Weihnachten in Deutschland

Endlich war es soweit! Am 20.12. sind wir mit einigem „Umsteigeaufwand“ nach Deutschland geflogen. Erst der gewohnte kurzer Zwischenstopp in Entebbe (Uganda), danach Weiterflug nach Brüssel, von dort nach Frankfurt/Main und schließlich Ankunft 13:00 Uhr am 21.12. in Berlin/Tegel. Wir waren ganz schön platt aber das gemeinsame Weihnachtsfest und die Zeit mit der Familie und Freunden würde uns für vieles entschädigen. Lotti holte uns vom Flughafen ab und chauffierte uns mit unseren zwei großen, aber leeren Hartschalenkoffern (für unsere Einkäufe zum Mitnehmen nach Ruanda) zum Ostkreuz. Dort trafen wir uns gleich 14:30 Uhr im „Übereck“ mit Daggi. Was für eine Wiedersehensfreude nach so langer Zeit. Zu unserer großen Überraschung kamen dann auch noch Leo und Larissa dazu. Es war die perfekte Ankunft und ein schönes und herzliches Willkommen!

Am Spätnachmittag gegen 17:00 Uhr fuhren wir mit dem Regionalzug RE 2 dann vom Ostkreuz weiter nach Cottbus, wo uns meine Eltern vom Bahnhof abholten. Auch hier war die Wiedersehensfreude riesig. Weihnachten konnte kommen!
Für uns kulturausgehungerten Fernreisende hatten meine Eltern ein Orgelkonzert in Großkmehlen an der dortigen „Silbermannorgel“ ausfindig gemacht, welches wir am 22.12. zur Einstimmung in die Weihnachtszeit besuchten. Wir genossen die Atmosphäre sehr und den riesigen (echten) Weihnachtsbaum in der Kirche. Anschließend ging es zum Abendessen in „Richters Gasthof“, einen kleinen Familienbetrieb im Ort. Wir bestellten erst einmal alle eine heiße Zitrone denn an diese Temperaturen waren wir nun gar nicht mehr gewöhnt und ein Durchwärmen war dringend nötig.

Der 23.12. verlief ganz in Familientradition: der Weihnachtsbaum musste aufgestellt und geschmückt werden. Das ist alljährlich meine Aufgabe gemeinsam mit meinem Väterchen und dabei gibt es ausnahmsweise auch schon mal zu einer eher ungewöhnlichen Tageszeit ein Glas Rotwein. Die Kreativität soll schließlich fließen! Das tat sie dann auch, denn wir dekorierten erstmalig in Weiß und verzichteten auf das traditionelle Rot am Weihnachtsbaum. Ein weißer Baum war nach vielen Jahren des traditionellen Schmückens der große Wunsch meiner Mutsch und den wollten wir unbedingt erfüllen. Die Schleifen, Kugeln und Porzellananhänger hatten Thomas und ich am Vortag noch schnell durch glückliche Umstände besorgen können. Überraschung gelungen! Festlicher Glanz ganz in weiß! Weihnachten konnte kommen!

Auch die weiteren Fest- und Feiertage mit Alt, Jung und ganz Jung waren sehr harmonisch. Es gab wie erwartet leckeres Essen, selbst gebackene Plätzchen und vorzüglichen Mohnstollen. Nach dem Probieren von mindestens 5 verschiedenen Whiskysorten am Abend war das Stellen von Detektiv-Fragen zu „Black Stories“ nach Kriminalfällen von Sebastian Fitzek nicht mehr so einfach aber doch noch machbar.

Leider waren die schönen Tage viel zu schnell vorbei. Thomas reiste am 26.12. mit der Jugend bereits nach Berlin zurück, da er noch einen Kontrolltermin im Klinikum Buch ergattert hatte. Ich fuhr mit dem RE 2 am 28.12. nach, denn mir hatte der Weihnachtsmann einen Firseur- und Kosmetikgutschein für den 27.12. unter den Weihnachtsbaum gelegt. Perfekte Planung lieber Weihnachtsmann, danke!

Auf den 28.12. in Berlin hatten wir uns auch schon ganz lange und ganz besonders gefreut: das Wiedersehen mit Meike, Jens und unseren Patenzwillingen Lene und Jara!

Wir hatten leider nur diesen einen gemeinsamen Tag mit Frühstück, kurzem Spaziergang im Kreuzberger Kiez, Wein und Oliven am Abend. Es war schön, wie immer! Meike und Jens hatten extra ihre Abreise in den Silvesterurlaub nach Zingst um 3 Tage verschoben, so dass wir uns so kurz vor unserem Rückflug nach Kigali am 29.12. doch noch treffen und quatschen konnten. Danke!

