Ganz Kigali spricht nur noch vom Großereignis “CHOGM”. Ab 20. Juni 2022 halten sich für eine Woche 54 Staatsmänner und -frauen des Commonwealth und deren Delegationen in Ruanda auf und werden über gemeinsame Aktivitäten zur Entwicklung der Nationen beraten. Es werden mehr als 5.000 Besucher erwartet, die alle untergebracht und transportiert werden wollen. Das klingt nicht so wahnsinnig viel, bringt Kigali jedoch an seine Grenzen.
Aufgrund von Corona wurde dieses Event, das ursprünglich 2020 stattfinden sollte, zweimal verschoben. Der Entwicklungsstand der Commonwealth Nationen ist sehr unterschiedlich. Viele afrikanische Länder z. B. Botswana, Cameroon, Gambia, Ghana, Kenya, Lesotho, Malawi, Moçambique, Namibia, Nigeria und Rwanda sind ebenso vertreten wie Canada, UK, Malta, Zypern, Australien und Neuseeland.
Seit einigen Monaten laufen die intensiven Vorbereitungen für dieses Treffen, was unter den höchsten Sicherheitsvorkehrungen und -auflagen stattfinden wird. Kleine Farmhäuser am Straßenrand von Kigali werden abgerissen, um die Straßen zum Regierungs- und zum Botschaftsviertel zu verbreitern. Neue Straßen werden gebaut und die bestehenden neu gepflastert. Auch Grünflächen werden angelegt, Häuserfassaden gestrichen und Parkbänke aufgestellt. Sogar Bordsteinkanten wurden gestrichen und neue Bushaltestellen aufgebaut. Ausnahmezustand überall auf den Straßen!
Vom Straßenbau ist auch ganz extrem der Stadtteil Kicukiro betroffen, in dem wir derzeit wohnen. Dessen Hauptstraße wird zukünftig nicht nur zum neuen Flughafen führen, sondern auch als neues Verkehrskreuz mit Straßenüberführung und -unterführung ausgebaut. Dementsprechend gestaltet sich gerade der Verkehr. Planlos und nicht ausgeschildert wird dieser umgeleitet, was zu einem Verkehrschaos und teilweise zum kompletten Erliegen des Verkehrs zu den Hauptverkehrszeiten führt. Hervorgerufen wird dieses Chaos durch die Vollsperrung der Hauptstraße und zusätzlich vieler Nebenstraßen, die als Ausweichroute genutzt werden könnten, auf denen allerdings parallel auch gleich noch gebaut wird.
Ein Albtraum für mich! Statt der üblichen 20 Minuten brauchen wir jetzt 45 Minuten in die Stadt und dann sind wir schon sehr zufrieden denn länger kann es situationsbedingt immer dauern. Für Berliner Verhältnisse ist das natürlich immer noch eine ganz normale Fahrtzeit, jedoch legen wir hier in diesen 45 Minuten nur 7 bis 10 km zurück und kommen nicht, wie in Berlin einmal quer durch die ganze Stadt.
Zusätzlich musste ich auch noch mein 20 Jahre altes GIZ Dienstauto zur Reparatur geben. Durch das ständige Anfahren am Berg und das langsame Fahren im Stau, hat die Kupplung den Geist aufgegeben. Nun fahre ich entweder mit dem Motorrad-Taxi, was definitiv schneller aber auch gefährlicher ist. Oder Thomas bringt mich früh mit unserem laut rasselnden und mindestens ebenso anfälligen Auto zum Büro und fährt dann im Schritttempo weiter.
Erstaunlicherweise hatte unser altes Auto jedoch gestern zum wiederholten Mal den “TÜV” erhalten und bringt uns weiterhin recht zuverlässig ans Ziel. Doch wenn einem das Auto nach der TÜV Inspektion von der Werkstatt mit leerem Tank übergeben wird, da selbstverständlich eine extra Runde gedreht wurde, und man dadurch mitten zur Hauptverkehrszeit auf der meist bewachten Straße mit vielen Botschaftsgebäuden liegen bleibt, liegen auch bei uns die letzten Nerven blank. Thomas musste zur nächsten Tankstelle laufen und ich “bewachte” unser Auto, so dass es nicht als terrorverdächtiges Vehicle abtransportiert wird. Unendliche Male entschuldigte ich mich bei den immer aufs neue nachfragenden Polizeibeamten, erkläre die Situation und lächle nervös.
Nach solchen Fahrten und Ereignissen sind wir beide immer extrem angespannt. Ich hatte mir sogar vor einigen Wochen eine “kupplungsbedingte” Muskelverspannung im Oberschenkel zugezogen. Selbständig Autofahren war daher in der letzten Zeit ohnehin völlig unmöglich. Dank der Massagen von “Seeing Hands” war das Problem jedoch schneller als erwartet wieder behoben!
Daher sind wir nun unendlich froh, dass wir Mitte Mai in die Innenstadt ziehen werden. Der Fahrtweg zu meinem Büro wird sich extrem verkürzen. Ich kann vielleicht sogar in mein Büro laufen und eine Abkürzung auf Schleichwegen nutzen. Dann bleibt auch wieder mehr Zeit für den Freizeitbereich.
Unter welchen Bedingungen wir uns während des CHOGM in Kigali bewegen können, bleibt abzuwarten. Da wir zukünftig in unmittelbarer Nähe zum Präsidentenpalast in Kiyovu wohnen, sind wir jetzt schon auf die Sicherheitsmassnahmen, Kontrollen u.ä. gespannt.