Eine neue Nase für Margueritte

Eine WhatsApp von einer uns unbekannten Person erreichte Thomas vor einigen Wochen. Seine Kontaktdaten waren von unserer ehemaligen Nachbarin, Brigitte, in Kicukiro weitergeleitet worden. Sie ist Krankenschwester in einer staatlichen Klinik in Kigali und hatte für eine begrenzte Zeit mit deutschen Chirurgen und HNO-Ärzten zusammengearbeitet, die plastische Chirurgie bei jungen Krebspatienten in Kigali durchgeführt und das einheimische Personal trainiert hatten.

Die 13-Jahre alte Margueritte, Waise, HIV- und Krebspatientin war von diesem Team behandelt worden. Nach der erfolgreichen Operation hatten die Chirurgen einen Nasenabdruck (mold) gemacht und danach eine künstliche Silikon-Nase in Deutschland anfertigen lassen. Aufgrund der wulstigen Narbenbildung konnte diese Abformung jedoch nach der Rücksendung nach Kigali leider nicht mehr genutzt werden und deshalb kamen nun wir ins Spiel.

Wir sollten erneut einen Nasenabdruck aus zwei verschiedenen Silikon-Komponenten anfertigen. Dazu nahm Thomas Kontakt mit den Chirurgen in Deutschland und in der Klinik in Kigali auf und liess sich den Prozess genau erklären. In der Umsetzung würde ich als examinierte Krankenschwester zum Einsatz kommen.

Margueritte kam in Begleitung einer Sozialfürsorgerin nach 8 Stundend Busfahrt aus der “Southern Province” in Kigali an. Thomas holte sie vom Busbahnhof ab und brachte sie zur Übernachtung zu seiner Kollegin, Elisabeth. Da auch sie eine Tochter in ähnlichem Alter hat, war die Kommunikation mit ihr wesentlich einfacher und würde ggf. ihre Angst vor dem erneuten Eingriff ein wenig reduzieren.

Am nächsten Morgen holte Thomas Margueritte und ihre Begleiterin von Elisabeth ab und ich machte mich auch auf den Weg ins Krankenhaus, wo wir uns in der HNO-Abteilung trafen. Dort bekamen wir auf Nachfrage einen separaten Raum und sterile Materialien bereitgestellt. Thomas initiierte eine Videokonferenz mit dem Chirurgen und der HNO Ärztin in Deutschland und unter deren Anleitung applizierte ich in entsprechender Reihenfolge die unterschiedlichen Silikon-Komponenten.

Margueritte war sehr tapfer, obwohl sie offensichtlich Schmerzen hatte. Doch wir waren relativ schnell erfolgreich und konnten die Klinik nach ca. 45 Minuten mit dem neuen Abdruck wieder verlassen. Diesen würde Thomas mit einem anderen unbekannten Involvierten nach Deutschland schicken, so dass die Nase ein weiters Mal angefertigt und hoffentlich bald auch wieder nach Kigali zurück gesandt werden könnte.

Thomas brachte Margueritte nach einem gemeinsamen Mittagessen und einigen “Reise-Süssigkeiten” zur Belohnung wieder zum Busbahnhof. Ich verabschiedete mich bereits eher, da ich einen dienstlichen Termin wahrnehmen musste. Wir werden uns jedoch hoffentlich wiedersehen, sobald die neue Nase dann auch eingesetzt wird.

05.08.2022

Heute war Thomas bei der Anpassung der neuen Nase für Margueritte erneut im Krankenhaus mit dabei und sie war überglücklich, wie man auf den Fotos deutlich erkennen kann. Wir drücken ihr ganz doll die Daumen, dass die weitere HIV Therapie gut anschlägt und der Krebs nicht mehr zurück kehrt.

