Preisverleihung

Im Oktober hatte ich schon vom „Hackathon“ zum Thema
Innovate4Disability/Incusion berichtet. Nun hat es einige Monate gedauert, um neue Fördergelder bewilligt zu bekommen und vor zwei Tagen folgte dann die Fortsetzung mit einer Preisverleihung für die 5 besten Innovationen zur Erleichterung des Alltags für Menschen mit Behinderung.
11 Teams waren bereits im Oktober aus 21 Startteams gewählt und in diese Endrunde gekommen. Sie wurden nun erneut einen Tag vorbereitet, um vor 150 geladenen Gästen und 2 Ministerinnen sowie zahlreichen Geschäftsführern unterschiedlicher staatlicher Institutionen ihre Idee (Innovation) zu präsentieren. Was für eine Herausforderung und Chance! Viele der Männer und Frauen der teilnehmenden Teams kommen ursprünglich aus ländlichen Regionen um Kigali, sprechen teilweise kein oder kaum englisch und haben aus eigener Betroffenheit in ihrem sozialen Umfeld heraus Ideen zur Verbesserung der Situation für Menschen mit Behinderung entwickelt. Für sie ist eine Veranstaltung dieses Ausmaßes eine wahnsinnige Wertschätzung, besonders durch die Teilnahme der Ministerinnen und durch die Wahl des Veranstaltungsortes.

Die Vorbereitung für dieses große Event, was in einem
4-Sterne-Konferenzhotel in Kigali stattfand, war wieder
rwandisch-chaotisch. Die Einladungen wurden erst wenige Tage vor dem Ereignis an die Teilnehmenden versandt. Dafür wurden dann aber auch alle zur Verfügung stehenden Kanäle und sozialen Medien genutzt und ich konnte einen regen Chat in den diversen Gruppen mitverfolgen, ohne immer genau zu verstehen, worum es eigentlich ging. Auf meine Nachfrage an die Organisatorin, welche konkreten Erwartungen denn an mich gestellt würden (ich war ja schließlich auch im Verteiler), wurde mir mitgeteilt, ich sei eines von 5 Jury-Mitgliedern, die die Prämierung vornehmen bzw. die Kandidaten bewerten würden. OK! Braucht es dafür nicht auch ein wenig Vorbereitung? Welche Kategorien sind für die Bewertung relevant? Gibt es noch weitere Faktoren, die berücksichtigt werden sollten wie z B. Gender o.ä.? Ich sagte meine Teilnahme jedoch zu und hoffte auf ein Briefing vor der Veranstaltung. Dass es dazu nicht kam, brauche ich hier eigentlich nicht zu erwähnen. So hatte ich es leider befürchtet. Gemeinsam mit den anderen
Jury-Mitgliedern, bestehend aus je einem männlichen Vertreter der GIZ (Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit) , NIRDA (National Industrial Research & Development Agency), NCPD (National Council for People with Disability) und RISA (Rwanda Information Society Authority) mussten wir erneut ein wenig improvisieren. Ich war also die „Quotenfrau“ und wurde als Gastjurorin und Expertin für Disability/Inclusion aus Deutschland vorgestellt. Was für eine gigantische Einführung meiner Person in diese nationale Spezialistenrunde.

