Sonnenaufgang im Akagera Nationalpark

Erschöpft von den vielen Eindrücken des ersten Tages im Akagera Nationalpark waren wir zeitig schlafen gegangen und dementsprechend auch zeitig wieder wach. 5:30 Uhr, pünktlich zum Sonnenaufgang! Was für ein malerischer Blick über die Berge. Wir packten schnell unsere Sachen zusammen, bauten das Zelt ab und fuhren 6:15 Uhr los. Frühstücken wollten wir am ersten ausgewiesenen Picknickplatz unter Anwesenheit der heimischen Tiere.
Nach nur wenigen Minuten sahen wir im Licht des Sonnenaufgangs eine Giraffe an ihrem Frühstücksbaum knabbern. Es folgten wieder Büffel, Zebras und Antilopen. Alle sahen im aufgehenden Sonnenlicht einfach wunderschön aus. Auch die Landschaft strahlte in diesem ganz besonderen Licht und brachte herrliche, ganz natürlich kräftige Farbtöne zum
Vorschein.

Für unser zeitiges Aufstehen sollten wir noch weiter belohnt werden. Wir sahen eine kleine Giraffenfamilie unter Bäumen stehen. Ein Nilpferd spazierte mit einem Lächeln direkt vor unserem Auto vorbei und war auf dem Weg zum morgendlichen Bad. Wenige Minuten später sollten wir seine Kumpane bereits schwimmend an der Badestelle sehen. Besser konnte es kaum werden. Wir waren zufrieden und glücklich, obwohl wir keine Nashörner und auch
keine Elefanten gesehen hatten. Statt dessen noch unzählige und sehr scheue Warzenschweine!

Buschfeuer

Am Eingang des Akagera Nationalparks haben wir für dreimal Eintritt, eine Zeltplatzübernachtung für drei Personen und unseren Land Rover 190 EUR bezahlt. Ein stolzer Preis, der sich hoffentlich lohnen wird. Wir müssen uns mit Passnummer, Autokennzeichen und Handynummer in einer handschriftlichen Liste registrieren, um im Notfall in der Wildnis gesucht werden zu können. Ob das dann auch funktioniert? Nur nicht darüber nachdenken!
Im Kofferraum haben wir einen 20 Liter-Kanister Wasser, eine Tasche mit Essen und unsere Campingsachen und auf geht´s in die Wildnis. Spätestens 17 Uhr wollen wir den Zeltplatz in der Mitte des Nationalparks erreicht haben, da wir noch bei Tageslicht das Zelt aufstellen wollen. Ab 18 Uhr wird es schlagartig dunkel und eine Wegbeleuchtung wird es in der Wildnis wohl kaum geben.

Unterwegs sehen wir zahlreiche Affen: Paviane und Makaken, die in Gruppen gemütlich am Wegesrand sitzen und immer irgendetwas knabbern. Auch unterschiedliche Antilopenarten können wir in Rudeln beobachten. Einzelne Tiere stehen nur wenige Meter neben uns und schauen uns direkt an. Es ist fast unheimlich! Zebraherden galoppieren neben unserem Land Rover her. Büffel überqueren langsam den Weg, bleiben am Rand stehen und schauen etwas bedrohlich zu uns herüber. Wir können sie atmen und schnauben hören. Der Anblick erinnert ein wenig an die Fabelwesen in den Kampfszenen aus „Herr der Ringe“.

Wir fahren vom Hauptweg ab in einen Seitenrundweg und kommen an einen See. Dort sehen wir zu meiner großen Freude badende Nilpferde aber auch eine Krokodil-Familie, die sich in der Sonne ausruht. Zu unserer großen Überraschung steht wenig später plötzlich eine Giraffe am Wegesrand, zupft lässig die wenigen Blätter von den trockenen Sträuchern und lässt sich gar nicht bei ihrer Brotzeit stören. Das Highlight des Tages für uns!

