514

Die Zahlenfolge 514 ist der Name einer Bar im Stadtbezirk Kimihurara, in der am Wochenende Livemusik gespielt, gesungen und getanzt wird. Schlicht und ergreifend ist 514 die Straßennummer, auf der sich die Location befindet. Freitags waren wir das eine oder andere Mal auch schon dort und haben uns zum Wochenausklang “after-work” mit den Kolleg*innen von Thomas getroffen.
Allerdings kommt erst ab 21:30 Uhr richtig Stimmung auf, denn dann beginnt eine Band zu spielen. Mit ihr treten 2-3 Stammsänger*innen auf. Sie singen aktuellen britischen Pop, alt bekannte Reaggy-Songs aber auch Hip-Hop und traditionelle afrikanische Lieder. Erklingen letztere, singt und tanzt der ganze Saal. Selbst in den hintersten Ecken springen die Leute von ihren kuscheligen Couches auf, verschieben den Beistelltisch mit ihren Cocktails und suchen sich ein freies Plätzchen. Alle sind in Bewegung mit weit ausgebreiteten schwingenden Armen und tief versunken im Rhythmus. Es ist ergreifend zu beobachten, wie sich gefühlt eine ganze Nation erhebt und ihre Kultur vor den wenigen Muzungus im Saal präsentiert. Singen und Tanzen können hier alle aber es gibt Bewegungen, zu denen wir Europäer auf keinen Fall in der Lage sind. Es schaut toll aus, wie sich andere bewegen, ist mir aber manchmal auch ein wenig peinlich bei so “intimen Bewegungen” dabei zu sein, einige Körper scheinen förmlich zu verschmelzen. Auch jeder Gast kann unangemeldet und unaufgefordert auf die Bühne, um sein musikalisches Talent zu zeigen. Nur eine kurze Abstimmung vor dem Auftritt mit der Band reicht aus, damit der gewählte Song auch instrumental begleitet werden kann. Da treten dann schon richtig coole Leute auf, deren Stimme einem die Gänsehaut heraufbeschwört. Ein kleinwüchsiger Mann tanzte sich die Seele aus dem Leib nach einer selbst zusammengestellten Choreographie, passend zur Livemusik der Band. Er wirbelt und hüpft, als ob es kein Morgen mehr gäbe. Damit sorgt er für standing ovations.

Durch den erweiterten Freundeskreis kennen wir Pakko, einen jungen Mann und Studenten aus Kigali. Er hat sich selbst das Geigespielen über YouTube beigebracht und es klingt sogar ganz passabel. Gemeinsam mit ihm hatte Lotti auf ihrer Klarinette ein Stück geprobt, was hier alle kennen und was auf der aktuellen Hitliste rauf und runter gespielt wird. Ganz selbstsicher hatte nun Pakko verkündet, er wolle mit Lotti im 514 auftreten.
An diesem Freitag waren auf Einladung von Thomas nun besonders viele unserer Bekannten und neuen Freunde im 514 und sie hatten teilweise auch noch ihre Freunde mitgebracht. So waren wir an diesem Abend mindestens 15-20 Personen. Alle warteten ganz gespannt darauf, ob Pakko im Duett mit Lotti auftreten würde. Ich bekam schon bei dem Gedanken daran ein flaues Gefühl im Magen denn der Saal war zu fortgeschrittener Zeit sehr voll. Wir hatten alle bereits einige Gläser Wein bzw. etliche Flaschen Mützig-Bier getrunken und waren daher auch feier- und tanzfreudiger als erwartet. Etliche Songs konnten wir sogar mitsingen, wobei uns das bei den afrikanischen Texten immer nur bei einzelnen Worten lautstark gelang. Außerdem gab es Anleitung zum Tanzen durch die anwesenden bewegungsaffinen Rwandaer. Ich habe die kleinen Schrittfolgen jedoch nicht mehr richtig aufnehmen und schon gar nicht behalten können. Macht nichts! Die Stimmung war prächtig und wir hatten viel Spaß!
Und dann kam der große Auftritt. Lotti wirkte ganz entspannt, hatte ihre Klarinette zusammengebaut, gestimmt und stand mit Pakko auf der Bühne. Sie wurde von ihm kurz vorgestellt. “Meine Begleiterin kommt aus Deutschland!”. Laute Jubelschreie aus unserer Ecke. Dann Stille! Ein ganz ruhiges und zartes Musikstück erklang. Die Töne saßen, das Licht brachte die richtige Stimmung dazu und das Zusammenspiel im Duett passte einfach wunderbar, trotz weniger Proben im Vorfeld. Alle waren begeistert! Was für ein tolles Erlebnis und welcher Mut von Lotti, sich das auch zu trauen. Thomas und ich waren mega stolz. Ein rundherum gelungener Abend. Vom Jubeln, Singen und Tanzen waren wir am nächsten Tag noch etwas angeschlagen aber das Erlebnis war einmalig und kann nicht getoppt werden.

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