Das Interesse am Thema schien groß zu sein denn der Saal war nicht nur gut gefüllt mit geladenen Autoritäten, hochstehenden Persönlichkeiten und einflussreichen Managern. Erstaunlicherweise waren auch viele Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen durch die Einladungen ihrer entsprechenden sozialen Institution anwesend. Es standen 3 Gebärdendolmetscher zur Verfügung und an drei riesigen Leinwänden konnte man aus jeder Sitzposition die Power-Point-Präsentationen der Teams optisch ansprechend verfolgen. Auch Mikrophone standen zur Verfügung, so dass Fragen und Anmerkungen gut verständlich kommuniziert werden konnten. Alle Tische waren nett eingedeckt und mit Getränken sowie Notizblöcken und Kugelschreibern ausgestattet. Eine unerwartete gute Vorbereitung durch das Hotel, weniger durch den Veranstalter.
Mit einer Stunde Verspätung wurde die Veranstaltung durch einen MC (Master of Ceremonie = Moderatorin) eröffnet. Der MC war Solange, eine von Thomas sehr geschätzte Kollegin von RISA. Sie war genau drei Stunden vor Veranstaltungsbeginn angefragt worden, die Moderation zu übernehmen. Daher war sie mega aufgeregt, was ich nur allzu gut nachvollziehen konnte. Auch die Bewertungsbögen zur Einschätzung der Teams standen nicht in ausreichender Zahl für uns Juroren zur Verfügung. Somit veranlasste ich erst einmal an der Hotel-Rezeption das Ausdrucken weiterer 35 Kopien für 6 EUR. Schließlich musste Transparenz sichergestellt werden, da es ja um die Verwendung von UNICEF-Fördergeldern ging.
Nach der offiziellen Eröffnung folgten die üblichen Begrüßungsreden durch den Geschäftsführer der durchführenden Organisation (RISA) und der finanzierenden Ministerien (Ministerium für Jugend und Kultur sowie Ministerium für Information, Kommunikation, Technology und Innovation). Zur Auflockerung und zur Betonung des Themas der Veranstaltung „The world is accessible!“ gab es eine beeindruckende Darbietung durch eine Tanzgruppe, deren Mitglieder alle taub-stumm sind.

Anschließend starteten wir umgehend mit den 11 Präsentationen der einzelnen Innovationsteams, wobei jedes Team nur 5 Minuten zur Verfügung hatte. Ich musste mich sehr konzentrieren, um den Inhalten in dieser Geschwindigkeit folgen und meine Einschätzung auf dem vorbereiteten Bewertungsbogen in 5 Kategorien abgeben zu können. Im Gedächtnis geblieben sind mir folgende „Innovationen“:

1. ein SMS-System für ländliche Gegenden zur Meldung der tatsächlichen Bedürfnisse behinderter Menschen vor Ort an staatliche Institutionen, die dann die Hilfen einleiten und koordinieren
2. ein faltbarer, leichter Rollstuhl, wobei das Team noch an dessen Geländegängigkeit arbeiten muss
3. ein Informationssystem für den „öffentlichen Nahverkehr“ mit GPS und Sprachansage in den Bussen für Blinde und Taubstumme
4. ein Blindenstock, der Hindernisse auf dem Weg benennt und bei anbrechender Dunkelheit zu vibrieren beginnt (Sicherheitsfeature) 5. ein Armband, welches mit GPS versehen und an eine Sprach-App. gekoppelt ist und daher blinde Menschen sicher leitet
6. eine Brille, die geschriebene Schrift für blinde Menschen in Lautsprache übersetzt, so dass keine speziellen Braille-Bücher mehr erstellt werden müssten, sondern jeder schriftliche Beitrag gelesen werden kann. Außerdem scannt und erkennt diese Brille auch Hindernisse auf dem Weg und sagt diese in entsprechender Entfernung an.
7. eine Foto-App., die Gebärdensprache in Lautsprache übersetzt

Einige dieser Innovationen waren noch im Ideenstatus, aber einige hatten sogar schon einen Prototype, der vorgestellt werden konnten. Ich war beeindruckt!
Am Ende aller erfolgreichen Präsentationen hatten wir als Jury für die Auswertung unserer Team-Bewertungen in 5 Kategorien und für die Auswahl der 5 besten Teams nur 20 Minuten Zeit. Daher begann ein hektisches Auszählen von Punkten durch jedes einzelne Jury-Mitglied und für jedes einzelne Team. Danach wurden alle vergebenen Einzelpunkte in eine Tabelle den teilnehmenden Teams zugeordnet und erneut zusammengezählt. Das eigentliche „Ranking“ fand dann auf Kinyarwanda statt, da natürlich noch nationale Besonderheiten, Genderperspektiven, Anforderungen im Zusammenhang mit den Fördergeldern etc. berücksichtigt werden mussten. Schlussendlich gab es aber eine abgestimmte Rangfolge für die besten 5 Teams, an die ich mich leider nicht erinnere. Zu viele Informationen in zu kurzer Zeit. Jedes Gewinner-Team bekam einen Geld-Check in gestaffelter Höhe überreicht. Maximales Prämiengeld waren 200.000 RF = 200 EUR. Das ist hier sehr viel Geld, welches durch die Teams zur Weiterentwicklung ihrer Idee oder ihres Prototyps eingesetzt werden muss und nur nach Projektfortschritt ausgezahlt wird.

