Heimkehr

Zeit wird es für uns – wir sind noch einmal durch die Stadt gegangen und haben in einem Cafe „Tiger and Goat“ gespielt, noch einmal Fotos angeschaut und das halbe Jahr Revue passieren lassen – soviel erlebt, so viele Erfahrungen gemacht. Mit einer gewissen Wehmut haben wir heute die Sachen gepackt. Die letzten Tage gingen wie üblich so schnell dahin.

Doch was wäre eine Reise ohne das Nachhausekommen. Wir reisen sehr gern, kommen aber immer wieder gern in die Heimat zu all unseren Freunden.
Und mag uns auch die Wehmut gepackt haben beim Packen – wir freuen uns so sehr auf euch alle.

Ihr alle, die in den letzten Monaten unser Blog gelesen habt, von denen wir Feedback bekommen haben. Es ist schön zu wissen, dass es euch gibt. Morgen früh geht es los und dann ist unsere große Reise erst einmal zu Ende. Wir sehen uns bald!

Bhaktapur und Lalitpur

Diese beiden Städte bilden heute mit Kathmandu die Hauptstadt von Nepal. Früher waren sie mal separate Hauptstädte des “Kathmandu Valley”. Daher sind sie sehr geschichtsträchtig und wurden in das UNESCO- Weltkulturerbe aufgenommen. Beide Orte sind voll mit Palästen sowie Stupas und Pagoden, die als Hindu- oder Buddhatempel genutzt wurden und teilweise heute noch in Betrieb sind.

Läuft man durch die engen Gassen, fühlt man sich wie ein Komparse in einem Historienfilm. Alles ringsherum ist eine einzige Kulisse. Die Einheimischen leben in den historischen Gebäuden, versammeln sich auf den von Säulen eingefassten Plätzen und verkaufen immer noch ihre Waren aus altertümlichen Läden heraus. Ein Eindruck, den man nicht wirklich auf einem Foto einfangen kann.

Wir werden von einem Guide begleitet, um auch noch einige Hintergründe zum Buddhismus zu erfahren, jedoch merken wir bald, dass wir diese umfangreichen Informationen nicht behalten. Jahreszahlen und die Namen der Herrscher, Begründer und Gottheiten rauschen nur so an uns vorbei.

Wir bekommen das buddhistische “Wheel of life” (Rad des Lebens) erklärt und erfahren, dass es auch in dieser Religion einen Himmel und eine “kalte” sowie eine “heiße Hölle” gibt. Durch bestimmte Verhaltensweisen kann man sich aus letzteren befreien und im nächsten Leben in den Himmel kommen. 17 Stufen hat allerdings ein gläubiger Mensch zu erklimmen, bis er erleuchtet in das Himmelreich Buddhas aufsteigt. Buddhisten sollten auch zweimal am Tag 108- Mal das gleiche Gebet aufsagen und sich dabei am besten vor Buddha auf dem Bauch liegend verneigen. Da diese Art des Betens sehr viel Zeit und auch Platz in Anspruch nehmen würde, hat man das “Sprechen eines Gebetes” effektiviert. 108 Gebete befinden sich nämlich auch im Inneren einer jeden Gebetsmühle, die man möglichst mit der rechten Hand drehend in Gang setzt. Somit hat man mit einer Umdrehung schon 108 Gebete auf den Weg gebracht. Das nenne ich mal “praktischen Glauben”!

Lalitpur ist ausserdem berühmt für die ausgezeichneten kunsthandwerlichen Kupferarbeiten. Vergoldete Buddhastatuen in allen Größen und Formen werden dort hergestellt. Der Ort ist ein einziger Gold- und Schmuckladen.

Generell gibt es vier Arten von Buddhastatuen oder -abbildungen. Der “Buddha der Zukunft” wird auf einem Thron sitzend (nicht mit yoga-gefalteten Beinen) dargestellt. Der “Buddha der Vergangenheit” ist stets rotgesichtig und mit goldener Krone abgebildet. Für die Gegenwart gibt es zwei Buddhafiguren: den “lachenden Buddha” (das ist der dicke glatzköpfige, den wir alle aus den Asiashops und vietnamesischen Restaurants kennen) und den “Buddha mit Locken” und langen hängenden Ohren sowie grossem Ohrschmuck. Dieser hat mehr Verbreitung in Nepal. Alle Figuren können mit 8 verschiedenen Handstellungen dargestellt werden: segnend, betend, die Erde beschützend…alle habe ich mir leider nicht merken können.

Es war ein toller Tag mit vielen Informationen und einmaligen Eindrücken.

Leider sind wir ein wenig enttäuscht, dass aus der eigentlichen ganzheitlichen buddhistischen Lebensphilosophie auch nur ein “Personen- und Götterkult um Buddha und andere Nebengottheiten” entstanden ist. So war der Buddhismus von seinem Begründer Siddharta Gautama nicht formuliert worden. Zumindest hatten wir die Erklärungen am Geburtsort Buddhas in Lumbini nicht so verstanden. Ursprünglich ging es eher um die ganzheitliche Erkenntnis im Leben durch Reduzierung der Wahrnehmung aufgrund intensiver Meditation. Im heutigen Alltag der gläubigen Bevölkerung scheint es jedoch auch hier eine starke Vermischung mit hinduistischen Praktiken zu geben.

