Rätselhafte Götter (…und wie Ganesh an seinen Elefantenkopf kam)

Wer durch Indien fährt, kommt natürlich mit dem Thema Religion sehr stark in Berührung – insbesondere mit hinduistischer Religien, da 80% der Bevölkerung Hindus sind.
Religion ist teilweise auf sehr profane Art und Weise Bestandteil des Alltags – sei es der kleine Hausaltar, der mit Sicherheit in irgend einem Schlafzimmer der Neubauwohnung steht, sei es nur eine angedeutete Bewegung der Demut wenn man an einem Altar an der Strassenseite im Bus sitzend vorbei fährt.

Diese zahlreichen kleinen Gesten und Handlungen sind für uns schön zu beobachten, sind sie doch natürlich gelebter Glaube und keine aufgesetzte Religion an zwei Hauptfeiertagen im Jahr. Manchmal nerven sie aber auch, da nix ohne sie geht. Eine Reise beginnen, ohne Gebet, nicht daran zu denken. Bei einem Besuch eine „Gast-Puja“ abzuhalten, sehr wichtig. Neuanschaffungen für ihren Gebrauch zu segnen, ist ein Muss.
Zu Beginn verwirren einen die zahlreichen Gottheiten, deren Reinkarnationen, Ehefrauen usw. und man kann sich die Namen auch alle gar nicht merken, da es in einigen Bundesstaaten für die Hauptgötter auch noch andere Namen gibt. Warum sollte Religion auch einfach sein, denkt man bei dieser Vielzahl. Doch sie ist! Den Zugang zur Götterwelt Indiens habe ich für mich dadurch erhalten, als ich begriffen habe, dass es sich eigentlich nicht um viele verschiedene Götter sondern letztendlich um Avatare oder Reinkarnationen einer einzigen Gottheit handelt. Stark (und bestimmt unzulässig) vereinfacht, läuft es also wie im Katholizismus mit der Heiligenverehrung. Es gibt immer irgendwo einen Schutzheiligen mit bestimmten Eigenschaften, der einem in einer bestimmten Situation weiterhelfen kann.

Einige Götter tauchen jedoch zumindest in unserem Umfeld immer wieder auf, daher möchte ich sie einmal kurz vorstellen:

Die Dreieinigkeit der Hindus

Ganz oben in der Hierarchie stehen drei Götter: Brahma (der Erschaffer), Vishnu (der Bewahrer) und Shiva (der Zerstörer aber auch der Erneuerer). Jeder dieser Götter hat eine Ehefrau, ein „tierisches Transportmittel“ und Symbole, die ihn einzigartig bei allen Tempelabbildungen machen. Brahma spielt in der Verehrung und Anbetung jedoch keine Rolle und es gibt auch keinen, ihm geweihten Tempel und das soll folgenden Grund haben:

Eines Tages kam ein Mann zu Brahma, um ihm seine Ehrerbietung zu beweisen, doch Brahma war grad („just in romance“) mit seiner Frau Saraswati beschäftigt und hörte ihm nicht zu. Nachdem der Mann dreimal versucht hatte, sich bei Brahma Gehör zu verschaffen, wurde er wütend und verfluchte Brahma. Die Menschen würden ihn nicht wie andere Götter verehren, da er ihm als einem Vertreter der Menschen keinen Respekt erwiesen habe.

Vishnu-Tempel und – Darstellungen findet man dagegen schon häufiger. Seine Ehefrau ist Lakshmi (Göttin des Reichtums). In der Lakshmi road, die es in jeder größeren Stadt gibt, findet man meistens die Juweliere, Banken oder andere kostspielige Dinge. In Hampi haben wir den Vishnu Tempel (dort mit anderem Namen: Vittala) als Höhepunkt besucht.

Am meisten verehrt wird jedoch Shiva (Nina Hagens Tochter heisst übrigens so). In seinen Tempeln wird er durch den Lingam (eine kleine abgerundete Säule, die einen Penis darstellen soll) und meistens auch zusammen mit seinem Transporttier “Nandi” – einem Stier, dargestellt. Da es von Shiva kein Abbild gibt, wurden seine Tempel meist vor der Zerstörung durch die muslimischen Eroberer verschont. Diese haben sich erstmal an den reich vergoldeten Lakshmi-Tempeln und an allen mit Götterbildern versehenen Tempelanlagen abgearbeitet. In Hampi ist der Shiva Tempel sogar heute noch aktiv in Nutzung.