Nun fahren wir zufrieden weiter und wollen langsam in Richtung Zeltplatz. Einen Rundweg wollen wir noch fahren. In der Ferne sehen wir Rauch aufsteigen, Buschfeuer brennen und je weiter wir fahren, umso näher kommen wir dem Feuer. Es riecht verbrannt, Ascheflocken tanzen in der Luft und sinken langsam auf das Grasland. Plötzlich registrieren wir, dass wir unmittelbar an dem Buschfeuer vorbeifahren müssen, unser eingeschlagener Weg führt uns direkt daran vorbei und immer weiter durch dichtes Gras, Schilf und niedrige Sträucher. Unterdessen ist der Weg, sofern man davon überhaupt noch reden kann, so eng, dass wir die heruntergelassenen Fenster schließen müssen, um nicht von Ästen oder Dornensträuchern zerkratzt zu werden. Bremsen haben sich ins Auto eingeschlichen und stören uns massiv. Der Weg wird immer enger, das Gras in der Mitte der Spurrinne dichter und plötzlich ist Schluss! Der Weg bzw. die sichtbare Spur sind weg, wir erkennen nichts mehr. Um uns herum Dickicht! Thomas wendet mühsam den Land Rover und aus dem Auto heraus suchen wir die Umgebung ab. Aussteigen ist streng verboten! Schlangen und was auch sonst noch für Gefahren im dichten krautigen Bewuchs lauern können! Nur ansatzweise erahnen wir in heruntergetretenen Gräsern eine Spur und folgen ihr. Doch auch diese führt nicht auf einen richtigen Weg. Wir haben uns verfahren. Eine Navigation mit dem Handy ist nicht möglich, da kein Empfang gegeben ist. Orientierung ist also nur nach Himmelsrichtung möglich! Wo sind wir gerade hergekommen? Wo steht die Sonne? Wo liegt unser Zeltplatz und wo müssen wir dann hin? Der Rauch des Buschfeuers und ein Elektromast sind unsere einzigen Orientierungspunkte. Doch wir finden einfach keinen Weg und so entschliessen wir uns, zurückzufahren. Müssen allerdings erneut an dem Feuer vorbei und hoffen, dass es sich nicht so stark und schnell ausgebreitet hat, dass unser Rückweg abgeschnitten ist. Jetzt nur keine Panik! Schauen, ob wir einen Strauch oder einen markanten Baumstamm wiedererkennen. Sind wir an diesem Stein vorbeigekommen? Der blühende Strauch kommt mir bekannt vor…hier dann nach rechts, oder links? Thomas ist in solchen Dingen ganz ausgezeichnet. Orientierungskünstler und Erinnerungsweltmeister! Gott sei Dank! Das Buschfeuer ist ganz nah vor uns aber schon wesentlich dichter als auf dem Hinweg. Wir können jedoch noch gut passieren und erreichen nach einer gefühlten Ewigkeit den Hauptweg. Geschafft!
Erleichterung! Dämmerung setzt ein, es ist 16:30 Uhr aber wir sind nun auf dem richtigen Weg zu unserem Zeltplatz. Was für ein Offroadabenteuer!

Imigongo

Nach einer arbeits- und studienreichen Woche freuten wir uns alle drei aufs Wochenende. Bevor die zweite Regenzeit (September-November) so richtig beginnt, wollten wir einen Ausflug in einen Nationalpark machen. Insgesamt hat Rwanda drei Parks und etliche kleinere Waldreservate, die eine Fläche von ca. 2.300 km² umfassen. Somit sind 9% der staatlichen Landschaftsflächen unter Naturschutz gestellt. Der Volcanoes Nationalpark, in dem auch die Berggorillas von Dian Fossey leben, liegt im Norden Rwandas, der Nyungwe Forest Nationalpark im Südwesten und der Akagera Nationalpark im Osten. Letzteren hatten wir für unseren Ausflug ausgewählt.

