zweites Corona-Weihnachten

Auch in diesem Jahr entschieden wir uns wieder schweren Herzens gegen ein Weihnachten in Berlin. Das zweite Jahr in Folge verzichteten wir zwangsweise auf ein winterlich-gemütliches und kerzen-beleuchtetes Weihnachtsfest mit der Familie. Dabei war in meinen Gedanken alles schon gut vorbereitet und verschiedene Ideen kreisten. Meine Eltern würden nach Berlin kommen. Alex hätte für uns einen schönen und herrlich duftenden Weihnachtsbaum besorgt, den ich dann traditionell mit meinem Väterchen am 24.12. vormittags schmücken würde. Abends ein gemeinsamer Gottesdienst in der Friedrichshagener Christophorus Kirche. Unser aller Weihnachtsgeschenk wäre ein Besuch in einem fancy Restaurant irgendwo in Berlin am 1. Feiertag zum Mittagessen. Lotta, Leo und Larissa würden am 2. Feiertag zu uns kommen und gemeinsam zaubern wir im Thermomix ein veganes drei Gänge Menü. Dazu gäbe es Lillet, Whisky oder Rotwein.

Doch die, durch die neue Omikron Variante enorm ansteigenden Corona- Zahlen in Deutschland, machten mir Ende November diese schönen Vorstellungen zunichte und unterstützen unsere Entscheidung gegen einen Flug in die Heimat.

Zusätzlich fehlten uns in diesem Jahr auch gute Freunde, mit denen wir in den vergangenen zwei Jahren öfter gekocht, gebacken, gegrillt und gefeiert hatten. Natalie und Mirko waren Mitte des Jahres mit ihren beiden Kindern nach Niger gezogen, um dort im Rahmen der Internationalen Entwicklungszusammenarbeit für die GIZ Projekte voranzubringen. Gemeinsames Plätzchen backen fiel also ebenso aus, wie Glühwein und Kartoffelsalat. Daher kam für uns in diesem Jahr noch einmal weniger Weihnachtsstimmung oder Adventsfreude auf, als im vergangenen Jahr.

Doch einige Traditionen müssen beibehalten werden und so schmückte ich am 24.12. vormittags unsere kleine Zimmertanne im Garten mit den spärlich vorhandenen Dekomaterialien. In Berlin habe ich drei riesige IKEA-Kisten voll mit den vielfältigsten Weihnachtsdekorationen und könnte die gesamte Wohnung in ein Weihnachtswunderland verwandeln. Wie sehr ich das hier vermisse!!

Lange hatte ich im Vorfeld hin und her überlegt, wie Heiligabend unter diesen Umständen für Thomas und mich doch noch zu einem etwas besonderen Tag werden könnte. Irgendwie wollte mir jedoch nix einfallen und die Zeit lief mir davon. Dank der hier von allen sehr umfangreich genutzten sozialen Medien bin ich kurz vor knapp auf „250picnic“ gestoßen. Was für ’ne schöne Idee! 250 Picknickvarianten! Na da würde doch auch etwas für uns dabei sein. Ich rief Betty, die Inhaberin, am 23.12. an und gemeinsam planten wir ein „Weihnachtspicknick“ für zwei Personen in unserem Garten. Am 24.12. würde sie dann 14 Uhr alles auf unserer Terrasse vorbereitet haben und wenn Thomas und ich von unserem Spaziergang zurück kämen, wäre die Überraschung bereit. Das gefiel mir!

Doch vorab musste noch zahlreiche Fragen geklärt werden: Art der Snacks, süss oder herzhaft? Ich entschied mich für Muffins mit dem Schriftzug „Merry Christmas“, schließlich ist ein wenig Kitsch in dieser besonderen Zeit erlaubt. Außerdem einigen wir uns auf Obstsalat und Chicken Wings, was in der Kürze der Zeit gut machbar schien. Der Sitzplatz sollte mit einer Holzpalette, Tischdecke und Kissen in orange und blau gestaltet sein und echte Blumen würden ein natürliches Flair abrunden. Mineralwasser war im Preis enthalten aber alle anderen Getränke würde ich organisieren. Der Wein stand ja auch bereits im Kühlschrank.

Das Vorbereitungsgespräch wirkte professionell und wir hatten die wesentlichen Dinge besprochen. Nun konnte ich nur hoffen, dass die Umsetzung auch meinen Vorstellungen entsprach. Ich war spät dran, daher überwies ich das Geld im Voraus und freute mich über die spontane schöne Idee.