Ganeshs Kopf

Der bekannteste Gott ist natürlich Ganesha mit dem Elefantenkopf. Er wird wirklich überall verehrt und er steht eigentlich für alles Mögliche: Weisheit, Lebensfreude, Glück und Erfolg. Er soll auch ein phantastischer Liebhaber gewesen sein. Das wird jedoch von den Inder mit ihrer eher asexuellen Lebensweise nur hinter vorgehaltener Hand kommuniziert.
Die Geschichte, wie Ganesh seinen Kopf bekam, habe ich das erstemal in einem der hier bekannten Purana Comics gelesen – in denen wird auf unterhaltsame und verständliche Art und Weise, das komplette Panorama der zig Millionen Götter für die heranwachsende Kinderschar oder wissbegierige Europäer ausgebreitet. Und hier kommt nun endlich die Geschichte:

Pavarti liebte ihren Ehemann Shiva sehr, fühlte sich aber oft von ihm bedrängt. Insbesondere wenn sie sich Zeit für ein Bad nehmen wollte, stürmte Shiva des Öfteren herein. Deshalb formte sie aus ihren eigenen Zellen einen jungen Mann, Ganesh. Er sollte am Eingang zum Bad aufzupassen, dass niemand sie stört. So verweigerte Ganesh auch Shiva den Zugang zum Badehaus seiner Mutter. Darüber erzürnte Shiva so sehr, dass er in seiner Raserei ihm den Kopf abschlug. Nachdem Pavarti ihm erklärte, dass er soeben ihr eigenes Fleisch und Blut getötet hatte, erschrak er sehr und versprach ihr, den Sohn wiederzubeleben. Da der Kopf von Ganesh nicht mehr auffindbar war, schickte Shiva seine Helfer in den Wald mit der Aufforderung, ihm den Kopf des ersten Tieres zu bringen, das ihnen begegnen würde – und voila, es war ein Babyelephant. Shiva setzte den Elephantenkopf auf den Körper von Ganesh und hauchte ihm Leben ein. Was mit dem armseligen Rest des Babyelephanten passierte, wurde in dem Comic nicht berichtet, vermutlich haben ihn die Ameisen zerlegt. Jedenfalls so bekam Ganesh seinen Kopf und er merkte sich, niemals seinem Vater im Weg herumzustehen. Ausserdem ist er durch sein spezielles Äusseres weltweit bekannt und sogar bekannter als Shiva: das richtige Aussehen war also zu allen Zeiten wichtig!

Andere Götter

Es gibt unheimlich viele kleine Tempel mit anderen Göttern. Im Norden Indiens verehrt man Durga, die berühmte vielarmige weibliche Göttin. Auch Kali ist sehr bekannt, die Zerstörerin mit der Kette aus Schädeln um den Hals. Aber wenn ich anfange, das alles aufzuschreiben, würde dieser Blog hier in Konkurrenz zu Wikipedia stehen, was ich aus Respekt für Wiki auf keinen Fall riskieren möchte.

In jedem Fall ist Götterverehrung in Indien Alltag. Der tägliche Gang zum Tempel und die daraus entstehende Gesichtsmarkierung (in Punkten oder Streifen) kündet vom religiösen Eifer eines Jeden. Vor jedem Haus, zumindest in den ländlichen Gegenden, steht ein kleiner Rada-Krishna- Schrein. Dieses Götterpaar soll die Familie und das Haus beschützen. Auch wir haben zur Hochzeit von unseren indischen Freunden das Paar geschenkt bekommen.
Wallfahrten zu Tempeln sind beliebte Familienausflüge. Man verbringt dann meistens erheblich mehr Zeit unterwegs, als am eigentlichen Tempelort. In Hampi haben wir eine Hochzeitsgesellschaft getroffen, die extra auf einem LKW zum einzig intakten Tempel der Umgebung eine Tagesreise unternommen hat, um dort Hochzeit zu feiern.

In Mysore haben wir im Palast ein Deckengemälde gefunden, auf dem die drei wichtigsten Götter mal incl. Frauen und ihrer „tierischen Transportmittel“ dargestellt sind. Auch wenn die folgenden Bilder jetzt nicht die Superqualität haben, bieten sie nochmal einen schönen Überblick.

