Wieder ein Jahr älter

Am 08.09. feierte ich meinen 48. Geburtstag. Üblicherweise bekomme ich von meiner Mutsch anläßlich meines Geburtstages einen Pflaumenkuchen mit Streuseln gebacken. Das hat langjährige Tradition und sollte auch in diesem Jahr nicht enfallen! Den traditionellen Kuchen hatte ich allerdings bereits vor meiner Abreise nach Kigali bekommen. Meine Eltern waren extra am 14.08. nach Berlin angereist, um mich am 15.08. zum Flughafen Tegel zu begleiten.
Im Berliner Reisegepäck hatte meine Mutsch diesmal meinen
Geburtstagskuchen. Die Tradition wurde also ein wenig vorverlegt. So saßen wir gemeinsam bei herrlichem Sonnenschein in Friedrichshagen im Garten unter dem Nussbaum und schlemmerten extra große Stücken.

An meinem eigentlichen Geburtstag waren wir gerade erst einen Tag zuvor von unserer einwöchigen Urlaubswanderung am Kivu-Lake zurückgekommen. All die schönen landschaftlichen Eindrücke waren noch sehr präsent. Thomas überraschte mich mit selbst gebackenen Brötchen und einem ganz vorzüglichen Omelette zum Frühstück. Auch ein Rosenstrauß stand auf dem Tisch! Meiner Kerzenleidenschaft entsprechend, hatte Thomas tolle Bienenwachskerzen gekauft, wovon eine in einem traditionell geschnitzten Kürbis wundervolle Lichtmotive an die Wand spiegelt. Ich war begeistert!

Das Nützliche mit dem Angenehmen zu verbinden, ist eine der vielen positiven Eigenschaften von Thomas. Ich sollte auch in Afrika meinen
Geburtstagskuchen bekommen und Thomas wollte den Ofen erstmalig ausprobieren. Die Teigherstellung war mühsam, da der Teig mit der Trockenhefe nicht zu Thomas Zufriedenheit aufging. Nach mehrfacher Nachbearbeitung des Teiges, stand dann ein wunderbarer
Apfel-Butterstreusel-Kuchen im Ofen. Doch auch mit dem Gerät gab es Probleme, da wir ja die Temperatureinstellung und damit die Backzeit nicht kannten. Wir sollten sehr realistische Erkenntnisse der Funktionsweise unseres Ofens sammeln. Eine leicht dunkle Note (noch nicht verbrannt) zeigte das Backergebnis. Nun ist uns die Einstellung von Ober- und Unterhitze bekannt und weitere Backtaten werden hoffentlich folgen. Trotzdem war der frische Kuchen mit extra dicken Streuseln richtig lecker. Auch unser Security Mann bekam an diesem Tag ein Stück, Betti nahm am Folgetag zwei Stück mit nach Hause und nur einige wenige haben wir noch eingefroren.

Viele Freund*innen, Kolleg*innen und selbstverständlich die Familie schrieben oder riefen tagsüber an. Ein ganz besonderes Ständchen wurde mir von Jens, Jara und Lene gesungen.

Auch meine Bamberger Mädels trällerten in kompletter Familienrunde für mich ihr “Happy Birthday”. Ich war so gerührt! In der Ferne empfinde ich diese vielen und innigen Freundschaften noch einmal ganz besonders intensiv. Danke!

Durch das ausgiebige Frühstück und den leckeren Kuchen waren wir abends noch satt und verzichteten auf das geplante “Ausgehabendessen”. Stattdessen tranken wir noch unseren hiesigen Lieblingsrotwein und freuten uns über die schönen Urlaubsfotos.

Was für ein schöner ruhiger Geburtstag!