Diesen Prozess der Weiterentwicklung werde ich vermutlich auch begleiten. Einen (Zeit) Plan dafür gibt es selbstverständlich noch nicht, aber ich werde bestimmt „rechtzeitig“ informiert und kann dann wieder berichten. Spätestens dann kann und werde ich auch die Gewinner der Preisverleihung noch konkret benennen können.

Trotz des organisatorischen Chaos war es eine gelungene und repräsentable Veranstaltung, über die auch im nationalen Funk- und Fernsehen berichtet werden wird. Die Idee des „Hackathon“ ist genial und bezieht viele Betroffene, Interessierte, Wissende und Verantwortliche auf
unterschiedlichen Hierarchie- und Funktionsebenen ein. Das in Deutschland unterdessen so unbeliebte Thema „Inklusion“ wird mit einer unkomplizierten Selbstverständlichkeit auf den Weg gebracht.
Kurz erwähnen möchte ich noch das Langzeitprojekt des „digitalen Umuganda“, welches parallel zu den kleineren Veranstaltungen zum Thema „Inklusion“ ins Leben gerufen wurde. D. h. die monatlich für alle Rwandaer verpflichtenden Treffen in den Gemeinden und Dörfern sollen zukünftig dazu genutzt werden, um Sprachdaten in Kinyarwanda aufzunehmen, die dann bei der Rwandischen Ausgabe von „SIRI“ verarbeitet werden. So soll sichergestellt werden, dass Menschen mit Behinderungen über das sprachliche Abrufen von Informationen auf hilfreiche Veranstaltungen, Unterstützungsmaßnahmen, Finanzdienstleister etc. zugreifen können. In kleinen Schritten geht es in Afrika voran!

Plätzchen aus Kindertagen

Nachdem wir bereits einmal Plätzchen mit Freunden gebacken hatten und beide Rezepte Thomas Lieblingsrezepte aus Kindertagen waren, mussten selbstverständlich auch noch meine Lieblingsplätzchen gebacken werden: Doppeldecker mit Marmelade gefüllt und Schokoladentaler.
Diesmal hatten wir zwei Kolleginnen von Thomas, Elisabeth und Maurice, mit ihren 5-jährigen Töchtern eingeladen. Außerdem hatte ich Tina Bescheid gesagt. Die 25-jährige junge Frau lernte Lotti bei ihrem Besuch bei uns im Oktober auf der 3-tägigen „Youth-Connect“ im Convention Center kennen und seither haben wir den Kontakt zu ihr gehalten.
Thomas hatte seinen Kolleginnen 14:00 Uhr als Startzeit mitgeteilt, damit wir dann nach unseren Vorstellungen gegen 15:00 Uhr mit dem Backen beginnen können würden. Er plante also mit rwandischem Zeitverständnis. Tina hatte ich dagegen für 15:00 Uhr eingeladen. Sie kam auch pünktlich, während die anderen beiden erst 15:30 Uhr und 16:00 Uhr ankamen. Mit 1,5 bis 2 Stunden Verspätung aber nach unserer Planung gerade noch richtig 🙂 Tina meinte, sie würde gern erst einmal etwas essen wollten, da sie gerade aus der Kirche käme. OK! Also tauten wir „German Multigrain“ Brot auf, schnitten Käse und Tomaten auf und „servierten“ eine Deutsche Brotzeit. Ach ja, einen Joghurt würde sie auch noch haben wollten, den hätte sie im
Kühlschrank gesehen. Und ich sollte doch bitte ein Foto machen, wie sie Brot und Käse esse. Na dann, nicht leichter als das! Tina schien die ungewöhnliche Mahlzeit auch tatsächlich zu geniessen. Die Kids bekamen heißen Kakao und später Cola. Damit war für sie der Nachmittag schon perfekt und das Kommen hatte
sich gelohnt. Der Hit für sie war jedoch unser Räuchermännchen. Ehrfürchtig beobachteten sie, wie der Rauch aus dem kleinen runden Mund aufstieg und den Fusselbart schwarz färbte.

