Unsere Gastgeber

Nach einer quälend langen Autofahrt von 5 Stunden über Straßen, die diese Bezeichnung gar nicht verdienen, sind wir gestern Abend in Alegaon angekommen. Irgendwo im Nirgendwo! Wir sollen/wollen die nächsten 5 Monate in einem Farmhaus bleiben, in dem eine Familie mit 7 Personen lebt. Mit ihnen leben zwei Hunde, eine Katze, ein Dutzend Ziegen, 9 Kühe, 2 Ochsen und etliche Hühner. Das Farmland besteht aus einer kleinen Granatapfelplantage, Maisfeldern und einigen Mangobäumen.
Für uns wurde extra ein separates kleines Haus (eigentlich ist es nur ein Zimmer) freigeräumt. Waschraum und Toilette sind in gemeinschaftlicher Nutzung im Nebengebäude und immerhin gefliest sowie mit europäischem WC ausgestattet, also nicht nur ein Loch im Boden. Beides wurde auch extra für uns gebaut und wenige Tage vor unserer Ankunft fertiggestellt. Bis dahin sind alle zur Toilette aufs Feld gegangen (aus Gewohnheit machen Sie das wohl auch noch einige Zeit). Elektrizität ist vorhanden, jedoch mit einigen 5 Minütigen Ausfällen am Tag. Internet gibt es auch, jedoch ebenfalls mit häufigen Unterbrechungen.

Und das sind unsere Gastgeber: drei Brüder, von denen einer-mit 72 Jahren der Älteste- die Schule vor 10 Jahren gegründet hat. Auch heute noch geht das gesamte Geld seiner Pension in die Schule und er lebt bescheiden auf der kleinen Farm.

Heute früh war dann auch unser erster „Arbeitstag“. Wir haben uns mit 6 von 12 Lehrern und dem Schulleiter getroffen und erste Themen besprochen, die angegangen werden sollten. Dabei haben wir dann auch gleich feststellen müssen, dass das gesamte Unterfangen ein recht großes Projekt wird oder werden könnte aufgrund der vielen Themen. Na ja, erstmal drüber schlafen und dann schauen wir morgen mal.

Was uns richtig zu schaffen macht, ist die Hitze. Man kann eigentlich effektiv nur 7-11 Uhr und 16-19 Uhr was machen, zwischenzeitlich sind 37 Grad! Ab 18:30 Uhr ist es dunkel… und ich meine dunkel, da kein Licht aus anderen Fenstern scheint, keine Strassenbeleuchtung den staubigen Weg erhellt, ist es nicht nur dunkel, sondern finster. Aber man sieht einen traumhaften Sternenhimmel, man hört Geräusche, die man nicht kennt und man riecht Dinge, die man nicht zuordnen kann. Natur und Landleben auf einfachste und puristische Art und Weise. Toll zum Ausspannen! Bin gespannt, ob ich das in ein paar Tagen auch noch so sehe oder nur heute, da alles neu und ungewohnt, aufregend ist.

Erste Kontakte

In Pune treffen wir Sagar und seine Familie. Gemeinsam mit Sagars Vater Baba ist er Hauptinitiator der Schule. Diese entstand ansatzweise vor 10 Jahren und wurde schrittweise erweitert. Wir besprechen in traditionellem Outfit, was die Anforderungen an uns sind. Es wird schnell klar, dass es ein rieges Projekt ist und wir viele Freiheiten bekommen, um zu strukturieren, die Lehrer zu vernetzen, Angehörigenarbeit zu etablieren, Öffentlichkeitsarbeit zu initiieren, Spendenakquisition durch den Aufbau einer Web-Site zu betreiben und natürlich mit unserer Anwesenheit für die Schule zu werben. Also kein Gedanke an ausruhen, oder doch?

Ankunft in Mumbai

Freitag früh 5:17 Uhr sind wir in Mumbai auf dem Flughafen angekommen, Dank der Ankunftszeit waren die Temperaturen erträglich, nur 30 Grad. Dann brauchten wir noch 1 Std. mit dem Taxi bis zum Haus unserer Freunde in Neu Mumbai.
Drei Dinge nimmt man schon in wenigen Stunden wahr: die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen, das wunderbare vielfältige Essen aber auch den Schmutz und die Armut überall.
Zum Ausruhen sind wir in den ersten zwei Tagen noch nicht gekommen. Uns wurde in kurzer Zeit ein Update des gesamten Lebens unserer Gastgeber vermittelt, eine Einführung in indische Traditionen gegeben und einige Sehenswürdigkeiten im Schnelldurchlauf gezeigt. Selbstverständlich fehlte gutes selbstgemachte Essen und ausreichende Getränke nicht.

Unterdessen sind wir heute in PUNE angekommen. Morgen geht es von hier aus nach Alegaon ( Dorfgemeinschaft mit Schule) in der Nähe von Sangola (die nächste Stadt, 10 km entfernt). Auch hier in PUNE sind unsere Gastgeber phantastisch, es ist kaum auszuhalten, was wir alles geboten bekommt. In nur wenigen Stunden kennt man die ganze Familie (fremde Leute), bekommt man ein Motorrad zum Herumreisen, ich werde indisch eingekleidet damit das Abendessen auch perfekt ist und schön ist, wir besuchen zum Nachtgebet einen der schönsten, vergoldeten Tempel und nehmen an einer Feiertagszeremonie teil. Und wieder ein toller Tag vorbei.

Abschied nehmen

In den letzten Tagen habe ich mich schrittweise und auf sehr unterschiedliche Art und Weise von Freunden, Familie und Arbeitskollegen verabschiedet. Eigentlich hatte ich gar nicht mit so vielen Abschiedsemotionen sowohl von mir als auch von anderen gerechnet. Schließlich kommen wir ja in nur einem halben Jahr wieder, und was ist schon ein halbes Jahr? Im Alltag ist das oft nicht viel… aber als Auszeit dann doch richtig lange!
Zum Abschied habe ich so viel bekommen: herzliche Grüße, gute Wünsche, selbst gestaltete Karten mit tollen Gedanken. Ich war überwältigt von so viel Anteilnahme für meine kleine Auszeit. Es gab auch etliche Abschiedskaffees. Gott sei Dank habe ich die alle gut vertragen… na ja zum Ausgleich gibt’s die nächsten Monate Indischen Tee!
Es war auch richtig schön, gemeinsam zum Abschied zu kochen, Essen zu gehen oder einfach was Leckeres zum Essen einzukaufen und Zeit miteinander zu haben.
Zwei Abschiedsgeschenke werde ich richtig auf Reisen mitnehmen: einen Glücks- bzw. Segensstein, den mein Mann und ich von einer lieben Kollegin bekommen haben. Der passt wirklich noch gut in unser Reisegepäck. Und mein eigenes kleines Reisemonster wird mich begleiten. Ein Kollege hat es mit anderen Kreativen extra für mich entstehen lassen.
Ich bin unterdessen schon etwas aufgeregt, in zwei Tagen geht es los. Die letzten Vorbereitungen beim Packen laufen. Zum ersten Mal weiß ich nicht so genau, was mich erwartet und wie die Reise verlaufen wird. Aber, was hat mir eine liebe Kollegin zum Abschied geschrieben: „Wer von Anfang an genau weiß, wohin sein Weg führt, wird es nie weit bringen.“ (Napoleon)
Ich danke euch allen für die schönen Abschiede… wir sehen uns dann in 6 Monaten wieder.

LG Sonja