Im Schlepptau

Unser erster Tagesausflug zum Muhazi- See hatte uns durch die bunte Vogelwelt so gut gefallen, dass wir noch einmal mit Lotti dorthin fahren und ihr alles zeigen wollten. Um gemeinsam ein wenig zu laufen, wollten wir diemal an eine andere Stelle des Sees. Rucksack, Wasserflaschen, Sonnencreme und Regenjacken hatten wir eingepackt.
Die Autofahrt gestaltete sich allerdings etwas schwieriger, da die Wege weitaus weniger erschlossen waren und wir nicht wirklich auf einer Straße fuhren. Es ging ab in´s Gelände. Dank des Land Rovers war das auch kein Problem, aber ein Zeitfaktor. In der größten Mittagshitze hielten wir in einem Dorf an und parkten das Auto im Schatten unter einem Baum. Sofort kamen einige Kinder und schauten neugierig aus sicherer Entfernung, wie wir unsere Sachen aus dem Auto holten, den Rucksack aufsetzten, die Wasserflaschen zückten und los liefen. Ein paar der Kinder folgte uns.

Wir hatten auf einer Anhöhe gehalten, mit schönem Blick über Land und wollten hinunter zum Muhazi-See laufen. Also mussten wir erst einmal durch ein kleines Dorf, wieder vorbei an Bananenhainen und Zuckerrohrfeldern. Skeptische Blicke der Dorfbewohner folgten uns. Vereinzelt wurde uns aber auch am Wegesrand gewunken. Es sprach sich anscheinend schnell im Dorf herum, dass Muzungus unterwegs waren, denn aus jeder Hütte und hinter jedem Feldrand kam plötzlich ein weiteres Kind hervor und schloss sich uns an.
Aus bisheriger Erfahrung wußten wir, dass diese Wegbegleitung nur bis zur nächsten Weggabelung oder bis zum nächsten angrenzenden Siedlungsrand anhalten und sich dann auflösen würde. Doch diesmal war es anders! Es wurden mehr und mehr Kinder und hinter uns bildete sich ein Tross. Im Gleichschritt folgten sie uns, anfangs ruhig und mit etwas Abstand. Doch mit der Zeit waren wir komplett von ca. 25 lärmenden Kindern unterschiedlichen Alters umgeben, ja fast eingeschlossen. Blieben wir stehen, blieben sie auch stehen. Drehten wir uns um, stoben sie kreischend auseinander. Es war wie ein Spiel, nur dass es keine Seite wirklich verstand. Verwirrung und Unsicherheit somit auch auf beiden Seiten.
Wir versuchten uns so normal wie möglich unter diesen Umständen zu verhalten, plauderten miteinander und wollten die Kamera für Landschaftsaufnahmen aus der Tasche holten. Die Kinder krochen förmlich in die Fototasche, begierig zu erfahren, was da wohl drin ist. Als sie realisierten, dass es eine Kamera war, begann ein Kreischen und Murmeln. Einige Kinder zogen sich zurück. Offensichtlich hatten sie Angst, fotografiert zu werden oder wollten es einfach nicht. Demonstrativ fotografierten wir die Umgebung, einzelne Pflanzen, die Landschaft und versuchten den wunderschönen Blick auf den See einzufangen. Wir wollten signalisieren, dass wir kein Foto machten, wenn die Kindes er nicht wollten. Doch es war unmöglich, stehenzubleiben und in aller Ruhe eine Kameraeinstellung vorzunehmen. Augenblicklich wurde wir umringt von zahlreichen neugierigen Kindern, die an uns zupften und knufften, dabei lachten und tuschelten. Wir fühlten uns bedrängt und dadurch sehr unwohl. Wie Außerirdische auf einer unbekannten Mission. Einerseits wurden vereinzelte Rufe „Foto, Foto!“ lauter, denn offensichtlich wollten die älteren Jungs Handyfotos mit uns bzw. mit Lotti. Andererseits war es uns nicht „erlaubt“ und möglich, mit unserer Kamera spontan Fotos von der Landschaft und den Kindern zu machen. Sie standen ja schließlich überall herum und ohne sie war einfach kein Foto möglich.
Beim Laufen zeigten die Kids ständig auf unsere bunten Trinkflaschen oder wollten Geld (vermutlich auch als Gegenleistung für Fotos, wir wissen es nicht).
Ein Versuch, die für uns angespannte Situation zu entschärfen, indem wir mit einem zusammengewickelten Bananenblatt-Fußball zwei-drei Kicks mit den Kids machten, brachte keine Verbesserung. Sie wurden dadurch verständlicherweise noch zutraulicher und für uns aufdringlicher. Ein paar Schritte blieb ich dann hinter Thomas und Lotti zurück, so dass sich die Kinderschar teilte und jeder von uns nicht so stark umringt wurde. Es war jedoch nervig und anstrengend.
Die Lust auf´s Wandern war uns gründlich vergangen. Wir verkürzten unseren geplanten Ausflug, bogen vom Weg ab und quälten uns steil bergauf, um wieder schnell zum Dorf und zu unserem Ausgangspunkt zurückzukommen.

Die nächste Wanderung am Muhazi-See planen wir wieder auf der anderen Seite des Sees. Dort war uns die heutige Erfahrung erspart geblieben. Vielleicht haben wir beim nächsten Mal wieder mehr Glück und Ruhe.

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