Zwischen Bananenhain und Kaffeeplantage (2. Etappe nach Cymbiri)

Wir haben eine sehr schöne aber auch anstrengende Wanderung von ca. 21 km hinter uns.

Vorbei an winzigen Bergdörfern mit nur 5 Hütten. An steilen Hängen bestellen die Familien ihr Ackerland und graben mit Spitzhacke die trockene Erde um. Selbst bei der Feldarbeit tragen junge Mütter ihre Babies in ein Tragetuch gewickelt auf dem Rücken. Ergonomisch und gesund für die Haltung des Kindes schaut das nicht aus aber Tradition und Notwendigkeit lassen vermutlich nichts anderes zu.

Auf einem Dorfplatz schälen Frauen und Kinder Manjok und legen die weissen Wurzeln zum Trocknen auf riesigen Tüchern aus. Männer reparieren Fahrräder, die einzigen Transportmittel. Tiere und Karren sind nicht vorhanden. Nur vereinzelt besitzt eine Bauernfamilie eine Kuh. Diese steht dann in einem 2m x 2m Holzgatter und kann sich keinen einzigen Schritt bewegen. Mehr Platz ist jedoch auch nicht vorhanden, überall Abhänge und nur wenig Plateau.

Zentnersäcke und Wasserkanister werden auf Fahrräder geschnallt und teilweise von nur einer Person mühsam bergauf geschoben. Abwärts wird mit dem Rad gefahren, wobei uns völlig rätselhaft ist, wie man bei diesen Gewichten und den Holperwegen die Balance halten und vereinzelt sogar noch eine Hand zum Gruss heben kann.

In den Bergdörfern, ca. 1700 m hoch gelegen, gibt es kein Streetfood. Es wird nicht am Strassenrand gekocht. Ab und an sehen wir in schmalen dunklen Hauseingängen hinter verstaubten Glasvitrinen etwas Gebackenes oder Frittiertes. Auch kleine Lebensmittelläden gibt es unterwegs nicht, alle Familien und Dorfgemeinschaften sind Selbstversorger. Der Tourismus steckt noch in den Kinderschuhen. Daher beschränkt sich unsere Essensversorgung auf die Basiscamps, die wir am Ende einer Tagestour erreichen (müssen). Dort kocht dann eine Küchenhilfe Reis, Kidneybohnen, Kartoffeln und Grünkohl mit irgendeine Tomatensauce. Da wir am See entlang wandern, gab es auch kleine gebratene Fische. Sehr lecker. Zum Nachtisch geniessen wir täglich die kleinen gelben süssen Bananen.

Unterwegs sehen wir ab und an kleine Kinder mit Blähbäuchen und gelesen haben wir auch von der teilweise noch bestehenden Mangelernährung. Reis, Kidneybohnen, Manjok und Bananen sowie Zuckerrohr sind die Hauptnahrungsmittel auf dem Land.

Ich fühle mich manchmal schlecht, da ich die Natur und die Landschaft atemberaubend und die Pflanzen – und Tierwelt faszinierend finde, wobei die Einheimischen nur schwere Arbeit und Einschränkungen damit haben.

Für mich sind es jedoch Eindrücke und Bilder wie aus einem preisgekrönten Afrikareiseführer.

Congo-Nile-Trail (1.Etappe nach Kabushongo)

Insgesamt ist dieser Weitwanderweg entlang des Kivu Sees 227 km lang. Wir wollen ca. 95 km davon laufen, von Gisenyi im Norden bis Kibuye. Wie immer mit Zelt- und Regensachen ausgerüstet, starten wir unsere Urlaubswoche und verabschieden uns von unserer Security-Mannschaft.