Brahma mit seinen drei Gesichtern auf dem Schwan

Durga auf einem Löwen reitend

Pavarti und Shiva mit ihren beiden Söhnen (rechts steht Ganesha), der Stier ist Shivas „Transportmittel“

Vishnu auf der siebenköpfigen Kobra (Naga) sitzend

Im Dschungel

Auf den Teeplantagen um Ooty in 2100 Meter Höhe war es richtig kalt, abends nur 12-15 Grad und leichter Regen, so dass wir uns noch fix jeder eine hässliche dicke und schon gebrauchte Jacke für insgesamt 10€ kaufen mussten. Über deren Kauf sind wir sogar noch in einen Ehestreit geraten. Denn keiner von uns wollte diese verranzten Teile haben und trotzdem hatten wir sie in Ooty in der zweitbesten Strassenbude gekauft. Kommunikationsstau in den Bergen! Der hatte sich jedoch mit dem nächtlichen schlechten Wetter am nächsten Morgen aber wieder aufgelöst! Wenigstens hielten die nach Chemie stinkenden Jacken warm. Sie kamen in zwei Tagen Gott sei Dank nur einmal zum Einsatz. In der grössten Kälte ist die Mode sch… egal!

Von den Bergen und Plantagen sind wir nach tollen Tagestouren mit einem lokalen „Landstreicherbus“ und einem Expresszug nach Kochi an die Westküste des Bundesstaates Kerala gefahren. Ein ganzer Tag verging mit den landesüblichen Verkehrsmitteln. Im Zug war dann auch nur noch Platz für uns in der Gepäckablage und das für 4 Stunden! Aber wir sind mit einigen Muskelverspannungen und kribbelnden Füssen vom Schneidersitz gut angekommen, auch ohne Verspätung.

Kochi ist bekannt für Multikulti, nette Restaurants, tolle Bars, viele exquisite Einkaufsmöglichkeiten und AYURWEDA. Letzeres wollen wir uns jedoch bis kurz vor unserer Rückreise aufs Land aufheben, um ein klein wenig „Luxus“ dorthin mitzunehmen.

Nach einem entspannten Bummeltag durch die Weltstadt Kochi (wobei wir eher die abgelegenen Gegenden besichtigt haben) hatten wir auch schon wieder genug vom Grossstadttrubel und erkundigten uns nach Ausflugsmöglichkeiten ausserhalb.

Ganz ohne Dschungelerfahrung wollten wir unseren Urlaub in Indien doch auch nicht beenden. Thomas hatte in den vergangenen Wochen intensiv recherchiert wo es Wildlife-Reservate gibt und welche Aktivitäten dort angeboten werden bzw. welche Übernachtungsmöglichkeiten es gibt. Leider gab es verschiedene Hindernisse zu überwinden: entweder erreichten wir das Reservat nicht mit den uns zur Verfügung stehenden Verkehrsmitteln oder der Reisezeitpunkt passte nicht (Nachsaison und Beginn der Regenzeit). Anfragen von Thomas per e- Mail wurden nicht beantwortet oder persönliche telefonische Buchungen einfach nicht schriftlich bestätigt. Selbstverständlich spielte auch der Preis eine Rolle, weshalb wir nicht über einen örtlichen Tourenanbieter buchen, sondern weiterhin selbstorganisiert unser Glück versuchen wollten. Achtung Touristenabzocke!
Eigentlich hatten wir uns nach allen Recherchen schon gegen das Wandern in einem Nationalpark entschieden, doch es kam wie so oft ganz anders.
Nach einem persönlichen Telefonat mit dem offiziellen Büro des Tiger Reservats in Periyar und der Aussage „all activities are available“, mieteten wir spontan ein Auto (wieder mit Chauffeur) und fuhren 198 km (die Kurven hart an der Grenze zur Tütennutzung) weiter in den Süden. Vor Ort angekommen, fiel uns die Entscheidung für ein Angebot schwer denn es gab natürlich nicht ALLE Touren und wir wollten auf keinen Fall ein „Touristenpaket“ mit den „special Effects“ und „Sonderangeboten“ sondern einfach nur im Dschungel laufen und das nicht nur für eine Stunde. Es schien jedoch einfach nix Passendes zu geben und der Favorit von Thomas (geführte Tagestour auf einem Tigertrail mit nur 6 Personen) fand nur an einem Samstag statt. Wir waren jedoch Dienstag bis Donnerstag in Periyar. Aus lauter Verzweiflung, um die lange Fahrt von 5 Stunden nicht umsonst gemacht zu haben, ließen wir uns von einer Mitarbeiterin des Ticketoffice zu einer „Bamboo Rafting Tagestour“ überreden. Diese sollte eine Kombination mit 4 Stunden wandern und 2 Stunden Bambusboot fahren sein. Rafting geht für mich ja gar nicht, das hatte ich sofort abgewählt. Wir waren also gespannt, was uns da wieder erwarten würde.

