Die Kinunu Lodge, in der wir übernachten wollen, liegt leider wieder fast unten am Kivu See. So müssen wir unseren tagsüber mühsam erarbeiteten Aufstieg am Ende unserer Wanderung hinter uns lassen. Das bedeutet jedoch für uns einen erneuten Aufstieg am nächsten Tag. Was für ein Mist!
Die Lodge hat neben ein paar Zimmern und einem Schlafsaal auch noch eine ganz toll gepflegte Gartenanlage zum Zelten mit Blick auf die Kaffeewaschanlage und den traumhaft klaren See. Wieder können wir uns, durchgeschwitzt von der Wanderung, das Baden nur unter größter preußischer Disziplin verkneifen.
Am nächsten Morgen wollen wir den uns bereits bekannten Steilhang umgehen und fragen den Besitzer der Lodge nach einer Weg-Alternative. Es gibt auch eine Abkürzung durch die Farmen und so laufen wir erst einmal los. Mit unseren wenigen Worten in Kinyarwanda grüßen wir unterwegs die Einheimischen freundlich und sie werden gleich hilfsbereiter, offener und zeigen uns die Pfade durch ihre Farmen. Von den Feldern winken sie uns zu und die Kinder rufen laut „good morning musungu!“ Gefühlte einhundert Mal antworten wir.
Unser Weg führt erneut durch Bananenhaine, vorbei an hart arbeitenden Holzfällern, die Bambus schlagen und sägen und per Schiff zu Baustellen auf der anderen Seite des Sees bringen. Wir müssen „Musaza“ unbedingt erreichen, denn unterwegs gibt es keine weiteren Übernachtungsmöglichkeiten. Die Strecke ist mit ca. 13 km auch relativ entspannt und für uns der schönste Teil des Trails.
Am Ende dieser Wanderung lernen wir auch den Besitzer der „1000 Hills Destillerie“ in Kigali kennen. Ein sympathischer Texaner, der sich sehr für den afrikanischen Kontinent, Land und Leute engagiert aber auch Business machen möchte. Aktuell war er mit zwei Geologen aus Südafrika unterwegs, um den Mineralienabbau (Tantal) effektiver und sicherer für die Arbeiter zu machen und bereits bestehende Minen wirtschaftlicher zu führen. Ruanda hat nach seinen langjährigen Erfahrungen und auch nach der Einschätzung der Geologen die größten Tantal- und Coltanvorkommen der Welt, nutzt jedoch nur sehr wenige davon und steht daher aktuell auf dem zweiten Platz des Mineralienabbaus. Der erfolgt nach wie vor noch manuell. 2018 wurde vom Staat ein neues Mineralien- und Minengesetz verabschiedet, so erzählte uns der Destilleriebesitzer. Es soll ausländische Investoren den Einstieg in den Mineralienabbau ermöglichen und diesen in das technische Zeitalter transformieren.
Bisher steigen die Minenarbeiter auf herausgemeißelten Stufen in ca. 10 Meter Tiefe hinab und sind dabei nicht gesichert. Sie graben dort horizontale Gänge um dann noch tiefere Schächte zu graben. Sie fördern aus den bis zu 90m tiefen ungesicherten Gruben das Coltan und Tantal zu Tage. Frauen tragen das abgebaute Mineraliengemisch mit großen Gefäßen auf dem Kopf zu den Lagerplätzen, wo es gewaschen wird. Täglich bis zu 20 Auf- und Abstiegen in die Coltanminen bewältigen sie und bekommen für diese körperlich wahnsinnig schwere Arbeit nur einen Hungerlohn (ca. 200 FWR = 20ct pro transportiertem Sack).