Vier unterschiedliche Teige hatten wir vorbereitet, da im Vorfeld alle bekundet hatten, wie gern und oft sie backen würden. Das Interesse liess
jedoch nach nur wenigen Minuten rapide nach und so verarbeiteten wir nur zwei Teige. Elisabeth verschwand ausserdem erst einmal für ca. 1 Stunde für eine Geldübergabe an einen Bekannten o.ä. Wir versuchten indes die Kinder zum Ausstechen der Plätzchen zu motivieren, obwohl sie nur französisch verstanden und gar nicht wussten, was hier geschah. Tina unterstützte uns tatkräftig, war aber kommunikativ keine Hilfe. Der Gasherd kam dann auch noch erschwerend als kleines Hindernis hinzu, da wir die Temperatur einfach nicht regeln konnten, d. h. Ober- und Unterhitze an oder eben aus! Trotzdem sind einige Plätzchen sehr gut
gelungen (die verbrannten haben wir gleich entsorgt) und das Dekorieren lief dann etwas besser. Das Bestreichen mit Kuvertüre, Bestreuen mit Nüssen, Krokant, Mandeln, bunten Streuseln und Deko-Kügelchen machte den Kindern und auch den Müttern viel Spaß. Selbstverständlich mussten die Plätzchen noch trocknen, bevor wir jeder anwesenden Partei Kostproben zum Mitnehmen einpacken konnten.

In der Zwischenzeit saßen wir alle draußen auf unserer Terrasse, tranken Wein und quatschten. Für Tina schien es schwer zu sein, mit uns ins Gespräch zu kommen und die anderen mussten aufpassen, nicht in dienstliche Themen abzugleiten. Aber es lief ganz gut. Die vielen Kerzen und die beiden Lichterketten an den Fenstern machten das Ambiente gemütlich und so verging die Zeit. Erst 20:00 Uhr brachen alle wieder auf und versicherten,
es wäre ein toller Nachmittag und Abend gewesen. Auch wir waren davon überzeugt, konnten wir doch ein wenig deutsche
Weihnachtstradition vermitteln und berichten, wie wir uns zu Hause auf das Fest vorbereiten und die Feiertage verbringen. Maurice meinte sogar, sie würde gern das Plätzchenbacken in ihre Tradition aufnehmen denn es sei eine schöne Möglichkeit, mit den Kindern Weihnachten vorzubereiten und eine schöne Stimmung zu verbreiten. Ja! Genau! Darum geht es! Gemeinsam in Weihnachtsstimmung zu kommen, gemütlich zusammenzusitzen und Zeit miteinander zu verbringen! Mission erfüllt!