Wir haben die kurze Zeit mit allen sehr genossen und der Abschied war für uns erneut schwer.

Königspalast

Am 3. Adventwochenende fuhren wir nach Nyanza und Huye. Beide Orte waren in früheren Jahren ebenfalls eine Zeit lang Hauptstadt des Königreiches Rwanda. Dieses wurde im 14. Jahrhundert gegründet. In einem Volksentscheid 1961 entschied sich eine überwältigende Mehrheit der Einwohner für die Abschaffung des Königreiches und für die Gründung einer Republik. Nach Deutscher Kolonialherrschaft von 1884 bis 1916 wurde Rwanda als Teil Deutsch-Ostafrikas 1923 in Belgische Verwaltung übergeben (Neuverteilung der Kolonialgebiete nach dem 1. Weltkrieg) und erhielt erst 1962 die Unabhängigkeit.

Somit ist die königliche Geschichte des Landes gar nicht so alt. Bis 1931 regierte Yuhi Musinga mit einer stattlichen Körpergröße von über 2 Metern in Nyanza und lebte dort in einem der traditionellen afrikanischen Königspaläste. Er wurde jedoch durch die belgische Kolonialmacht ins Exil verbannt und sein Sohn, Mutare III, statt dessen eingesetzt.

Das historische Gelände kann man besuchen, jedoch sind die zu besichtigenden Gebäude lediglich Nachbauten. Trotzdem zeigen sie eindrücklich das Leben des Königs. Ohne Prunk und Reichtümer führte er ein privilegiertes, aber auch einfaches Leben. Die Tradition besagt, dass der König generell mit allen Rwandaerinnen verheiratet ist. Offiziell gab es jedoch nur eine rechtmäßige Königin an seiner Seite, die mit ihm im Königspalast lebte. Mit ihr regierte der König jedoch nicht. Häufig war die Mutter des Königs inoffizielle Mitregentin und eine einflussreiche Persönlichkeit. Das erklärt sich mit der Wahl des Königs. Er wurde von einer Gruppe hochrangiger Persönlichkeiten der Region ausgewählt. Diese Personen kannten alle Kinder des Königs sehr gut und konnten so entscheiden, welches der Königskinder die besten Eigenschaften hatte und die vielversprechendste Entwicklung nehmen würde. Somit musste nicht zwangsläufig der erstgeborene, älteste Sohn die königliche Nachfolge antreten. Jüngere Söhne wurden dann bei ihrer Wahl zum König in der Ausübung des Amtes von ihrer Mutter unterstützt, die auch nach Heirat des Sohnes weiter mit ihm regierte.

Der Königspalast diente als Empfangsgebäude für Audienzen. Davor befand sich ein großer leerer Platz ohne Überdachung zum Schutz vor Regen oder Sonne für die Wartenden. Erstaunlich! Es gab doch schließlich auch früher schon Regen- und Trockenzeiten, vielleicht nicht unbedingt in diesem klimawandelbedingten Ausmaß. Lediglich der König saß geschützt im Eingangsbereich des Palastes und empfing auf einer kleinen Terrasse nacheinander die angereisten Personen. Für längere Gespräche wurde in das Innere der königlichen Palasthütte eingeladen. Dort befand sich auch eine Feuerstelle, die jedoch nicht zum Kochen sondern ausschließlich zum Heizen an „kühleren Tagen“ genutzt wurde. Schließlich waren der Fußboden und die Wände nicht isoliert und es gab auch keine Fenster sondern lediglich einen offenen Eingangsbereich. So belüftete die dauerhaft durchziehende Luft die großen Räume des Palastes.
Weitere Bambushütten z. B. für das königliche Personal aber auch für den Nachwuchs befanden sich ausschließlich hinter dem Palast. Es gab beispielsweise eine Jungfrau, die sich um die Milchversorgung und -lagerung zu kümmern hatte und einen unverheirateten jungen Mann, der sich dem königlichen Bier(brauen) widmete. Beiden stand dafür eine eigene Hütte zur Verfügung und sie wurden durch die Gemeinschaft für dieses Amt ausgesucht.
Lediglich die Königin hielt sich also mit dem König im Palast auf und beide teilten dort ein gemeinsames Schlafzimmer.

Bei Empfängen durften die begleitenden Ehefrauen der um Audienz ersuchenden Männer den Königspalast betreten, mussten sich jedoch in einem hinter leichten Bambuswänden abgegrenzten separaten Raum aufhalten. So waren sie bei den politischen Gesprächen o.ä. anwesend und trotzdem nicht
dabei. Dadurch konnten sie aber ihren Einfluss auf Entscheidungen im Nachhinein versuchen auszuüben, da ihnen die Gesprächsinhalte ja bekannt waren.

