Pravin ist „ the head of the teachers“ aber eben nicht der Schulleiter (Direktor). Vielleicht kann man diese Positionen vergleichen mit einem Ärztlichen Direktor und einem Verwaltungsdirektor in einem Krankenhaus. Wie das bei uns im Bildungsbereich heißt, weiß ich gar nicht.
Gestern waren wir bei seiner Familie eingeladen. Auch sie sind Farmer, so dass Pravin früh erst die Kühe versorgt, dann als Lehrer arbeitet und nachmittags von 14-17 Uhr die Granatapfelplantage wässert, verschneidet, düngt etc. Die Plantage ist riesig und in der trockenen Gegend musste die Familie extra 3 Brunnenbohrungen mit je 200 Meter Tiefe veranlassen, sonst würde alles vertrocknen. Selbst damit reichen sie jedoch nicht aus. Das Regenwasser wird während des Monsoon in tiefen und breiten Erdmulden, die mit einer Gummifolie ausgekleidet sind, aufgefangen. Auch darin befindet sich eine Pumpe, die das Wasseraus nach oben auf die Felder oder auf die Plantage pumpt.
Bei einem Spaziergang durch das Anwesen erfuhren wir viel über den Anbau von Granatäpfeln. Es gibt, wie bei normalen Äpfeln auch, verschiedene Granatäpfelsorten. Für uns klassifizierbar sind nur die dunkelroten und die gelben. Letztere sind nicht so hochwertig, da sie im Anbau einfacher zu handhaben sind. Sie schmecken jedoch viel süßer. Die roten Granatäpfel sind dagegen anspruchsvoller und bringen höhere Einnahmen beim Verkauf auf dem Markt. Ernten kann man zweimal im Jahr, sofern man die Bewässerung ermöglichen kann. Die Bäume sehen total spannend aus, da sich die dunkelroten Blüten (ähnlich einer Hibiskusblüte) direkt zu den hartschaligen Früchten ausformen. Sieht richtig toll aus!
Pravins Familie ist verhältnismäßig klein. Er lebt mit seinen Eltern und seiner Frau in einem modernen und eher städtisch eingerichteten Farmhaus auf einem winzigen Dorf. Es gibt „richtige“ Möbel, je nach Nutzung der Räume. Landleben ist also nicht gleich Landleben, auch hier gibt es Abstufungen. Wir haben dann wohl das absolut ländliche Landleben in Alegaon erwischt.
Obwohl es eigentlich nur eine Einladung zum Tee für uns war, wurden wir spontan mit einem kompletten Abendessen verwöhnt. Unterdessen kennen wir die Abläufe und fühlen uns etwas sicherer mit dem Wassertrinken ohne das Gefäß zu berühren, dem Reinigen der Hände vor und nach dem Essen, dem barfuß Sitzen im Schneidersitz und dem kleinen „Mouthrefreshment“ nach der Mahlzeit, bestehend aus Anissamen, Kandiszucker und einer Prise Salz.
Da es unterdessen 18 Uhr war und wir noch Geld von der Bank in Sangola abholen mussten, kamen wir erst 19:15 Uhr (im Dunkeln) zu Hause an. Das hatte erheblichen Stress bei unserer Gastfamilie hervorgerufen. Sie machten sich Sorgen, wo wir bleiben und hatten Pravin angerufen, ob alles in Ordnung ist. Es ist gigantisch in welchem Netzwerk alle Personen verbunden sind, die mit uns zu tun haben. Jeder informiert jeden über unseren Aufenthalt, unseren Aufbruch und unsere Pläne. Wir leben hier sehr behütet. Das ist schön zu wissen!