Macken im Alter

Unser gebrauchter, viele Jahre alter Land Rover hatte schon immer ein paar Macken. Die Tankanzeige funktioniert z. B. nicht, so dass wir unterwegs schon stehengeblieben sind, da das Benzin verbraucht war aber die Anzeige noch halbvoll signalisierte. Es ließ sich bisher auch die Heckfensterscheibe nicht mehr komplett hochschieben und so regnete es in den Kofferraum. Dort stand dann das Wasser in der extra für Werkzeug und Batterieladekabel vorgesehenen Bodenplattenvertiefung und alles rostete unbemerkt langsam vor sich hin. Die Bremsen quietschen und die Kupplung hakt. Den Rückwärtsgang einzulegen ist manchmal auch eine echte Herausforderung. Besonders wenn man mit angezogener Handbremse vor einer tiefergelegenen Betonregenrinne steht, das Auto wenden möchte und einfach nicht in den Rückwärtsgang kommt. Schweißperlen überall und feuchte Hände. Vom Puls will ich gar nicht erst reden.
Dann leuchtete seit kurzem eine „am steilen Hang Abwärtsfahrsperre“ (gelbes Symbol eines abwärtsfahrenden Autos mit einem Ausrufezeichen) Was soll mir das denn bitte sagen? Gar nix, richtig! Und so ignorierten wir das blinkende Symbol und hofften, dass schon nix Dramatisches ausfallen würde. Auch die Kühlwasseranzeige steigt beim Anfahren am Berg (und das passiert hier ja nun mal öfter) in alarmierend rotleuchtende Höhen. Aus Mangel an der richtigen Kühlflüssigkeit, die man nicht einfach an der Tankstelle kaufen kann, hatte Thomas bereits einmal aus Sicherheitsgründen normales Wasser nachgefüllt. Daraufhin hatte man dann Gefühl das Auto bricht gleich auseinander, so röhrte und dröhnte das alte Teil. Es kann auch passieren, dass das schwere Fahrzeug mit angezogener Handbremse und eingelegtem erste Gang aus der Parkposition rollt und ich noch einmal mit extra Kraft und zitternden Händen die Handbremse ziehen muss. Man weiß nie, was passiert und warum, aber das alles trägt für mich nicht dazu bei, gern und häufiger Auto zu fahren.
Nun hatte auch Thomas genug von den kleinen Störungen und wir bekamen über einen Bekannten einen Automechaniker vermittelt, der sogar am Samstag zu uns nach Hause kam. Mit einem kleinen Bündel von eingewickelten Werkzeugen in der Hand stand er vorm Tor. Die sprachliche Verständigung ging natürlich nicht aber Thomas demonstrierte alle Fehler am Auto sehr praktisch und eindeutig. Verständnisvolles Nicken! Es begann ein wildes Hin- und Herklicken mit der Fernbedienung der Zentralverriegelung am Autoschlüssel. Danach wurde vom Fachmann die Frontklappe geöffnet und unter die völlig verdreckte Motorhaube geschaut. Konnte man da tatsächlich noch was erkennen? Einige Minuten tief vorn über gebeugt, suchte unser Automechaniker nach Dingen, die für unser Auge ohnehin unsichtbar waren. Er schraubte hier und da, rüttelte und klopfte und… war fertig. Die noch offenen Autotüren wurden schwungvoll geschlossen, alles erledigt! Der Rest sollte am nächsten Tag in einer Werkstatt fertiggestellt werden. Sehr gut! Doch Moment mal, wo war der Autoschüssel? Zu! Das Auto war komplett verschlossen, der Schlüssel jedoch lag noch auf dem Fahrersitz. Alles verriegelt und verrammelt!
Zu allem Überfluss begann es auch noch zu regnen. Wir wollten eigentlich noch eine Einkaufsfahrt machen, um für unser zweites Plätzchenbacken am Sonntag einzukaufen aber nun war erst einmal PAUSE angesagt. Es regnete richtig heftig. Wir hatten kein Idee, was nun passieren sollte aber unser Techniker schien ganz entspannt. Er stand unter unserem Terrassenvordach und quatschte mit unserem Security-Guard. Ein fachlich-technischer Austausch unter Männern!?
Thomas bot beiden Tee und Kaffee an, trug Stühle zum Sitzen raus und so schauten unsere beiden Experten regensicher dann etwas ratlos auf das verriegelte Auto.

Wie würde das weiter gehen? Es war Wochenende, Samstag, Spätnachmittag und auch hier in Kigali wird es dann ruhiger und am Sonntag ist alles geschlossen. Das Auto würde Thomas jedoch für seine tägliche Fahrt zur Arbeit brauchen.

Für uns unbemerkt kam irgendwann plötzlich irgendwoher eine lange dünne Eisenstange zum Vorschein und zum Einsatz.  Allerdings war der Techniker extra noch einmal mit einem Mototaxi losgefahren, um dieses „Spezialwerkzeug“ zu holen.  Und wie im Film war eins, zwei, drei unser Auto von unserem Autospezialisten „aufgebrochen“ . Dazu hielt unser Security-Guard noch schützend den Regenschirm über ihn. Es war ein  lustiges aber auch befremdliches Bild. Mit einigen neuen Kratzern am Türrahmen konnten wir gut leben. Es waren ja ohnehin noch unzählige andere vorhanden. Doch zu wissen, wie schnell ein Auto aufgebrochen werden kann, liess uns ein wenig hilflos zurück.

