Jeep- Safari

Seit drei Tagen planen wir unsere letze Woche hier in Nepal und damit die letze Woche unserer Sabbatzeit. Ja, es ist leider so weit. Die Zeit scheint nun noch schneller zu verfliegen und die Tage rasen nur so dahin.
Um noch einmal einen Live-Eindruck von den gigantischen 6000 und 7000-ern zu bekommen, wollen wir eine Jeepsafari machen. Offroad in die Berge nach Jomsom und auf einer Hochebene “gemütlich” laufen. Keine Ahnung, ob das tatsächlich geht aber das ist der Plan und an dem halten wir bisher fest. Allerdings wurde uns dieser Vorschlag bereits von diversen Reiseagenturen unterbreitet aber kann man ihnen trauen? Wir wollen uns zur Sicherheit noch eine Trekkingkarte besorgen, um selbst einen Blick auf die Höhenmeter bzw. die Auf- und Abstiege zu werfen.

Da man viele Trekkinggebiete, die Schutzgebiete sind, ohne Genehmigung und ohne eine TIMS-Karte (Touristeninformationsmanagementsystem-Karte) nicht betreten darf, müssen wir diese erst besorgen. Derzeit befinden wir uns im Annapurna-Schutzgebiet. Dafür haben wir noch von unserer abgebrochenen Manaslu-Trekkingtour eine “Rest-Genehmigung”. Na das ist doch schon mal was! Jomsom liegt aber an der Grenze zwischen der Annapurna und der “unteren Mustang-Region”. Also brauchen wir vielleicht eine zweite Genehmigung? Gott sei Dank brauchen wir keine, lediglich für die “obere Mustang-Region wäre sie wieder verpflichtend. Zeit und Geld gespart! TIMS-Karten gibt es an jeder Ecke in Pokhara zu kaufen, sollte also kein Problem sein.
Allerdings gibt es unterdessen ein anderes Problem. Unsere ins Auge gefasste Idee einer Jeepsafari brauchen wir nicht weiter zu verfolgen. Es hat auf der Hauptstrasse in die Berge etliche Steinschläge und Erdrutsche gegeben und voraussichtlich wird die Zufahrt erst wieder in 10 Tagen freigegeben. Unser Plan löst sich also in Luft auf und wir benötigen eine neue Idee für unsere letzte Woche.

Wir mieten erst einmal ein Motorrad und machen eine Tagestour, danach sehen wir weiter. Thomas hat erst gestern seinen ersten Paraglidingflug seit einem Jahr aus 1400 Metern mit “sicherer” Landung (im See) gut überstanden. Sein Pass trocknet noch, daher nur nix überstürzen!

Lumbini, Geburtsort Buddhas

Am 14.8. fliegen wir 8:30 Uhr nach Lumbini und wollen uns dort den Geburtsort Buddhas ansehen. Wir landen auf einem echten Wald- und Wiesenflughafen mitten im Nirgendwo.

Um uns herum nur Reisfelder durchkreuzt von Buckelpisten und ein paar kleinen Betonfragmenten zwischen Lehmhütten. Mit dem Auto geht es vom Flughafen an den eigentlichen Pilgerort. Der Weg dahin ist dann auch genau wie erwartet: buckelig und rumpelig und das Hotel passend dazu auch shabby-chic mit mehr shabby als chic. Es wird überall an neuen kleinen Hotels gebaut, die alle irgend etwas mit Buddha im Namen haben und schon beim Bauen nicht den Eindruck erwecken, als würde irgendwann einmal etwas Schönes aus ihnen entstehen. Die ganze Gegend befindet sich in einem chaotischen und nicht sehr einladenden Zustand. Zum Glück sind wir nur eine Nacht hier.
Der Park ist dafür in einem vergleichsweise guten Zustand.
Wir sehen uns als erstes den “Marker Stone” an – den Platz, an dem Buddha vor mehr als 2600 Jahren geboren sein soll. Schon seit über 2300 Jahren wird dieser Platz verehrt. Allerdings geriet er in Vergessenheit und wurde erst vor 100 Jahren von einem Deutschen wiederentdeckt.
Die unmittelbar neben dem Marker-Stone errichtete ziemlich einfache und schlichte Ashok-Säule wurde vom gleichnamigen König schon kurze Zeit nach Buddhas Tod ihm zu Ehren aufgestellt. Der Gemeinde Lumbini erlässt der Regent zeitgleich einen Großteil der Steuern, da sie der Geburtsort des Religionsstifters ist. Um den “Marker Stone” herum wurden schon seit ca. 2300 Jahren Stupas und kleine Tempelanlagen gebaut, die jedoch inzwischen komplett verfallen sind. Über die wenigen noch bestehenden freigelegten Grundmauern hat man irgendwann einen Schutz gebaut.
Die eigentliche Besonderheit des Parks sind jedoch die verschiedenen Klöster und Tempel, die von gläubigen Buddhisten weltweit gestiftet wurden und immer einem Land zugeordnet sind. Sie sind in mehreren Gruppen über das Gelände verteilt und geben einen sehr schönen Eindruck der unterschiedlichen Architekturauffassungen einzelner Länder für buddhistische Tempel oder Stupas.
Da Sonni’s Knie nach ein paar Schritten nicht mehr mitmacht, mussten wir uns wohl oder übel eine Rikscha nehmen (1000 NPR für 4 Stunden), um den ganzen Park zu erkunden. Dabei wollten wir uns endlich mal wieder bewegen, obwohl laufen eigentlich bei der Hitze und Luftfeuchtigkeit auch nicht empfehlenswert ist. Man kann daher ganz einfach an allen Eingängen des Parks Fahrräder ausleihen.

