Sonntagsausflug nach Pandharpur

Bevor nun die gefürchtete Regenzeit einsetzt, nutzen wir jede Möglichkeit für einen Ausflug. Seit Tagen hatten wir versucht, uns für das Wochenende ein Motorrad zu organisieren. Auf den Zustand dieser fahrbaren Schrotthaufen darf man nicht schauen, sie fahren mehr schlecht als recht aber wir sind halt immer wieder froh, damit ein wenig Bewegungsfreiheit zu bekommen.
Heute, am Sonntag sind wir nach Pandharpur gefahren. Diesen bekannten Wallfahrtsort hatten wir bereits Ostern gemeinsam mit unserer Gastfamilie besucht. Doch nun wollten wir noch einmal entspannt durch die Stadt bummeln und die Eindrücke auf uns wirken lassen.

Da eine Fahrtstrecke 42 km beträgt, mussten wir auf dem Rückweg eine kleine Pause einlegen, um Trinkwasser zu kaufen und uns etwas die Füsse zu vertreten. Durch die katastrophalen Strassenzustände werden die Knochen schon mächtig durchgeschüttelt und die Wirbelsäule ordentlich gestaucht.
So landeten wir wieder einmal fast am Ende der Welt oder in der Mitte von Nirgendwo oder war es doch noch am Rand der Zivilisation? Jedenfalls hielten wir in einem kleinen Dorf, dessen Namen wir schon wieder vergessen haben und wurden sehr herzlich empfangen. Etliche Männer kamen in einem kleinen Büro in der Dorfmitte sogleich zusammen und redeten in Marathi auf uns ein. Nur ein Mann sprach leidlich englisch und so konnten die üblichen Fragen wieder schnell zur Zufriedenheit aller geklärt werden.
Es klingelte auf der Dorfstrasse, ein Karren hielt an und plötzlich hatten wir sowie die uns umringenden 8 Männer ein selbst hergestelltes Büffelmilcheis am Stiel (mit Kardamomgeschmack) in der Hand. Einladung vom Parteivorsteher. Ablehnen unmöglich! Lächeln, Loben und Lutschen!
Zum Abschluss durften wir auch noch die lokale Mühle besuchen, in der sogar am Sonntag noch Maismehl fürs Vieh gemahlen wurde. Mahlzeit!
Ohne den am Nachmittag erwarteten Regenschauer kamen wir wieder auf unserer Farm an und hatten für die Kids unserer Gastfamilie selbstverständlich auch ein Eis mitgebracht, allerdings abgepackt von „unserem Händler des Vertrauens“.

Chaos

Wir hatten ja schon geahnt, dass wir einen sehr durchwachsenen Start nach unserem Urlaub im Juni haben werden – aber dass es gleich so hart wird, hätten wir nicht gedacht. Am Ende unserer ersten Arbeitswoche ist unser Plan, das Management auf ein solides Fundament zu stellen, in sich kollabiert. Darüber hinaus haben wir nicht genug Lehrer und somit eigentlich ab Mitte Juni nicht mehr ausreichend zu tun (da wir die Managementthemen nicht weiter verfolgen können).
Weiterhin haben wir einige sehr herbe persönliche Enttäuschungen erlebt, die definitiv nicht dazu beitragen, unseren Glauben an eine wie auch immer geartete Loyalität der Inder zu erhärten. Es ist sich jeder selbst der Nächste. Verlässlichkeit und Verantwortungsbewusstsein sind in Größenordnungen nicht gegeben. Wir überlegen momentan intensiv, wie wir unsere Aufgabe zu einem geordneten Ende bringen können, obwohl wir extrem demotiviert und gefrustet sind. Aber die an uns gestellte Projektaufgabe, das Schulmanagement auf ein solides Fundament zu stellen, können wir nicht mehr realisieren.