Der Akagera Nationalpark liegt an der Grenze zu Tansania und ist ca. 110 km von Kigali entfernt. Auf einer recht gut ausgebauten Landstraße erreicht man den Park auch sehr gut, lediglich die letzten 47 km geben einen kleinen Vorgeschmack auf das kommende Fahrerlebnis. Dunkelrote, staubige Buckelpiste! Bevor wir uns diesem Vergnügen widmen, halten wir am Akagera Art Center, um einen Kaffee zu trinken. Schließlich sind wir bereits 7:45 Uhr in Kigali aufgebrochen, um auch am Anreisetag noch ausreichend Zeit im Nationalpark zu haben.

Das Art Center unterstützt einheimische Künstler*innen, die sich der modernen Malerei widmen. Ich bin erstaunt, wie hochpreisig die Gemälde angeboten werden. 300 $ bis 1200 $ kann man bezahlen und erhält dann ein farbenfrohes Ölbild mit einem Materialmix aus bunten Stoffflicken. Hat man Glück, kann man dem Künstler sogar noch bei der Arbeit zuschauen. Außerdem werden im Akagera Art Center die traditionellen Imigongos verkauft. Sie sind eine rwandische Kunstart, die überwiegend von Frauen hergestellt wird. Auf Holzplatten oder auf Leinwänden unterschiedlicher Größe werden mit Kuhdung typisch-afrikanische, geometrische Figuren und traditionelle Muster geformt. Anschließend koloriert man sie in klassischem Schwarz-Weiß oder gestaltet sie etwas moderner und mehrfarbig. Diese traditionellen Motive findet man im Stadtbild auch auf Häuserwänden, auf Werbeplakaten, als Untersetzter, in Bambusschalen oder als Muster auf der Keramik.

Eine große Übersichtskarte vom Akagera Nationalpark hängt ebenfalls im Art Center aus. Wir fotografieren sie ab, da wir die Karte, die Thomas extra vorher besorgt hatte bei dem frühen Aufbruch vergessen haben. Mit der Fotokopie fühlen wir uns nun gut vorbereitet für die weitere Fahrt, da dir Karte auch detaillierte Wege und Picknickplätze ausweist. Thomas war bereits schon einmal im Nationalpark. Mit Kollegen ist er quer durch den Park auf dem durchgehende Hauptweg 120 km durchgefahren. Wir planen allerdings eine Zeltplatzübernachtung auf einer eingezäunten Anhöhe mit Feuerstelle und Ausblick über den Nationalpark. Dafür haben wir uns extra ein großes Zelt von einer Bekannten ausgeliehen. Alles andere an Campingequipment haben wir selbst dabei. Außerdem werden wir auch den einen oder anderen Seitenweg abfahren, um richtig in die Natur einzutauchen. Durch die unterschiedlichen Tageszeiten hoffen wir, doch einige Tiere zu sehen und sind sehr gespannt, welche Arten sich uns tatsächlich zeigen werden.

Im Schlepptau

Unser erster Tagesausflug zum Muhazi- See hatte uns durch die bunte Vogelwelt so gut gefallen, dass wir noch einmal mit Lotti dorthin fahren und ihr alles zeigen wollten. Um gemeinsam ein wenig zu laufen, wollten wir diemal an eine andere Stelle des Sees. Rucksack, Wasserflaschen, Sonnencreme und Regenjacken hatten wir eingepackt.
Die Autofahrt gestaltete sich allerdings etwas schwieriger, da die Wege weitaus weniger erschlossen waren und wir nicht wirklich auf einer Straße fuhren. Es ging ab in´s Gelände. Dank des Land Rovers war das auch kein Problem, aber ein Zeitfaktor. In der größten Mittagshitze hielten wir in einem Dorf an und parkten das Auto im Schatten unter einem Baum. Sofort kamen einige Kinder und schauten neugierig aus sicherer Entfernung, wie wir unsere Sachen aus dem Auto holten, den Rucksack aufsetzten, die Wasserflaschen zückten und los liefen. Ein paar der Kinder folgte uns.