Nach der Palastbesichtigung, auf der wir durch einen studierten Soziologen und Anthropologen mit historischen Inhalten versorgt wurden, ging es hinter dem Palast weiter zu den „königlichen Kühen“. Die besondere Rasse brauner Inyambo Rinder mit den sehr ausschweifenden und furchteinflößenden Hörnern wird
hier nach wie vor gezüchtet. Sie ist nicht heilig. Allerdings gibt es bis heute einen Kuhfriedhof hinter dem alten Palast, auf dem die verstorbenen königlichen Kühe beerdigt werden.

Anschließend sind wir zum neuen Königspalast gefahren. Er liegt auf der anderen Seite des Ortes auf einem weiteren der „1000 Rwandischen Hügel“, ist keinesfalls prunk- oder eindrucksvoll, aber man hat einen gigantischen Blick über die Region Nyanza.

Die Region Nyanza/Huye ist ca. 3-4 Autostunden von Kigali entfernt, daher hatten wir uns für eine Übernachtung in einer sehr schönen kleinen Appartement-Anlage etwas ausserhalb von Huye entschieden. Am nächsten Tag entdeckten wir das „Aboretum“, eine verhältnismäßig große Baumanpflanzung von unterschiedlichen Nadel- und Laubbäumen mit vielen kleine angelegten Wald- und Wanderwegen. Dort konnten wir einen kleinen Spaziergang im Gelände machen und traditionelle „Wickelbienenstöcke“ sowie die stark duftende Eukalyptus-Bäume sehen.

Ein unbedingtes „Must-see“ ist die Kaffeerösterei in Huye. Eingerichtet wie ein großes Wohnzimmer, mit einer „Wasch- und einer Packecke“, versinkt man in tiefen weichen Sesseln und kann eine Tasse frisch gemahlenen Kaffee genießen. Der in Rwanda sehr beliebten Huye-Kaffe ist sehr mild und gut bekömmlich. Einige Tüten haben wir auch gleich als Weihnachtsgeschenke für Freunde und Familie mitgenommen. Auf der Rückfahrt duftete es im Auto ganz wunderbar nach dem Kaffee.

Preisverleihung

Im Oktober hatte ich schon vom „Hackathon“ zum Thema
Innovate4Disability/Incusion berichtet. Nun hat es einige Monate gedauert, um neue Fördergelder bewilligt zu bekommen und vor zwei Tagen folgte dann die Fortsetzung mit einer Preisverleihung für die 5 besten Innovationen zur Erleichterung des Alltags für Menschen mit Behinderung.
11 Teams waren bereits im Oktober aus 21 Startteams gewählt und in diese Endrunde gekommen. Sie wurden nun erneut einen Tag vorbereitet, um vor 150 geladenen Gästen und 2 Ministerinnen sowie zahlreichen Geschäftsführern unterschiedlicher staatlicher Institutionen ihre Idee (Innovation) zu präsentieren. Was für eine Herausforderung und Chance! Viele der Männer und Frauen der teilnehmenden Teams kommen ursprünglich aus ländlichen Regionen um Kigali, sprechen teilweise kein oder kaum englisch und haben aus eigener Betroffenheit in ihrem sozialen Umfeld heraus Ideen zur Verbesserung der Situation für Menschen mit Behinderung entwickelt. Für sie ist eine Veranstaltung dieses Ausmaßes eine wahnsinnige Wertschätzung, besonders durch die Teilnahme der Ministerinnen und durch die Wahl des Veranstaltungsortes.

