Meine Tätigkeit als Entwicklungshelferin beinhaltet u.a. auch die Begleitung eines Projektes zur Verbesserung der Kommunikation zwischen den 64 landesweit operierenden lokalen Niederlassungen (branches) meiner Partnerorganisation „Rwanda Union of the Blind“ (RUB) und deren Hauptgeschäftsstelle in Kigali.
In jedem Distrikt in Rwanda (insgesamt 30 landesweit) haben sich zwischen 20 bis 50 blinde und sehbehinderte Menschen eines Sectors zusammengeschlossen. Daher hat jeder Distrikt mindestens eine aber in Abhängigkeit seiner Größe auch mehrere Sector- Niederlassungen. Sie operieren ebenfalls sehr hierarchisch, d. h. einige der Mitglieder haben klar definierte Positionen inne, die mit unterschiedlichen Aufgaben und Erwartungen an sie verbunden sind. Jede Niederlassung schickt jährlich einen Bericht an die Hauptgeschäftsstelle, in dem über Aktivitäten und Erfolge berichtet wird. Diese Einzelberichte werden in einen Gesamtbericht überführt und an den staatlichen Dachverband (NCPD = National Council for Persons with Disability) geschickt. Außerdem gibt es noch einen Dachverband von aktiven, staatlich registrierten Mitgliedsorganisationen der Behindertenhilfe in Rwanda (NUDOR = National Union of Disability Organisations in Rwanda). All diese Institutionen haben Ziele, die erfüllt und Meilensteine, zu denen berichtet werden muss.
Die Verbesserung der Kommunikation zwischen den ländlichen Niederlassungen in Rwanda und der Hauptgeschäftsstelle in Kigali zur Optimierung der Einbindung von Betroffenen in die Bearbeitung von Themen, die blinde Menschen bewegen, war u.a. ein solches Ziel. Dieses wurde im Zeitalter der Informationstechnologie selbstverständlich mit Hilfe der Nutzung moderner Smart Phones angestrebt. Daher lud man 100 Mitglieder von RUB in die Hauptgeschäftsstelle ein, um die von der GIZ im Rahmen meines Projektes finanzierten Mobiltelefone individuell zu übergeben. 64 Chefs lokaler Niederlassungen, 28 Subcommittee Mitglieder und 8 Vorstandsmitglieder waren kurzfristig nach Kigali einberufen worden.
Die Organisation dieser Veranstaltung war eine enorme Herausforderung, da nicht nur 100 Mobiltelefone verteilt, sondern auch ebenso viele Fragebögen zur Erfassung der bestehenden Kommunikationsstruktur in RUB verteilt und gemeinsam mit den blinden Teilnehmenden ausgefüllt werden sollten. Diese Fragebögen sind Bestandteil eines zu entwickelnden „Monitoring- und Evaluationsprozesses“. Zusätzlich würden alle Teilnehmenden drei Unterschriften leisten müssen: eine Unterschrift zur Anwesenheit, eine zur Bestätigung der Erstattung ihrer individuellen Fahrtkosten und eine zur Bestätigung des Erhaltes des Mobiltelefon. Insgesamt waren somit 300 Unterschriften per Fingerabdruck zu leisten!! Wir waren inklusive meiner Person 11 Kolleg*innen, die die Halbtagesveranstaltung begleiteten. Davon moderierten 2 meiner Kolleg*innen und sorgten für einen reibungslosen formalen Ablauf und 4 weitere Kolleg*innen beschäftigten sich noch mit der Vorbereitung der benötigten Namenslisten. Es musste von jedem Teilnehmer die ID, der Distrikt, die Position und eine Telefonnummer für eine spätere Kontaktaufnahme eingetragen werden. Daher hatte man von den 100 Anwesenden die Personalausweise eingesammelt, um genau diese Kriterien bereits vorab recherchieren und eintragen zu können. Somit blieben 5 Assistenkräfte zur Unterstützung aller Belange der eingeladenen blinden und sehbehinderten Menschen (Fragebögen zur Evaluation, Toilettengang, Wegbegleitung, Organisation von Fahrgelegenheiten etc.) Ich glaube, man bekommt eine ganz gute Vorstellung davon, wie hoch die Anspannung aller war.
Es lief jedoch alles mehr oder weniger reibungslos, Dank der Anstrengungen des gesamten Teams. Selbst die Rückreise der Anwesenden in die teilweise entlegenen Distrikte des Landes (4 Stunden Fahrtzeit von Kigali) konnten mit einigen Hindernissen letztendlich organisiert werden. Aufgrund von Ängsten, Unwissenheit aber auch manifestierten Vorurteilen wollten einige Motorrad-Taxen anfangs die Blinden nicht zum Busbahnhof fahren. Eine Gruppe von ca. 10 Personen musste sich zu Fuss auf den Weg machen und wurde von RUB Mitarbeitern begleitet.
Die Auswertung der Veranstaltung im Rahmen der ersten Implementierungsphase des GIZ Projektes steht noch aus. Mit nur zwei Tagen Vorbereitungszeit konnte sich das Ergebnis trotzdem sehen lassen. Von 100 Fragebögen hatten wir immerhin 45 gemeinsam mit den Teilnehmenden ausfüllen können. Doch einige Kritikpunkte und auch das weitere Vorgehen im Projektverlauf müssen unbedingt mit dem Team angesprochen werden. Das gehört schließlich zu einer „lernenden Organisation“ und auch zur Organisationsentwicklung im weitesten Sinn.