Wir haben 10 erfolgreiche Arbeitstage mit den Lehrern hinter uns. Es hat Spaß gemacht zu sehen, wie die Lehrer angefangen haben, ihre Klassenräume selber zu gestalten und die Softboards mit ihren Ideen verschönert haben, so dass jetzt von Kindergarten bis zur 5. Klasse die Wände schön gestaltet sind.
Sonni hatte auch die famose Idee, an den Wänden Strippe zu spannen. Die bisher an die Wände geklebten und vollkommen räudig aussehenden Namensschilder für die Jüngsten werden wir nun durch laminierte Schilder ersetzen, die wir dann mit Schlüsselringen an den Strippen befestigen. Nach einigen Anfangsschwierigkeiten hat sich ein Lehrer nun sogar breitschlagen lassen, mit der von uns angeschafften Bohrmaschine Löcher für die Haken der Strippe zu bohren. Da es im Ort bisher nur zwei Bohrmaschinen gibt, ist das beileibe nicht selbstverständlich, denn die vorherrschende Meinung st eigentlich, dass man zur Gerätemiete den Arbeiter fast umsonst dazu bekommt – die Arbeitskosten sind ja auch so gering. Das Problem dabei ist, dass man die Leute eben nur alle paar Wochen bekommt und ewig hinterherrennen muss. Das heißt, für das simple Anbringen von Strippe wartet man unter Umständen zwei Wochen und führt 10 Telefonate.
Doch nun ist die Vorbereitungszeit zu Ende und wir bereiten den ersten Schultag mit den Lehrern vor. Dabei stellt sich nun jedoch heraus, dass mal wieder eine unserer Annahmen vollkommen fehlgelaufen ist. Wir haben mit den Lehrern im April das Zeitmanagement abgestimmt – 7h Arbeit in der Wintersaison (die jetzt beginnt) – das ist etwas mehr als eine Stunde nach Beendigung des Unterrichts. So hätten wir selbst mit den Lehrern und die Lehrer später noch ohne uns wenigstens etwas Zeit um an der Vorbereitung des Unterrichtes zu arbeiten, englisch zu lernen oder Unterrichtsmittel vorzubereiten.
An unserem letzten Tag der Vorbereitung gehen jedoch einige der Lehrer auf die Barrikaden – sie kommen aus Sangola mit dem Bus, der um 15:00 und das nächste Mal um 17:00 fährt. Unsere Schulzeiten enden jedoch um 15:30. Als sie der Regelung im April zugestimmt haben, hatten sie definitiv noch nicht so weit gedacht – wie auch, wenn die Gewohnheit ist, alles nur wirklich kurzfristig und ohne längere Planung zu entscheiden. Sie haben ein Monatsticket gekauft, jede Fahrt in der Rikscha außerhalb der Buszeiten kostet 20 Rupien – also im Monat 500 Rupien – das ist bei den schmalen Gehältern eine riesige Herausforderung.
Als wir darauf hinweisen, dass das ja die Zeiten sind, die gemeinsam festgelegt wurden (wie gesagt, Fehlannahme von uns, dass ansatzweise eine mittelfristige Planung möglich sei) bitten die Lehrer uns um 15 Minuten Diskussionszeit auf Marathi. Als wir nach 15 Minuten lebhafter Diskussion zurückkommen eröffnen uns die Lehrer, dass sie gern nach Unterrichtsende noch 15 Minuten da bleiben würden aber dann leider den Bus nehmen müssten. Daraufhin nehmen wir beide uns lebhafte 15 Minuten Auszeit und eröffnen den Lehrern anschließend, dass dies für uns das Ende unseres Einsatzes bedeutet und wir nur noch einen weiteren Tag vor Ort sein würden. Für uns hatte sich eine solche Möglichkeit immer schon angedeutet, zu oft waren wir schon daran verzweifelt, wie wenig Ergebnisse unseres Einsatzes angesichts der äußeren Umstände im Management letztendlich bleiben werden. Wenn nun auch noch die eine Stunde an regelmäßiger Arbeit außerhalb des Unterrichtes entfiele, würde zu wenig bleiben, um unsere Anwesenheit noch weiter zu rechtfertigen.
Die spontane Reaktion der Lehrer überrascht uns jedoch – sofort kommt die Bitte an uns zu bleiben – sie würden sich nochmal etwas überlegen. Wir sollen nur bitte bleiben. Dies überrascht insbesondere, da wir unsere Antwort ja nicht etwa drohend sondern eher ganz sachlich als Information geäußert hatten. Für uns war das damit eigentlich durch.
Am folgenden Tag haben wir dann das Thema fürs Erste abschließen können. Die Lehrer bleiben bis 15:30. Wir reduzieren die Anwesenheitspflicht um eine Viertelstunde. Es ist ein Kompromiss, der den Lehrern eine Menge abverlangt. Dass er im Wesentlichen von ihnen so geschlossen wurde damit wir bleiben ist für mich ein riesiger Vertrauensbeweis.
Das ewige Hinundher ist für Sonni natürlich schwerer zu ertragen als für mich. Meine Emotionen haben normalerweise heftigere Ausschläge als Sonnis. Daher komme ich auch mit solchen Amplituden besser klar. Wir haben uns nach langen Diskussionen aber schlussendlich entschieden zu bleiben – nicht für das Management in Pune oder Alegaon sondern für die Lehrer und Schüler.