vom Lehrer zum Farmer

Vom Stammpersonal der Dnyanankur English Medium School sind 4 Lehrer nicht
mehr dabei. Drei dieser vier Lehrer haben wir kurz auf ihren Farmen besucht. Zwei haben sich komplett aus dem Schulalltag zurückgezogen und widmen sich ausschließlich ihren Granatapfelplantagen. Diese laufen bei allen richtig gut und das Einkommen ist um ein Vielfaches höher als im Lehrerdienst. Jedoch besteht auch ein hohes Ernteausfallrisiko aufgrund der in manchen Jahren ausbleibenden Regenzeit oder durch die Verschiebung der Regenzeit, die dann aber nicht mehr zum landwirtschaftlichen Ablauf mit Pflanz- und Erntezeit passt. Auf jeden Fall ist es sehr schade für die Schüler, denn als Lehrer waren die Männer wirklich passioniert und ganz wundervoll im Umgang mit den Kindern.

Pravin wird allerdings als Lehrer bald in den Staatsdienst nach Mumbay wechseln. Er hat vor 10 Jahren sein Lehrer-Studium abgeschlossen und die ganze Zeit daraufhin gearbeitet, endlich eine Festanstellung ohne Risiko und mit gutem Verdienst antreten zu können. Nun ist es soweit und im kommenden Schuljahr beginnt er seine Tätigkeit. Er muss sich dann in Mumbay eine Wohnung bzw. ein Zimmer nehmen und die Fahrt nach Sangola dauert vermutlich 10 Stunden mit dem Zug, wobei er in Pune umsteigen muss. Oh je!
Dieses Schuljahr hatte Pravin Unterricht für die 11. Klassen in Physik gegeben. Ich habe nur mal kurz einen Blick in das Schulbuch geworfen und nur kryptische Formeln gesehen. Da braucht man definitiv auch einige Gehirnwindungen mehr! Somit kann ich gut verstehen, dass Pravin nicht „nur“ seine Familienfarm bewirt-schaften will. Allerding ist seine junge Frau gerade schwanger und die Farm wächst und gedeiht. Das wird also eine enorme Herausforderung für Pravins Eltern. Ausnahmsweise ist diese Familie keine Großfamilie und wird sich daher in der nächsten Zeit mit Leiharbeitern behelfen müssen.

Auch Popat widmet sich im Nachbardorf Medhisingi seiner Granatapfelplantage mit ca. 1200 Bäumen. Einige davon hatte er im vergangenen Jahr noch mit einem Kleinstkredit von uns über 200 EUR kaufen und pflanzen können. In diesem Jahr stehen die jungen Bäume prächtig, er ist mächtig stolz, hat aber auch hart dafür geschuftet. Einmal im Monat fährt er für 10 bis 15 Tage nach Pune in die Stadt, um dort als Rikscha-Fahrer zu arbeiten. Dann verdient er noch einmal 20.000 bis 25.000 Rupien (= 250 EUR) dazu. Sein Sohn wird im nächsten Jahr in der Schule in Alegaon eingeschult und seine Frau arbeitet dann auch wieder stundenweise dort als Lehrerin/Erzieherin. Wir freuen uns sehr über den Erfolg der Familie.

Prashant ist am erfolgreichsten. Seine Farm befindet sich etwas außerhalb von Alegaon in Best Lage und hat Zugang zu einem Stausee, so dass die Wasserversorgung auch bei ausbleibender Regenzeit gesichert ist. Er ist der einzige Sohn seiner Ursprungsfamilie. Daher hatte sein Vater ihn unmissverständ-lich angewiesen, den Schuldienst aufzugeben und sich stärker dem Familienbusi-ness zu widmen. Prashant wäre gern Lehrer geblieben. Er ist ein stets lustiger, freundlicher und besonders mit den kleinen Kindern sehr liebevoller Pädagoge. Im vergangenen Jahr hatte er noch seine elterliche Farm und den tätlichen Unterricht gemanagt. Teilweise war er in Krisenzeiten auch Schulbusfahrer sowie der „Mann für alle Fälle“, wenn es irgendwelche Probleme in der Schule, mit den Bussen oder mit der Wasseraufbereitungsanlag sowie dem Internet gab. Einfach ein toller Typ und sehr zuverlässig!

Alle drei Familie haben sich über unseren kurzen Besuch sehr gefreut und auch wir waren sehr ergriffen und beeindruckt von den hart arbeitenden Männern und Frauen und fragten uns immer wieder, was in „unserer kleinen Farm“ wohl schieflief. Wieso kommt sie auf keinen grünen Zweig. Na ja, ein wenig Glück gehört schon auch dazu. Maßgeblich sehen wir jedoch auch die Entscheidung für nur ein statt drei Kinder unter diesen harten Lebensumständen. Selbstverständlich sind in der Landwirtschaft auch ein eiserner Arbeitswille und Arbeitskraft gefragt. Beides ist bei Ravi nicht so stark ausgeprägt und auch die Bereitschaft, Zusatzeinkommen zu generieren, ist nicht so willkommen.
Trotzdem hoffen wir, auch für „unsere Farm“ eine gute und langfristig Lösung mit Perspektive für die ganze Familie erarbeiten zu können. Wir wollen nichts unversucht lassen!

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