Bereits 7:00 Uhr brechen wir auf, um zum Busbahnhof zu kommen, da gerade an diesem Sonntag „autofreie Hauptstadt“ ausgerufen ist. Von 7:00 bis 12:00 Uhr sind weite Teile von Kigali gesperrt. Wir müssen also zwei Motorradtaxis nehmen, um auf Schleichwegen doch irgendwie zum Busbahnhof zu gelangen.
Sonst werde ich immer, sobald ich auch nur einen Fuss auf die Strasse gesetzt habe, angesprochen ein Moto-Taxi zu nehmen. Heute jedoch fahren nur wenige und die Begeisterung, uns mit Gepäck über 12 km zu transportieren, hält sich auch sehr in Grenzen. Es braucht mehrere Versuche von Thomas bis wir tatsächlich fast zeitgleich zwei Taxis bekommen. Unterdessen sind wir jedoch auch schon 4 km mit Gepäck unterwegs.
Rechtzeitig, 1 Stunde vor Busabfahrt, sind wir 8:00 Uhr vor Ort, frühstücken am Bahnhof in einer übel ausschauenden Lokalität und sind angenehm überrascht, wie gut das Essen ist. Wir haben Omelett, Chapati und afrikanischen Tee bestellt.
Die Tickets für den 9:00 Uhr Bus hatten wir bereits am Vortag gekauft. Wir waren nun bereit für die 4-Stundentour nach Gisenyi, es konnte los gehen. Doch trotz gekaufter Tickets konnten wir nicht wie geplant mitfahren. Wir wurden ohne Rücksprache umgebucht, wird uns am Bus kurz vor Einstieg mitgeteilt. Abfahrt nunmehr 30 Minuten später. Na das geht ja noch! Wir sind nur ein wenig verärgert und sitzen dann endlich im nachfolgenden Bus auf unseren Plätzen, der Motor geht an und …aus den Lautsprecherboxen direkt über unseren Köpfen dröhnt Radio Kiss FM Ruanda. Ein englisch-afrikanischer Diskosound hämmert wie in einem Nachtclub die vollen 4 Stunden. Wir sind bei Ankunft in Gisenyi ohne Anstrengung am Ende!



14:00 Uhr beginnen wir unsere Wandertour: erst einmal raus aus der Stadt und an den See. Der ist riesig, so dass man sein Ende nicht sehen kann. Wir haben das Gefühl am rauschenden Meer und nicht an einem See zu stehen. Ein Gewitter zieht auf, die Regenzeit kommt anscheinend in diesem Jahr etwas zeitiger, als üblich. Es ist der 1. September.
Bis 18:00 Uhr müssen wir an unserem ersten Tag noch laufen. Es ist schwieriger als erwartet eine Übernachtungsmöglichkeit zu finden. Entweder kommen wir in kleinen Dörfern am Strassenrand vorbei und werden von Kindern belagert, so dass wir unser Zelt nicht aufbauen wollen oder die ausgewiesenen und von uns angefragten Lodges rufen abnorme Preise für 1 Nacht auf. 50-100 Dollar sollen wir zahlen, wobei die Qualität nicht dementsprechend ist. Also laufen wir weiter. Uns rennt die Zeit davon, wir geraten unter Druck, da es ab 18:00 Uhr schlagartig dunkel wird.
Mit Hilfe eines Einheimischen und google maps finden wir ein etwas abseits gelegenes kleines Kloster mit Gartenanlage und Übernachtungsmöglichkeiten für nur 45€ inkl. Abendessen und Frühstück am nächsten Morgen. Traumhafte Lage am See und wohlverdiente Ruhe! So kann es weitergehen.