4 Wandertage

Anfang Juli gab es wieder einmal die Change auf ein verlängertes Wochenende. Vom 01.07. bis 04.07. waren wir daher mit Ferdinand, unserem persönlichen Guide, zum Wandern verabredet. Entlang des “Gishwati Mukara Forest”, ein Waldgebiet im Norden Rwandas, hatte er uns eine 4 Tagestour zusammengestellt. Ziel unserer Wanderung war ein großer Wasserfall an der Hauptstraße nach Kibuye. Die Übernachtung war mit Zelten in Camps vorgesehen und täglich würden wir zwischen 13 und 20 km bewältigen müssen. Mit wenig Gepäck absolut machbar! Kein Problem, doch wie wir auf der Tour feststellten, hatten wir die zu überwindenden Höhenmeter nicht berücksichtigt. Immerhin wanderten und übernachteten wir teilweise in 2700 Meter Höhe.

Diese Tour war für uns die bisher abwechslungsreichste und landschaftlich vielfältigste Hikingtour in Rwanda. Wir passierten schmale Pfade an steilen Abhängen, und überquerten Plateaus mit erneut atemberaubenden Ausblicken auf die “1000 Hills” von Rwanda.

Da in diesem Gebiet die Viehzucht (Milchproduktion) die einzige Einnahmequelle der Landbevölkerung ist, bekamen wir sogar die Gelegenheit uns selbst frische Frühstücksmilch “zu zapfen”.

Das genüssliche Trinken war wesentlich einfacher als das Melken, was mir anfangs gar nicht gelang. Doch unter fachlicher Anleitung und belustigenden Blicken der Farmer reichte es dann doch noch für den Frühstückstrunk.

Später ging es weiter durch den dichten, so genannten “Afromontanen Naturwald” vorbei an Wasserfällen und schlammigen Flussläufen, in denen zahlreiche Männer nur teilweise legal nach Koltan schürften. Sobald sie uns kommen sahen, rannten sie davon und versteckten sich im üppigen Gebüsch und hinter Fluss-Steinen am Ufer. Erst als sie unsere Gruppe als Touristen erkannten, nahmen sie das Schürfen wieder auf. Einige der Männer leben längere Zeit in kleinen Höhlen in den angrenzenden Gebirgszügen und kehren erst mit ein wenig Geld nach einem Fund zu ihren Familien zurück.

Unsere 3 Übernachtungsplätze waren auch stets etwas ganz Besonderes. Ein Camp war am Rande eines Dorfes gelegen, so dass wir während unseres Zeltaufbaus von staunenden Kinderaugen verfolgt wurden. Ein anders Camp befand sich direkt vor den Bergen in der absoluten Einsamkeit und wir hatten einen grandiosen Picknickplatz sowie einen unbeschreiblichen Sternenhimmel am Abend. Aufgrund der Dunkelheit durch fehlende direkte und indirekte Lichter aus nahegelegenen Ortschaften war der tiefschwarze Abendhimmel mit tausenden Sternen dicht überzogen und sogar die Milchstraße war klar zu sehen. Unbeschreiblich schön!

Leider war es in der Nacht doch auch sehr kalt, so dass wir sämtliche Sachen in Schichten übereinander ziehen mussten und trotzdem froren denn der Wind war eisig. Das Lagerfeuer half ein wenig, bis es Zeit war, ins Zelt zu krabbeln. Da wir nur mit unseren einfachen Schlafsäcken ausgerüstet waren, kroch die Kälte jedoch schnell vom steinigen und dünn bewachsene Boden hoch. Große Zufriedenheit aber auch Erschöpfung liessen uns letztendlich doch einschlafen.

Während der gesamten Tour begleitete uns jeweils ein kleines Serviceteam, was für die Verpflegung in der Abgeschiedenheit des jeweiligen Camps und für das Wasser zuständig war. Auch mit ihm hatten wir richtig Spass und Thomas initiierte sogar Fotoshootings.