Neighbors

„Nachbarn“, so lautet der Titel einer weltweit bekannten Australischen Fernsehserie aus den 80-ern, die Jahrzehnte (ähnlich wie die Lindenstrasse)  ausgestrahlt wurde. Nachbarn können unterstützen aber auch der Stressfaktor im Alltag sein. Es ist gut und wichtig, seine Nachbarn zu kennen. In Berlin war mir das nicht immer gegeben. In Kigali wollte ich diese Chance nicht verpassen und meldete uns über unsere Security zum „Umuganda“ an. Thomas hat ja bereits einen Artikel dazu geschrieben. Nun sollten auch wir dabei sein!
Jeden letzten Samstag im Monat trifft sich die Nachbarschaft zum gemeinschaftlichen Arbeitseinsatz und zu einer anschliessenden Ortsteil- und Lagebesprechung. Diese Aktion ist rechtlich für alle Ruandischen Haushalte verpflichtend, da das gemeinsame Arbeiten als Basis der Entwicklung Ruandas propagiert wird. Wer nicht am „ Umuganda“ teilnimmt, wird mit 5.000 Ruandischen Franc Bußgeld (5€) bestraft.
Jeder Stadtteil von Kigali (unser Stadtteil ist Kicukiro) besteht aus mehreren Ortsteilen (unser Ortsteil heisst Muyange). Diese sind ein Zusammenschluss aus mehreren Dörfern (unser Dorf ist namensgleich unserem Ortsteil) und jedes Dorf gliedert sich noch einmal in so genannte „Zellen“.
Gegen 7:30 Uhr frühstückten wir noch und plötzlich war in der Ferne eine Lautsprecherdurchsage zu hören. Thomas wusste sofort: es ist „Umugandazeit“. Wir wurden allerdings erst 8:30 Uhr persönlich von unserer unmittelbaren Nachbarin abgeholt. Sie ist „Zellenverantwortliche“ und koordiniert 25 nachbarschaftliche Haushalte. Sie muss also dafür sorgen, dass alle Haushalte je einen Vertreter zum „Umuganda“ entsendet.
Auf unserer kleinen Strasse öffneten sich plötzlich die mächtigen Toren, die sonst die Wohnhäuser und Gartenanlagen vor jedweder Einsicht schützen. Einzelne Nachbarn traten heraus. Sie hatte entweder eine Spitzhacke, eine Schaufel oder eine Machete über der Schulter. Unser Securitymann holte auch für uns die passenden Geräte und so zogen wir los, durch den gesamten Ort. Im Verlauf schlossen sich immer mehr Nachbarn an. Sie stiessen aus Seitenwegen zu uns und gemeinsam zogen wir zu einem zentralen Treffpunkt. Ich hatte unweigerlich eine Assoziation zu einem Foto aus meinem Geschichtsbuch: Bauernaufstand und Thomas Müntzer.
Wir wurden freundlich begrüsst, da wir unterdessen auch gelernt haben in Kinyaruanda zu grüssen bzw. auf einen Gruss zu antworten. Anderenfalls begegnen einem nur ausdruckslose Minen! Einige Nachbarn sprachen auch recht gut englisch. So waren wir schnell und gut eingebunden und bekamen auf unsere zahlreichen Fragen auch alle Antworten.
Am Dorfrand hatten sich entlang eines schmalen Weges ca. 100 Nachbarn aus ca. 5 „Zellen“ versammelt. Die jeweiligen Zellenwarte liefen geschäftig mit Papiermappen unter dem Arm herum, hielten einige Minuten Lagebesprechung und nach einem kurzen Kommando, begann ein Teil der am Rand Herumstehenden, Sträucher mit den Macheten zu beschneiden und der andere Teil hackte meterhohes Unkraut vom Wegesrand. Es staubte, wirbelte kleine Steine und die Sonne brannte. Der Spuk dauerte zu unserem Erstaunen jedoch nur 15 Minuten!
Es ging unmittelbar weiter zu Fuss zum Versammlungsort unter einen riesigen, breitkronigen Baum. Schatten!