Die Vorbereitung für dieses große Event, was in einem
4-Sterne-Konferenzhotel in Kigali stattfand, war wieder
rwandisch-chaotisch. Die Einladungen wurden erst wenige Tage vor dem Ereignis an die Teilnehmenden versandt. Dafür wurden dann aber auch alle zur Verfügung stehenden Kanäle und sozialen Medien genutzt und ich konnte einen regen Chat in den diversen Gruppen mitverfolgen, ohne immer genau zu verstehen, worum es eigentlich ging. Auf meine Nachfrage an die Organisatorin, welche konkreten Erwartungen denn an mich gestellt würden (ich war ja schließlich auch im Verteiler), wurde mir mitgeteilt, ich sei eines von 5 Jury-Mitgliedern, die die Prämierung vornehmen bzw. die Kandidaten bewerten würden. OK! Braucht es dafür nicht auch ein wenig Vorbereitung? Welche Kategorien sind für die Bewertung relevant? Gibt es noch weitere Faktoren, die berücksichtigt werden sollten wie z B. Gender o.ä.? Ich sagte meine Teilnahme jedoch zu und hoffte auf ein Briefing vor der Veranstaltung. Dass es dazu nicht kam, brauche ich hier eigentlich nicht zu erwähnen. So hatte ich es leider befürchtet. Gemeinsam mit den anderen
Jury-Mitgliedern, bestehend aus je einem männlichen Vertreter der GIZ (Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit) , NIRDA (National Industrial Research & Development Agency), NCPD (National Council for People with Disability) und RISA (Rwanda Information Society Authority) mussten wir erneut ein wenig improvisieren. Ich war also die „Quotenfrau“ und wurde als Gastjurorin und Expertin für Disability/Inclusion aus Deutschland vorgestellt. Was für eine gigantische Einführung meiner Person in diese nationale Spezialistenrunde.

Das Interesse am Thema schien groß zu sein denn der Saal war nicht nur gut gefüllt mit geladenen Autoritäten, hochstehenden Persönlichkeiten und einflussreichen Managern. Erstaunlicherweise waren auch viele Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen durch die Einladungen ihrer entsprechenden sozialen Institution anwesend. Es standen 3 Gebärdendolmetscher zur Verfügung und an drei riesigen Leinwänden konnte man aus jeder Sitzposition die Power-Point-Präsentationen der Teams optisch ansprechend verfolgen. Auch Mikrophone standen zur Verfügung, so dass Fragen und Anmerkungen gut verständlich kommuniziert werden konnten. Alle Tische waren nett eingedeckt und mit Getränken sowie Notizblöcken und Kugelschreibern ausgestattet. Eine unerwartete gute Vorbereitung durch das Hotel, weniger durch den Veranstalter.
Mit einer Stunde Verspätung wurde die Veranstaltung durch einen MC (Master of Ceremonie = Moderatorin) eröffnet. Der MC war Solange, eine von Thomas sehr geschätzte Kollegin von RISA. Sie war genau drei Stunden vor Veranstaltungsbeginn angefragt worden, die Moderation zu übernehmen. Daher war sie mega aufgeregt, was ich nur allzu gut nachvollziehen konnte. Auch die Bewertungsbögen zur Einschätzung der Teams standen nicht in ausreichender Zahl für uns Juroren zur Verfügung. Somit veranlasste ich erst einmal an der Hotel-Rezeption das Ausdrucken weiterer 35 Kopien für 6 EUR. Schließlich musste Transparenz sichergestellt werden, da es ja um die Verwendung von UNICEF-Fördergeldern ging.
Nach der offiziellen Eröffnung folgten die üblichen Begrüßungsreden durch den Geschäftsführer der durchführenden Organisation (RISA) und der finanzierenden Ministerien (Ministerium für Jugend und Kultur sowie Ministerium für Information, Kommunikation, Technology und Innovation). Zur Auflockerung und zur Betonung des Themas der Veranstaltung „The world is accessible!“ gab es eine beeindruckende Darbietung durch eine Tanzgruppe, deren Mitglieder alle taub-stumm sind.

Anschließend starteten wir umgehend mit den 11 Präsentationen der einzelnen Innovationsteams, wobei jedes Team nur 5 Minuten zur Verfügung hatte. Ich musste mich sehr konzentrieren, um den Inhalten in dieser Geschwindigkeit folgen und meine Einschätzung auf dem vorbereiteten Bewertungsbogen in 5 Kategorien abgeben zu können. Im Gedächtnis geblieben sind mir folgende „Innovationen“:

1. ein SMS-System für ländliche Gegenden zur Meldung der tatsächlichen Bedürfnisse behinderter Menschen vor Ort an staatliche Institutionen, die dann die Hilfen einleiten und koordinieren
2. ein faltbarer, leichter Rollstuhl, wobei das Team noch an dessen Geländegängigkeit arbeiten muss
3. ein Informationssystem für den „öffentlichen Nahverkehr“ mit GPS und Sprachansage in den Bussen für Blinde und Taubstumme
4. ein Blindenstock, der Hindernisse auf dem Weg benennt und bei anbrechender Dunkelheit zu vibrieren beginnt (Sicherheitsfeature) 5. ein Armband, welches mit GPS versehen und an eine Sprach-App. gekoppelt ist und daher blinde Menschen sicher leitet
6. eine Brille, die geschriebene Schrift für blinde Menschen in Lautsprache übersetzt, so dass keine speziellen Braille-Bücher mehr erstellt werden müssten, sondern jeder schriftliche Beitrag gelesen werden kann. Außerdem scannt und erkennt diese Brille auch Hindernisse auf dem Weg und sagt diese in entsprechender Entfernung an.
7. eine Foto-App., die Gebärdensprache in Lautsprache übersetzt