Auf unserer Rückreise und bei Ankunft in Jomsom entdeckten wir ein kleines Cafe, welches tagsüber als Gallery und am Abend zusätzlich als Musikbar betrieben wird. An den Wänden hängen Gemälde von einheimischen Künstlern. Der Betreiber spielt klassische Musik oder auch Filmmusiken auf dem Keyboard und gelegentlich musiziert er gemeinsam mit Gästen, die im angrenzenden “Om’s Home” übernachten.

Auch wir haben dort übernachtet. Gegenüber befindet sich der Flughafen von Jomsom und so würden wir unseren Flug zurück nach Pokhara am nächsten Tag 6:20 Uhr ohne grossen zusätzlichen zeitlichen Aufwand gut erreichen. Dachten wir uns jedenfalls! Leider war in den Morgenstunden die Wolkendecke so dicht, dass unser Flug erst verschoben und nach stundenlangem Warten endgültig gecancelt wurde. Alle Flüge wurden für diesen Tag gestrichen! Nun war wieder einmal guter Rat teuer. Wir hatten zwar einen Tag Puffer bis zu unserem Flug von Pokhara nach Kathmandu aber das Wetter ist in diesen Höhenlagen unvorhersehbar und extrem wechselhaft, so dass es oft nur sehr kurze Zeitfenster für Füge gibt. Wir waren verunsichert: warten und am nächsten Tag erneut versuchen einen Flug zu bekommen oder eine Rückfahrt mit dem Jeep buchen? Ersteres schien uns zu riskant, daher entschieden wir uns für den Jeep. Anderen Touristen ging es ebenso und so taten wir uns mit einem Dänen und zwei Mädels aus Leipzig zusammen, zahlten 27.000 NR und fuhren 12:00 Uhr los.
Die Fahrt sollte 10 Stunden dauern und unsere Leidensfähigkeit erneut auf eine harte Probe stellen. Wie schon mehrfach beschrieben, passierte wir auch diesmal etliche Erdrutsche bzw. Steinschläge und auch der Jeep quälte sich durch die extremen Schlammmassen vorbei an tiefen Abgründen. Wir hofften erneut, unseren Glücksvorrat noch nicht vollständig aufgebraucht zu haben und gesund ans Ziel zu kommen.

Unterwegs sammelten wir noch zwei Spanier ein, die es mit einem lokalen Bus versucht hatten, der aber unrettbar in den Schlammmassen festgefahren war. Nach tatsächlich knapp zehn Stunden kamen wir dann alle heil und unversehrt an. Wir waren zwar vollkommen fertig aber andererseits heilfroh, dass unser Glückskontingent offenbar doch noch etwas Puffer hatte.

Kagbeni und das Königreich von Mustang

Mit unserer Herberge ganz am Rand des oberen Mustangs haben wir extrem Glück gehabt. Nicht nur, dass das Dorf ein einziges Museum ist, auch unsere Unterkunft war es. Die geologische Vergangenheit bringt unglaubliche Vielfalt in den Gesteinsformationen mit sich. Weder bin ich Geologe noch stehe ich eigentlich im Verdacht besonderer Liebe zu Steinen – aber auf diesem Gelände in 3000m Höhe rundgeschliffene Steine und Meeresablagerungen zu finden, macht einen dann doch schon etwas ehrfürchtig.
In die mit abgeschliffenen Steinen durchsetzten Lehmschichten hat der Regen nicht nur große Türme hineingewaschen sondern auch kleinere Höhlen, teilweise mit Menschenhand vergrößert. Die werden und wurden teilweise als Meditations- und auch Wohnhöhlen verwandt.

Das obere Mustang kann man nur mit Führer und Permit bereisen (10 Tage Permit aktuell 500$ pro Person + Führer 25$ pro Tag). Wir sind diesmal an der Grenze zwischen unterem und oberem geblieben und konnten aber allein schon dort viele extrem imposante Eindrücke erhalten.

Die Ortschaften sind in der kargen Landschaft meist auf kleinen Halbinseln des weitaufgefächerten Flusses gebaut. Anbaufläche wird dem Tal mühsam abgetrotzt. Wir haben einige Traktoren gesehen, die Flussschlamm aus dem Tal auf die oberen Plantagen befördert haben. Die Terrassen werden an den Stufen mit Weiden und dahinter mit Obstbäumen (meist Äpfeln) bepflanzt. Überall riecht es nach wilder Minze, die von den Bauern auch gesammelt und zu Tee verarbeitet wird. Wir haben auf 3400m sogar noch Aprikosen gefunden, die dann gleich getrocknet wurden.