Alle setzten sich und die Redner (Zellenverantwortliche und Lokalpolitiker) traten einzeln nach vorn. Die Anwesenden wurden nun in 2 Stunden über aktuelle politische Entscheidungen informiert, es wurden Regierungsvorgaben kommuniziert und jede Zelle erhielt den Auftrag, eigene Jahresziele zu formulieren. Ausserdem muss jeder Haushalt persönliche Ziele benennen, die erreicht werden sollten. Dank der grossartigen Übersetzung unserer Zellenverantwortlichen und einer Mitarbeiterin im Landwirtschaftsministerium verstanden wir jedes einzelne Detail der Bürgerversammlung. Zu unseren unmittelbaren Nachbarn gehörte auch ein Staatssekretär des Bildungsministeriums. Ein grosser kräftiger Mann mit einer riesigen wulstigen Narbe vom linken Ohr bis unter das Kinn. Anzeichen für einen Überlebenden des Genozids? Wir fragten nicht! Einige unserer Nachbarn erzählten uns, dass sie nach 1994 aus Uganda in ihr Heimatland zurückgekehrt waren.
Nach jedem Redebeitrag wurden auf das Kommando des Zellenverantwortlichen von alle Teilnehmenden die Fäuste in die Luft gestreckt und mit einem Ausruf geantwortet. Das Ganze wirkte wie der Beginn einer Revolution nur irgendwie friedlicher.
Es ging auch nicht nur um Politik. Eine Nachbarin bat z.B. um Unterstützung bei den Steuerpapieren für ihr kleines Schuh-Business und ein Nachbar bot sogleich Hilfe an. Ein anderer Nachbar beschwerte sich, dass Kinder aus der Schule nach Hause geschickt würden, sofern sie sich unangemessen verhielten. Eine Bestrafung der Kinder durch Ausschluss von der allgemeinen Schulbildung sei auf keinen Fall eine Lösung. Auch das Schulessen wurde diskutiert. Der Staat zahlt einkommensschwachen Familien Subventionen für eine warme Mahlzeit in der Schule, jedoch müssen die Eltern auch einen Eigenanteil leisten. Viele sparen häufig diesen Eigenanteil ebenso wie den staatlich ausgezahlten Zuschuss. Das sei nicht korrekt, so die eindeutige Meinung aus der Nachbarschaft. Kinder können hungrig nicht lernen! Spannende Themen für uns und auch interessant zu beobachten, wie sich Einzelne verhielten unter Anwesenheit von politischen Autoritäten.

Wir sind nun Teil der Nachbarschaft und werden jeden Monat zum Umuganda abgeholt. Wir dürfen und wollen auch unseren Beitrag für die Gemeinschaft leisten. Unser abgestimmtes „Zellenziel“ ist die Installation von Strassenlampen auf unserer kleinen Sackgassenstrasse und damit die Verbesserung der Sicherheit im Dorf. Der Weg vor unserem Haus ist ein Teil des Schulweges und wird daher von vielen genutzt.

Freiheit für die Frauen!

Nein, diesmal ist es nicht unsere Abschiedsparty. Dafür ist es noch etwas zu zeitig! René, ein Arbeitskollege von Thomas, verabschiedet sich. Er wird vom Staat Ruanda delegiert, für 3 Jahre nach Korea zu gehen, um dort an der Uni seinen Dr. zu machen. Danach kommt er zurück und arbeitet weiter bei RISA (Ruanda Information Society Authority) im ministerialen Staatsdienst. In diesen 3 Jahren wird er weiterhin mit 80% seines bisherigen Gehaltes von RISA bezahlt. Vor Ort erhält er zusätzlich noch ein Stipendium. Näheres dazu haben wir allerdings nicht erfahren. Im Rahmen seiner Doktorandentätigkeit muss und wird René mehrere Projekte durchführen. Diese will er natürlich in Kigali ansiedeln, um ab und an auch mal für eine länger Zeit wieder in der Heimat zu sein und seine 3,5 Jahre alte Tochter sehen zu können. Sie lebt bei ihrer Mutter. Renè war bzw. ist nicht verheiratet, sondern im wahrsten Sinne ein “serial Womaniser” (Frauenheld).

Die Abschiedsparty fand in “unserem” Fitness-Studio statt, im “Tequila Paradise”. Es war eine lustige Truppe, die dort zusammensaß: 2 Frauen (Eva und ich) und 7 Männer, einer davon sogar aus Japan, in froher Runde.