Volltreffer! Tolle Tour abseits jeglicher Touristen. Wir waren nur 7 Teilnehmende und wurden von 3 Männern (Fährtenleser und ehemalige Wilderer) und einem bewaffneten Ranger begleitet. Es gibt im Periyar- Reservat angeblich 45 Tiger aber auch gefühlte 45.000 einheimische Besucher, die sich für die bequemen Schiffsrundfahrten auf dem gleichnamigen See anstellen. Daher war uns klar, einen Tiger werden wir wohl nicht sehen.
So war es dann auch. Die Tierwelt hat uns zwar mit Bisons, einem 5-sekündigem Blick auf einen Elefantenrücken, Wildschweinen, Rehen, Riesenschmetterlingen, zahlreichen kleinen bunten Vögeln aber auch Reihern und Greifvögel nicht so wahnsinnig beeindruckt. Dafür jedoch wiedermal die atemberaubende Landschaft und das enorme Stimmengewirr bzw. die Urwaldgeräuschkulisse. Wir haben dann bei der Ankunft allen erzählt, dass wir einen auf einem Elefanten reitenden weißen Tiger gesehen hätten – das gab „neidische Blicke“.

Mysore (Märkte und Paläste)

Mysore wurde uns von allen als ein Muss nahegebracht – unbedingt ansehen – die Paläste, der Markt, die koloniale Architektur usw.
Letztendlich war ich ein wenig enttäuscht – aber vielleicht sind wir auch schon etwas “satt”. Ein Markt reizt uns als solcher nicht mehr so umfassend wie vielleicht zu Beginn. Trotzdem gibt es natürlich Farben und Bilder, die haften bleiben. Sei es das überwältigende Angebot an Mangos oder die riesigen Stapel an Bananen.

Der Palast war auch ok. Er hat allerdings nichts mit dieser phantastischen muslimischen Architektur zu tun, die man beispielsweise in Rajasthan findet oder mit den beeindruckenden Bauten, die wir in Hampi gesehen haben. Selbstverständlich ist er opulent und auch beeindruckend – aber halt opulent, wie sich ein europäischer Architekt den Orient so um 1900 herum vorstellt hat, denn aus dieser Zeit stammt er erst, da der vorherige Palast abgebrannt war. Die Inder haben den Palast übrigens in großer Zahl und mit einer riesigen Begeisterung besichtigt. Es wurden wieder unheimlich viele Selifies vor dem Palast in allen erdenklichen Posen fotografiert – einige findige Inder hatten sich einen Drucker neben ein paar große Batterien gestellt und druckten fleißig kitschige A4 Bilder für das bedürftige Publikum. Die restliche koloniale Architektur wartet, aus dem Dornröschenschlaf geweckt zu werden. Einige Bauten sehen wirklich filmreif aus.

Das Fürstentum Mysore existierte im Übrigen bis 1947 dank der großzügigen Protektion des britischen Empire, die die Stadt um 1800 von den mit den Franzosen verbündeten Sultanaten durch Lord Wellington (ja, genau der mit dem Ausspruch “Ich wollt es wär Nacht oder die Preußen kämen” von Waterloo) erobert wurde – soweit zur Geschichte…
Nach 1947 wurden dann die Familienpaläste durch den indischen Staat übernommen, zumindest teilweise. Ein Palast blieb noch in Familienbesitz und beherbergt nun die erste Kunstgallerie, die ich in Indien gesehen habe. Zu unserer Überraschung war sie relativ gut durch Inder besucht – ansonsten aber extrem abgeranzt. Die Exponate waren weder ausgeleuchtet noch vernünftig beschriftet, teilweise fielen sie auseinander (wie z.B. Teile der Musikinstrumentensammlung. Leider durfte man drinnnen (aus gutem Grund – wer will schon dass diese Bilder dann durch die Welt gehen) nicht fotografieren. Trotzdem hat der Besuch Spaß gemacht – einer der Museumswärter lief dann mit uns durch die Räume um uns die besten Exponate zu zeigen. Er war unheimlich bemüht und stolz uns etwas zeigen zu können. Allein dafür hat es sich für uns schon gelohnt.