Außerhalb dieses Komplexes befindet sich jedoch nichts – überhaupt nichts – abgesehen von den abgeranzten Hotels, die sich langsam wie in einem Pilzbefall um den Park herum ausbreiten. Viele sehen schon alt aus obwohl an ihnen ersichtlich noch gebaut wird. Die Betonpfeiler für die oberen Stockwerke ragen in den Himmel, am Ende fasern sie in die Stabilisierungsdrähte aus. Das ganze Gelände wirkt daher eher wie in einem apokalyptischen Film als an einem touristischen Ort. Wir waren letztendlich froh, nach einem Tag wieder weg zu sein. Ein Tag reicht auch wirklich, um sich alles anzusehen, wenn man nicht alles zu Fuß macht oder noch das Museum mitnimmt.

Pokhara, Entspannung am Bergsee

Pokhara ist Ausgangspunkt für viele Trekkingtouren, die hier und auch in Kathmandu in allen Agenturen angeboten werden. Für uns hat sich diese Aktivität leider erledigt, daher haben wir uns ein Hotelzimmer mit traumhaftem Blick auf die Berge und auf den Phewa-See gemietet.
Aus Lumbini, der Geburtsstadt Buddhas, sind wir auf einem kleinen entlegenen Flughafen mit einer winzigen Maschine abgeflogen. Aufgrund meines immer noch bandagierten Knies durfte ich ganz hinten sitzen. Von dort konnte man direkt ins Cockpit schauen und hatte das Gefühl, den Start bzw. die Landung beinahe selbst auszuführen.

Bei strahlendem Sonnenschein (eigentlich ist Regenzeit) und 30°C haben wir einen Bummel durch den Ort gemacht. Thomas ist auf der Suche nach einer Flugschule. Er möchte gern paragliden, während ich auf der Suche nach dem besten Spa bin. Noch waren wir beiden nicht erfolgreich, doch immerhin haben wir Käsekuchen und einen Latte Macchiato geniessen können. Ausserdem gabs phantastische Natur gratis dazu.

Rescue me

Am 9. Tag ist somit unsere Trekkingtour offiziell beendet. Vom Flughafen werde ich direkt in einen Rettungswagen “verlegt” und in ein Privatkrankenhaus gebracht. Mit Sirene! Mir ist das alles fürchterlich peinlich. Es liegt ja kein “echter Notfall” oder eine lebensbedrohliche Situation vor. Aber da muss ich durch, das gehört halt dazu wenn der Helikopter zum Einsatz kommt.

Die medizinische Versorgung ist top und findet auf der Stelle, ohne Wartezeiten statt. Allerdings wird aus meiner Sicht zu umfangreich diagnostiziert und behandelt. Es geht lediglich um mein linkes geschwollenes und schmerzendes Knie aber ich erhalte ein Thorax-Röntgen, Blutentnahme und ein EKG. Ausserdem soll ich zur Überwachung mindestens einen Tag in der Klinik bleiben. Mit Blick auf die zu finanzierenden Kosten (von wem auch immer, Versicherung oder Selbstzahler) weist Thomas noch einmal auf den eigentlichen Grund meiner Einweisung hin und bittet um Mäßigung! Somit kann wenigstens die Blutentnahme gestoppt werden.

Ich muss auch nicht im Krankenhaus bleiben, bekomme für die nächsten drei Tage je 30 Minuten Physiotherapie verordnet, erhalte diverse Medikamente, eine Schmerzsalbe und der Arzt legt noch eine Bandage an. Wiedervorstellung nach dem Wochenende am Montag. Fertig!

Mit dem Krankentransport geht es zu unserem Hotel. Erschöpft von der Aufregung und den nicht unerheblichen Schmerzen humple ich aufs Zimmer. Nun ist weiterhin eine aktivitätsgeminderte Erholungsphase zur Regeneration angesagt. Hoffentlich nicht allzu lange. Schliesslich haben wir nur noch 17 Tage bis unsere 6-monatige Sabbatzeit zu Ende geht.