Alle sprachen recht verständlich
englisch, und so kam dann auch bald eine sehr intensive und interessante Diskussion auf. Das Thema “Männer und Frauen” ist mit dem Thema “Geld” eines der Themen, das immer und nationenübergreifend kommuniziert wird, nachdem die erste Vorstellungsrunde sowie die Arbeitsthemen durch sind. Und auch wir waren nach zwei, drei “Mützig-Bieren” bzw. zwei Gläsern Wein bei diesem Thema angekommen. Aufgrund der temperamentvollen Diskussion, der Hintergrundmusik in der Bar und den unterschiedlichen englischen Akzenten musste ich mich sehr konzentrieren, um allem Gesagten folgen zu können.

Es war für mich spannend zu hören, dass die Männer im Alltag oft noch das “traditionelle Rollenbild” leben wollten. Eva jedoch, in Vertretung der ruandischen Frauen, dagegen sehr emanzipiert und für meinen Geschmack fast schon feministisch ihre Sichtweisen in Bezug auf eine “neue
Rollenverteilung” vertrat. Die Männer beklagten sich außerdem darüber, dass die ruandischen Frauen es mit der wahren Liebe nicht ernst meinten. Sie würden im heiratsfähigen Alter von ca. 25 Jahren eher irgendeinen Mann heiraten und mit ihm Kinder bekommen wollen, als auf ihre große Liebe zu warten und diese dann in ein paar Jahren zu heiraten, wenn “…der Mann dann soweit sei…”. Das löste energische Reaktionen bei Eva aus und ich hatte das Gefühl, ein Streit bricht aus aber die Diskussion wurde nur im Tonfall lauter, blieb aber weiterhin sachlich.
Viele junge Frauen, die erfolgreich ein Studium abgeschlossen und einen festen Job hätten, verhielten sich so, klärte uns Eva auf. Sie sei das beste Beispiel dafür. Schließlich hätten diese Frauen alles erreicht, bis auf einen Ehemann. Daher würden sie auch “…nicht auf ihre große Liebe warten und darauf, dass der Mann irgendwann heiratswillig sei..”. Eher würden sie einen bereits heiratswilligen und oft älteren Mann heiraten. Dies sei auch dem Druck der Familie und des Freundeskreises geschuldet, die ständig nachfragten. Somit riskierten gebildete, erfolgreiche Frauen lieber Alleinerziehende zu sein, da nach der zeitigen Heirat oft eine Trennung nur wenig später folge. Sie wollten lieber ein Kind allein erziehen, als wartend auf ihre große Liebe und ohne Kind zu leben. Das Thema Nachwuchs scheint so fest im biologischen Rhythmus verankert zu sein, dass ein Leben ohne Kinder und nur mit Erfolg im Job auf keinen Fall vorstellbar ist.

In der weiteren Diskussion wurde uns auch erklärt, dass es schon eine enorme Erwartungshaltung der Angehörigen gebe, dass sowohl Männer, als auch Frauen im heiratsfähigen Alter eine Familie gründeten. Nur als Paar zusammenzuleben, wäre nicht akzeptiert. Auch in Ruanda ist eine Hochzeit in der “Normalbevölkerung” ein riesiges Event und läuft nach bestimmten traditionellen Regeln ab. Individuelle Vorstellungen wie z. B. nur in einem “kleinen Kreis” zu heiraten, sind nicht üblich.
Im Alltag habe ich bisher auch keine Paare Hand in Hand durch den Ort gehen sehen. Es besteht zwar eine größere Freiheit für die Frauen, als wir sie in Indien kennengelernt haben. Trotzdem ist auch diese Freiheit noch weit entfernt von unseren europäischen Ansprüchen und Vorstellungen nach Individualität und persönlicher Identität.

ausgewählte Lebensmittel

Das Einkaufen von Lebensmitteln macht keine große Freude. Zum einen muss man mehrere Geschäfte anfahren, um auch tatsächlich alles zu bekommen, was man üblicherweise im Alltag benötigt. Jeder Laden hat nur bestimmte Produkte, und so ist der Wocheneinkauf nicht mal eben schnell an einer Straßenecke erledigt. Brot kauft man am besten bei “Sawa Citi”, Käse und Gemüse bei “Frulep”. Es ist wirklich mühsam.

