Es hatte sich bereits seit einigen Wochen angekündigt. Die Zahl der täglichen Corona-Neuinfektionen stieg kontinuierlich an und Rwanda verzeichnete täglich 140 bis 200 Neuerkrankungen. Das mehrfach tägliche Händewaschen und elektronische Temperaturmessen selbst in den abgelegensten Orten hatte leider nicht geholfen.
Im Vergleich mit Deutschland ist diese Zahl an Neuinfektionen immer noch keine erschreckend hohe Anzahl. Doch bei einer Bevölkerung von ca. 13 Mio Einwohnern und einer nur bedingt funktionsfähigen intensivmedizinischen Versorgung ist diese Zahl besorgniserregend.
Die meisten Infizierten gab und gibt es natürlich in der Hauptstadt Kigali. Daher war uns schon bewußt, worauf diese Entwicklung hinauslaufen würde. Seit heute, 19.01.21, sind wir vorerst für die kommenden 14 Tage im Voll-Lockdown. Das bedeutet, alles ist geschlossen und wir dürfen zum Einkauf nur mit polizeilicher Genehmigung. Diese beantragt man online. Dabei muss man den Grund seiner “Bewegungsanfrage”, seine Passnummer, das gewünschte Datum und sogar die genaue Uhrzeit mit dem geplanten Ziel angeben. Entweder bekommt man eine Bestätigung oder eine Ablehnung per SMS aufs Handy. Für Touristen ist das jedoch eine Hürde, da nicht jeder für seinen kurzen Aufenthalt in Rwanda eine lokale Mobilfunknummer besitzt. Auch für die Landbevölkerung funktioniert dieses System nicht, da im ländlichen Umfeld oft keine Mobilfunktelefone vorhanden sind, mit denen diese Onlineanfragen initiiert werden könnten. Außerdem kann jeder Telefonbesitzer mit seiner Nummer nur einmal am Tag und maximal für einen Tag im Voraus eine Anfrage stellen. Eine Planung von touristischen Aktivitäten ist damit unmöglich.
Angeblich sollen “touristische Aktivitäten” aber vorerst weiter möglich und Hotels ebenfalls geöffnet bleiben. Das wird sich jedoch meiner Meinung nach auch bald anders entwickeln, da das für Reisende einen enormen Aufwand bedeutet: Covid-Test, Movement-clearance und ein ständiges Überlegen, in welchem District außerhalb von Kigali darf ich was und bis wann noch machen. Essenversorgung auch nur noch “take away” von Restaurants. Kigali ist im Komplett-Lockdown, im Rest des Lande gelten jedoch andere und etwas abgemilderte Maßnahmen.
Diese einschneidenden Veränderungen im Alltag und die damit verbundene “Beschneidung der persönlichen Freiheitsrechte” wurden mit einem Vorlauf von wenigen Stunden am Vorabend gegen 22 Uhr mit Gültigkeit für den Folgetag von der Regierung verkündet. Möglichkeiten der Planung und der Organisation des Familien- sowie eines veränderten Arbeitsalltages sind damit ausgeschlossen. Willkommen im 2. Lockdown!
Für uns bedeutet das, dass wir nun zu viert hier bei uns im Haus in Kicukiro “festsitzen”. Vor einer Woche ist Josy, eine Bekannte aus Berlin, zu Besuch gekommen. Leider kann sie hier nun gar nix, wie ursprünglich geplant, unternehmen. Sie wird sich die nächsten 14 Tage also mit unserer Terrasse begnügen müssen. Immerhin regnet es seit zwei Tagen weniger und ab und an erreicht das Thermometer auch mal wieder Temperaturen bis 27°C.
Für Lotti gibt es auch nicht die gewünschte aktive Freizeitabwechslung. Ihren Rückflug nach Berlin hatte sie jedoch aufgrund der anstrengenden Corona-Situation in Deutschland ohnehin schon auf Ende Februar verschoben und eine Verlängerung ihres Visums für Rwanda beantragt. Thomas arbeitet ab heute im Homeoffice und ich werde mich auch irgendwie mit “einfädeln” und beschäftigen. Habe mich gerade erneut für ein Fernstudium an der Europa-Universität Hamburg eingeschrieben. “Interkulturelle Psychology” kann man da als Zertifikatsstudiengang belegen. Freue mich drauf!
Dafür ist jetzt wieder mehr Zeit, am Blog zu schreiben. Von einigen unserer “vor-Lockdown- Ausflüge” kann ich auf alle Fälle noch berichten.