Vier körperlich anstrengende Tage, die wir jedoch mit der Unterstützung von Ferdinand @slow_hike_Africa ganz wunderbar meisterten. Erinnerungen, die wir in unseren traditionellen bildhaften Jahresrückblick aufnehmen und anderen gern zeigen werden.

CHOGM

In Rwanda war eine Woche lang CHOGM! Was ist das, werden wir dann gefragt sobald wir anderen davon berichten. Diese Abkürzung ist vielleicht fragwürdig aber in kommunikativer und medialer Dauernutzung seit vielen Wochen und Monaten. CHOGM steht für Commonwealth Head of Government Meeting. Da Rwanda 2009 freiwillig dem Commonwealth beigetreten und in diesem Jahr sogar der Veranstalter des Groß-Events ist, stehen alle Organisatoren und Mitveranstalter Kopf.

Viele unserer Freunde und Bekannten haben Rwanda für die kurze Zeit von CHOGM verlassen, um dem Verkehrschaos durch 5000 Gäste und 34 Staatsdelegationen sowie den damit verbundenen staatlich verordneten Reglementierungen zu entgehen. WIR sind geblieben, in der Hoffnung auf interessante Veranstaltungen, Kunst und Kultur und sollten nicht enttäuscht werden.

Die Woche begann mit einem Konzert eines Rwandischen Sängers, “Mico the Best”, der wie ein Held gefeiert und umringt von Sicherheitsleuten zur Bühne begleitet wurde. Da Thomas und ich die einzig sichtbaren Muzungus im Pulk der zuhörenden Gäste waren, schafften wir es mit diesem Event und einem kurzen Interview sowie Foto in die “New Times Rwanda”.

Einen Tag Später nahmen wir am “Kigali Night Run” teil. In der Zeit von 19 bis 21 Uhr wurden die Hauptstraßen um die BK Arena (Bank of Kigali Arena = Finanzier des Gebäudes) gesperrt. Laufenthusiasten, Hobby-Läufern aber auch Schnell-Walkern war es in dieser Zeit erlaubt, so viele Kilometer wie gewollt und gekonnt um das Gebiet des Stadions herum zu rennen. Eine Runde sind jeweils 4 km.

Obwohl wir nicht zu den Laufenthusiasten gehören, war das für uns ein ganz besonderes Erlebnis. Die Stimmung war einfach phantastisch! Wir hatten das Gefühl ganz Kigali war zum Stadion gekommen. Familien mit Kindern, gut ausgerüstete Profiläufer, Lauf- und Businessgruppen mit entsprechenden T-Shirts aber auch Schaulustige und Anfänger (wie wir).

Auf großer Bühne motivierten zwei Sportlerinnen alle Anwesenden, sich gemeinsam für den bevorstehenden Lauf aufzuwärmen. Ab 18 Uhr begann daher eine Aerobic-Stunde für mehrere tausend Teilnehmende, was für ein Spass! So waren wir bereits vor dem offiziellen Start außer Puste aber die 4km wollten wir auf alle Fälle laufen.

Der Countdown wurde exact auf 19 Uhr runter gezählt und pünktlich setzen sich die Massen in Bewegung mit teilweise übermütigem und militärisch anmutenden traditionellem Gesang. Es war ein irres Gefühl auf den ansonsten stets wahnsinnig überfüllten Straßen rund um das Stadion frei in der Mitte der Fahrbahn laufen zu können. Am Straßenrand waren in regelmäßigen Entfernungen Wasser-Trinkstationen installiert, an denen im Eiltempo Becher gefüllt und verteilt wurden, die man nach nur wenigen Metern auch wieder in großen Abfallbehältern entsorgen konnte. Eine für uns unerwartete gute Vorbereitung! Die 4km schafften wir auch problemlos in angemessenem Tempo.

Der “Kigali Night Run” findet für die sehr sportbegeisterten Rwanda-er regelmäßig statt, wir hatten diesem Event bisher lediglich nicht so viel Aufmerksamkeit gewidmet. Nun werden wir bestimmt noch das eine oder andere Mal daran teilnehmen.