Nun aber fix! Rein ins Auto und ab in die Stadt zum Wochenendeinkauf und noch einen kleinen Abstecher auf den Weihnachtsmarkt im Serena Hotel. Wir mussten unterwegs nur kurz anhalten, um auf Google Maps den Weg zu checken und schon ging´s weiter. Nein, ging es nicht! Denn unser Auto sprang nicht mehr an! Kein einziger Laut kam beim Starten des Motors nur ein leises Klicken und wir standen mitten vor einer Einfahrt in ein Notfallkrankenhaus. Sofort sprang ein verärgerter Sicherheitsmann herbei und erklärte uns ganz aufgeregt, wir müssten umgehend das Auto wegfahren. Ja doch, aber es geht gerade nicht! Dafür hatte er kein Verständnis und so wurden meine Erklärungsversuche lauter und hektischer! Thomas hatte unterdessen 2 weitere Passanten angesprochen und gemeinsam schoben sie das schwere Auto aufwärts einige Meter auf eine freie Stelle am Straßenrand. Ich versuchte drinnen zu lenken aber das Lenkradschloss war eingerastet, also keine Chance. Nur jetzt ganz langsam rückwärts bergauf!

Auch ein Abschließen war nicht mehr möglich, da die Zentralverriegelung nicht mehr funktionierte. Na wunderbar, zwei Fester standen offen aber wenigstens regnete es ja gerade nicht. Das hatten wir doch alles auch schonmal. Oh je, das ist bestimmt wieder die kleine Flachbatterie aus der Fernbedienung der Zentralverriegelung. Durch das ewige Hin- und Herklicken während der Autoreparatur hatte sie sich entladen?! Doch wieso sprang dann das Auto gar nicht mehr an? Komisch, aber alles war bestimmt erklärbar, nur wir verstanden es gerade nicht. Also gingen wir zu Fuß 20 Minuten ins Stadtzentrum und kauften dort völlig
überteuerte runde Batterien. In einem Laden sollte eine der „guten Importware“ 20 EUR kosten aber da verweigerte Thomas den Kauf und wir suchten weiter.
Schließlich ergatterten wir 2 Stück für 10 EUR und liefen entnervt zurück zu unserem offenen Auto. Nun aber! Batteriewechsel in der Fernbedienung und klick, klick… doch es tat sich nix. Das Auto gab weiterhin keinen Laut mehr von sich und auch die Verriegelung blieb erfolglos.
Nun war unsere letzte Hoffnung ein erneuter Anruf bei unserem Bekannten, der uns den Automechaniker vermittelt hatte. Er versprach dann auch, umgehend jemanden zu unserem aktuellen Standort zu schicken. Es war ihm auch sehr peinlich, dass mit dem Auto nun gar nix mehr ging und alles „verschlimmbessert“ war. Wir warteten noch einmal 20 Minuten bis ein anderer Automechaniker kam. Auch er öffnete die Motorhaube, schraube an der Batterie herum und…das Auto sprang an. Ein Kontakt hatte sich (angeblich) gelöst und die Batterie konnte sich dadurch vermutlich nicht mehr richtig aufladen. Eine wirkliche Erklärung fanden wir nicht und das alles war schon sehr seltsam aber egal, das Auto sprang wieder an. Zur Sicherheit fuhren wir zu dritt gleich zu einer nahegelegenen Werkstatt, bekamen dort einen Ölwechsel, die fehlende Kühlerflüssigkeit und Luft auf die Reifen.

Für Sonntag 8:00 Uhr war nach wie vor die „große Durchsicht“ geplant, und wir sollten das Auto in eine andere Werkstatt bringen. Solange der Land Rover danach besser fahren und sicherer funktionieren würde, waren wir zufrieden.
Die Autoübergabe zum Werkstatttermin klappte widererwarten auch ganz wunderbar und reibungslos. Am Abend wurde uns das reparierte Auto nach Hause gebracht mit der Aussage „…nun würde auch der Allradantrieb endlich funktionieren!“ Wie bitte! Der ging bisher gar nicht? Wie kann das denn sein? Kann man den an- und ausschalten? Im Gelände und in den Nationalparks waren wir immer mehr als froh über unseren (nicht vorhandenen) Allradantrieb. Egal, ich bin ab sofort nur noch Beifahrerin. Man weiß ja nie, was sich in einiger Zeit nachträglich noch so alles herausstellt und nicht funktioniert. Vielleicht fahren wir ja auch gar kein Auto, sondern…?