Tag 8, Zwangspause und Abreise Tag 9

Pünktlich 7:00 Uhr sind wir mit unserem Guide zum Frühstück verabredet. Es gibt wie jeden Morgen frischen Ingwer-Limetten-Tee. Die Frau des Hauses brüht zur geschmacklichen Verbesserung sogar die Ingwerblätter mit auf.
Wir haben in einem schönen “Teehaus” in Chumling auf 2200 Metern übernachtet. Von dort ist die Aussicht auf die Berge genial.

Vor uns liegen weitere zwei “Abstiegstage” mit steilem Wegprofil. Über Nacht sind meine Knieschmerzen schlimmer geworden, das linke ist angeschwollen und ich kann weder auf- noch abwärts gehen. Somit beschließen wir eine eintägige Zwangspause zur Regeneration. Allerdings schießen uns sofort sorgenvolle Gedanken durch den Kopf: sollte es keine signifikante Verbesserung geben…wie komme ich dann aus den Bergen nach unten? Der Aufstieg ist uns noch allzu klar im Gedächtnis geblieben mit seinen steinigen, steilen Treppen, unwegsamen schmalen Wegen und nass-rutschigen Felsbrocken. Die Sprengungs-und Steinschlaggebiete nicht zu vergessen! Daher haben wir eine Vorstellung davon, wie anstrengend ein Abstieg unter diesen Bedingungen mit meinen angeschlagenen Knien sein würde. AUSGESCHLOSSEN!! KEINE CHANCE! Es muss eine Alternative her.

Was ist realistisch? Maultier oder Pferd? Ich werde also wie ein Sack Reis auf den Tierrücken geschnallt und los geht es, im Schunkeltempo abwärts. Ich sehe mich schon auf dem kleinen buntverzierten Sattel sitzen, krampfhaft eine Möglichkeit zum Festhalten suchend und bei jedem Abwärtstritt meines “Transportmittels” angstvoll nach vorn/unten kippend. Keine ideale Vorstellung aber ziehen wir das mal in Betracht. Leider sagen uns Einheimische, dass diese Option entfällt, da Ungeübte auf diesen Wegen keine Sekunde im Sattel bleiben. Es ist zu gefährlich, die Wege zu schmal und zu steinig. Selbst die Bergbewohner laufen neben ihren Caravanen an Maultieren, Eseln oder Pferden her und nur auf ebenen Strecken reiten sie dann.

Andere Optionen fallen uns nicht wirklich ein. Also erst einmal abwarten und Tee trinken (im wahrsten Sinne) und den Genesungsverlauf beobachten. Ich bandagiere wieder mein Knie, lege es hoch, sitze in der Sonne und versuche trotz Schmerzen den Ausblick auf die gegenüberliegenden Berge und den kleinen Garten am Farmhaus zu geniessen sowie dem allgemeinen Treiben zuzuschauen.

Der Tag vergeht. Thomas und Rabin spielen das handy-game “Tiger and Goat” oder
“Mühle”. Letzteres mit hellen und dunklen Granitsteinen, die mit einem Hammer auf die entsprechende Grösse zerkleinert wurden. Das Spielbrett ist ein Stück Papier mit aufgemaltem “Mühle-Muster”. Die Not macht erfinderisch und Spass kommt trotzdem auf.
Meine Knieschmerzen lassen im Tagesverlauf nicht nach und auch die Schwellung geht nicht zurück. Dazu gekommen sind noch leichte Hämatome um die Kniescheiben. Ich bin deprimiert! Tatsache ist, ich komme hier aus eigener Kraft nicht mehr weg. Also bleibt nur noch der Helikopter.

Nun geht es richtig los. Rabin und Thomas wechseln sich ab:

  1. Zahlreiche Anrufe bei unserer Trekkingagency
  2. Kontaktaufnahme zum Helikopterteam für eine Preisanfrage (können wir uns das überhaupt leisten?)
  3. Anfrage bei der nepalesischen Naturschutzbehörde für eine Sonderflugerlaubnis in die “restricted area” (diese wird jedoch abgelehnt)
  4. Anruf bei der Deutschen Botschaft in Kathmandu mit der Bitte um Unterstützung beim Erwirken der Sonderfluggenehmigung
  5. Kontaktaufnahme zu unserer Auslandskrankenversicherung…

Wir sind alle sehr angespannt. Erst am nächsten Tag zur Mittagszeit steht fest, ich kann ausgeflogen werden. Es ist ein ständiges Hin und Her zwischen Verantwortlichen, Zuständigen und Besserwissern. Die Kosten liegen bei 3600 $ plus X! Man weiss ja nie, wer noch wofür eine Gebühr erhebt.
Erleichterung aber auch ein wenig Angst vor dem wackeligen Helikopterflug durch das enge Bergtal nach Kathmandu. Wir verabschieden uns von unserer Gastfamilie und bekommen selbstverständlich einen Reisesegen.