Einige dieser Innovationen waren noch im Ideenstatus, aber einige hatten sogar schon einen Prototype, der vorgestellt werden konnten. Ich war beeindruckt!
Am Ende aller erfolgreichen Präsentationen hatten wir als Jury für die Auswertung unserer Team-Bewertungen in 5 Kategorien und für die Auswahl der 5 besten Teams nur 20 Minuten Zeit. Daher begann ein hektisches Auszählen von Punkten durch jedes einzelne Jury-Mitglied und für jedes einzelne Team. Danach wurden alle vergebenen Einzelpunkte in eine Tabelle den teilnehmenden Teams zugeordnet und erneut zusammengezählt. Das eigentliche „Ranking“ fand dann auf Kinyarwanda statt, da natürlich noch nationale Besonderheiten, Genderperspektiven, Anforderungen im Zusammenhang mit den Fördergeldern etc. berücksichtigt werden mussten. Schlussendlich gab es aber eine abgestimmte Rangfolge für die besten 5 Teams, an die ich mich leider nicht erinnere. Zu viele Informationen in zu kurzer Zeit. Jedes Gewinner-Team bekam einen Geld-Check in gestaffelter Höhe überreicht. Maximales Prämiengeld waren 200.000 RF = 200 EUR. Das ist hier sehr viel Geld, welches durch die Teams zur Weiterentwicklung ihrer Idee oder ihres Prototyps eingesetzt werden muss und nur nach Projektfortschritt ausgezahlt wird.

Diesen Prozess der Weiterentwicklung werde ich vermutlich auch begleiten. Einen (Zeit) Plan dafür gibt es selbstverständlich noch nicht, aber ich werde bestimmt „rechtzeitig“ informiert und kann dann wieder berichten. Spätestens dann kann und werde ich auch die Gewinner der Preisverleihung noch konkret benennen können.

Trotz des organisatorischen Chaos war es eine gelungene und repräsentable Veranstaltung, über die auch im nationalen Funk- und Fernsehen berichtet werden wird. Die Idee des „Hackathon“ ist genial und bezieht viele Betroffene, Interessierte, Wissende und Verantwortliche auf
unterschiedlichen Hierarchie- und Funktionsebenen ein. Das in Deutschland unterdessen so unbeliebte Thema „Inklusion“ wird mit einer unkomplizierten Selbstverständlichkeit auf den Weg gebracht.
Kurz erwähnen möchte ich noch das Langzeitprojekt des „digitalen Umuganda“, welches parallel zu den kleineren Veranstaltungen zum Thema „Inklusion“ ins Leben gerufen wurde. D. h. die monatlich für alle Rwandaer verpflichtenden Treffen in den Gemeinden und Dörfern sollen zukünftig dazu genutzt werden, um Sprachdaten in Kinyarwanda aufzunehmen, die dann bei der Rwandischen Ausgabe von „SIRI“ verarbeitet werden. So soll sichergestellt werden, dass Menschen mit Behinderungen über das sprachliche Abrufen von Informationen auf hilfreiche Veranstaltungen, Unterstützungsmaßnahmen, Finanzdienstleister etc. zugreifen können. In kleinen Schritten geht es in Afrika voran!