Plätzchen backen

Gerade in der so emotionalen Adventszeit vermissen wir ganz besonders unsere langjährigen Freunde und die Familie, wissen aber, dass alle ganz lieb und innig an uns denken. So wie wir auch an sie alle!
Am sichersten kommt man in vorweihnachtliche Stimmung, wenn man einen Nachmittag oder Abend gemütlich mit Freunden verbringt und gemeinsam Plätzchen bäckt. Dabei ist es ganz egal, ob es langjährige Freunde oder neu gefundene Freunde sind. Menschen, mit denen man sich gut versteht, denen man sich (fern von der Heimat) anvertrauen kann, mit denen man offen über alles diskutieren und dadurch schöne Stunden teilen kann. Genau das haben wir am Vorabend zum 1. Advent bei einem Glas Wein oder einem Gin Tonic und leckerem Grillfleisch mit Kartoffelsalat mit Natalie, Mirco und ihren Kindern Alice und Jacob getan.

Aber seht selbst, wie es uns gelungen ist, stimmungsvoll den 1. Advent vorzubereiten, nachdem bereits zwei Versuche gescheitert waren, öffentlich in eine besinnliche Stimmung zu kommen. Aller guten Dinge sind immer drei.

Einen schönen besinnlichen 1. Advent!

1. Advent in Kigali

Die „fünfte Jahreszeit“ hat für mich begonnen. Normalerweise wird unser Häuschen in Berlin nun richtig geschmückt: ein Adventskranz hängt in einer Ecke von der Decke im Wohnzimmer und einer neben der Eingangstür, ein Gesteck steht auf dem Esstisch, Kerzen sind überall und möglichst zahlreich verteilt, winterliche Motive dekorieren die Fensterscheiben, Lichterketten schmücken den Garten, einige Türzargen sind mit Dekomaterial verziert, die Räuchermänner und Nussknacker funktionsbereit aufgestellt, die Erzgebirgische Pyramide mit Kerzen bestückt und fertig für die erste Runde, diverse Krippenfiguren stehen drapiert auf passenden Decken, die historische Seifener Bergparade ist sortiert und in Marschrichtung aufgestellt, kleine Engel, Kugeln und Strohsterne schaukeln an Tannenzweigen in der Bodenvase im Flur und stimmungsvolle Herrenhuther-Sterne leuchten in den Fenstern im Treppenaufgang. Was für ein jährlicher Dekorationsaufwand aber auch welch wunderbare, gemütliche Stimmung man damit zaubern kann.

In Kigali ist alles anders. Die heimatliche Weihnachts-Deko-Ausstattung fehlt, aber da habe ich schnell Abhilfe geschaffen. Schließlich muss man ab und an auch mal über seinen Schatten springen und sich Neuem öffnen. Ein Adventsgesteck habe ich in Ermangelung richtiger Tannenzweige und Steckmasse mit künstlichen Zweigen aber auch mit einigen Naturmaterialien unter Verwendung des abgesägten Holzes von unseren Esstischbeinen selbst gestaltet. Kann man gelten lassen! Allerdings gab es dann doch noch richtige duftende Tannenzweige, da Lotti ein weihnachtliches Plätzchenback-Zutaten-Paket nach Amsterdam geschickt hatte. Thomas war dort vier Tage zu einer Weiterbildung und konnte somit den weiteren
Transport nach Kigali sicherstellen. Diese Zweige habe ich als Strauß in einer Plastikvorratsdose aufgestellt und dekoriert. Gewöhnungsbedürftig, aber kreativ!