Neighbors

„Nachbarn“, so lautet der Titel einer weltweit bekannten Australischen Fernsehserie aus den 80-ern, die Jahrzehnte (ähnlich wie die Lindenstrasse)  ausgestrahlt wurde. Nachbarn können unterstützen aber auch der Stressfaktor im Alltag sein. Es ist gut und wichtig, seine Nachbarn zu kennen. In Berlin war mir das nicht immer gegeben. In Kigali wollte ich diese Chance nicht verpassen und meldete uns über unsere Security zum „Umuganda“ an. Thomas hat ja bereits einen Artikel dazu geschrieben. Nun sollten auch wir dabei sein!
Jeden letzten Samstag im Monat trifft sich die Nachbarschaft zum gemeinschaftlichen Arbeitseinsatz und zu einer anschliessenden Ortsteil- und Lagebesprechung. Diese Aktion ist rechtlich für alle Ruandischen Haushalte verpflichtend, da das gemeinsame Arbeiten als Basis der Entwicklung Ruandas propagiert wird. Wer nicht am „ Umuganda“ teilnimmt, wird mit 5.000 Ruandischen Franc Bußgeld (5€) bestraft.
Jeder Stadtteil von Kigali (unser Stadtteil ist Kicukiro) besteht aus mehreren Ortsteilen (unser Ortsteil heisst Muyange). Diese sind ein Zusammenschluss aus mehreren Dörfern (unser Dorf ist namensgleich unserem Ortsteil) und jedes Dorf gliedert sich noch einmal in so genannte „Zellen“.
Gegen 7:30 Uhr frühstückten wir noch und plötzlich war in der Ferne eine Lautsprecherdurchsage zu hören. Thomas wusste sofort: es ist „Umugandazeit“. Wir wurden allerdings erst 8:30 Uhr persönlich von unserer unmittelbaren Nachbarin abgeholt. Sie ist „Zellenverantwortliche“ und koordiniert 25 nachbarschaftliche Haushalte. Sie muss also dafür sorgen, dass alle Haushalte je einen Vertreter zum „Umuganda“ entsendet.
Auf unserer kleinen Strasse öffneten sich plötzlich die mächtigen Toren, die sonst die Wohnhäuser und Gartenanlagen vor jedweder Einsicht schützen. Einzelne Nachbarn traten heraus. Sie hatte entweder eine Spitzhacke, eine Schaufel oder eine Machete über der Schulter. Unser Securitymann holte auch für uns die passenden Geräte und so zogen wir los, durch den gesamten Ort. Im Verlauf schlossen sich immer mehr Nachbarn an. Sie stiessen aus Seitenwegen zu uns und gemeinsam zogen wir zu einem zentralen Treffpunkt. Ich hatte unweigerlich eine Assoziation zu einem Foto aus meinem Geschichtsbuch: Bauernaufstand und Thomas Müntzer.
Wir wurden freundlich begrüsst, da wir unterdessen auch gelernt haben in Kinyaruanda zu grüssen bzw. auf einen Gruss zu antworten. Anderenfalls begegnen einem nur ausdruckslose Minen! Einige Nachbarn sprachen auch recht gut englisch. So waren wir schnell und gut eingebunden und bekamen auf unsere zahlreichen Fragen auch alle Antworten.
Am Dorfrand hatten sich entlang eines schmalen Weges ca. 100 Nachbarn aus ca. 5 „Zellen“ versammelt. Die jeweiligen Zellenwarte liefen geschäftig mit Papiermappen unter dem Arm herum, hielten einige Minuten Lagebesprechung und nach einem kurzen Kommando, begann ein Teil der am Rand Herumstehenden, Sträucher mit den Macheten zu beschneiden und der andere Teil hackte meterhohes Unkraut vom Wegesrand. Es staubte, wirbelte kleine Steine und die Sonne brannte. Der Spuk dauerte zu unserem Erstaunen jedoch nur 15 Minuten!
Es ging unmittelbar weiter zu Fuss zum Versammlungsort unter einen riesigen, breitkronigen Baum. Schatten!