Plätzchen aus Kindertagen

Nachdem wir bereits einmal Plätzchen mit Freunden gebacken hatten und beide Rezepte Thomas Lieblingsrezepte aus Kindertagen waren, mussten selbstverständlich auch noch meine Lieblingsplätzchen gebacken werden: Doppeldecker mit Marmelade gefüllt und Schokoladentaler.
Diesmal hatten wir zwei Kolleginnen von Thomas, Elisabeth und Maurice, mit ihren 5-jährigen Töchtern eingeladen. Außerdem hatte ich Tina Bescheid gesagt. Die 25-jährige junge Frau lernte Lotti bei ihrem Besuch bei uns im Oktober auf der 3-tägigen „Youth-Connect“ im Convention Center kennen und seither haben wir den Kontakt zu ihr gehalten.
Thomas hatte seinen Kolleginnen 14:00 Uhr als Startzeit mitgeteilt, damit wir dann nach unseren Vorstellungen gegen 15:00 Uhr mit dem Backen beginnen können würden. Er plante also mit rwandischem Zeitverständnis. Tina hatte ich dagegen für 15:00 Uhr eingeladen. Sie kam auch pünktlich, während die anderen beiden erst 15:30 Uhr und 16:00 Uhr ankamen. Mit 1,5 bis 2 Stunden Verspätung aber nach unserer Planung gerade noch richtig 🙂 Tina meinte, sie würde gern erst einmal etwas essen wollten, da sie gerade aus der Kirche käme. OK! Also tauten wir „German Multigrain“ Brot auf, schnitten Käse und Tomaten auf und „servierten“ eine Deutsche Brotzeit. Ach ja, einen Joghurt würde sie auch noch haben wollten, den hätte sie im
Kühlschrank gesehen. Und ich sollte doch bitte ein Foto machen, wie sie Brot und Käse esse. Na dann, nicht leichter als das! Tina schien die ungewöhnliche Mahlzeit auch tatsächlich zu geniessen. Die Kids bekamen heißen Kakao und später Cola. Damit war für sie der Nachmittag schon perfekt und das Kommen hatte
sich gelohnt. Der Hit für sie war jedoch unser Räuchermännchen. Ehrfürchtig beobachteten sie, wie der Rauch aus dem kleinen runden Mund aufstieg und den Fusselbart schwarz färbte.

Vier unterschiedliche Teige hatten wir vorbereitet, da im Vorfeld alle bekundet hatten, wie gern und oft sie backen würden. Das Interesse liess
jedoch nach nur wenigen Minuten rapide nach und so verarbeiteten wir nur zwei Teige. Elisabeth verschwand ausserdem erst einmal für ca. 1 Stunde für eine Geldübergabe an einen Bekannten o.ä. Wir versuchten indes die Kinder zum Ausstechen der Plätzchen zu motivieren, obwohl sie nur französisch verstanden und gar nicht wussten, was hier geschah. Tina unterstützte uns tatkräftig, war aber kommunikativ keine Hilfe. Der Gasherd kam dann auch noch erschwerend als kleines Hindernis hinzu, da wir die Temperatur einfach nicht regeln konnten, d. h. Ober- und Unterhitze an oder eben aus! Trotzdem sind einige Plätzchen sehr gut
gelungen (die verbrannten haben wir gleich entsorgt) und das Dekorieren lief dann etwas besser. Das Bestreichen mit Kuvertüre, Bestreuen mit Nüssen, Krokant, Mandeln, bunten Streuseln und Deko-Kügelchen machte den Kindern und auch den Müttern viel Spaß. Selbstverständlich mussten die Plätzchen noch trocknen, bevor wir jeder anwesenden Partei Kostproben zum Mitnehmen einpacken konnten.

In der Zwischenzeit saßen wir alle draußen auf unserer Terrasse, tranken Wein und quatschten. Für Tina schien es schwer zu sein, mit uns ins Gespräch zu kommen und die anderen mussten aufpassen, nicht in dienstliche Themen abzugleiten. Aber es lief ganz gut. Die vielen Kerzen und die beiden Lichterketten an den Fenstern machten das Ambiente gemütlich und so verging die Zeit. Erst 20:00 Uhr brachen alle wieder auf und versicherten,
es wäre ein toller Nachmittag und Abend gewesen. Auch wir waren davon überzeugt, konnten wir doch ein wenig deutsche
Weihnachtstradition vermitteln und berichten, wie wir uns zu Hause auf das Fest vorbereiten und die Feiertage verbringen. Maurice meinte sogar, sie würde gern das Plätzchenbacken in ihre Tradition aufnehmen denn es sei eine schöne Möglichkeit, mit den Kindern Weihnachten vorzubereiten und eine schöne Stimmung zu verbreiten. Ja! Genau! Darum geht es! Gemeinsam in Weihnachtsstimmung zu kommen, gemütlich zusammenzusitzen und Zeit miteinander zu verbringen! Mission erfüllt!