Obwohl der „German Christmas Market“ ernüchternd für uns war, haben wir eine weitere Chance genutzt, um in Weihnachtsstimmung zu kommen. Am Freitag vor dem 1. Advent findet jährlich vor dem Convention Center in Kigali die feierliche „Erleuchtung des Hauptstadt- Weihnachtsbaumes“ statt. Das wollten wir am 30.11. auf keinen Fall verpassen. Daher strömten wir mit zahlreichen Einheimischen und Expats durch den Eingangsbereich des Hauptstadt-Wahrzeichens in eine große geschmückte Eingangshalle. Die Schaulustigen waren alle sehr modern und festlich gekleidet. Jeder hatte sein bestes Kleidungsstück aus dem Schrank geholt oder war noch im Büro-Outfit. Doch auch die Konzert- und Kongresshalle hatte man aufwendig geschmückt. Die Geländer und Säulen im Eingangsbereich waren mit weihnachtlichen Girlanden umwickelt und auch zwei künstliche Weihnachtsbäume waren liebevoll dekoriert und mit Goldschleifen verziert. Ein dicker, kostümierter Weihnachtsmann bespasste die anwesenden Kinder. An einer kleinen Bar wurden Erfrischungsgetränke ausgegeben. Auf dem Vorplatz sang ein kleiner Kinderchor mit roten Zipfelmützen Weihnachtslieder (auch wieder „Stille Nacht, heilige Nacht!“) und zusätzlich hämmerten aus großen Boxen ge-remixte und ge-sampelte amerikanische Weihnachtssongs. Der Hauptstadtweihnachtsbaum stand jedoch noch im Dunklen in der Mitte des Vorplatzes.

Bis zum „Countdown der Erleuchtung“ war noch ein wenig Zeit und so drehten wir auf dem Gelände noch ein paar Runden und schauten dem Treiben zu. Unzählige Fotos vor den Weihnachtsbäumen und den mit weißen Hussen bestückten Stehtischen wurden geschossen, doch was war das…?? Plötzlich gab es ein Getümmel um die beiden Weihnachtsbäume in der Eingangshalle. Sie wurden im wahrsten Sinne des Wortes geplündert. Kinder wurden von ihren Eltern in
die Höhe gehoben, um die Weihnachtsbaumdekoration auch an der Spitze des Baumes noch abreißen und mitnehmen zu können. Danach wurden Fotos von den Kindern mit deren erbeuteten bunten Weihnachtsbaumkugeln gemacht. Jugendliche spielten Fußball mit den größeren Kugeln, die daraufhin zerbrachen. Wir waren entsetzt! In Sekundenschnelle waren die beiden Weihnachtsbäume KAHL! Und unsere Stimmung auf dem Tiefpunkt. Sprachlosigkeit, Wut und Verständnislosigkeit! Oder hatten wir hier eine Tradition gesehen und diese nur nicht als solche verstanden? Wir fragten Elisabeth, eine Kollegin von Thomas, die mit ihrer Tochter Atte auch gekommen war. Leider bestätigte sie unsere Vermutung der „Baumplünderung“ nur mit einem Lächeln. Es schien niemanden zu interessieren, was sich da gerade abspielte. Selbst die Sicherheitsleute vom Convention Center schritten nicht ein und verzogen keine Miene.

Wir warteten dann noch auf die „Baum-Erleuchtung“, gingen nach nur wenigen Minuten jedoch wieder zurück zum Auto und fuhren nach Hause. Unter diesen
Umständen kam für uns einfach keine Adventsstimmung auf. Es war zwar alles festlich erleuchtet und tat dem Gesamteindruck keinen Abbruch, aber für uns gehört schon mehr zur Advents- und Weihnachtszeit als oberflächliches Geglitzer.

Wenigstens einen richtig großen natürlichen Weihnachtsstern haben wir in unserem Garten. Er erinnert mich daran, wie viel Liebe zum Detail und welchen zeitlichen Aufwand meine Mutsch in die Weihnachtsdekoration und in die -vorbereitungen investiert, um mit zahlreichen kleinen Weihnachtssternen in der Wohnung und all dem anderen Deko-Zauber die für uns so wichtige Atmosphäre zu schaffen. Wir freuen uns auf´s NACHHAUSEKOMMEN!