Wir hatten auf einer Anhöhe gehalten, mit schönem Blick über Land und wollten hinunter zum Muhazi-See laufen. Also mussten wir erst einmal durch ein kleines Dorf, wieder vorbei an Bananenhainen und Zuckerrohrfeldern. Skeptische Blicke der Dorfbewohner folgten uns. Vereinzelt wurde uns aber auch am Wegesrand gewunken. Es sprach sich anscheinend schnell im Dorf herum, dass Muzungus unterwegs waren, denn aus jeder Hütte und hinter jedem Feldrand kam plötzlich ein weiteres Kind hervor und schloss sich uns an.
Aus bisheriger Erfahrung wußten wir, dass diese Wegbegleitung nur bis zur nächsten Weggabelung oder bis zum nächsten angrenzenden Siedlungsrand anhalten und sich dann auflösen würde. Doch diesmal war es anders! Es wurden mehr und mehr Kinder und hinter uns bildete sich ein Tross. Im Gleichschritt folgten sie uns, anfangs ruhig und mit etwas Abstand. Doch mit der Zeit waren wir komplett von ca. 25 lärmenden Kindern unterschiedlichen Alters umgeben, ja fast eingeschlossen. Blieben wir stehen, blieben sie auch stehen. Drehten wir uns um, stoben sie kreischend auseinander. Es war wie ein Spiel, nur dass es keine Seite wirklich verstand. Verwirrung und Unsicherheit somit auch auf beiden Seiten.
Wir versuchten uns so normal wie möglich unter diesen Umständen zu verhalten, plauderten miteinander und wollten die Kamera für Landschaftsaufnahmen aus der Tasche holten. Die Kinder krochen förmlich in die Fototasche, begierig zu erfahren, was da wohl drin ist. Als sie realisierten, dass es eine Kamera war, begann ein Kreischen und Murmeln. Einige Kinder zogen sich zurück. Offensichtlich hatten sie Angst, fotografiert zu werden oder wollten es einfach nicht. Demonstrativ fotografierten wir die Umgebung, einzelne Pflanzen, die Landschaft und versuchten den wunderschönen Blick auf den See einzufangen. Wir wollten signalisieren, dass wir kein Foto machten, wenn die Kindes er nicht wollten. Doch es war unmöglich, stehenzubleiben und in aller Ruhe eine Kameraeinstellung vorzunehmen. Augenblicklich wurde wir umringt von zahlreichen neugierigen Kindern, die an uns zupften und knufften, dabei lachten und tuschelten. Wir fühlten uns bedrängt und dadurch sehr unwohl. Wie Außerirdische auf einer unbekannten Mission. Einerseits wurden vereinzelte Rufe „Foto, Foto!“ lauter, denn offensichtlich wollten die älteren Jungs Handyfotos mit uns bzw. mit Lotti. Andererseits war es uns nicht „erlaubt“ und möglich, mit unserer Kamera spontan Fotos von der Landschaft und den Kindern zu machen. Sie standen ja schließlich überall herum und ohne sie war einfach kein Foto möglich.
Beim Laufen zeigten die Kids ständig auf unsere bunten Trinkflaschen oder wollten Geld (vermutlich auch als Gegenleistung für Fotos, wir wissen es nicht).
Ein Versuch, die für uns angespannte Situation zu entschärfen, indem wir mit einem zusammengewickelten Bananenblatt-Fußball zwei-drei Kicks mit den Kids machten, brachte keine Verbesserung. Sie wurden dadurch verständlicherweise noch zutraulicher und für uns aufdringlicher. Ein paar Schritte blieb ich dann hinter Thomas und Lotti zurück, so dass sich die Kinderschar teilte und jeder von uns nicht so stark umringt wurde. Es war jedoch nervig und anstrengend.
Die Lust auf´s Wandern war uns gründlich vergangen. Wir verkürzten unseren geplanten Ausflug, bogen vom Weg ab und quälten uns steil bergauf, um wieder schnell zum Dorf und zu unserem Ausgangspunkt zurückzukommen.

