Petero habe ich vor einem Jahr über Beth kennengelernt. Er kommt ursprünglich aus der Slowakei und leitet hier in Kigali die NGO “Talking Through Arts” (TTA). Vor sieben Jahren hat er die Organisation gegründet und gibt seither Frauen mit körperlichen Einschränkungen die Möglichkeit, zu arbeiten und ein wenig Geld zu verdienen. Unterdessen beschäftigt er 40 Frauen an zwei Standorten in Kigali. Sie stellen traumhafte Sisal-Körbe, Wandbehänge, Untersetzer, Übertöpfe und vieles mehr in mühevoller Handarbeit her. Petero ist Künstler und hat an einer Kunsthochschule seines Heimatlandes studiert. Daher kann man bei seiner Arbeit wirklich von Kunst-Handwerk sprechen.
Am vergangenen Wochenende hatte TTA zu einem Workshop eingeladen, in dem man selbst einmal das Flechten unter Anleitung der geschulten Frauen ausprobieren konnte. Da ich Petero sehr mag und natürlich seine Arbeit und sein Engagement sehr schätze, hatte ich Thomas und mich telefonisch für Sonntag 11 Uhr zum Workshop angemeldet. Handarbeit ist jetzt nicht so unser Ding aber es würde bestimmt ein schöner Nachmittag werden. Petero ist sehr unterhaltsam und lustig und kennt sehr viele Leute in Kigali.
Wir wollten auf keinen Fall mit leeren Händen ankommen und so hatte Thomas am Abend zuvor noch einen Rührkuchen mit Physalisstücken gebacken und eine passende Frucht-Zuckerglasur oben drauf gestrichen. Hmmm! Roch der Kuchen wieder lecker!
Unsere geplante Ankunft am Sonntag gegen 11:00 Uhr hatte sich entsprechend des landestypischen Zeitverständnisses um einige Stunden auf 14:00 Uhr verschoben. Wir sind diesbezüglich teilweise schon sehr gut adaptiert. Aber wir kamen immer noch genau richtig!
Zwei weitere Gästen wollten mit uns den Handarbeitsversuch wagen. Jedem von uns wurde eine Flechtkünstlerin zugeteilt, die uns geduldig anleitete den störrischen Sisal Faden zu spannen, Gras einzuflechten und die richtigen Farben nacheinander einzuarbeiten. In zwei Stunden schafften Thomas und ich jedoch nur zwei klitzekleine Ringe zu flechten. Dafür wuchs unser Respekt für die Frauen und deren Schalen und Wandbehänge um so schneller. Enorm, was sie hier leisteten. Nie wieder würde ich den Preis einer Schale in Frage stellen! Das ist Kunst- Handwerk pur.
Zur Gestaltung der großen runden Wanddekorationen aber auch für Wäschekörbe wird erst eine farbige Motiv-Vorlage (Papierzeichnung) erstellt und danach beginnt die Umsetzung. Man flicht nicht von oben nach unten oder horizontal, sondern von innen nach aussen, so dass man das Muster räumliche transferieren muss. Es erfordert enorme Vorstellungskraft und Abstraktionsvermögen von den Frauen, die teilweise sehr detaillierten Muster sauber und erkennbar mit den doch recht sperrigen Sisal-Fasern räumlich auszugestalten. Das bunt umwickelte Gras muss man während des Flechtens in die Form bringen, die am Ende entstehen soll. Verpasst man das Formen, bleibt nur ein weiterer Untersetzer im Ergebnis übrig.
Es war wie erhofft ein sehr lustiger Nachmittag. Der Kuchen roch nicht nur lecker sondern schmeckte auch vorzüglich, und wir waren um die Erfahrung einer traditionellen afrikanischen Handwerkskunst reicher. Kaufen? Sehr gern! Selbst herstellen? Doch lieber nicht!
Vielen Dank an Petero und sein TTA-Team!