Ich habe versucht, unsere letzte Woche mal in einem kurzen Abriss darzustellen – das ist in der Gesamtheit sicher etwas lang und Sonni ermahnt mich gerade, dass das vermutlich keinen interessieren wird – aber irgendwie bekomme ich es nicht vernünftig gekürzt. Es sind vielleicht etwas viele indische Namen am Stück – daher noch einmal eine kurze Einführung:

  • Baba: Der Gründer der Schule, der seine ganzen Ersparnisse und seine aktuelle Pension in die Schule steckt. Momentan besucht er gemeinsam mit der Familie seines jüngeren Sohnes die Familie seines anderen Sohnes in den USA.
  • Sagar Babar: Der jüngere Sohn von Baba, der unser Hauptansprechpartner ist und momentan die Schule leitet, momentan ebenso in den USA bis Ende Juli.
  • Pravin: Der inhaltliche Leiter, eine Rolle, die er bisher aber nie ausgefüllt hat. Er ist zwar ein sehr guter Lehrer, schafft es jedoch nicht, gegenüber den anderen Lehrern in Führung zu gehen.
  • Prashant: Ein Mitglied der Babar Familie, Lehrer für den Kindergarten und ein Macher. Er organisiert den Schulbau, die Finanzen für den Schulbus und wann immer irgend etwas zu machen ist.
  • Balasaheb: Der aktuelle Headmaster, unser Lieblingsgegner, unsteuerbar, lügt, faul…
  • Sagar Pawar, Sarita, Tai: Lehrer an der Schule.

Nach langen Telefonaten mit Sagar hatte er Mitte Mai entschieden, endlich den bisherigen Headmaster Balasaheb abzusetzen und sukzessive Prashant aufzubauen, der uns bisher am Verlässlichsten erschien. In einem Gespräch mit Sagar hatte dieser auch zugesagt, auf jeden Fall noch ein Jahr an der Schule zu bleiben. Mit dieser Entscheidung waren wir sehr zufrieden und bereiteten uns darauf vor, ab Juni die Finanzen gemeinsam mit Prashant aufzubereiten und aus ihm und Pravin ein Führungsteam zu formen, dass Balasaheb ablöst. Für ihn waren nur noch einige administrative Tätigkeiten vorgesehen. Er sollte zusätzlich auch wieder unterrichten. Für Montag hatten wir uns 8:30 Uhr in der Schule verabredet. Im Vorfeld hatten wir den Fakt auch mehrfach nachgefragt, ob das alle schaffen würden, da wir dafür unseren Urlaub abbrechen würden. Natürlich hatten wir für uns mit massiven Verspätungen gerechnet aber die Realität war noch frustrierender.

Montag

Wir warten von 8:30 bis 11:00 ohne dass jemand auftaucht oder sich meldet bzw. auf unsere Telefonate antwortet. Gegen 11:00 erreichen wir Prashant und kurz danach Pravin, die uns mitteilen, dass sie leider entweder Farmarbeit haben oder grad mit ihrer Mutter im Krankenhaus, bzw. beim Mittagessen sind. Für den nächsten Tag verabreden wir uns nachmittags für 14:30. Balasaheb teilt uns per SMS mit, dass er erst Donnerstag zu erscheinen gedenkt. Es geht noch etwas hin und her mit Balasaheb. Sagar Babar teilt ihm mit, dass er nur zum Managementteam gehört, wenn er spätestens am Mittwoch erscheint.

Dienstag

Wir treffen uns um 16:00 (das war im Übrigen sogar eine Punktlandung bezogen auf unsere Zeiterwartung). Pravin und Prashant teilen uns mit, dass sie beide leider nur noch für 2 Monate als Lehrer zur Verfügung stehen und außerdem zusätzlich zu Tai, die in den Schwangerschaftsurlaub verschwunden ist noch Sarita und Sagar Pawar die Schule verlassen haben. Sagar hätte die Schule verlassen, weil er gern mehr leitende Aufgaben übernehmen würde. Unsere gesamte Planung für das kommende Schulhalbjahr kollabiert innerhalb von Minuten. Mit Balasaheb können und wollen wir keine Managementthemen wie Finanzen oder Lehrerweiterbildung bearbeiten, da er uns einfach schon zu oft angelogen hat, des Weiteren stinkend faul und beratungsresistent ist. Darüber hinaus, wie am Montag gesehen, folgt er keinerlei Anweisungen, weder von uns noch von Sagar Babar. (In Deutschland wäre das längst ein Kündigungsgrund – hier jedoch auf dem Land findet Sagar einfach keinen Ersatz und Balasaheb nutzt das aus) Wir kontaktieren Sagar Babar in den USA und verabreden, uns am nächsten Morgen zum weiteren Verfahren abzustimmen. Ich bitte Pravin, sowohl Sagar Pawar zu kontaktieren (u.U. lässt sich ja da noch etwas bewegen) und Rupali (die hier schon einmal gearbeitet hat, sehr geradlinig aber auch streitbar ist und es sich deshalb schon mit Baba verscherzt hat).

