Vom Kindergarten bis zur 9. Klasse werden derzeit in der „English Medium School“ die Schüler unterrichtet. Seit Jahren besteht das grosse Problem darin, dass bis zur 4. Klasse die Schülerzahlen sehr hoch und hoch sind und ab der 5. Klasse sinken sie schrittweise immer weiter ab. In diesem Schuljahr haben wir teilweise in den höheren Klassen nur noch zwischen 3 bis 5 Schüler. Eine Ausnahme ist lediglich die neue 9. Klasse. Das sind die allerersten Schüler überhaupt, die hier in Alegaon in der Schule englisch beschult wurden.
In den ersten zwei Wochen des neuen Schuljahres kommen und gehen die Schüler, so dass man nie genau weiss, wer eigentlich nun tatsächlich aufgenommen wurde und auch dementsprechend das Schulgeld gezahlt hat. Eltern setzen ihre Kinder einfach in die Schulbusse, die wie immer ihre Touren über die umliegenden Dörfer fahren. Keiner weiss, wer die Kids sind und in welchen Jahrgang sie gehören. Es ist ein einziges Chaos. Von ca. 30 krakelenden Kleinkindern heulen zeitgleich immer 5, sie scheinen einander „anzustecken“. Die Kinder werden, nach alter pädagogischer Tradition, in den Räumen eingeschlossen damit sie nicht heulend nach draussen laufen und andere Unterrichtseinheiten stören können. Zwei Lehrerinnen setzen sich dem ohrenbetäubenden Lärm aus, sind aber völlig am Ende. Das sei jedes Jahr so, berichten sie uns aber eine Methode zum Umgang damit (bei uns ist das die Kita-Eingewöhnungsphase) gibt es hier nicht. Wir sind jedoch „Weltmeister im Improvisieren“. Ich male mit den Kids, baue Holzklotztürme und singe aus lauter Verzweiflung mein ganzes Repertoire an deutschen Kinderliedern immer und immer wieder. Hätte ich doch nur öfter mit meinen Patenkindern Lene und Jara gesungen oder Musik gemacht, dann wäre ich jetzt besser aufgestellt und würde mehr Kinderreime und -lieder kennen.
Auch Thomas hält den Krach nicht mehr länger aus und schliesst schnell noch einen alten PC mit seinem Handy zusammen, recherchiert im Internet und dann erklingen endlich Kinderlieder in Marathi und es gibt sogar einen Cartoon zu sehen. Es ist ansatzweise Ruhe! Entspanntere und dankbare Gesichter bei den beiden erschöpften Lehrerinnen.
Finanziell ist das bisherige Konzept so nicht mehr wirtschaftlich fortzusetzen. Es wurde schon bisher kein Gewinn mit der Schule zum Reinvestieren erwirtschaftet. Unterdessen stehen selbst die jährlichen privaten Investitionen unserer Gastfamilie in keinem Verhältnis mehr zum Aufwand, der allgemein zum Erhalt betrieben werden muss. Ausserdem sind für die höheren Klassen weitere Investitionen nötig wie z. B. ein Computerkabinett und ein Labor. Das Geld dafür kann jedoch nicht über die Schulgelder refinanziert werden.
Daher hatten wir bereits im April, nach ersten groben Budgetplanungen und Finanzhochrechnungen, eine Konzeptveränderung vorgeschlagen. Diese wurde jedoch bisher nicht wirklich geprüft, sondern aus Loyalitätsgünden gegenüber Baba verworfen.
Da sich nun die Schwierigkeiten in der Schule häufen (keine neuen Lehrer, sinkende Schülerzahlen, kein Management vor Ort, zu geringe Einnahmen, wenig Spenden) haben wir nun doch noch den Auftrag bekommen, unseren Konzeptionsvorschlag (nur noch Kita und bis 4. Klasse) zu kalkulieren. Daher stehen für Thomas wieder umfangreiche Excel-Stunden auf der Tagesordnung.
Der Bau des neuen Klassenzimmers für die 9. Klasse ist nun selbstverständlich auch gestoppt. Das Basement ist unterdessen allerdings fertig. Daher müssen wir auch noch überlegen, was perspektivisch damit geschehen kann. Vermutlich werden wir nur noch die Fussbodenabdeckung beauftragen und den Platz überdachen lassen. Dann ist das halt ein Picknickplatz für die Kinder zur Mittagspause. Derzeit essen sie in den Klassenräumen. Es besteht allerdings Sturzgefahr auf der neuen „Terrasse“ aber ich denke, das interessiert hier erstmal niemanden…
Wir sind gespannt, was unsere Berechnungen und Überlegungen in den nächsten Tagen für Ergebnisse und Entscheidungen bringen.
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