Die nächste Wanderung am Muhazi-See planen wir wieder auf der anderen Seite des Sees. Dort war uns die heutige Erfahrung erspart geblieben. Vielleicht haben wir beim nächsten Mal wieder mehr Glück und Ruhe.

Ahnungslos

Thomas hat eine taffe Kollegin, Solange. Sie ist clever, nimmt die vielen inhaltlichen und methodischen Anregungen von Thomas sehr gern an und möchte sich mit seiner Hilfe beruflich weiterentwickeln. Als sie nun hörte, Ehefrau und Tochter sind auch in Kigali angekommen, wollte sie uns gern kennenlernen. So bekamen wir als Familie eine Einladung von ihr und ihrem Mann zum Abendessen im „ZEN“, einem orientalisch-asiatischen Restaurant. 19:00 Uhr wollten wir uns dort treffen.
Am frühen Nachmittag fuhren wir erst einmal mit dem Auto in die City. Etliche Dinge mussten noch eingekauft werden und wir wollten Lotti unsere „Lieblingsläden“ zeigen. Ich fuhr, da Samstag wenig Verkehr in der Stadt zu erwarten war und parkte auf einem extra großen, kostenpflichtigen Parkplatz eines Einkaufzentrums. Hier hatte ich eine Chance, das Einparken mit dem alten Land Rover zu bewältigen und ohne die Fallstricke einer Tiefgarage rein- und rausfahren zu können.
Der Einkauf bei T 2000, dem chinesischen Billiggroßeinkaufsmarkt, dauerte länger als erwartet. Das liegt an den Abläufen, die man dort einhalten muss: Taschenkontrolle vor dem Betreten des Marktes, gefolgt vom Einschließen aller Taschen und Beutel in einem Safe am Eingang der Einkaufsetagen, Wartschlangen an den Kassen und überforderte Kassierer, die die Preise nicht einscannen können, da die Technik nicht funktioniert. Am Ende des gerade überstandenen Kassierens erfolgt dann noch die Überprüfung des Kassenzettels mit den im Korb liegenden Waren durch die Security und zwar Stück für Stück (ein Kleiderbügel, zwei Kleiderbügel,… es ist für uns jedesmal ein Meditationsauftrag). Erst danach kann man seine Taschen wieder abholen, alles einpacken und aufbrechen. Zu unserem Bedauern wird von den Angestellten alles ganz selbstverständlich mit der notwendigen Ruhe und Sorgfalt ausgeführt. Die kostbare Zeit rennt davon, wobei man nur ein paar Dinge eingekauft hat. Unsere Geduld war überstrapaziert und wir daher beim Verlasse des Einkaufsmarktes alle etwas genervt und angespannt. Die gekauften Sachen luden wir aus unserem vollen Einkaufswagen ins Auto und wollten gerade starten…doch das Auto sprang nicht an. Hatte ich was falsch gemacht? Batterie? Zündung?
Beschämte Blicke, nur das Benzin war alle! So musste Thomas zu Fuß 10 Minuten zur nächstgelegenen Tankstelle laufen und einen kleinen Plastikkanister füllen lassen. Lotti und ich tranken unterdessen einen frisch gepressten Saft in einem Café, welches gleich neben der Parkplatzausfahrt lag und warteten. Das lernt man hier in Rwanda, totsicher!
Anschließend fuhren wir zu „Kigali Hights“, einem sehr noblen und schicken Einkaufsparadies für Kigalis Großverdiener und Expat-Territorium. In unseren Wochenend-Wohlfühl-Sachen entsprachen wir nicht ganz dem Anblick der sich dort tummelnden Mehrheit. Trotzdem bereitete uns der Einkauf in einem Sportladen viel Freude, da wir u. a. für Lotti gute Funktionssachen bekamen.
Unterdessen war es bereits 18 Uhr und wir überlegten, gleich von hier aus in das Restaurant zu fahren, entschieden uns jedoch dagegen. Also fuhren wir noch einmal 20 Minuten zurück nach Hause, um uns umzuziehen und die „Abendgarderobe“ anzulegen. Schließlich war Wochenende und wir waren zum Essen verabredet. Zeitlich würde das alles mega knapp werden, doch afrikanische und deutsche Zeit passen ohnhin nicht zueinander. Mit leichter Verspätung kamen wir im „ZEN“ an. Solange und ihr Mann Jacob saßen bereits am Tisch. Ein tolles überdachtes Gartenrestaurant mit sehr schön eingedeckten Tischen, ein sehr schönes Ambiente (www.zenkigali.com).