Der Höhepunkt der Veranstaltungen in der CHOGM-Woche war jedoch unsere Teilnahme an einer Modenschau unter dem Motto “Made in Rwanda!”, an der auch eine gute Bekannte, Joselyne- Chefin von “Rwanda Clothing”- teilnahm. Sie hatte uns auf das Event aufmerksam gemacht. Völlig unspektakulär und zur großen Überraschung aller Anwesenden kamen plötzlich Prinz Charles und Camilla als Ehrengäste in die Arena. Begleitet von nur wenig Security nahmen sie in der ersten Reihe (und nur zwei Reihen vor uns) Platz. Ganz unerwartet waren Thomas und ich nun nicht mehr nur dabei sondern mitten drin, unter extravaganten Modedesignern aus UK, Kenya, Ghana, Ruanda sowie Rwandischen VIP’s und der High Society.

Das üppige Blumenmeer aus bunten Rosen entlang des Laufsteges war zusätzlich zu den gezeigten Modellen eine Pracht. Designer aus Rwanda aber auch Kenya, Nigeria und UK präsentierten farbenfrohe und bis auf wenige Ausnahmen tragbare Mode. Käuflich erwerben konnte man leider im Anschluss keines der Kleidungsstücke, dafür gab es am nächsten Tag eine separate “Atelier- Veranstaltung”, die wir jedoch nicht mehr besuchten.

Zum Abschluss der Festwoche gingen wir spontan gemeinsam mit Thomas’ Kollegin, Solange, und ihren Schwestern noch einmal in die BK Arena zum großen CHOGM Abschlusskonzert. Namenhafte DJ’s, Rap-und Techno-Acts aus Africa legten bzw. traten auf. Die Beats dröhnten im Brustraum und die Ohren klingelten. Doch es war eine so ausgelassene Stimmung, dass uns nix mehr auf den Sitzen hielt. Wir stürmten mit unzähligen Besuchern vor die Bühne.

Was für eine aufregende Woche mit ungewöhnlich viel Kunst und Kultur. Wir haben alle Veranstaltungen sehr genossen und ausgelassen mitgefeiert.

Wanderung auf den Mount Kabuye

In der Nähe der so genannten “Twin Lakes” (Ruhondo und Burera) bei Musanze liegt der 2650 Meter hohe Berg Kabuye. Lange geplant und doch immer wieder verschoben, war er Ziel unserer gemeinsamen Wandertour mit Anja und unserem Guide Ferdinand.

Der Aufstieg ist nicht besonders anstrengend und so kann man nach 3,5 Stunden und 900 Höhenmetern den grandiosen Ausblick über die Zwillingsseen geniessen. Eine Übernachtung im Zelt auf dem Gipfel ist ebenfalls möglich. Völlig überraschend war für uns die phantatische Versorgung mit leckeren Snacks nach Ankunft in luftiger Höhe und einem ganz ausgezeichneten Buffet zum Abendessen. Anschließend versammelten wir uns zum “Story-Telling” am Lagerfeuer und lauschten den traditionellen Geschichten des Erzählers.

Die zweitägige Hiking-Tour war eine der schönsten und landschaftlich vielfältigsten, die wir während unseres unterdessen dreijährigen Aufenthaltes hier in Rwanda unternommen haben. Wir besichtigten die “Kings Caves”, kamen an einem kleinen Wasserfall vorbei und wanderten auf schmalen Pfaden mit gigantischem Blick auf die unter uns liegenden Dörfer im Tal.

Zum Abschluss unserer Tour gab es gegrillten Tilapia aus den Twin-Lakes und die obligatorische Überfahrt mit dem Boot zurück an einen Ausgangspunkt für die Hiking Touren um die Twin-Lakes.