Macken im Alter

Unser gebrauchter, viele Jahre alter Land Rover hatte schon immer ein paar Macken. Die Tankanzeige funktioniert z. B. nicht, so dass wir unterwegs schon stehengeblieben sind, da das Benzin verbraucht war aber die Anzeige noch halbvoll signalisierte. Es ließ sich bisher auch die Heckfensterscheibe nicht mehr komplett hochschieben und so regnete es in den Kofferraum. Dort stand dann das Wasser in der extra für Werkzeug und Batterieladekabel vorgesehenen Bodenplattenvertiefung und alles rostete unbemerkt langsam vor sich hin. Die Bremsen quietschen und die Kupplung hakt. Den Rückwärtsgang einzulegen ist manchmal auch eine echte Herausforderung. Besonders wenn man mit angezogener Handbremse vor einer tiefergelegenen Betonregenrinne steht, das Auto wenden möchte und einfach nicht in den Rückwärtsgang kommt. Schweißperlen überall und feuchte Hände. Vom Puls will ich gar nicht erst reden.
Dann leuchtete seit kurzem eine „am steilen Hang Abwärtsfahrsperre“ (gelbes Symbol eines abwärtsfahrenden Autos mit einem Ausrufezeichen) Was soll mir das denn bitte sagen? Gar nix, richtig! Und so ignorierten wir das blinkende Symbol und hofften, dass schon nix Dramatisches ausfallen würde. Auch die Kühlwasseranzeige steigt beim Anfahren am Berg (und das passiert hier ja nun mal öfter) in alarmierend rotleuchtende Höhen. Aus Mangel an der richtigen Kühlflüssigkeit, die man nicht einfach an der Tankstelle kaufen kann, hatte Thomas bereits einmal aus Sicherheitsgründen normales Wasser nachgefüllt. Daraufhin hatte man dann Gefühl das Auto bricht gleich auseinander, so röhrte und dröhnte das alte Teil. Es kann auch passieren, dass das schwere Fahrzeug mit angezogener Handbremse und eingelegtem erste Gang aus der Parkposition rollt und ich noch einmal mit extra Kraft und zitternden Händen die Handbremse ziehen muss. Man weiß nie, was passiert und warum, aber das alles trägt für mich nicht dazu bei, gern und häufiger Auto zu fahren.
Nun hatte auch Thomas genug von den kleinen Störungen und wir bekamen über einen Bekannten einen Automechaniker vermittelt, der sogar am Samstag zu uns nach Hause kam. Mit einem kleinen Bündel von eingewickelten Werkzeugen in der Hand stand er vorm Tor. Die sprachliche Verständigung ging natürlich nicht aber Thomas demonstrierte alle Fehler am Auto sehr praktisch und eindeutig. Verständnisvolles Nicken! Es begann ein wildes Hin- und Herklicken mit der Fernbedienung der Zentralverriegelung am Autoschlüssel. Danach wurde vom Fachmann die Frontklappe geöffnet und unter die völlig verdreckte Motorhaube geschaut. Konnte man da tatsächlich noch was erkennen? Einige Minuten tief vorn über gebeugt, suchte unser Automechaniker nach Dingen, die für unser Auge ohnehin unsichtbar waren. Er schraubte hier und da, rüttelte und klopfte und… war fertig. Die noch offenen Autotüren wurden schwungvoll geschlossen, alles erledigt! Der Rest sollte am nächsten Tag in einer Werkstatt fertiggestellt werden. Sehr gut! Doch Moment mal, wo war der Autoschüssel? Zu! Das Auto war komplett verschlossen, der Schlüssel jedoch lag noch auf dem Fahrersitz. Alles verriegelt und verrammelt!
Zu allem Überfluss begann es auch noch zu regnen. Wir wollten eigentlich noch eine Einkaufsfahrt machen, um für unser zweites Plätzchenbacken am Sonntag einzukaufen aber nun war erst einmal PAUSE angesagt. Es regnete richtig heftig. Wir hatten kein Idee, was nun passieren sollte aber unser Techniker schien ganz entspannt. Er stand unter unserem Terrassenvordach und quatschte mit unserem Security-Guard. Ein fachlich-technischer Austausch unter Männern!?
Thomas bot beiden Tee und Kaffee an, trug Stühle zum Sitzen raus und so schauten unsere beiden Experten regensicher dann etwas ratlos auf das verriegelte Auto.

Wie würde das weiter gehen? Es war Wochenende, Samstag, Spätnachmittag und auch hier in Kigali wird es dann ruhiger und am Sonntag ist alles geschlossen. Das Auto würde Thomas jedoch für seine tägliche Fahrt zur Arbeit brauchen.

Für uns unbemerkt kam irgendwann plötzlich irgendwoher eine lange dünne Eisenstange zum Vorschein und zum Einsatz.  Allerdings war der Techniker extra noch einmal mit einem Mototaxi losgefahren, um dieses „Spezialwerkzeug“ zu holen.  Und wie im Film war eins, zwei, drei unser Auto von unserem Autospezialisten „aufgebrochen“ . Dazu hielt unser Security-Guard noch schützend den Regenschirm über ihn. Es war ein  lustiges aber auch befremdliches Bild. Mit einigen neuen Kratzern am Türrahmen konnten wir gut leben. Es waren ja ohnehin noch unzählige andere vorhanden. Doch zu wissen, wie schnell ein Auto aufgebrochen werden kann, liess uns ein wenig hilflos zurück.