Mittwoch

Das Gespräch am Morgen mit Sagar in den USA findet nicht statt und wird auf den Abend geschoben – wir sagen das eigentlich geplante Treffen mit Prashant und Pravin ab und machen uns gefrustet auf den Weg nach Sangola in der (korrekten) Annahme, dass Balasaheb sowieso nicht erscheinen wird. Im Tagesverlauf melden sich Rupali und Sagar Pawar. Mit beiden vereinbaren wir Gesprächstermine an der Schule- mit ihr noch gleich für den Mittwoch Nachmittag. Wir wälzen verschiedene Optionen, die wir Sagar vorstellen könnten, hin und her. Ohne Veränderung des Managements vor Ort ist unsere Arbeit nicht mehr umsetzbar. Die meisten Themen sind dort angesiedelt. Wenn wir bei diesen Themen nicht ansetzen können, bleiben uns ab 15. Juni, wenn die Schüler kommen, nur täglich ca. 1h Arbeit mit den Lehrern übrig. Das steht gemessen an den Umständen in keinem vernünftigen und erstrebenswerten Verhältnis mehr.
Am Abend sprechen wir mit Rupali und haben einen sehr guten Eindruck von ihr. Sie spricht gutes Englisch, weiß wovon sie redet, hat klare Vorstellungen zur Methodik im Unterricht und Steuerung der NGO. Mit ihrer sehr direkten Art stößt sie jedoch in der indischen Männergesellschaft sehr schnell an. Wie sich später herausstellt, ist auch ein Problem, dass ihr Mann und sie sich getrennt haben. Sie ist mit den Kindern allein im Dorf im Haushalt ihres Bruders geblieben und versucht nun, irgendwie durchzukommen.
Am Abend erreichen wir telefonisch nun endlich Sagar in den USA und verabreden uns für den Folgeabend zur Entscheidung. Er nimmt das Thema “Rupali” noch einmal als Diskussionsvorschlag für Baba mit. Die Idee, dass wir mit Sagar Pawar sprechen wollen, um mit ihm Alternativen zu besprechen, findet er prima.

Donnerstag

Wir sprechen am Morgen eine Stunde mit Sagar Pawar. Er zeigt sich begeistert von der Möglichkeit, Verantwortung zu übernehmen und Teil eines Managementteams zu sein. Allerdings möchte er seine Frau mitbringen, die gerade ihren pädagogischen Abschluss gemacht hat und nun ihren Einstieg als Lehrerin sucht. Wir fallen vor Freude fast um und glauben, zwei Probleme auf einmal gelöst zu haben. Bisher ist uns Sagar durchaus positiv als ein Kandidat für zusätzliche Verantwortung aufgefallen. Wir hätten sie ihm unter Umständen jedoch ein wenig später gegeben, aber so kommt nun alles etwas schneller. Abends holen wir uns aus den USA die Freigabe für unseren Ansatz. Rupali ist leider bei Baba “verbrannt”. Er sträubt sich mit Händen und Füßen gegen ihre erneute Einstellung. Irgendetwas muss vorgefallen sein. Baba ist eigentlich ein sehr umgänglicher und verträglicher Mensch. Wenn er jemanden so abschiebt, dann hat es da mal mächtig gerappelt.