Ist man dann endlich fündig geworden, bleibt einem die Spucke weg. 1 Liter Soja-Milch kostet 2,80 EUR bis 3,20 EUR. O.k. das ist vielleicht kein Lebensmittel, was hier unmittelbar angebaut oder vielseitig genutzt wird, mag man denken aber auch Reis, Bohnen, Linsen und Mais sind in 500 g Packungen teuer und kosten um 5,00 EUR. Kaffee und schwarzer Tee, die unbedingt einheimische Naturprodukte sind, werden ebenfalls nicht zu Schleuderpreisen verkauft. 500 g Kaffee kosten wie bei uns 5 EUR. Allerdings schmeckt der Kaffee auch richtig gut und ist sogar für mich ohne Milch genießbar. Käse brauche ich hier gar nicht erst zu erwähnen. Utopische Preise!

Somit sind wir nach wie vor auf der Suche, in welchem Laden es welche Lebensmittel mit angemessenem Preis und guter Qualität zu kaufen gibt. So hat es uns auch auf den “Kimironko-Market” verschlagen. Einen Markt, auf dem es wirklich alles zu kaufen gibt, was man braucht oder auch nicht braucht. Durch enge Reihen von Holzständen mit Regalen, die deckenhoch bestückt sind mit Produkten, so dass zum Herunterholen Leitern oder zumindest Tritte erforderlich sind, schlängelt man sich durch die Markthalle. Das Gehen ist nur hintereinander möglich, man stolpert fast noch über die Füße der vor oder in den Ständen sitzenden Verkäufer*innen. Ausweichen ist unmöglich, aber ungewollte Berührungen sind unausweichlich. Fotos nicht erlaubt oder erwünscht!
An einem Stand gab es verschiedene Mehlsorten und u. a. auch Soja-Mehl. Na wunderbar, dachten wir uns. Genau das richtige, da Lotti in wenigen Wochen zu Besuch kommt und wir vegane Lebensmittel benötigen. Also kauften wir 1 kg Soja-Mehl für 2 EUR und waren sehr zufrieden. Einfach nach Geschmacksintensität in Wasser auflösen und fertig. So einfach stellte ich mir das vor und der Verkäufer hatte in mühsamem Englisch auch eine solch einfache Beschreibung mitgeliefert.

Zu Hause probierte ich es auch gleich aus. Zum Erbrechen! Es schmeckte einfach gar nicht! Im Internet fand Thomas dann die Kochanleitung für Soja-Milch.
Da wir ja nun 1 kg Soja-Mehl hatten, wollten wir es nun auch wirklich wissen. Also:

1. Soja-Mehl mit Wasser in einem Topf einrühren,
2. das Gemisch zum Kochen bringen,
3. 20 Minuten köcheln lassen
4. Mehlwasser durch ein Tuch und Sieb seien
5. fertige Sojamilch in Flasche abfüllen.

Getan wie gelesen. Der Topf kochte leider über, es klebte überall und stank nach angebrannter Milch. Fertig war zum Schluss ein übel-riechender Mehltrunk, der mit unserer Natur-Soja-Milch leider gar nix zu tun hat. Er schmeckte auch eher wie Erbsenwasser. Wie oft wir das noch probieren werden, weiss ich nicht. Aber mit Soja Mehl kann man vielleicht auch backen?

Sumpf bleibt Sumpf

Nur 35 km von Kigali entfernt im Süden befindet sich ein 145 km² großes Sumpfgebiet, die Nyabarongo Wetlands. Touristisch nicht erschlossen, für uns daher jedoch besonders interessant. Über staubige Buckelpisten war die Anfahrt dorthin nur mit unserem Geländewagen möglich.