Nun aber fix! Rein ins Auto und ab in die Stadt zum Wochenendeinkauf und noch einen kleinen Abstecher auf den Weihnachtsmarkt im Serena Hotel. Wir mussten unterwegs nur kurz anhalten, um auf Google Maps den Weg zu checken und schon ging´s weiter. Nein, ging es nicht! Denn unser Auto sprang nicht mehr an! Kein einziger Laut kam beim Starten des Motors nur ein leises Klicken und wir standen mitten vor einer Einfahrt in ein Notfallkrankenhaus. Sofort sprang ein verärgerter Sicherheitsmann herbei und erklärte uns ganz aufgeregt, wir müssten umgehend das Auto wegfahren. Ja doch, aber es geht gerade nicht! Dafür hatte er kein Verständnis und so wurden meine Erklärungsversuche lauter und hektischer! Thomas hatte unterdessen 2 weitere Passanten angesprochen und gemeinsam schoben sie das schwere Auto aufwärts einige Meter auf eine freie Stelle am Straßenrand. Ich versuchte drinnen zu lenken aber das Lenkradschloss war eingerastet, also keine Chance. Nur jetzt ganz langsam rückwärts bergauf!

Auch ein Abschließen war nicht mehr möglich, da die Zentralverriegelung nicht mehr funktionierte. Na wunderbar, zwei Fester standen offen aber wenigstens regnete es ja gerade nicht. Das hatten wir doch alles auch schonmal. Oh je, das ist bestimmt wieder die kleine Flachbatterie aus der Fernbedienung der Zentralverriegelung. Durch das ewige Hin- und Herklicken während der Autoreparatur hatte sie sich entladen?! Doch wieso sprang dann das Auto gar nicht mehr an? Komisch, aber alles war bestimmt erklärbar, nur wir verstanden es gerade nicht. Also gingen wir zu Fuß 20 Minuten ins Stadtzentrum und kauften dort völlig
überteuerte runde Batterien. In einem Laden sollte eine der „guten Importware“ 20 EUR kosten aber da verweigerte Thomas den Kauf und wir suchten weiter.
Schließlich ergatterten wir 2 Stück für 10 EUR und liefen entnervt zurück zu unserem offenen Auto. Nun aber! Batteriewechsel in der Fernbedienung und klick, klick… doch es tat sich nix. Das Auto gab weiterhin keinen Laut mehr von sich und auch die Verriegelung blieb erfolglos.
Nun war unsere letzte Hoffnung ein erneuter Anruf bei unserem Bekannten, der uns den Automechaniker vermittelt hatte. Er versprach dann auch, umgehend jemanden zu unserem aktuellen Standort zu schicken. Es war ihm auch sehr peinlich, dass mit dem Auto nun gar nix mehr ging und alles „verschlimmbessert“ war. Wir warteten noch einmal 20 Minuten bis ein anderer Automechaniker kam. Auch er öffnete die Motorhaube, schraube an der Batterie herum und…das Auto sprang an. Ein Kontakt hatte sich (angeblich) gelöst und die Batterie konnte sich dadurch vermutlich nicht mehr richtig aufladen. Eine wirkliche Erklärung fanden wir nicht und das alles war schon sehr seltsam aber egal, das Auto sprang wieder an. Zur Sicherheit fuhren wir zu dritt gleich zu einer nahegelegenen Werkstatt, bekamen dort einen Ölwechsel, die fehlende Kühlerflüssigkeit und Luft auf die Reifen.

Für Sonntag 8:00 Uhr war nach wie vor die „große Durchsicht“ geplant, und wir sollten das Auto in eine andere Werkstatt bringen. Solange der Land Rover danach besser fahren und sicherer funktionieren würde, waren wir zufrieden.
Die Autoübergabe zum Werkstatttermin klappte widererwarten auch ganz wunderbar und reibungslos. Am Abend wurde uns das reparierte Auto nach Hause gebracht mit der Aussage „…nun würde auch der Allradantrieb endlich funktionieren!“ Wie bitte! Der ging bisher gar nicht? Wie kann das denn sein? Kann man den an- und ausschalten? Im Gelände und in den Nationalparks waren wir immer mehr als froh über unseren (nicht vorhandenen) Allradantrieb. Egal, ich bin ab sofort nur noch Beifahrerin. Man weiß ja nie, was sich in einiger Zeit nachträglich noch so alles herausstellt und nicht funktioniert. Vielleicht fahren wir ja auch gar kein Auto, sondern…?