Freitag

Sagar erscheint mit seiner Frau, die keinen einzigen Brocken Englisch versteht oder spricht. Uns wird schon etwas mulmig aber das erscheint uns als Preis dafür, das Managementthema geklärt zu haben, noch vertretbar. Ein Großteil der Lehrer trudelt am ersten Arbeitstag irgendwann im Verlauf des Vormittags ein. Wir stellen das neue Managementteam (und Sagars Frau als neue Lehrerin) vor und beginnen mit der Vorbereitung für das neue Schulhalbjahr.

Samstag

Sagar und seine Frau erscheinen nicht. Er geht weder ans Telefon noch hat er eine Nachricht geschrieben. Wir werden im Verlauf des Tages aufgeklärt, dass er schon am Freitag allen gesagt hat, dass er am Folgetag nicht mehr erscheint und sich alle anderen Lehrer selbst genau überlegen sollten, ob sie für das Gehalt die festgelegte Arbeitszeit akzeptieren wollen.
Wir sind entsetzt und frustriert und brauchen erst einmal eine kurze Auszeit mit einer Runde um die Schule, um uns zu fangen und inhaltlich auszutauschen. Es fehlen uns vier Lehrer (nur noch acht sind da, von denen zwei aber auch demnächst gehen). Das Management besteht nur noch aus Balasaheb, dem wir nicht einen Meter über den Weg trauen und der vor allem mit stumpf lächelndem Gesicht die meisten Dinge einfach nicht tut.
Positiv ist, dass wir es schaffen, den Lehrern trotzdem noch die Arbeit zu erleichtern, indem wir das erste Mal nun gemeinsam das Minicomputerlab benutzen und den Lehrern die ersten Schritte in Excel beibringen.

Wir werden für die restliche Zeit hier vor Ort von solchen kleinen Erfolgen zehren müssen. Der große Wurf wird uns nicht mehr gelingen.

Bergfest

Ja, wir feiern Bergfest! Nicht, dass es uns hier nicht gefällt aber wir vermissen schon sehr Freunde, Familie, Kollegen und alle, die man halt so noch vom Sehen kennt und mit denen man sich in seinem gewohnten Umfeld wohlfühlt.

Auch unsere Unabhängigkeit vermissen wir weiterhin sehr. Unterdessen sind wir aber ein klein wenig „selbständiger und unabhängiger“ geworden, trauen uns mehr zu, haben Ansprechpartner und fühlen uns nicht mehr so beobachtet. Na ja, jedenfalls können wir besser damit umgehen, denn geändert hat sich eigentlich nix. Wir sind hier auch nach 3 Monaten noch die Exoten.

Aus unserem Urlaub zurück in Alegaon stellen wir fest, wie bei jedem Gast gilt auch für uns: „Besuch wird nach 3 Tagen lästig“. Der anfängliche Support und die selbstverständliche Hilfe von allen Seiten hat stark abgenommen. Zumal auch Baba, unser grosser Unterstützer und Beschützer, seit Ende Mai in den USA bei seinem Sohn ist. Nun müssen wir uns selbst um unseren 20 Liter Trinkwasserbottich kümmern, kleine Zwischenmahlzeiten wie z. B. Obst, Lassi, Tee etc. werden uns weniger regelmässig angeboten und auch das bisher unkomplizierte Zurverfügungstellen eines Motorrades wird zunehmend komplizierter.
Egal! Wir sind ja schon gross und können uns allein um unsere Angelegenheiten und Bedürfnisse kümmern. Es war nur sehr komfortabel unter den etwas schwierigen und ungewohnten Bedingungen etwas „verwöhnt“ zu werden. So verbringen wir nun etwas mehr Zeit damit, unseren Alltag zu organisieren.

Da jetzt täglich die Zeichen für die beginnende Regenzeit zunehmen, sind wir schon sehr gespannt, welche Auswirkungen diese haben wird. Etwas beunruhigt bin ich schon. Wir rechnen mit Starkregen, Sturm, Stromausfällen verbunden mit Dunkelheit, Schlamm(flächen) überall, nicht mehr trocknender Wäsche, weniger Bewegungsmöglichkeiten (Fahrten mit dem Motorrad) und kürzeren Aufenthalten im Freien. Erste Vorbereitungen haben wir schon getroffen. Gestern haben wir eine aufladbare Lampe gekauft, Kerzen gehen ja bei solchen Regenstürmen sofort aus. Es bleibt also weiter spannend für uns.

