Für heute liegt ein langer Weg vor uns, jedoch sind nur 300 Höhenmeter zu bewältigen. Bereits auf den ersten Metern der Wegstrecke schmerzen meine Knie. Sie sind von den letzten beiden sehr anstrengenden Tagen schon sehr angegriffen. Ich muss die erste Ibuprophen 600 nehmen, um weiter mithalten zu können.
Es stellt sich im Tagesverlauf heraus, dass wir zwar insgesamt am Ende nur 300 Höhenmeter bewältigen müssen bzw. hinter uns bringen werden. Jedoch geht es nicht sonderlich knieschonend MEHRFACH am Tag 300 Meter aufwärts und dann gleich im Anschluss auch wieder abwärts. Somit bewältigen wir eigentlich dreimal so viele Höhenmeter. Ich bandagiere mein linkes Knie, um es zu stabilisieren.
Mitten auf dem Weg stehen buddhistische Gebetsmühlen oder Stupas. Letztere muss der Wanderer stets linksseitig passieren, damit ihn das Glück auf seinem Weg nicht verlässt. Also machen wir das so in der Hoffnung, meine Knie sind vom versprochenen Glück begünstigt. Um die Stupas herum sind zahlreiche Steine aufgeschichtet. Auf diesen sind in einer “Mischsprache” aus nepalesisch, Sanskrit und einer “Sondersprache der Mönche” Gebetstexte, alte Weisheiten und kleine Erfahrungsberichte oder Geschichten eingemeisselt. So erklären es uns jedenfalls später einige alte Mönche, die wir in einem Kloster besuchen. Auch Symbole und Zeichnungen erkennt man auf den Stupa-Steinen und alles ist noch erstaunlich gut erhalten.
Unterwegs beschliessen wir, unseren Tagesmarsch zu kürzen (nicht nur meine Knie schmerzen, Thomas hat fürchterliche Blasen an den Füßen) und eine Übernachtungsalternative zu suchen. Da wir inzwischen schon ein paar Tagesmärsche von allen anderen Transportmitteln entfernt sind, hoffen wir, damit unseren Körper wieder regenerieren zu lassen. Viel Auswahl gibt es jedoch leider nicht. Wir kommen an einem noch nicht ganz beendeten Neubau eines “Teehauses” vorbei. Dort fragen wir an und können über Nacht bleiben. Es gibt keinen Strom, keine Toilette und an duschen/waschen ist nicht zu denken. Wir fühlen uns ins Mittelalter versetzt. Die Gastfamilie lebt zwischen Müll, Schlamm und Kuhmist. Die Kinder sind so dreckig und in Lumpen gehüllt, dass man sie auf keinen Fall berühren möchte. Als Küche dient ein verdrecktes Zelt mit einem kleinen Gaskocher und zwei Holzbänken. So etwas haben wir noch nie gesehen. Alternativlos ergeben wir uns unserem Schicksal.
19:00 Uhr wird es stockdunkel und wir können uns nur noch mit unseren Taschenlampen halbwegs orientieren. Unser “Zimmer” ist holzverkleidet, das Dach jedoch noch nicht komplett gedeckt. Somit wird es wohl eine klare, kalte Nacht werden. Wir mummeln uns in unsere Daunenschlafsäcke und ich bete, dass ich nicht noch einmal auf die “Toilette” muss.
Gute Nacht!
Der Anstieg auf 3000 Meter Höhe muss auf uns warten, morgen schaffe ich den Aufstieg bestimmt.