Alle setzten sich und die Redner (Zellenverantwortliche und Lokalpolitiker) traten einzeln nach vorn. Die Anwesenden wurden nun in 2 Stunden über aktuelle politische Entscheidungen informiert, es wurden Regierungsvorgaben kommuniziert und jede Zelle erhielt den Auftrag, eigene Jahresziele zu formulieren. Ausserdem muss jeder Haushalt persönliche Ziele benennen, die erreicht werden sollten. Dank der grossartigen Übersetzung unserer Zellenverantwortlichen und einer Mitarbeiterin im Landwirtschaftsministerium verstanden wir jedes einzelne Detail der Bürgerversammlung. Zu unseren unmittelbaren Nachbarn gehörte auch ein Staatssekretär des Bildungsministeriums. Ein grosser kräftiger Mann mit einer riesigen wulstigen Narbe vom linken Ohr bis unter das Kinn. Anzeichen für einen Überlebenden des Genozids? Wir fragten nicht! Einige unserer Nachbarn erzählten uns, dass sie nach 1994 aus Uganda in ihr Heimatland zurückgekehrt waren.
Nach jedem Redebeitrag wurden auf das Kommando des Zellenverantwortlichen von alle Teilnehmenden die Fäuste in die Luft gestreckt und mit einem Ausruf geantwortet. Das Ganze wirkte wie der Beginn einer Revolution nur irgendwie friedlicher.
Es ging auch nicht nur um Politik. Eine Nachbarin bat z.B. um Unterstützung bei den Steuerpapieren für ihr kleines Schuh-Business und ein Nachbar bot sogleich Hilfe an. Ein anderer Nachbar beschwerte sich, dass Kinder aus der Schule nach Hause geschickt würden, sofern sie sich unangemessen verhielten. Eine Bestrafung der Kinder durch Ausschluss von der allgemeinen Schulbildung sei auf keinen Fall eine Lösung. Auch das Schulessen wurde diskutiert. Der Staat zahlt einkommensschwachen Familien Subventionen für eine warme Mahlzeit in der Schule, jedoch müssen die Eltern auch einen Eigenanteil leisten. Viele sparen häufig diesen Eigenanteil ebenso wie den staatlich ausgezahlten Zuschuss. Das sei nicht korrekt, so die eindeutige Meinung aus der Nachbarschaft. Kinder können hungrig nicht lernen! Spannende Themen für uns und auch interessant zu beobachten, wie sich Einzelne verhielten unter Anwesenheit von politischen Autoritäten.

Wir sind nun Teil der Nachbarschaft und werden jeden Monat zum Umuganda abgeholt. Wir dürfen und wollen auch unseren Beitrag für die Gemeinschaft leisten. Unser abgestimmtes „Zellenziel“ ist die Installation von Strassenlampen auf unserer kleinen Sackgassenstrasse und damit die Verbesserung der Sicherheit im Dorf. Der Weg vor unserem Haus ist ein Teil des Schulweges und wird daher von vielen genutzt.

Freiheit für die Frauen!

Nein, diesmal ist es nicht unsere Abschiedsparty. Dafür ist es noch etwas zu zeitig! René, ein Arbeitskollege von Thomas, verabschiedet sich. Er wird vom Staat Ruanda delegiert, für 3 Jahre nach Korea zu gehen, um dort an der Uni seinen Dr. zu machen. Danach kommt er zurück und arbeitet weiter bei RISA (Ruanda Information Society Authority) im ministerialen Staatsdienst. In diesen 3 Jahren wird er weiterhin mit 80% seines bisherigen Gehaltes von RISA bezahlt. Vor Ort erhält er zusätzlich noch ein Stipendium. Näheres dazu haben wir allerdings nicht erfahren. Im Rahmen seiner Doktorandentätigkeit muss und wird René mehrere Projekte durchführen. Diese will er natürlich in Kigali ansiedeln, um ab und an auch mal für eine länger Zeit wieder in der Heimat zu sein und seine 3,5 Jahre alte Tochter sehen zu können. Sie lebt bei ihrer Mutter. Renè war bzw. ist nicht verheiratet, sondern im wahrsten Sinne ein „serial Womaniser“ (Frauenheld).

