Manchmal hole ich Thomas von der Arbeit ab. Danach gehen wir unterwegs gleich noch eine Kleinigkeit essen. Um die Ecke des DSSD-Büros (Digital Solution for Sustainable Developement), in dem Thomas ab und an Besprechungen mit den Kollegen der GIZ wahrnehmen muss, befindet sich das “Meze fresh”. Dort gibt es mexikanische Schnellgerichte wie Burritos, Tacos und Nachos aber auch verschiedene Salate aus frischen Zutaten, ähnlich einer Salatbar. Wir bestellen dann meist einen vegetarischen Burrito und einen Chicken-Salat in einer Brotschale. Sehr lecker! Dazu gibt es Cola light oder einen Tonic.
Da ich ja nur vereinzelt tagesstrukturierende Verpflichtungen durch Projekte habe, mache ich mich manchmal schon einige Stunden vor Thomas Feierabend auf den Weg und setze mich dann in ein Café oder ins “Meze fresh”, lese dort, schreibe unseren Blog oder beobachte die Leute.
Überall sehe ich einzelne junge Männer und Frauen, wenig Paare und viele kleine gemischte Gruppen. Die Jugend lässt sich von Motos zu den gängigen und oft auch touristischen Treffpunkten z. B. dem Einkaufscenter “Kigali Hights” fahren. Manchmal kommen sie auch zu Fuß aber das ist doch eher selten. Familien mit Kindern sind im Straßenbild ebenso selten. Sie fahren eher in ihren großen Land Rovern, Pick ups oder SUV´s durch Kigali. Das Auto ist ein Teil des ansonsten nur mäßigen Mittelklasse-Gehaltes und muss daher so groß und so teuer wie möglich sein, egal, ob man es wirklich braucht oder nicht. Die meiste Zeit verbringen ruandische Familien in ihren Einfamilienhäusern, wobei die Kinder von einem Hausmädchen versorgt werden und die Eltern täglich lange arbeiten. Am Wochenende besucht man anderen Familienmitglieder. Dagegen ist ein Besuch bei Freunden selten und noch seltener haben die Kinder andere Kinder zu Besuch und spielen miteinander.
Die Alterspyramide steht hier in Ruanda, ähnlich wie in anderen afrikanischen Staaten, noch auf einer ganz festen und breiten Basis. Von fast 13 Mio Einwohnern sind 42 % im Alter von bis zu 44 Jahren. In Deutschland sind dagegen bei ca. 84 Mio Einwohnern nur 25 % im Alter von bis zu 44 Jahren. Was für ein Unterschied!
Was machen nun die ganzen jungen Leute in Ruanda? Arbeiten gehen können sie leider nicht. Es gibt keine Jobs. Daher ist dies auch der Schwerpunkt aller Organisationen in der Entwicklungszusammenarbeit.
Ich beoabachte, dass sich viele junge Leute bereits am Nachmittag biertrinkend zusammenfinden. In den kleinen lokalen Restaurants oder Cafés wird “Mützig”, “Primus”, “Skol” und Co bestellt. Die Kellner bringen auch immer gleich zwei Flaschen an den Tisch, wobei eine geöffnet und die andere bereits als Nachbestellung angesehen wird. Sie bleibt jedoch vorerst ungeöffnet stehen und man muss den Kellner zum Öffnen erneut rufen. Nur selten wird Bier in Gläsern ausgeschenkt, da es kein gezapftes sondern lediglich Flaschenbier gibt.
Gegen ein kühles Bier an einem warmen Nachmittag kann man eigentlich auch gar keine Einwände haben. Doch es bleibt meist nicht nur bei einem Bier. Die jungen Männer holen häufig Nachschub und versorgen damit die Gruppe. Wie das finanziell läuft, ist mir nicht ganz klar, denn ein eigenes Einkommen haben vermutlich nur die Wenigsten. Ich habe das Thema in unserem Freundeskreis aber auch noch nicht angesprochen und mal nachgefragt. Will da auch keinem auf die Füße treten.
Vergangenes Wochenende war ich allerdings auch erstaunt darüber, dass ich beim Besuch in unserem Haus in Kicukiro Elisabeth um 15:30 Uhr bereits biertrinkend im Wohnzimmer antraf. Sie berichtete außerdem, dass sie am Vorabend mit einem Bekannten ordentlich getrunken habe. Die zahlreichen kleinen Bierflaschen sah man noch in der Küche stehen. Für uns hatte sie extra einen Rosé gekauft und kalt gestellt, damit wir gemeinsam mit ihr einen Sonntagsumtrunk nehmen könnten. Sie wolle allerdings lieber bei Bier bleiben, versicherte sie.
Wir hatten Elisabeth die Schlüssel für unser Haus übergeben, um in unserer Abwesenheit ihr und ihrer Tochter die Möglichkeit zu geben, in einem Haus mit Fenstern und ausreichend Platz zum Arbeiten im Homeoffice sowie guter Internetverbindung (nicht für unsere Ansprüche) zu wohnen. Nicht zu vergessen die Möglichkeit, für Atete im Garten spielen zu können und ein eigenes Zimmer zu haben. Das hat Elisabeth auch gern angenommen und ist nun mit ihrer Haushaltshilfe und ihrer Tochter bei uns eingezogen. Bald zieht sie jedoch in ein eigenes Haus, welches sie von ihrem Onkel (in Amerika) gemietet hat.
Haustausch! Das klingt doch fast wie ein neues TV-Format und wir profitieren gerade selbst sehr davon, denn auch wir wohnen nach wie vor außerhäusig.