Neben der Landwirtschaft leben die Leute hier vom Tourismus. Da der Annapurna Circuit hier durchgeht, ist das komplette Leben auf die Ernährung von Hundertschaften europäischer Abenteuertouristen ausgelegt. Überall gibt es Lodges. es werden alle möglichen Erzeugnisse aus Yak-Wolle und Sanddornsaft angeboten. Die Preise muss man extrem verhandeln. bzw. überlegen, wo man seine persönliche Schmerzgrenze setzt. Als wir besipielsweise den Aufstieg nach Muktinath über 1000m gemacht haben, wollten wir wegen Sonnis Knie den Weg zurück lieber fahren und fragten an mehreren Stellen in Kagbeni nach Möglichkeiten. Überall wurde uns ein privater Jeep angeboten mit 40$-60$, weil der Weg so schlecht und gefährlich sei.
Das haben wir dann nicht gemacht, wir stellten dann fest, dass sogar eine asphaltierte Fahrstraße parallel Trekkingweg zum Gipfel ging – der Weg zurück kostete dann für uns beide in einem oben gebuchten Sammeltaxi 5$. Ähnliches galt auch für weitere Situationen. Die Grenze zwischen berechtigtem Aufpreis für Ausländer (z.B. Flug für Nepalesen 50$ vs. 125$ für Ausländer) und gefühlter Abzocke verläuft dabei fließend.

Kagbeni selbst war früher schon eine Grenzstadt und besaß daher ein Fort, das jedoch inzwischen verfallen ist. Wie überall im Mustang kann man sich sehr gut über die Dächer fortbewegen, die irgendwie alle miteinander verbunden sind. es gibt ein Miteinander von Viehzucht und Leben und Touristen. Unsere Unterkunft roch noch stark nach Stall und war verwinkelt wie ein Labyrinth. Die Stupas sind allgegenwärtig und die Gebetsmühlen, die rasch im Vorbeigehen mit der rechten Hand gedreht werden. Hier noch unkommentiert ein paar Eindrücke aus dem Dorf, das uns ziemlich gefallen hat.

Eigenes Basislager in den Bergen

Wir haben in Kagbeni auf 2900 Metern unser eigenes “Basislager” aufgeschlagen. Von hier aus konnten wir in den letzten beiden Tagen wunderschöne Trekkingtouren unternehmen. Trotz der Höhe, in der wir uns befinden bzw. in die man von hier aus auch noch aufsteigen kann (3800 Meter), sind die Touren für uns gut machbar.
Die karge, menschenleere Landschaft ist atemberaubend. Man braucht keine Wanderkarte, da man den Weg mit blossem Auge ewig weit sehen kann. Unterwegs kommt man an kleinen Ortschaften aus Lehmhäusern vorbei. Vereinzelt sieht man alte Mauerreste oder verfallene Paläste. Die wenigen neuen Häuser sind meist als Lodges oder “Restaurants” ausgelegt. Prima für eine Verschnaufpause nach anstrengendem Aufstieg.

Es gibt überall frischen Apfelsaft. D.h. wenn man einen solchen bestellt, werden die Äpfel im Garten hinter dem Haus gepflückt, in der Küche gepresst und der Saft serviert. Ein Genuss! Selbstverständlich wird die köstliche Ernte auch anderweitig verarbeitet: Apfel-Pancake, Apfel scrumble, Apfel crumble, Apfelkuchen oder man kann sich auch einen Apfelwein bzw. Apfelcidre hinter die Binde kippen. Alles ökologisch-biologisch einwandfreie lokale Produkte!

Apfelbäume werden am häufigsten angepflanzt. Die kleinen Baumplantagen verstecken sich meist hinter einer Reihe Weidenbäume. Durch sie werden die Apfelbäume entweder vor den Wassermassen im Tal geschützt oder die Weiden dienen als Randbefestigung an steilen Abhängen auf den Hochebenen. Es gibt aber auch Aprikosenbäume (die Früchte werden auch hier getrocknet) und jede Menge Sanddorn (Sea buckthorn).

Erstmals haben wir unterwegs Yaks gesehen. Deren Fleisch hatten wir bereits am Vortag in einem Burger und als Steak probiert. Leider recht zähes Fleisch, so dass es wahrscheinlich keinen zweiten Versuch geben wird. Auf alle Fälle ernähren wir uns hier sehr gesund, mit lokalen biologischen Produkten (Buchweizenfladen, Kartoffelcurry, Griesklos-Gemüsesuppe).
Von Einheimischen haben wir erfahren, dass in den Bergregionen Nepals das Töten von Tieren zum Fleischverzehr verboten ist. Daher werden Kühe, Ziegen oder Schafe auf dem Viehtrieb so gelenkt, dass ein Tier abstürzt und dadurch getötet wird. Keine schöne Vorstellung. Also gibt es für uns doch eher weiterhin vegetarische Kost!

Nach unseren Wanderungen sitzen wir entspannt auf dem Dach unserer Lodge, schauen über die Dächer des Ortes und geniessen den gigantischen Blick ins Tal und auf die Berge.