Am 24.12. waren Thomas und ich am späten Vormittag noch für einige kleine Besorgungen in der City unterwegs. Im „Question Coffee“ in Gishushu wollten wir noch Kigalis „berühmten“ Kaffee trinken. Außerdem konnten unsere bestellten bunten, aus Sisal geflochtenen, Blumenübertöpfe bei „Talking through Arts“ -einer NGO zur Unterstützung behinderter Frauen- abgeholt werden.

Gegen 13 Uhr meldete sich Betty via WhatsApp und teilte mir mit, dass sie 14 Uhr mit dem Picknick auf keinen Fall schaffen würde. Ihr Auto habe eine Panne und nun warte sie auf ein Taxi. Na wunderbar, das lief ja schon wieder ganz im gewohnten „afrikanischen Stil“. Nein, jetzt nur keine Vorurteile bedienen, sondern geduldig warten. Es würde alles schon zur rechten Zeit passieren.

Generell war ja die Verschiebung meines detailliert geplanten Zeitablaufes auch kein Problem, schließlich war Heiligabend und es gab keine Termine, Besuche oder Veranstaltungen, die berücksichtigt werden müssten. Es bedeutete lediglich, dass ich noch eine weitere Stunde außer Haus mit Thomas überbrücken müsste, bis wir nach Hause zurückkehren könnten und die Picknicküberraschung vorbereitet wäre. Ok, also wieder einmal improvisieren, unterdessen Standardrepertoire! Wir könnten doch noch etwas Wein einkaufen, schlug ich vor und anschließend für die Übertöpfe auch gleich noch passende Hängepflanzen besorgen. Sehr gut! Damit war die Zeit gleichermassen gut genutzt und überbrückt.

14:15 Uhr erhielt Thomas plötzlich einen Anruf von unserem Tages-Guard. Er informierte ihn darüber, dass eine Frau am Tor stand und auf unser Grundstück wollte. Kurze Verwirrung! Ich nahm Thomas sofort das Handy aus der Hand und übernahm das Gespräch, da ich ahnte, wer sich gerade meldete. Eigentlich hatte ich unsere Security informiert, dass Betty von „250picnic“ kommen würde. Doch die Vorschrift besagt, dass Fremden der Zugang zum Grundstück nur mit Zustimmung des Mieters erlaubt werden darf. Unsere Guards hatten bisher stets jeden, der bei uns klingelte umgehend reingelassen. Daher waren sie regelmäßig von uns daran erinnert worden, in unserer An- aber noch viel mehr in unserer Abwesenheit stets erst einmal nachzufragen. Nun waren sie verunsichert und fragten vorschriftsmäßig immer nach, auch wenn sie unsere Zustimmung bereits im Vorfeld erhalten hatten.

14:30 Uhr klingelte Betty erneut durch, um sich zu vergewissern, wo sie das Picknick aufbauen sollte. Ich hatte ihr im Vorfeld bereits Fotos von unserer Terrasse und dem Garten geschickt, um ihr einen Eindruck zu geben für mögliche Ideen. Im Garten war es unterdessen ohnehin viel zu heiss, also bot die überdachte Terrasse eine perfekte Alternative. Sie würde dann jetzt alles vorbereiten, teilte sie mit. Prima, das klang gut! Ich war erleichtert, dass sich unser Zeitplan nicht unendlich verschob.

Als wir 15:00 Uhr zu Hause ankamen, war Betty noch immer nicht fertig sondern werkelte, laut telefonierend auf der Terrasse herum. Mit einem kurzen Erklärungsversuch schleuste ich Thomas durch den „Dienstboteneingang“ über die Küche ins Haus. Er würde noch etwas lesen und später könnten wir gemeinsam Kaffee trinken. Ein wenig verwundert über den unbekannten Besucht, ergab er sich in den veränderten Nachmittagsablauf.

Das Picknick entsprach nur in einigen Teilen den getroffenen Verabredungen und die Qualität war auch ein wenig ernüchtern. Daher standen Preis-Leistung für mich in keinem Verhältnis aber das war nun nicht mehr zu ändern und ärgern wollte ich mich nicht. Trotzdem konnte sich das Ergebnis seherlassen! Ich war zufrieden, da sich Thomas riesig über diese Überraschung freute.

Merry Christmas! Frohe Weihnachten!

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