Indischer Tee

In Indien gibt es vier Teeanbaugebiete: Assam, Darjeeling, Dooars und Nilgiri. Letzteres liegt in den Western-Ghats, in Südindien. Dorthin haben wir uns spontan auf den Weg gemacht. Unendliche Serpentinen ging es von Mysuru, „Stadt der Paläste“, wieder einmal mit Bus hinauf bis in stolze Höhen von 2100 Metern. Der Ausgangspunkt unserer Teeplantagenwanderung ist der Ort Ooty, ein fürchterlich dreckiger, übel riechender Ort im Tal der Nilgiri-Berge mit ca 50.000 Einwohnern. In jedem Hotel in diesem Ort sollte man absolut unkompliziert einen erfahrenen Guide bekommen, der mit einem Wanderungen in den Bergen und über die Teeplantagen machen würde. Dem war jedoch nicht so. Weder die Touristeninformation (ein leeres kleines quadratisches Hüttchen) noch die angefragten Hotels vermittelten lokale Wanderführer. Somit waren wir wieder auf uns selbst gestellt.

Allerdings haben wir ein traumhaftes kleines Hotel 16 km von Ooty entfern gefunden, was direkt in einer Teeplantage liegt. Unser Zimmer hat ein 2 x 3 Meter großes Fenster mit Blick in die Berge über die Plantage. Unbeschreiblich!!

Wir mussten den üblichen Mittagsregen in den Bergen abgewartet, da wir weder für die Temperaturen in dieser Höhe (15 bis 23 °C) noch gegen Regengüsse ausgerüstet sind. All unser tolles Equipment haben wir im Farmhaus in Alegaon gelassen. So hatten wir uns bei unserer Ankunft in Ooty noch schnell langärmelige Shirts kaufen müssen, um nicht zu frieren.
Ohne passende Bekleidung (einen Regenschirm hatten wir zur Sicherheit auch gekauft und jetzt eingepackt) und ohne Wanderführer, ja noch nicht einmal mit einer Wanderkarte (ausgeschilderte Wege gibt es leider auch nicht), sind wir also aufgebrochen. Alles kein Problem, die Zivilisation ist greifbar nah und jederzeit erreichbar.
Tolle Ausblicke über die Plantagen, nette Einheimische auf dem Weg, die interessiert nachfragen und sogar eine Privatführung in einer alten abgelegenen privaten Teefabrik waren wieder die Belohnung für unser Suchen, Warten und dann einfach Machen.

Die Ghats

Die West-Ghats sind ein Gebirgszug, der das Deccan-Plateau von der schmalen Westküste Indiens abgrenzt. So und noch ausführlicher steht es bei Wikipedia.
Die Ghats sind in Indien ihrer eigentlichen Bedeutung nach steil abfallende Böschungen, meist mit Stufen, die als Wasch- und Badestellen auch heute noch genutzt werden. Teilweise hat sich der Begriff auch verselbstständigt – so gibt es mit den Dhobi Ghats in Mumbai einen riesig großen Waschplatz, der ohne Böschung auskommt.

Während unseres Aufenthaltes in Hampi aber auch während unserer Überlandfahrten und besonders in ländlichen Regionen, haben wir zahlreiche dieser traditionellen Bade- und Waschplätze gesehen.

Unseren Beobachtungen nach baden Frauen an den Ghats immer in ihrer kompletten Kleidung und streng getrennt von den Männern. Sie dürfen jedoch ihre Haare offen tragen und im Fluss waschen.
Die Männer können ebenfalls bekleidet jedoch auch in Unter-oder Badehose baden. Dabei kann man sehen, dass Jungen einen schwarzen Strick um die Hüften tragen. Verheiratete oder ältere Männer dagegen haben einen roten Strick oder einen weissen, letzteren dann jedoch über die Schulter geknotet.

Auf unserer Tempeltour wurde uns erklärt, dass alle Tempelbauten, Skulpturen oder andere Kunstwerke absichtlich mit einer „kleinen Irritation“ versehen werden, die das Auge und den Geist von der eigentlichen Perfektion ablenken soll. Gleiches wird auch mit den Babys bzw. Kleinkindern gemacht. Sie werden um die Augen ganz fürchterlich mit Kajal geschminkt und/oder bekommen einen schwarzen Punkt zwischen die Augen. Dadurch soll der neidische, böse Blick eines Betrachters oder Dämons von der tatsächlichen Schönheit des Kindes abgelenkt werden. Eine ähnliche Funktion hat der bereits erwähnte schwarze Strick bei Jungen.
Sogar ein neu erworbenes Auto wird entweder auf der Motorhaube oder im Inneren mit „ablenkenden Utensilien“ wie z. B. Chilischoten verziert.
Wir nutzen diese Besonderheit nun auch sehr gern dafür, um Flecken auf unseren Sachen als „kleine Ablenkung von der tatsächlichen Schönheit“ zu interpretieren. Ist doch sehr clever!