Nach sehr herzlicher Begrüßung begann sofort ein lockeres offenes und lustiges Gespräch. Wir erfuhren, dass an diesem Tag Solange Geburtstag war. Wir hatten keine Ahnung gehabt und waren daher ohne Geschenk aber wenigstens noch in ordentlichem Outfit aufgetaucht. Erleichterung! Wir sangen „Happy Birthday“ und selbstverständlich auch noch „Weil heute dein Geburtstag ist.“ Damit unterhielten wir das gesamte Lokal und sorgten für Begeisterung bei allen Anwesenden, einschließlich dem Geburtstagskind. Sehr gut!
Es wurden Getränke bestellt und ein Blick in die Speisekarte geworfen. Man würde mit der Bestellung noch etwas warten wollen, wenn es uns auch Recht sei. So zeitig esse man in Ruanda nicht, erklärte uns Jacob. Obwohl wir richtig hungrig waren, schließlich hatten wir durch unseren Einkaufsmarathon keine Mittagspause gehabt, stimmten wir selbstverständlich zu. Eine weitere Stunde verging mit kurzen fachlichen Gesprächen der Männer und vielen lustigen Kindheits- und Familienanekdoten aus Tansania, wo Jacob und Solange aufgewachsen waren.

Plötzlich erklang „Happy Birthday“ in Kinyarwanda und der Kellner kam mit einer kerzenbestückten Torte an unseren Tisch. Ihm folgte jedoch eine weitere Person und dann noch eine und noch eine…es wurden immer mehr Personen und schließlich realisierte Solange, dass ihre gesamte Familie als Überraschungsgäste mit ihren beiden kleinen Kindern (3 und 5 Jahre) angereist war, um mit ihr zu feiern.

Das Erstaunen und die Freude waren auf allen Seiten groß und Jacob platze fast vor Freude und Stolz über seine gelungene Überraschung, die er gemeinsam mit einer Schwester von Solange organisiert hatte. Nun wurden Tische und Stühle gerückt, Getränke schnell geordert, eine Vorstellungsrunde durchlaufen, Umarmungen folgten, Tränen flossen und wir sahen uns plötzlich in einer großen traditionellen Familienfeier eingebunden. Reden wurden gehalten, Geschenke übergeben, gesungen, erzählt und dabei nun auch ausgiebig gegessen. Es war wunderbar! Alle zeigten sich uns gegenüber so offen und herzlich, als gehörten wir ganz
selbstverständlich mit zur Familie und das schon seit Jahren. Alle bemühten sich, ausschließlich englisch zu sprechen, damit auch wir teilhaben konnten. Die Schwiegereltern waren glücklich über unsere Anwesenheit und fühlten sich, wie wir übrigens auch, sehr geehrt. Thomas bekam in einer Ansprache durch das Geburtstagskind die wohl positivste Rückmeldung zu seinen beruflichen Fähigkeiten und persönlichen Eigenschaften, die man sich nur denken kann. Ich war so stolz auf meinen Mann. In dieser Runde als kleine Familie dabei zu sein, machte auch mich glücklich.