Ein bizarres Bild bot sich uns vor Ort. Ein langer Damm teilte die Landschaft einerseits in trockengelegte und landwirtschaftlich genutzte Flächen für Reisfelder. Andererseits war noch die Sumpflandschaft zu sehen, dicht bewachsen mit Papyruspflanzen. Überall schwelten kleine Rodungsbrände, um das Land weiter nutzbar zu machen, Farmer setzten Reisstecklinge und standen daher knietief im Sumpf. Junge Männer transportieren auf klapprigen Rädern für uns unbeschreibliche Mengen an geschnittenem Schilf, Bambus oder Kochbananenstauden und balancierten den holprigen Damm entlang.

Wir wollten ca. 10 km durch die Wetlands wandern und wurden von zahlreichen verständnislos dreinblickenden Dorfbewohnern umringt, als wir unser Auto abstellten. “Give me money!”, war der erste Satz, den wir hörten. Nun schauten wir verständnis- und sprachlos. Hier im tiefsten Landesinneren, wohin sich mit Sicherheit nur äußerst selten ein Tourist verirrt, wirkte dieser Satz total fehlplatziert. Er war jedoch sehr ernst gemeint, denn Hände wurden ausgestreckt, um das Gesagte zu bekräftigen. Und kein anderer englischer Satz folgte. Wir schauten in ernste, wettergegerbte staubige Gesichter. Ohne Reaktion darauf liefen wir los und hofften, nicht von einem Menschenpulk begleitet zu werden. Unterwegs begegneten uns dann auch immer mal wieder Einheimische auf Rädern oder zu Fuß mit Spitzhacken über der Schulter, die vom Feld kamen. Alle schauten anfangs recht grimmig. Nachdem wir jedoch ein “Mwaramutse!” gemurmelt hatten (Guten Tag!), erschien dann doch häufig ein zaghaftes kleines Lächeln auf den Gesichtern. Viele Einheimische sind sehr misstrauisch und weniger offen gegenüber “Musungus” (Weißen), als von uns erwartet. Wo auch immer wir auftauchen, wird lautstark “Musungu, Musungu!” durch´s Dorf gerufen. Ruandaer mögen auch auf keinen Fall offensichtlich fotografiert werden. Darauf können dann schonmal böse Blicke und ein Kopfschütteln folgen. Mit gutem Objektiv konnten wir doch das eine oder andere Foto schießen. Außerdem waren auch wieder schöne Vogelaufnahmen möglich. Ich wollte es kaum glauben aber sogar Kaiserkraniche, Heilige Ibisse, Schwarzhalskraniche und einen Schopfadler haben wir live gesehen. Sehr beeindruckend!

Der Tag hatte eher bewölkt und verhangen begonnen und unterwegs trübte es sich weiter ein. In Verbindung mit den beißenden Rauchwolken der zahlreichen kleinen schwelenden Brände verdunkelte sich der Himmel noch stärker. Zogen tatsächlich Regenwolken auf? Auf halber Strecke fing es dann auch tatsächlich an zu regnen. Wie aus dem Nichts tauchte ein vollbesetzter Kleinwagen hinter uns auf und fuhr an uns vorbei. 100 Meter weiter hielt er jedoch abrupt an und wartete auf uns. Man bot uns eine Mitfahrmöglichkeit an, da “…der Regen hier doch recht heftig werden könne…”. Wir waren sehr erleichtert, hatten nur so gar keine Idee, wie wir zwei nun auch noch in das vollbesetzte Auto passen sollten. Zwei Kinder mittleren Alters wurden mit auf den Beifahrersitze gequetscht. Vor lauter Schreck fing ein kleiner Junge kurz an zu weinen. Nun zwängten sich Thomas und ich uns zu zwei auch recht korpulenten aber gut gekleideten Damen auf den Hintersitz. Insgesamt waren wir nun 8 Personen.

So viel spontane Offenheit und unaufdringliche Freundlichkeit hatten wir in dieser Situation nicht erwartet. Danke für diese Erfahrung und die Kehrtwende in unserer Wahrnehmung der einheimischen Bewohner*innen.

Trotz aller, auch staatlich unterstützer Bemühungen die Wetlands weiter landwirtschaftlich nutzbar zu machen, hoffen wir doch sehr, dass Sumpf halt Sumpf bleibt und sich die Natur nicht ganz in menschlich formende Hände begibt.