Doch hier erwartete uns eine kleine Überraschung. An der Bootsanlegestelle hatte sich eine Hochzeitsgesellschaft versammelt, die ebenfalls mit Booten auf die andere Seite des Sees übersetzte, von der wir gerade kamen. Die zahlreichen Gäste waren alle mit Autos und Kleinbussen angereist, die leider so ungeschickt geparkt waren, dass kein weiterer Gast (in dem Fall wir) mit dem eigenen Auto passieren konnte.

Als erstes mussten also die Fahrer von 2 Bussen und 4 Privatfahrzeugen ausfindig gemacht werden. Einige waren bereits leicht angetrunken und meldeten sich erst nach wiederholtem Ausrufen durch unseren Guide Ferdinand. Nach etlichen Diskussionen darüber- wer, weshalb, warum und wieso- begann ein halbwegs geordnetes Rangieren unter lautstarken Anweisungen der Einheimischen. Der Weg war auch nicht gerade ideal für zügige Wendemanöver. Am Wegrand trocknende Ziegel wurden auf Anweisung von Ferdinand von den Dorfkindern zur Seite getragen denn sie sollten auf keinen Fall zerstört werden.

Unsere Verärgerung über das gedankenlose Abstellen der Fahrzeuge war uns deutlich anzumerken. Wir wollten, nach der Wanderung nun doch erschöpft, endlich nach Hause und hatten noch 2 Stunden Autofahrt nach Kigali vor uns. Vermutlich würden wir durch diese Verzögerung nun in den nervigen Abendverkehr in der einsetzenden Dämmerung hineingeraten. Aber alles Antreiben, Kopfschütteln und Aufregen brachte nix. Das Umparken und Rangieren dauerte so lange, wie es halt dauerte und die ausgelassenen Hochzeitsstimmung trug nicht zu einem Tempoanstieg bei. Also ergaben wir uns mit ein wenig Demut in das Chaos und nach 30 Minuten war der ganze Spuk vorbei.

Trotz der kleinen Feierabendschlappe war es ein ganz wunderbares Hiking- Wochenende. Leider auch ein Abschiedswochenende für uns von Anja und Olaf. Beide ziehen in wenigen Wochen nach Namibia, und so werden wir uns seltener sehen aber AUF ALLE FÄLLE besuchen.

Danke für die schöne gemeinsame Zeit, die tollen Erlebnisse und den anregenden Austausch. Wir werden euch vermissen!

Neues Wohnumfeld

Mitte Mai sind wir in die Innenstadt Kigalis umgezogen und sind überglücklich darüber. Es gibt viele Vorteile, die wir lange nicht gesehen haben oder die uns bisher auch nicht so wichtig gewesen sind.

Zum einen haben wir viel mehr Privatsphäre in unseren vier Wänden, da die Security nicht unmittelbar hinter uns steht, nur getrennt durch die vergitterten Fenster und die davor gezogenen Gardinen. Zum anderen können wir nun fussläufig viele uns doch sehr lieb gewordene Plätze, Cafés und Restaurants erreichen. Eine neue abendliche Spaziergangsrunde mit Blick auf die abendlich beleuchtete Innenstadt haben wir auch schon ausfindig gemacht.

Der allergrößte Vorteil für mich ist jedoch, dass ich nur 25 Minuten zu Fuss ins Büro meiner Partnerorganisation brauche. Diese Strecke führt mich durch eine dörflich strukturierte und eher ländlich anmutende Gegend. Auf meinem Weg begegne ich zahlreichen Schulkindern in Uniformen und Nonnen, die ihre Schüler am Eingang der Schule in Empfang nehmen. Väter und Müttern begleiten ihre schulpflichtigen Kinder bis zum Schultor. Häufig führen die Mütter dabei weitere Kleinkinder an der Hand und den Tragekorb mit Obst und Gemüse auf dem Kopf. Ein morgendliches buntes Treiben, wobei mich der oder die eine unterdessen als die “walking Muzungu” sogar grüsst. Das alles kann ich sehr geniesse. Kein Stau auf dem Hinweg oder im Feierabendverkehr! Wunderbar!

