Thomas und ich unterstützen nach wie vor Seeing Hands, obwohl unsere gemeinsamen Aktivitäten mit dem Team um Beth und Callixte weniger geworden sind. Allerdings konnte sich Seeing Hands unterdessen auch einen guten Ruf im Bereich Assistive Technology und Web- Accessibility erarbeiten. Mehrfach kam es zu projektbezogener Zusammenarbeit mit dem Digaitalisierungscuster der GIZ, initiiert und unterstützt von Thomas. Weitere Workshops und Trainings sind geplant, die ich mit den Kolleg*innen des Digi-Clusters in meiner Funktion als Consultant für das Mainstreaming Thema “Disability/Inclusion” übernehme. Somit hat sich eine Verknüpfung unserer ehrenamtlichen Tätigkeit mit unserem beruflichen Engagement entwickelt, für die ich sehr dankbar bin. Die inhaltliche Vielfalt meines Einsatzes als Entwicklungshelferin ist durch diese Zusammenarbeit größer geworden.
Doch nach wir vor liegt der Schwerpunkt des Engagements von Seeing Hands im Massage-Training für blinde und sehbehinderte Frauen und Männer. Beth ist weiterhin sehr ambitioniert und reist mit ihrem Team, bestehend aus ca. 20 Student*innen, zu verschiedenen Veranstaltungen in Ruanda. Z. B. bot sie den Teilnehmenden am “Nyungwe Marathon” oder auch beim Radrennen zur “Tour du Rwanda” Massagen an. Es gibt auch immer spezielle Angebote zum Valentinstag oder zum Internationalen Frauentag, der in Ruanda viel Beachtung erfährt. Im Juni findet in Kigali der “International Peace Marathon” statt, und auch da wird Beth mit ihrem Team sicher wieder mit dabei sein. Beth sorgt jedoch auch dafür, dass “Seeing Hands” regelmäßig Angebote in den lokalen Communities für andere benachteiligte soziale Gruppen unterbreitet. “Wird dir von der Gesellschaft gegeben, gib auch ihr etwas zurück”, das ist ihre Einstellung, die sie den Student*innen kontinuierlich vermittelt und die sie auch in der praktischen Arbeit einfordert.
All diese Aktivitäten bringen nicht immer sehr viel Einnahmen für das Massage Team, jedoch profitiert Seeing Hands gerade vom Marketing dieser Großveranstaltungen. Um jedoch auch in den Sozialen Medien ihr Engagement noch besser darzustellen, sucht dasTeam einen Volunteer, der/die die Accounts von Instagram, Facebook und Twitter regelmäßig pflegt und auch die Webseite mit kurzen Beiträgen aktuell hält. Doch ehrenamtlich Tätige zu finden, ist in Ruanda sehr schwierig. Der Großteil der Bevölkerung braucht selbst dringend bezahlte Beschäftigung oder eine geringfügige Entlohnung für einfache Tätigkeiten.
Die Zivilgesellschaft hat sich bisher noch nicht so stark entwickelt, dass eine regelmäßige und nicht nur finanzielle Unterstützung untereinander ansatzweise erfolgt und möglich zu sein scheint. Die Erfahrung, dass sich Zielgruppen mit ähnlich gelagerten gesellschaftlichen Herausforderungen durch gemeinsames Engagement und durch das Suchen nach Synergien unterstützen können, ist- bedingt durch die Historie Ruandas- auch nur schwer zu vermitteln. Häufig wird auf “Hilfe von Außen” gehofft und gewartet und diese sogar mit der Begründung der jahrelangen Ausbeutung während der Kolonialzeit selbstverständlich erwartet. Diesem Thema widmet sich die GIZ zunehmend stärker und organisiert Webinare und Konferenzen für einen internationalen Austausch. Eine einfache Lösung gibt es diesbezüglich nicht!
Daher versuchen Thomas und ich mit unserem persönlichen Engagement bei Seeing Hands ein kleines Zeichen zu setzen, verschiedene Akteuere zusammenzubringen, einen inhaltlichen Austausch zu initiieren, der dann im besten Fall auch zu einer Veränderung in der Einstellung gegenüber blinden und sehbehinderten Frauen und Männern führt. Beispielsweise hat sich eine Kollegin von Thomas erstmalig selbst an Seeing Hands gewandt und nach einer Massage gefragt, als sie Nackenschmerzen hatte. Das hat mich unwahrscheinlich gefreut denn noch vor zwei Jahren kannte sie “Seeing Hands” nicht einmal.
Damit sich die individuellen Fähigkeiten und auch das Vertrauen in diese bei den Frauen und Männer von “Seeing Hands” weiterhin positiv entwickeln, fand eine weiter Anatomie-Stunde mit Matthias, Executive Director von Cognos International, statt. Er besucht “Seeing Hands” regelmäßig und wirbt weiterhin unermüdlich bei internationalen Organisationen aber auch bei der Regierung von Ruanda für die Entwicklung eines Ausbildungsbereiches, der speziell blinde Frauen und Männer fördert.
Das Skelett wurde von ihm in Einzelteilen im Koffer bei seinem letzen Besuch in Ruanda mitgebracht. Nun trainiert Ruth, eine junge sehbehinderte Frau, das Team von “Seeing Hands” mehrfach in der Woche in Anatomie. Am Skelett ertasten alle Student*innen den Knochenaufbau des menschlichen Körpers und bekommen die Muskelansätze erklärt, die sie dann untereinander mit spezifischen Bewegungen massieren üben.
Die Zusammenarbeit mit “Seeing Hands” bereitet mir immer wieder unendlich viel Freude und sie gibt mir die Kraft, die kleinen Schritte wahrzunehmen und anzuerkennen, die für eine große gesamtgesellschaftliche Entwicklung nötig sind.