Die Abschiedsparty fand in „unserem“ Fitness-Studio statt, im „Tequila Paradise“. Es war eine lustige Truppe, die dort zusammensaß: 2 Frauen (Eva und ich) und 7 Männer, einer davon sogar aus Japan, in froher Runde.

Alle sprachen recht verständlich
englisch, und so kam dann auch bald eine sehr intensive und interessante Diskussion auf. Das Thema „Männer und Frauen“ ist mit dem Thema „Geld“ eines der Themen, das immer und nationenübergreifend kommuniziert wird, nachdem die erste Vorstellungsrunde sowie die Arbeitsthemen durch sind. Und auch wir waren nach zwei, drei „Mützig-Bieren“ bzw. zwei Gläsern Wein bei diesem Thema angekommen. Aufgrund der temperamentvollen Diskussion, der Hintergrundmusik in der Bar und den unterschiedlichen englischen Akzenten musste ich mich sehr konzentrieren, um allem Gesagten folgen zu können.

Es war für mich spannend zu hören, dass die Männer im Alltag oft noch das „traditionelle Rollenbild“ leben wollten. Eva jedoch, in Vertretung der ruandischen Frauen, dagegen sehr emanzipiert und für meinen Geschmack fast schon feministisch ihre Sichtweisen in Bezug auf eine „neue
Rollenverteilung“ vertrat. Die Männer beklagten sich außerdem darüber, dass die ruandischen Frauen es mit der wahren Liebe nicht ernst meinten. Sie würden im heiratsfähigen Alter von ca. 25 Jahren eher irgendeinen Mann heiraten und mit ihm Kinder bekommen wollen, als auf ihre große Liebe zu warten und diese dann in ein paar Jahren zu heiraten, wenn „…der Mann dann soweit sei…“. Das löste energische Reaktionen bei Eva aus und ich hatte das Gefühl, ein Streit bricht aus aber die Diskussion wurde nur im Tonfall lauter, blieb aber weiterhin sachlich.
Viele junge Frauen, die erfolgreich ein Studium abgeschlossen und einen festen Job hätten, verhielten sich so, klärte uns Eva auf. Sie sei das beste Beispiel dafür. Schließlich hätten diese Frauen alles erreicht, bis auf einen Ehemann. Daher würden sie auch „…nicht auf ihre große Liebe warten und darauf, dass der Mann irgendwann heiratswillig sei..“. Eher würden sie einen bereits heiratswilligen und oft älteren Mann heiraten. Dies sei auch dem Druck der Familie und des Freundeskreises geschuldet, die ständig nachfragten. Somit riskierten gebildete, erfolgreiche Frauen lieber Alleinerziehende zu sein, da nach der zeitigen Heirat oft eine Trennung nur wenig später folge. Sie wollten lieber ein Kind allein erziehen, als wartend auf ihre große Liebe und ohne Kind zu leben. Das Thema Nachwuchs scheint so fest im biologischen Rhythmus verankert zu sein, dass ein Leben ohne Kinder und nur mit Erfolg im Job auf keinen Fall vorstellbar ist.

In der weiteren Diskussion wurde uns auch erklärt, dass es schon eine enorme Erwartungshaltung der Angehörigen gebe, dass sowohl Männer, als auch Frauen im heiratsfähigen Alter eine Familie gründeten. Nur als Paar zusammenzuleben, wäre nicht akzeptiert. Auch in Ruanda ist eine Hochzeit in der „Normalbevölkerung“ ein riesiges Event und läuft nach bestimmten traditionellen Regeln ab. Individuelle Vorstellungen wie z. B. nur in einem „kleinen Kreis“ zu heiraten, sind nicht üblich.
Im Alltag habe ich bisher auch keine Paare Hand in Hand durch den Ort gehen sehen. Es besteht zwar eine größere Freiheit für die Frauen, als wir sie in Indien kennengelernt haben. Trotzdem ist auch diese Freiheit noch weit entfernt von unseren europäischen Ansprüchen und Vorstellungen nach Individualität und persönlicher Identität.