So bleibt auch ein wenig mehr Zeit für Sport, zum Telefonieren mit Freunden in der Heimat aber auch, um das kleine bereits existierende Kräuterbeet auf unserer Terrasse wieder auf Vordermann zu bringen.

Aufgrund der Nähe zur Innenstadt erfahren wir auf unseren Spaziergängen nun doch öfter von den selten stattfindenden Kulturveranstaltungen. So waren wir beispielsweise zu einem Konzert in einer der zahlreichen traditionellen kleinen Kunstgalerien. Eine Kollegin von Thomas ist mit anderen Künstlerkolleg*innen dort aufgetreten. Auch im Französischen Kulturinstitut fand erst vor wenigen Tagen eine Performance statt. Dabei waren Ausdruckstanz, traditioneller Gesang und Bandauftritt als Gesamtprojekt gut aufeinander abgestimmt. In der “Car free Zone” wurden wir bei einem Spaziergang vom “Europäischen Street Fair Festival 2022” überrascht und kamen in den Genuss eines Konzertes auf großer Bühne. Das ist alles genau nach unserem Geschmack. Wir freuen uns täglich, dass wir diese Möglichkeiten nun unkompliziert nutzen können.

Unterdessen hat auch das lang geplante CHOGM (Commonwealth Heads of Government Meeting) begonnen. Eine Woche lang ist Kigali nun im Ausnahmezustand mit 5000 erwarteten Gästen. Bereits die Vorbereitungen waren unglaublich anstrengend für alle und kaum zu ertragen:

  • ganze Straßenzüge mit einfachen Lehmhütten wurden abgerissen, um neue und modernere Bauten präsentieren zu können
  • riesige Werbeplakate mit “Visit Rwanda” prangen nun vor allen großen und kleinen “Schandflecken” der Stadt, die damit dezent verdeckt werden sollen
  • die alten halbzerfallenen Bus-Wartehäuschen wurden in Windeseile abgerissen und erneuert
  • eine komplett neue Straßenbeschilderung weist eindeutig den Weg zu Hotels, zentralen Sehenswürdigkeiten und der Genozid- Gedenkstätte
  • zahlreiche kleine Seitenstraßen aber auch große Hauptstraßen wurden neu asphaltiert
  • Bordsteinkanten in schwarz-weiss gestrichen
  • der Innenstadtbereich wurde großzügig bepflanzt, Palmen-Alleen und kleine Parks mit Bänken sind entstanden
  • moderne Kugelleuchten schweben als dekorative Straßenbeleuchtung hoch über der Fahrbahn und die Fahnen der teilnehmenden Nationen wehen im Wind

Täglich bekommen wir vom CHOGM Veranstalter tagesaktuelle Straßenplanungen, die die zu nutzenden und zu vermeidenden Straßen für den täglichen Verkehr ausweisen. Die Schulen in Kigali sind geschlossen. Der Verkehrsstau beim Hinbringen und Abholen der Schüler durch Eltern oder Schulbusse soll vermieden werden. Wahnsinn!

Doch selbstverständlich gibt es auch ganz wunderbare “Neben- und Auswirkungen”. Zum einen können wir eine Woche lang im Homeoffice arbeiten und zum anderen finden natürlich auch zahlreiche öffentliche Veranstaltungen statt. Wir werden an einem “Nachtlauf” durch die verkehrsbefreite Innenstadt über 4,5 km teilnehmen und das “Made in Rwanda Straßenfest” besuchen. Als Höhepunkt der gesamten Woche wird Prinz Charles erwartet, doch ihn werden wir vermutlich nicht persönlich sehen, bei allem anderen jedoch sind wir hautnah dabei.