Ein einzigartiges Erlebnis ist der in Kochi aufgeführte Katakali, ein alter religiöser Ausdruckstanz. Er wird von Männern ausgeführt, die ganz auffällig geschminkt sind und in bunten traditionellen Kostümen auftreten. Dazu wird Livemusik gespielt und ein Text gesungen, der wie ein Mantra klingt aber laut Erklärungen irgendwann vor 300 Jahren komponiert sein soll. Zusätzlich ist der Publikumssaal mit Rangoli, Blumen und Räucherstäben geschmückt.

Sonni war aufgrund ihrer Erkältung eigentlich vollkommen außer Gefecht und wollte eigentlich nur im Bett liegen bleiben. Abends hat sie sich aber noch einmal rausgequält, damit sie auch noch einmal etwas anderes sieht als die Zimmerdecke. Vor Begin der ganzen Veranstaltung kann man den Schauspielern beim Schminken zuschauen – selbst das ist schon sehenswert. Aus verhältnismäßig dicken unansehnlichen Protagonisten entstehen innerhalb einer Stunde ansehnliche Kunstgeschöpfe, die aussehen, wie aus einer Fabelwelt entsprungen.

Zu Beginn erhält man eine Einführung in die einzelnen Bewegungen der Akteure und man bekommt die Bedeutung dieser Darstellungen, meist Emotionen, erklärt. Jede Handbewegung hat eine spezielle Bedeutung. Daher ist eine Erklärung vorab notwendig, da man sonst von dem nachfolgenden Stück gar nichts verstehen würde.

Der Inhalt dieser Tanzaufführung stellt einen klitzekleinen Teil aus dem Mahabharata (Mahabharata für Hindus = Bibel für Christen) in einer Art Pantomime dar. Die Pantomime ist jedoch noch einmal stark reduziert auf Augen-, Hand- und Fingerbewegungen. Es kommt weniger der gesamte Körper mit ausladenden Bewegungen zum Einsatz sondern vielmehr kleine Bewegungsnuancen im Gesicht, die mit dem Mund, den Augen und den Augenbrauen gemacht werden. Eine Person verkörpert dabei u. U. auch zwei Figuren (auch Frauenrollen). Dann ist diese Person auch mit mehreren Farben (grün und schwarz) geschminkt. Man verliert als ungeübter Zuschauer ziemlich leicht den Überblick darüber, welche Szene nun gerade dargestellt wird. Zumal man ja auch nichts vom erklärenden Gesang versteht, der die ganze Zeit im Hintergrund vorgetragen wird.

Eigentlich geht eine Katakali-Aufführung über 7-8 Stunden. Wir waren aber schon nach einer Stunde minimalistischen Augenrollens am Ende unserer Konzentrationsfähigkeiten. Die Livemusik und der monotone Gesang sind mit der Zeit auch echt anstrengend. Die vielen Farben und die winzigen Bewegungen zu beobachten ist jedoch sehr spannend. Daher sind wir tapfer bis zum Schluss geblieben, was andere Theaterbesucher nicht geschafft haben.

Ayurveda

Ein klein wenig Luxus wollten wir uns ja in den letzten Tagen unseres Urlaubs gönnen und hatten daher Ayurvedabehandlungen ins Auge gefasst. Kochi ist in ganz Indien bekannt für seine zahlreichen und professionellen Ayurvedatreatments. Manche Touristen reisen nur und ausschliesslich für eine Woche Ayurveda, manchmal in Kombination mit Yoga, an. Das wollten wir dann auch mal ausprobieren. Damit es auch „wirklich echt ayurvedisch“ wird, hatten wir Kontakt zu einer indischen Ärztin in ihrer Praxis aufgenommen und keine „Hotelayurvedabehandlung“ gebucht.