ausgewählte Lebensmittel

Das Einkaufen von Lebensmitteln macht keine große Freude. Zum einen muss man mehrere Geschäfte anfahren, um auch tatsächlich alles zu bekommen, was man üblicherweise im Alltag benötigt. Jeder Laden hat nur bestimmte Produkte, und so ist der Wocheneinkauf nicht mal eben schnell an einer Straßenecke erledigt. Brot kauft man am besten bei „Sawa Citi“, Käse und Gemüse bei „Frulep“. Es ist wirklich mühsam.

Ist man dann endlich fündig geworden, bleibt einem die Spucke weg. 1 Liter Soja-Milch kostet 2,80 EUR bis 3,20 EUR. O.k. das ist vielleicht kein Lebensmittel, was hier unmittelbar angebaut oder vielseitig genutzt wird, mag man denken aber auch Reis, Bohnen, Linsen und Mais sind in 500 g Packungen teuer und kosten um 5,00 EUR. Kaffee und schwarzer Tee, die unbedingt einheimische Naturprodukte sind, werden ebenfalls nicht zu Schleuderpreisen verkauft. 500 g Kaffee kosten wie bei uns 5 EUR. Allerdings schmeckt der Kaffee auch richtig gut und ist sogar für mich ohne Milch genießbar. Käse brauche ich hier gar nicht erst zu erwähnen. Utopische Preise!

Somit sind wir nach wie vor auf der Suche, in welchem Laden es welche Lebensmittel mit angemessenem Preis und guter Qualität zu kaufen gibt. So hat es uns auch auf den „Kimironko-Market“ verschlagen. Einen Markt, auf dem es wirklich alles zu kaufen gibt, was man braucht oder auch nicht braucht. Durch enge Reihen von Holzständen mit Regalen, die deckenhoch bestückt sind mit Produkten, so dass zum Herunterholen Leitern oder zumindest Tritte erforderlich sind, schlängelt man sich durch die Markthalle. Das Gehen ist nur hintereinander möglich, man stolpert fast noch über die Füße der vor oder in den Ständen sitzenden Verkäufer*innen. Ausweichen ist unmöglich, aber ungewollte Berührungen sind unausweichlich. Fotos nicht erlaubt oder erwünscht!
An einem Stand gab es verschiedene Mehlsorten und u. a. auch Soja-Mehl. Na wunderbar, dachten wir uns. Genau das richtige, da Lotti in wenigen Wochen zu Besuch kommt und wir vegane Lebensmittel benötigen. Also kauften wir 1 kg Soja-Mehl für 2 EUR und waren sehr zufrieden. Einfach nach Geschmacksintensität in Wasser auflösen und fertig. So einfach stellte ich mir das vor und der Verkäufer hatte in mühsamem Englisch auch eine solch einfache Beschreibung mitgeliefert.

Zu Hause probierte ich es auch gleich aus. Zum Erbrechen! Es schmeckte einfach gar nicht! Im Internet fand Thomas dann die Kochanleitung für Soja-Milch.
Da wir ja nun 1 kg Soja-Mehl hatten, wollten wir es nun auch wirklich wissen. Also:

1. Soja-Mehl mit Wasser in einem Topf einrühren,
2. das Gemisch zum Kochen bringen,
3. 20 Minuten köcheln lassen
4. Mehlwasser durch ein Tuch und Sieb seien
5. fertige Sojamilch in Flasche abfüllen.

Getan wie gelesen. Der Topf kochte leider über, es klebte überall und stank nach angebrannter Milch. Fertig war zum Schluss ein übel-riechender Mehltrunk, der mit unserer Natur-Soja-Milch leider gar nix zu tun hat. Er schmeckte auch eher wie Erbsenwasser. Wie oft wir das noch probieren werden, weiss ich nicht. Aber mit Soja Mehl kann man vielleicht auch backen?