Im November stand es fest, wir würden aufgrund der Anti-Corina-Maßnahmen (bevorstehender Teillockdown, Bewegungseinschränkungen etc.) und der steigenden Fallzahlen nicht nach Deutschland fliegen, um dort in Familie die Weihnachtsfeiertage zu verbringen. Erstmalig für uns würde Weihnachten bei 20°C und mit Blick auf Palmen bzw. Bananenstauden stattfinden.
Wir waren darauf vorbereitet und wollten uns unsere traditionelle Weihnachtsstimmung nicht verderben lassen. Daher stand bereits am 4. Advent eine kleine Zimmertanne geschmückt als Weihnachtsbaum bei uns im Wohnzimmer. Auch zahlreiche Kerzen und sogar ein Räuchermännchen sowie ein adaptierter Adventskranz waren funktionsfähig aufgestellt bzw. aufgegangen.
Am Nachmittag des 24.12. schauten wir erst einmal den tschechischen Märchenfilm “Drei Haselnüsse für Aschenbrödel” in Großformat mit Videobeamer. Doch diesmal kamen uns die Kostüme und die Geschichte nicht mehr so wahnsinnig toll und märchenhaft vor. Den Kinderschuhen waren wir also nun endgültig entwachsen.
Außerdem telefonierten wir über WhatsApp zeitgleich mit Thomas Mutsch in Frankfurt und mit seiner Schwester in Norwegen. Gerade als in Norwegen die Kirchenglocken von Nils, Thomas Schwager, in der Dorfkirche geläutet wurden, waren wir alle bildlich beieinander. Ein merkwürdigeres aber auch ergreifenderes familiäres Zusammensein kann man sich nicht vorstellen. Das war also die besondere Weihnachtsstimmung 2020!
Zur weiteren Unterstützung der weihnachtlichen Atmosphäre hatte ich sogar “Weihnachtsgeschirr” mit Tannenzweigen- Dekor gekauft und mit Thomas gemeinsam ein festliches Weihnachtsmenü geplant. Wir würden gemeinsam kochen. Als Vorspeise hatten wir uns eine Mango- Curry- Cocos-Suppe rausgesucht. Der Hauptgang war ein Hühnchen in Zimt-Senfsauce mit getrockneten Johannisbeeren und Kartoffelstücken, dazu Rotkraut. Das Bio-Huhn hatten wir erst zwei Tage vor dem Fest beim Kigali-Farmers-Market bestellt und es wurde uns frisch, gerupft und ausgenommen per Motorrad- Kurier geliefert. Als Nachspeise probierten wir eine karamellisierte Orangencreme, die im heißen Wasserbad im Ofen vor sich hin köchelte. Aufwendig aber richtig lecker!
Zu meiner großen Freude und Überraschung hatte Thomas durch Lotti ein Weihnachtspäckchen mit UPS an ein Hotel in Kigali schicken lassen. In diesem waren echte Tannenzweige, die ich gleich für die Tischdekoration auf unserer Terrasse nutzte. Außerdem bekam ich mein persönliches, jährliches Weihnachtsfotoalbum als Jahresrückblick. Allerdings würde dieses von Thomas erst noch gestaltet werden müssen. Dafür hatte die Advents- und Vorbereitungszeit nicht ausgereicht. So erhielt ich vorerst nur ein leeres Fotoalbum und ca. 200 Fotos, die darin von Thomas in chronologischer Reihenfolge für jeden Monat noch zu verarbeiten waren. Ich freute mich riesig, da ich die seit 8 Jahren bestehende weihnachtliche Tradition hier in Kigali nicht erwartet hatte.
Nach unserem exotischen Abendessen telefonierten wir lange mit meinen Eltern in Hoy. Die Männer tranken Whiskey und prosteten sich über den Bildschirm zu. Es war wie immer und doch ganz anders, gleichzeitig ganz viel Nähe und Distanz.
Mit einem Mitternachtsgottesdienst beendeten wir den Heiligen Abend. Am nächsten Tag würden wir noch mit Leo, Lotti und Larissa telefonieren. Damit waren dann die “Familienbesuche” auch an diesen Weihnachtsfeiertagen 2020 komplett, wie jedes Jahr.
Frohe Weihnachten!