Wir sind also extra mit einer Riksha 30 Minuten zu „Dr. Elizás Ayur-Care- Klinik“ gefahren, hatten dort ein kurzes Anamnesegespräch. Die junge Ärztin war uns sehr sympathisch, sie wirkte kompetent, sprach englisch und unterstützte ehrenamtlich ein Waisenheim. Das war bestimmt „ein Zeichen“ und so verabredeten wir für Thomas eine „Knie-Antischmerzbehandlung“ an drei Tagen. Ich sollte etwas für die Entspannung bekommen. Mein Gott, war ich denn immer noch so angespannt, dass man es mir ansah? Nein, natürlich nicht, ich hatte nur keine Symptome zu beschreiben und daher auch keine zu behandeln. Die ärztliche manuelle Pulsmessung und -auszählung ergab…ich bin mega gesund, fit entsprechend meines Alters und kann daher in aller Ruhe entspannende Präventivmaßnahmen nutzen. Also habe ich diese auch gleich an drei Tagen gebucht!

Da ich zu meiner ersten Behandlung mit einer beginnenden Erkältung ankam, wurde das Konzept umgestellt. Ich sollte nunmehr eine medizinische Ganzkörpermassage bekommen (70 Minuten) mit anschliessendem Kräuterdampfbad (20 Minuten).

Als ich den Behandlungsraum betrat, erinnerte mich dieser eher an eine mittelalterliche Folterkammer oder ein SM -Studio. Der Raum war dunkel. An der einen Wand befand sich eine offene Gaskocherstelle, auf der offensichtlich das Öl erhitzt wurde. In der Raummitte stand eine hohe dunkelbraune Hartplastikliege, die man mit drei kleinen Treppenstufen hinaufstieg. Sie war an sich sauber, glänzte jedoch nach Öl und roch stark nach altem Fett. Die Liegefläche hatte zahlreiche Ausbuchtungen, Löcher, Schrägen etc. Diese passten jedoch nicht, um entspannt den Kopf, die Arme oder Füsse zu platzieren. Bereits beim ersten Hinlegen begann es überall zu drücken und unter der Massage gab es erst recht keine Chance auf komfortable Entspannung. Die Massage mit speziell von Frau Dr. gemischtem medizinischen Öl wirkte jedoch Wunder. Ich wurde von zwei Assistentinnen im wahrsten Sinne des Worten in Öl eingelegt. Bereits nach 30 Minuten intensiver Massage kam ich mir vor wie ein Hummer im Garprozess. Ich schwitzte alle Keime und den ganzen Infekt einfach aus. Das anschliessende Dampfbad verstärkte diesen Prozess noch.

Das Dampfbad erinnerte mich an eine hölzerne klappbare Zaubertrickkiste, bei der nur noch der Kopf des Probanden oben heraus schaut. In solch eine Kiste, die für die Größe von indischen Ayurvedakunden passend war, wurde ich hineingezwängt. Wie eine Heimsauna wurde das ganze erwärmt und aus der Bodenplatte stieg nach einigen Minuten Dampf auf, den ich einatmete.

Ich bekam noch ein ayurvedisches Kräuterpulver mit, welches ich den ganzen Tag verteilt immer mal wieder einnehmen sollte. Es war eine Mischung aus Pfeffer, Zimt, Chili und anderen Kräutern. Scharf! Und befreite Atmung und Nase ganz wunderbar.

Nach der Gesamtbehandlung von 1,5 Stunden war ich gar und auch fix und foxi.

Am nächsten Tag ging nix mehr, ich blieb im Bett den ganzen Tag. Am Folgetag waren jedoch alle Anzeichen meiner Erkältung verschwunden. So konnten wir den Rückflug aus dem Süden nach Pune ohne Probleme antreten.

Wer heilt, hat Recht! Ich bin vom Erfolg begeistert. Trotzdem würde ich unter diesen Bedingungen keine Ayurvedabehandlung mehr machen. Da ist mit etwas mehr Komfort in einem Hotel und dafür weniger Ayurveda bzw. weniger Indienstyle lieber.

Thomas der alte Skeptiker berichtet übrigens auch von Knieverbesserungen – also doch Wunderheilung?