt, dass ein unkompliziertes Gespräch und ein inhaltlicher Austausch nicht mehr möglich waren?

Unbeirrt informierte uns der junge Mann über seine Funktion in der neu gegründeten Firma und stellte uns den geplanten Ablauf des Treffens vor. Ach nee! Bitte! Auf übertriebene Formalitäten stehen Thomas und ich ja nun gar nicht. Daher hatten wir versucht, locker ins Gespräch zu kommen und Themen aufzugreifen. Schließlich hatten wir beim letzten Mal drei klare Verabredungen für ein zweites Treffen formuliert, die wir nun durchsprechen sollten und wollten. Egal, es half alles nichts. Eine allgemeine Einleitung zu den Zielen des Unternehmens, erklärende Hintergründe und besondere Absichten mussten wir über uns ergehen lassen.

Danach ging es inhaltlich aber endlich zur Sache. Uns wurde mitgeteilt, dass eine überdachte Terrasse für 80.000 FRw (= 80 EUR monatlich) gleich neben dem bereits angemieteten Grundstück für begrenze Zeit zusätzlich angemietet wurde. Dort würde man die Maschinen regensicher unterstellen und täglich arbeiten können. Parallel würde mit dem Bau einer eigenen Arbeits- und Lagerstätte auf dem Grundstück begonnen werden. Letzteres kostet monatlich auch 25.000 FRw.

Zum wiederholten Male erklärten wir, dass aus unserer Sicht der Bau einer Arbeits- und Lagerstätte auf angemietetem Grund und Boden wenig sinnvoller ist, da der Besitzer ihnen jederzeit kündigen und sie dann ihr Eigentum nicht ohne Weiteres „versetzen“ könnten. Ausserdem hatten wir mehrfach betont, dass es aussichtsreicher scheint, sich auf das eigentliche Produkt zum Verkauf statt auf Investitionen in den Bau geeigneter Räumlichkeiten zu konzentrieren. Besonders in Anbetracht geringer finanzieller Mittel. Doch die Jungunternehmer wollten scheinbar nur theoretisch unsere Erfahrungen und Anregungen hören und hielten statt dessen für uns unbegründet und nicht nachvollziehbar standhaft an ihren eigenen Vorstellungen und Ideen fest.

Ich versuchte durch Nachfragen zu klären, wie denn die Finanzierung des geplanten Vorhabens ausschauen würde und ob denn Alternativen geprüft worden seien. Es sei besonders bei einem jungen innovativen Unternehmen notwendig, in vielen Belangen flexibel zu sein und Dinge auszuprobieren, da noch keine Sicherheit am Markt bestünde. Schweigen! Den Hinweis auf einen Businessplan verbunden mit einem finanziellen Budget zur Vorlage bei Banken und zur Beantragung von Fördergeldern aber auch gegenüber privaten Spendern hatten die jungen Leute auch nur halbherzig aufgenommen. Uns lag zwar ein recht gutes inhaltliches Konzept vor. Das zeigte jedoch überwiegend die von uns erstellten Fotos vor Ort und beschrieb große Produktionsträume, allgemeine und nachweislich nicht belegte Statements sowie einen noch größeren finanziellen Bedarf (Wunsch). Wie sollten wir zwischen diesem Anspruch und der Realität vermitteln?

Thomas verging die Lust auf weiteres Engagement bei den wiederkehrende Diskussionen, deren Ergebnisse offensichtlich nicht ansatzweise in weitere Überlegungen einbezogen werden würden. Daher fragte er ganz direkt und unmissverständlich „Was wollt ihr eigentlich von uns? Erfahrungen und Anleitung im Aufbau eures Businesses oder Geld für Investitionen?“ Die Antwort kam verhalten aber trotzdem eindeutig: Geld!

Nun war das Eis gebrochen und die Karten lagen auf dem Tisch. Wir hatten es befürchtet und trotzdem gehofft, dass Wissen und inhaltliche Unterstützung gern und stärker angenommen würden. Thomas Antwort kam ebenso klar und eindeutig. Es würde bei all den ungeklärten Themen und ohne inhaltliche Weiterentwicklung von unserer Seite kein Geld geben.

Dieser Klarheit schien notwendig gewesen zu sein, denn nun fand eine stärkere inhaltliche Auseinandersetzung statt und erneut wurden konkrete Verabredungen getroffen.

  1. Prüfen unterschiedlicher Möglichkeiten für eine Arbeits- und Lagerstätte (mieten oder selbst aufbauen)
  2. Klärung der Besitzverhältnisse über die Maschinen
  3. Erarbeitung eines finanziellen Budgets (antizipierte Einnahmen durch den Verkauf des Produktes vs. feststehende notwendige monatliche Ausgaben)
  4. Fokus auf das eigentliche Produkt und die Herstellung von Beispielprodukten für das Marketing

Beim Auseinandergehen signalisierten Thomas und ich trotz einer gewissen Enttäuschung weiterhin die Bereitschaft, am Aufbau von Bettys Business mitzuhelfen. Als Ansprechpartner für fachlich-inhaltlichen Austausch. Bei der Erstellung des Budgets und der Konzeptüberarbeitung würden wir unterstützen und beides auch an entsprechend geeignete Stellen und Institutionen weiterleiten.

Mal sehen, ob es ein weiteres Treffen gibt oder ob die Enttäuschung der Gegenseite noch größer ist, als unsere.

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